Graveson ist eine Gemeinde mit 4743 Einwohnern (Stand 1. Januar 2022) in Frankreich, in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur im Département Bouches-du-Rhône im Arrondissement Arles und im Kanton Châteaurenard.
Graveson | ||
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Staat | ![]() | |
Region | Provence-Alpes-Côte d’Azur | |
Département (Nr.) | Bouches-du-Rhône (13) | |
Arrondissement | Arles | |
Kanton | Châteaurenard | |
Gemeindeverband | Rhône Alpilles Durance | |
Koordinaten | 43° 51′ N, 4° 46′ O | |
Höhe | 8–143 m | |
Fläche | 23,54 km² | |
Einwohner | 4.743 (1. Januar 2022) | |
Bevölkerungsdichte | 201 Einw./km² | |
Postleitzahl | 13690 | |
INSEE-Code | 13045 | |
Website | http://www.graveson-provence.fr/ |
Geografie
Die Gemeinde liegt dreizehn km südlich von Avignon, zehn Kilometer nördlich von Saint-Rémy-de-Provence, zehn Kilometer östlich von Tarascon und acht Kilometer westlich von Châteaurenard.[1] Arles, Unterpräfektur des Arrondissments, liegt 24 Kilometer entfernt, Beaucaire zwölf Kilometer, die bekannte Geisterstadt Les-Baux 20 Kilometer.[2] In der Nähe mündet die Durance in die Rhône.[3]
Graveson liegt zu Füßen des Massivs „La Montagnette“, im Tal zwischen Montagnette und Alpilles. Das Dorf liegt zwischen den Städten Arles und Avignon. Daneben hat es einen guten Zugang zur nahegelegenen Camargue. Marseille liegt 80 Kilometer von Graveson entfernt.[4]
Zentrum des Dorfes ist der Cours National, ein langgezogener Platz, der von einer Doppelreihe Platanen und auf einer Seite von einem Kanal in zwei Hälften geteilt wird. Das Dorf ist nicht in einer einfachen Struktur um seine historische Mitte gewachsen.[2]
Durch die Lage nahe Saint-Rémy, Avignon und Arles und einen guten Zugang zu den wichtigen Verkehrsachsen der Départements Bouches-du-Rhône, Vaucluse und Gard ist Graveson bei Touristen beliebt.[5]
Etymologie
Nach der ersten Erwähnung des Ortes, in den Chartes du Pays d’Avignon im 9. Jahrhundert, wurde Graveson im 11. Jahrhundert als Castrum Gravisonis erwähnt.[2] 1793 hieß die Gemeinde zunächst Gravaison, seit 1801 trägt sie ihren heutigen Namen.[6]
Geschichte
Die erste Siedlung
In den letzten Jahren wurde in der Fundstätte La Roque, drei Kilometer nördlich von Graveson in Richtung Barbentane, viele wichtige archäologische Funde gemacht. In diesem zehn Hektar großen Gebiet wurden die Spuren der ersten Bewohner Gravesons gefunden. Zu den prähistorischen Funden gehören Alltagsgegenstände Geld, Keramik und Küchengeräte. Das Besondere an der Fundstätte ist ihre außergewöhnliche Vielfalt: Hier finden sich neben Wohnhäusern, die von einer Mauer geschützt wurden, auch eine Art Gotteshaus, eine Werkstatt und ein Friedhof. Die Siedlung lag auf einer Erhöhung direkt an der Montagnette. Überreste von Feuersteinen und Keramik deuten auf eine Besiedlung aus prähistorischer Zeit hin. Im 6. Jahrhundert vor Christus stieg die Bevölkerung der Siedlung an. Im späten 6. und frühen 5. Jahrhundert vor Christus kamen die Mauern rund um die Siedlung dazu. Die römische Besatzung dauerte in Graveson besonders lang, da die Römer bis zum 5. Jahrhundert blieben. Aus dieser Zeit stammen nicht nur Münzen und Keramik, sondern auch Überreste von Straßen, die verschiedene Oppida der Zeit verbanden. Dazu zählt besonders die Via Agrippa, die das römische Arles mit Lyon verband. Nach der Römerzeit wurde aus La Roque ein Friedhof, 26 alte Gräber wurden gefunden. Danach wurde die alte Siedlung aufgegeben. Im 18. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt. Damals fand man einen Wall, einen Turm (6. Jahrhundert vor Christus) und eine Zisterne. 1793 wurde ein Cippus aus weißem Marmor aus dem 1. Jahrhundert entdeckt. Dieser Grabstein war Teil eines Grabmals.
Mittelalter
Nach 500 Jahren Frieden während der römischen Besatzung wurde La Roque geplündert und zerstört. Im 9. Jahrhundert, in den Chartes du Pays d’Avignon, erschien erstmals der Name Graveson. Die Region wurde von einem Feudalsystem beherrscht, das vor allem von burgundischen Familien dominiert wurde. Wie viele Dörfer zu dieser Zeit wurde auch Graveson von Mauern geschützt. Diese Mauern, die auf älteren Ruinen errichtet wurden, verliefen orthogonal, sodass alle Ecken einen rechten Winkel bildeten. An den Ecken standen teils viereckige, teils runde Wachtürme. Die 1,80 Meter hohen und acht Meter breiten Mauern, die von einer Straße mit dazwischenliegenden Gräben umgeben waren, waren für die Verteidigung des Dorfes während der diversen Konflikte des Mittelalters von entscheidender Bedeutung. Sie verschwanden im frühen 19. Jahrhundert. Die Burg, von der heute nur noch die Nordwand erhalten ist, war ein wichtiger Stützpunkt der Grafen der Provence. Das Haupttor (Grand Portail), das heute einen Teil der Touristeninformation beherbergt, symbolisiert diesen Abschnitt in der Geschichte des Dorfes. Es war ursprünglich der Eingang zum Westteil des Dorfes.
Religion
Graveson war schon immer ein Ort der Praktizierung des Glaubens und der religiösen Versammlungen. Im 12. Jahrhundert teilten sich die Erzbischöfe von Arles und Avignon die Rechte und Einkünfte der Pfarrgemeinde. Die Dorfkirche hieß damals Notre Dame de Grâce. Nachdem die Grafen der Provence im 11. Jahrhundert Land an die Abtei Montmajour abtraten, wurde die Gemeinde von einem Kurator geleitet. Die Kirche, die schon vor dem 11. Jahrhundert gebaut wurde, steht heute noch, nach zahlreichen Umbauten, an ihrem ursprünglichen Standort.
Früher war die Kirche von der Burg begrenzt. Nach deren Zerstörung im Zuge der Revolution konnte die Kirche 1847 und 1848 jedoch ausgebaut werden und wurde so zu einer der größten Kirchen des Départements. Durch den Umbau verschwanden das romanische Kirchenschiff aus dem 12. Jahrhundert und seine gotischen Seitenschiffe. Die zwei apsidalen Kapellen und der Chor blieben hingegen erhalten. Diese romanische Apsis ist eine von mehreren ihrer Art, die in der Provence noch erhalten sind. In dieser Zeit wurden die Wände häufig mit Blendarkaden verziert. Die Kirche zeichnet sich des Weiteren durch besondere Malereien aus dem 17. und 18. Jahrhundert aus (Maria am Fuße des Kreuzes oder Seelen im Fegefeuer). Noch heute bewahrt die Dorfkirche ihre Jahrhunderte alten Traditionen wie das jährliche Saint-Éloi-Fest oder die so genannte Pastrage, die am Heiligabend während der Mitternachtsmesse stattfindet.
Das Goldene Zeitalter - Entwicklung seit dem 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert begann der Aufschwung des Dorfes mit einem Anwachsen der Bevölkerung. Bis dahin konnte sich Graveson nicht über die Grenzen seiner alten Stadtmauer hinaus ausbreiten, bis auf die zwei Weiler Lamanon und Vieux Marseille. Im Zuge der Französischen Revolution ging viel Besitz von Klerus und Adel an die aufstrebende Mittelschicht über. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Dorf vom demografischen und wirtschaftlichen Wachstum geprägt. Der Großteil des Bodens war für landwirtschaftliche Nutzung und Bewässerung geeignet, was zu einem Wachstum der Landwirtschaft führte.
Die heutige Bauweise der Häuser ähnelt der vergangener Zeiten. Der kleine Boulevard in der Dorfmitte entstand im frühen 19. Jahrhundert nach dem Abriss der Stadtmauer, deren Überreste teilweise noch zu sehen sind.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchlebte Graveson mehrere Krisen, die zu einem Niedergang der Landwirtschaft führten. Dies wurde später durch den Bau von Straßen und Eisenbahnen, die modernisierte Landwirtschaft mit modernen Bewässerungssystemen und tägliche Märkte ausgeglichen.
Das 20. Jahrhundert begann nach diversen Krisen, die vor allem durch den Niedergang der Landwirtschaft und Kriege bedingt waren, ruhig für die Bewohner. Viele alte Traditionen konnten im eingeleiteten Modernisierungsprozess erhalten werden.[7]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Le Grand Portail (das große Stadttor)
- Kirche aus dem 12. Jahrhundert, romanisch, Chor mit romanischen Säulen, Statuen des 12. Jahrhunderts, Gemälde; 2001 restauriert
- La Roubine (Platanenallee mit Kanal)
- "Aux fleurs de l'eau" – Gartenanlage von 25.000 Quadratmetern mit Seen und künstlichen Wasserfällen
- Musée des Arômes et du Parfum (Museum der Aromen und des Parfums)
- Le musée Auguste Chabaud (Chabaud-Museum), 1992 eröffnet
- Ständige Ausstellung von Gemälden im Rathaus
- Le Château de Breil (13.-15. Jahrhundert; Donjon mit Ruinen)
- Prämonstratenserabtei Saint-Michel-de-Frigolet, nur wenige Kilometer entfernt[1]
Bräuche
Laut Handbuch des deutschen Aberglaubens (2002) gab es in Graveson den Brauch, am 27. April eine Statue des hl. Antonius dreimal in einen Bach zu tauchen, um gute Ernte, Schutz vor epidemischen Krankheiten und gefahrlose Entbindungen zu erzielen.
Die Fête-Saint-Éloi findet am letzten Juliwochenende statt. Ende August und Anfang September findet ein Malerfest statt: Künstler bemalen die Wände des Dorfes, die Gemälde werden später bewertet.[2]
Wirtschaft und Infrastruktur
Neben dem blühenden Tourismus und der Landwirtschaft steigt auch die Zahl der Handwerker und Kaufmänner stetig an.[5]
Der nächstgelegene Flughafen ist der zwölf Kilometer entfernte Flughafen Avignon.[8]
Jeden Mittwoch fährt die Buslinie 57A über Graveson nach Avignon und wieder zurück. Für die Strecke benötigt sie 35 bzw. 30 Minuten.
Im Dorfzentrum finden sich neben einer Bank Lebensmittelläden, Cafés und einige weitere Läden. Der Dorfmarkt findet jeden Freitag zwischen Mai und Oktober von 16 bis 20 Uhr statt.
Von Juni bis Oktober gibt es am jeweils letzten Freitag des Monats einen thematischen Markt.[2] Der wöchentliche Markt wird von rund zwanzig ortsanssäsigen Landwirten beliefert. Er beschränkt sich weitgehend auf Lebensmittel. Das erklärte Ziel des Marktes ist, den Kunden die regionalen und saisonalen Produkte wieder näher zu bringen. Alle verkauften Produkte kommen am Verkaufstag vom Produzenten.[9]
Bildung
Der Nonnenorden Sœurs de la Présentation de Marie eröffnete 1855 eine katholische Privatschule in Graveson. 1889 wurde die katholische Schule eingeweiht. 1905 erfolgte in Frankreich die Trennung von Staat und Kirche. Erst 1984 begann die Koedukation, die gemeinsame Erziehung von Jungen und Mädchen.[10]
Tourismus
Für Touristen gibt es in Graveson drei Hotels (Moulin d’Aure, Cadran Solaire und Mas des Amandiers), zwei Gasthäuser (Mas de Saint-Jean und Mas de Saint-Pons), sechs einfache Zimmer, vierzehn Ferienwohnungen und einen Campingplatz. Dieser verfügt über 65 Plätze und einen Pool.[11]
Sport
In Graveson gibt es einen Tennis- und einen Squashverein.[12]
Städtepartnerschaft
Seit 1972 pflegt Graveson mit dem schweizerischen Thônex eine Städtepartnerschaft.
Im Juni 1972 wurde der überzeugte Europäer Louis Ollietti für den Zeitraum von einem Jahr Präsident des Gemeinderats von Thônex. Zusammen mit zwei Freunden - den Mosers - hatte er einen Plan: Eine Städtepartnerschaft zwischen Thônex und einer französischen Gemeinde. Die Wahl fiel auf Graveson. Bereits am 3. Juni 1972 konnte der damalige Bürgermeister von Thônex, Edmond Desjacques, in der Gemeinderatssitzung die Antwort seines Kollegen aus Graveson vorlesen, der den Wunsch einer Städtepartnerschaft teilte. Daraufhin akzeptierte der Gemeinderat in der Schweiz ohne Gegenstimme, bei einer Enthaltung, die Städtepartnerschaft grundsätzlich. Am 14. November 1972 nahmen beide Gemeinderäte am selben Tag die Vereinbarung über die Partnerschaft an. Die Bürgermeister Raoul Bonjean (Graveson) und John Pradervand (Thônex) weihten am 28. April 1979 gemeisam die Place de Graveson („Gravesonplatz“) in Thônex ein. Dort steht ein Brunnen, auf dem die Wappen beider Gemeinden abgebildet sind. Am 5. September 1982 folgte der Gegenbesuch und die Einweihung der Place de Thônex in Graveson, mit einer Stele, wo ebenfalls die Wappen beider Gemeinden abgebildet sind.
Seit 1973 finden regelmäßig Austausche verschiedener Art zwischen den beiden Gemeinden statt. Bei einem gemeinsamen Wochenende im Jahr 2009 besuchten fast 260 Bürger von Thônex Graveson, im Gegenbesuch kamen 2011 fast 190 Einwohner von Graveson in die Schweiz.[13]
Persönlichkeiten
In Graveson lebte in Zurückgezogenheit auf dem Hof seiner Großeltern seit 1919 der Maler der Klassischen Moderne Auguste Chabaud; er starb hier 1955.[14] Neben Szenen aus dem friedvollen Leben in der Provence malte dieser auch Szenen aus dem Pariser Nachtleben.[15]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2008 |
Einwohner | 2035 | 2024 | 2134 | 2276 | 2752 | 3185 | 3836 |
1793 hatte Graveson 1600 Einwohner. Die Einwohnerzahl blieb lange Zeit relativ konstant, 1891 hatte Graveson 1615 Einwohner. In der Folgezeit stieg die Bevölkerung leicht an, 1962 hatte die Gemeinde 2035 Einwohner. Seit einigen Jahren steigt die Einwohnerzahl stark an, Graveson hat nun etwas weniger als 4000 Einwohner.[6]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Graveson auf der Provence-Website
- ↑ a b c d e Graveson auf beyond.fr
- ↑ Graveson auf mittelmeerblick.com
- ↑ Kurze Präsentation für Touristen
- ↑ a b Präsentation auf der Website des Gemeindeverbands
- ↑ a b Die Gemeinde auf cassini-ehess.fr
- ↑ Geschichte von Graveson
- ↑ Graveson auf db-city.com
- ↑ Website des Wochenmarktes
- ↑ Geschichte der Schule
- ↑ Unterkunftsmöglichkeiten in Graveson
- ↑ Sport in Graveson
- ↑ Die Städtepartnerschaft auf der Website von Thônex
- ↑ Auguste Chabaud auf der Website des Museums
- ↑ Die Gemeinde auf net-provence.com