Zwangsheirat

Eheschließung, die gegen den Willen eines oder beider Heiratenden stattfindet
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Von Zwangsehe oder Zwangsheirat wird gesprochen, wenn bei einer Heirat die Braut oder der Bräutigam (oder beide) durch die Anwendung von Gewalt zur Eheschließung gezwungen wird. Die Praxis der Zwangsehe verstößt gegen Artikel 16 (2) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Aus der Sicht einer betroffenen Frau bedeutet die Zwangsverheiratung die ständige Furcht vor Vergewaltigung.

Vor allem muslimische Frauen sind von Zwangsheirat betroffen. Wenn sie sich weigern, eine für sie arrangierte Heirat einzugehen, sind sie Beschimpfungen und Drohungen oder auch Prügeln und Ehrenmorden ausgesetzt. Auch in Deutschland und der Schweiz werden Jahr für Jahr zahlreiche muslimische Frauen deswegen eingesperrt, massiv misshandelt und sogar ermordet.

Ursachen

Der häufigste Grund für Zwangsheiraten in europäischen Ländern ist die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung durch den Gatten. In den meisten Fällen wird der/die Heiratswillige im Migrationsland mit einem Partner aus dem familiären Umkreis im Herkunftsland verheiratet, der durch diese Eheschließung dann legal in das entsprechende Land umziehen kann. In manchen Fällen kommt auch noch ein finanzieller Aspekt in Form eines Brautpreises oder einer Bezahlung für die Erlangung der Aufenthaltsberechtigung hinzu.

Laut der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, die gegen Zwangsheiraten in Deutschland lobbyiert, hat Zwangsheirat nicht primär etwas mit der Religion zu tun, sondern mit Traditionen und Bräuchen in den Ursprungskulturen. Zwangsheiraten kommen nicht nur in islamischen Familien vor, sondern auch in hinduistischen, buddhistischen, jesidischen und christlichen Familien.

Dennoch ist der islamische Kernraum (Arabische Welt, Iran, Türkei) besonders stark davon betroffen. Gefördert wird dies durch Bestimmungen der Scharia, bei denen, je nach Rechtsschule, bisher unverheiratete Frauen auch ohne ihre Zustimmung oder auch nur durch ihr Schweigen, von ihrem Heiratsvormund verheiratet werden können.

Bekämpfung

Zwangsverheiratung ist bereits heute als Nötigung strafbar. Obwohl das Problem seit langem von Frauenrechtlerinnen angeprangert wird, kamen erst Ende 2004, angestoßen durch Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Diskussionen auf, Zwangsverheiratung durch einen gesonderten Straftatbestand zu pönalisieren.

Nachdem 70.000 Zwangsehen jährlich im Ausland geschlossen wurden, reagierte Frankreich 2005 mit einer Verschiebung der Altersgrenze für eine Heirat bei Frauen auf 18 Jahre, um Minderjährige vor Zwangsehen zu schützen.

Literatur

  • Unicef Innocenti Research Centre (Hg.): Early Marriage. Child Spouses (Innocenti Digest, No.7, Unicef), Florence, 2001
  • Volz, Rahel: Verliebt, verlobt, verheiratet, in: Menschenrechte für die Frau. Zeitschrift für Frauenrechte 4/2002, S.4-7
  • World Vision (Hg.): "Hoffnung für Mädchen". Flyer zur Aufklärung über Frühverheiratung und Genitalverstümmelung, www.worldvision.de

Dokumentationen

Siehe auch

www.zwangsheirat.ch ab 1. Januar 2006