Nach dem mythologischen König Minos wird die antike Kultur Kretas der Bronzezeit als minoisch bezeichnet. Im Unterschied dazu heißt die zeitgleiche Kultur des griechischen Festlandes helladisch. Die minoische ist die früheste Hochkultur in Europa.
Der Begriff "minoisch" wurde 1883 von A. Milchhöfer geprägt und durch Sir Arthur Evans bekannt gemacht.
Geschichte
Die ältesten Besiedlungsspuren stammen aus dem Neolithikum. Ca. um 3000 v. Chr. beginnt in Kreta die Bronzezeit. In einigen Orten bilden sich wirtschaftlich dominierende Oberschichten. Ungefähr ein Jahrtausend später entstehen Paläste, wie sie in Knossos, Mallia, Phaistos, Galatas und Kato Zakros ausgegraben wurden. Um 1700 v. Chr. führt ein Erdbeben zur Zerstörung der alten Paläste und zum anschliessenden Wiederaufbau. Nach einer weiteren tektonischen Erschütterung werden die neuen Paläste etwa 100 Jahre später noch prächtiger ausgestaltet. In der Phase SM I B (s. u.) beginnt der Einfluß mykenischer Griechen auf der Insel wirksam zu werden. Wahrscheinlich um 1430 v. Chr. kommt es zur endgültigen Zerstörung der Paläste. Nur der Palast in Knossos wird wieder aufgebaut. Dort ist nun eine griechische Herrscherschicht feststellbar. Um 1330 v. Chr. wird auch der Palast in Knossos niedergebrannt.
Periodisierung
Evans führte eine Periodisierung ein, die sich hauptsächlich auf Stilvergleiche der aufgefundenen Keramik stützt. Eine zweite Einteilung stammt von Nikolaos Platon, dem Entdecker des Palastes in Kato Zakros. Diese orientiert sich an den Bauphasen der minoischen Paläste. Beide Periodisierungen sind allgemein anerkannt. Die Zuordnung der Epochen zu bestimmten Jahreszahlen ist jedoch nicht gesichert und wird weiter diskutiert. Wichtigster Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung sind Funde kretischer Importware in Ägypten und umgekehrt, jedoch ist auch die Chronologie Ägyptens vom jeweils aktuellen Stand der Forschung abhängig.
Evans | Platon | Jahre |
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Frühminoisch |
Vorpalastzeit |
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FM I |
3000 - 2200 v. Chr. |
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FM II |
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FM III |
2200 - 2000 v. Chr. |
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Mittelminoisch |
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MM I A |
2000 - 1900 v. Chr. |
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MM I B |
Altpalastzeit |
1900 - 1800 v. Chr. |
MM II |
1800 - 1700 v. Chr. |
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MM III A |
Neupalastzeit |
1700 - 1600 v. Chr. |
MM III B |
1600 - 1550 v. Chr. |
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Spätminoisch |
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SM I A |
1550 - 1520 v. Chr. |
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SM I B |
1520 - 1430 v. Chr. |
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SM II |
Nachpalastzeit |
1430 - 1400 v. Chr. |
SM III A |
1400 - 1330 v. Chr. |
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SM III B |
1330 - 1200 v. Chr. |
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SM III C |
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1200 -1100 v. Chr. |
Subminoisch |
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Theorien über den Untergang
Die Vermutung, ein Vulkanausbruch auf der Insel Thera (Santorini) habe zum Untergang der minoischen Kultur geführt, gilt mittlerweile als eher unwahrscheinlich, da die jüngste in Thera aufgefundene Keramik aus der Phase SM I A stammt. Das Ereignis ist deshalb heute hauptsächlich für die Datierung dieser Epoche von Interesse. Die unterschiedlichen Einordnungen schwanken zwischen 1628 v. Chr und 1520 v. Chr.
Weiter stehen aber schwere Erdbeben, der Wegfall von Absatzmärkten für kretische Produkte oder innere Unruhen als Ursachen für den Niedergang der Minoer zur Diskussion. Sicher ist nur, dass schließlich achäische Fürsten den Palast in Knossos übernahmen. Dabei kommt eine militärische Eroberung ebenso in Betracht, wie eine Übernahme durch eine geschickte Heiratspolitik.