Clemens Wilmenrod

erster deutscher Fernsehkoch
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Clemens Wilmenrod (eigentlich Carl Clemens Hahn; * 24. Juli 1906; † 12. April 1967 in Willmenrod) war der erste deutsche Fernsehkoch.

Seinen Künstlernamen entlieh er der Westerwald-Gemeinde Willmenrod, aus der er stammte. Clemens Wilmenrod gilt als Erfinder des Toast Hawaii, des "arabischen Reiterfleisches" und der gefüllten Erdbeere. Sein Verdienst ist es auch, den Rumtopf in Süd- und Westdeutschland populär gemacht zu haben. Er sorgte zudem dafür, dass die Pute in Deutschland zu einem typischen Weihnachtsfestbraten wurde.

Vom 20. Februar 1953 bis 16. Mai 1964 gab er in der WDR-Sendung Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch, assistiert von Ehefrau Erika und dem Schnellbrater Marke Heinzelkoch, dem Fernsehpublikum in 185 Sendungen Anregungen zum kreativem Kochen.

Wilmenrods Karriere begann eher zufällig. Der als Schauspieler nach dem 2. Weltkrieg nur sporadisch beschäftigte Mime suchte Anfang der fünfziger Jahre eine Anstellung beim neu entstandenen Fernsehen des NWDR in Hamburg. Zusammen mit seiner Frau wartete er in dem zum Fernsehstudio umgebauten Hochbunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld kurz vor dem anberaumten Bewerbungsgespräch in einem Raum, in dem auf einem Monitor eine naturkundliche Sendung lief - ein Professor erläuterte die Anatomie einer Schlange an einem lebenden Exemplar. Als die Hand des Zoologen mit dem Tier in Großaufnahme auf dem Bildschirm erschien, stieß, so die Legende, Wilmenrods Frau Erika ihren Gatten an und wies nach oben auf das gerade sichtbare Fernsehbild: "Stell dir vor, diese Schlange wäre ein Omlett, das diese Hand - deine! - den Zuschauern in einer Studioküche präsentierte!" Wilmenrod, ein eher mäßiger Hobbykoch, aber bekannt für seine charmanten Dampfplaudereien, war sofort begeistert. Die Idee der "Fernsehküche" war geboren. Der Intendant des NWDR engagierte den erfolglosen Schauspieler sofort in der von Frau Erika ausgedachten Rolle.

Das Markenzeichen von "Don Clemente" - so sein Spitzname - war die von Mirko Szewcuk gezeichnete Karikatur seines Portraits auf seiner Kochschürze.

Die vorgestellten Gerichte waren geprägt vom allgemeinen Mangel der Nachkriegszeit, und Wilmenrod verwendete ohne Scheu Dosengemüse, Fertigsoßen und Ketchup bei der Zubereitung seiner Kreationen. Er stellte den Deutschen aber auch die kulinarischen Weichen für ihre sich entwickelnde Reisesehnsucht jener frühen Jahre: Olivenöl, Knoblauch, die ganze Breite italienischer Paste- und Pizzagerichte fanden Wilmenrods Engagement. Die launigen, von scheinbarer Weltläufigkeit und ungezählten angeblichen Reisen des Kochs kündenden Münchauseniaden Wilmenrods taten ein übriges, dem Fernsehkoch zu Kultstatus im Nachkriegsdeutschland zu verhelfen. Obgleich seine Kulinarik den Vergleich mit dem heutigen Standard der Kochkunst kaum standhält, darf man Wilmenrods Einfluss auf das kulinarische Schaffen der deutschen "Feinschmeckergemeinde" (Wilmenrod) nicht unterschätzen: seine Sendungen waren jedesmal „Straßenfeger“. Wenn Wilmenrod ein Kabeljaurezept vorstellte, war Kabeljau für die nächsten Tage in sämtlichen Fischgeschäften ausverkauft.

Als ein Zuschauer ihn - angeblich - beschuldigte, die - mit einer Mandel - "gefüllte Erdbeere" nicht selbst erfunden zu haben, setzte er sich während der Sendung ein langes Küchenmesser an die Brust und schwor, sich den Stahl in sein Herz zu rammen, wenn irgendein Zuschauer anrufen würde, der schon einmal vorher eine gefüllte Erdbeere gegessen habe.

Wilmenrod war einer der ersten in Deutschland, deren unverwechselbare Fernsehpräsenz und Popularität auch die werbetreibende Industrie zu interessieren begann. Einen Skandal löste aus, als der Fernsehkoch mit seinem allbekannten Portrait auf einer Fischdose abgebildet wurde, wofür er ein Honorar und einen scharfen Tadel des WDR kassierte. Daran schloß sich ein Grundsatzstreit über die Frage an, ob es erlaubt sein dürfe, dass bekannte Fernsehschaffende zu Werbezwecken Extraentgelte kassieren. Dem Nachrichtenmagazin "DER SPIEGEL" war diese Debatte gar ein Titel über Wilmenrod wert.

Wilmenrod schrieb vier feuilletonistische Kochbücher mit einer Gesamtauflage von 250.000. Sie erschienen im Hamburger "Hoffman und Campe Verlag", unter ihnen Es liegt mir auf der Zunge und Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch.

Wilmenrod erschoss sich im Alter von 60 Jahren in einem Münchner Krankenhaus, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Er litt an Magenkrebs.