Ein Einlauf (andere Bezeichnungen: Klistier, Klysma) bezeichnet die Prozedur, Flüssigkeit rektal über den Anus in den Darm einzuleiten.


Die Anwendung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Es wird zwischen dem "großen Einlauf" und dem "kleinen Einlauf" (Klistier/Miniklistier) unterschieden. Beim großen Einlauf läuft die Flüssigkeit aus einem Beutel (Irrigator) über einen Schlauch und ein in den Anus eingeführtes Darmrohr in den Darm. Dabei wird die Schwerkraftwirkung ausgenutzt. Je höher der Beutel hängt, mit desto mehr Druck fließt die Flüssigkeit ein - ist der Druck zu stark, so kann der Beutel niedriger gehängt werden, ohne den Einlauf abbrechen zu müssen. Beim Klistier wird die Flüssigkeit von Hand eingespritzt. Hierfür wurden früher Klistierspritzen oder eine Art kleiner Gummibalg verwendet; heute werden Klistiere/Miniklistiere üblicherweise als Fertigprodukte aus der Apotheke verwendet. Eine besondere Technik des Einlaufs stellt die Irrigation dar, diese Technik stammt aus der Stomaversorgung und wurde für die Behandlung von Stuhlinkontinenz weiter entwickelt.
Historisches
Bis ins 19. Jahrhundert waren Klistiere das gängigste Mittel gegen Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme. Es galt als Allheilmittel gegen alle möglichen Krankheiten und wurde sehr häufig verordnet.
Neben Essigeinläufen zu Heilzwecken wurden sogar belebende oder narkotisierende Substanzen über den Darm in den Blutkreislauf eingebracht. Es ist überliefert, dass im 19. Jahrhundert z. B. Kaffee-Einläufe von Personen genommen wurden, die den Geschmack von Kaffee nicht mochten, aber die belebende Wirkung des Koffeins schätzten.
Bis Anfang der 1980er Jahre wurden Einläufe für manche Narkosen bei Kindern oder zur Verabreichung in Wasser gelöster Medikamente in den Blutkreislauf eingesetzt. Aufgrund der für den Patienten oft unangenehmen Prozedur werden diese Verfahren heute praktisch nicht mehr eingesetzt. Die Behandlung von Obstipation erfolgt heute, außer in seltenen Ausnahmefällen, in denen eine tiefgreifende Darmentleerung (z. B. für eine Operation) notwendig ist, nicht mehr durch Einläufe, sondern fast ausschließlich nur noch mit chemischen Abführmitteln (Zäpfchen, Abführtropfen).
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts werden Einläufe in der Schulmedizin immer weniger verordnet. In der alternativen Medizin erlebt der Einlauf jedoch unter dem Namen Colon-Hydro-Therapie eine Renaissance. Hier wird dem Einlauf mit Seifenwasser oder anderen Flüssigkeiten (z. B. Honigmilch oder Kräutertee) eine wohltuende, entschlackende, heilende und gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Auch im Rahmen von Fastenkuren werden Einläufe angewandt, um den Darm von verbliebenen Stuhlresten zu reinigen.
Anwendungsgebiete
Die Hauptanwendungsgebiete für Einläufe sind:
- Als "mechanisches" Abführmittel, z. B. bei Obstipation. Einläufe, die zu diesem Zweck gegeben werden, bestehen meist aus einfachem warmen Wasser evt. mit Zusätzen. Der Patient entleert zusammen mit der eingebrachten Flüssigkeit auch den Stuhl, der sich im unteren Dickdarm befindet.
- Zur Reinigung (Spülung) der Abschnitte Grimmdarm (Colon) und Mastdarm (Rectum) des Dickdarms. Einläufe werden z.B. zur Vorbereitung auf medizinische Untersuchungen (Darmspiegelung, siehe Koloskopie/Rektoskopie) oder chirurgische Operationen in diesem Bereich eingesetzt. Früher wurden Einläufe auch häufig bei schwangeren Frauen zur Vorbereitung auf die Geburt gegeben.
- Zur Anregung der Darmtätigkeit, z. B. bei Darmatonie.
- Zur medizinischen Hydration.
- Zur Einbringung eines Kontrastmittels in den Darm für eine Röntgen-Untersuchung. Hierfür werden sogenannte Barium-Einläufe verwendet.
- Zur Auslösung einer zeitlich vorbestimmten Darmentleerung bei Stuhlinkontinenz
- Als sexuelle Praktik, siehe Klysmaphilie oder zur Vorbereitung auf sexuellen Analverkehr durch Reinigung des unteren Darmabschnitts. Entsprechende "Analduschen" werden in einschlägigen Sexshops angeboten.
Wann darf kein Einlauf gemacht werden?
Neben den Indikationen für einen Einlauf gibt es auch einige Punkte, bei denen kein Einlauf durchgeführt werden darf bzw. nur unter ausdrücklicher Anweisung des Arztes. Wird in so einem Fall ein Einlauf verabreicht, dann ist hier besondere Sorgfalt walten zu lassen. Der Patient muss genauestens beobachtet und bei jeder kleinsten Veränderung (z.B. Schmerzäußerung) sofort der Einlauf unterbrochen und dem Arzt mitgeteilt werden. Vorsicht ist auch geboten, wenn Hämorrhoiden 3. Grades leicht zu Blutungen neigen, während einer Schwangerschaft, bei entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) und bei angeborenen Fehlbildungen im Dickdarm und Enddarmbereich wie z.B. bei Megacolon oder bei einer Analatresie.
- mechanischer Darmverschluß
- akute Baucherkrankungen, z.B. Peritonitis
- Blutungen im Magen- Darmtrakt
- akute Unterbaucherkrankungen
- Vorsicht bei angeborenen Fehlbildungen (z.B. Megacolon, Analatresie)
- Vorsicht bei bestehenden Hämorrhoiden (Blutungsgefahr)
- Vorsicht bei bestehender Schwangerschaft
- Vorsicht bei entzündlichen Darmerkrankungen z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
Sexuelle Aspekte
Zu Zeiten Molières und des Sonnenkönigs war die Gabe eines Klistiers eine Selbstverständlichkeit. Als Allheilmittel von Leibärzten verordnet, konnte es häufig angewandt zu einer Stimulation über die Berührung der Rektalzone und so zu einer sexuellen Fixierung kommen. Diese wird Klysmaphilie oder Klistieromanie genannt und ist eine Form des Fetischismus. Heute gilt sie als Paraphilie, früher wurde sie auch als Perversion angesehen.
Es wird vermutet, dass es gerade bei Kindern in der analen Phase (siehe kindliche Sexualität) zu einer Verknüpfung von Sexualität, Ausscheidung und Klistiergabe kam und dadurch die Entwicklung einer Klistiersucht begünstigt wurde. Im Zusammenhang mit den bei der Prozedur verwendeten medizinischen Artikeln wie Gummilaken und Gummischürzen sehen manche Forscher auch einen Zusammenhang mit Gummi- oder Latexfetischismus, der häufig mit einer sexuellen Vorliebe für Klinikerotik einhergeht.
In Zeiten der gesellschaftlichen Akzeptanz und Normalität (bis ca. Mitte des 20. Jahrhunderts) wurde der Einlauf nicht nur als medizinisches Mittel, sondern auch als verschärfte Form der Strafe neben der körperlichen Züchtigung in der Erziehung eingesetzt. Manche Psychologen sehen in dieser Strafmethode eine Parallele zu Analverkehr und spekulieren über mögliche Inzest- oder pädophile Phantasien bei denjenigen Eltern oder Erziehern, die diese Methode anwandten.
In dem Maße, in dem das Klistier aber an Bedeutung in der Medizin verlor, ging auch die Klistiersucht zurück. Heutzutage dient der Einlauf hauptsächlich als Vorbereitung auf anale Sexualpraktiken und als Praktik im BDSM.
Arten der Einläufe
Abhängig von der Anforderung an die Darmentleerung kommen unterschiedliche Arten von Einläufen zum Einsatz. Die häufigste Form ist dabei das Klistier, das bei akuter Verstopfung oder vor diagnostischen Eingriffen im Enddarmbereich eine schnelle Defäkation zur Folge hat. Dagegen wird z.B. eine orthograde Darmspülung nur vor Darmspiegelungen oder Operationen im Bauchraum gemacht. Im einzelnen sind folgende Arten von Einläufen bekannt:
Verwendete Geräte
Je nach Art des Einlaufs kommen auch unterschiedliche Gerätschaften zum Einsatz. Werden nur geringe Mengen an Flüssigkeit in den Enddarm appliziert, dann kommt die Klistierspritze oder die Ballspritze zur Anwendung. Sollen dagegen größere Mengen an Spülflüssigkeit verabreicht werden, so wird ein Irrigator oder Spülbeutel genommen. Je nach Anforderung kommen unterschiedliche Darmrohre zum Einsatz. Bei Personen ohne Schließmuskelschwäche (Stuhlinkontinenz) werden normale Darmrohre benützt, die wie Katheter aufgebaut sind, nur mit einem größeren Durchmesser. Bei Patienten mit Schließmuskelschwäche wird das Ballondarmrohr verwendet, um den After von innen her abzudichten, damit die Spülflüssigkeit nicht unkontrolliert wieder abfließen kann. Auch beim Colon-Kontrasteinlauf wird häufig eine Ballondarmrohr verwendet.
Technik
Der kleine Einlauf wird für Flüssigkeitsmengen von 50-200 ml als Klistier oder von etwa 5-10 ml als Miniklistier verwendet. Für einen großen Einlauf werden größere Mengen von 1000-2000 ml (bei Kindern entsprechend weniger) verwendet. Als Faustregel kann hier ein Wert von ca. 20 ml/kg Körpergewicht angenommen werden. Bei einem großen Einlauf stoppt der Zufluss automatisch, wenn sich im Darm ein zu hoher Druck aufbauen sollte (d. h. wenn der Innendruck gleich dem Druck der Wassersäule ist).
Achtung! Die häufig in Sexshops oder im Internet angebotenen "Duschaufsätze", die in den Darm eingeführt und mit der Wasserleitung verbunden werden, können zu einer lebensgefährlichen Situation führen, da hier mit vollen Druck der Wasserleitung gearbeitet wird! Dieser Wasserdruck ist nicht kontrollierbar und kann dazu führen, dass der Darm zum "platzen" gebracht wird, was eine sofortige operative Behandlung im Krankenhaus erfordert. Daher sind generell alle Geräte oder Zubehörteile, die in irgendeiner Form mit der Wasserleitung direkt verbunden werden, mit Vorsicht zu genießen, es sei denn, die Gegenstände sind ausdrücklich als medizinisches Hilfsmittel für diesen Zweck zugelassen.
Es ist wichtig, dass die einlaufende Flüssigkeit Körpertemperatur (35 bis 38 Grad) hat. Ist sie zu kalt (unter 30 Grad), so reagiert der Körper mit schmerzhaften Unterleibskrämpfen (Hyperperistaltik). Die ideale Lage des Patienten während des Einlaufs ist die linke Seitenlage bei leicht angewinkelten Beinen, denn so kann die Flüssigkeit am besten in den absteigenden Dickdarm einfließen. Es ist beim großen Einlauf darauf zu achten, dass der Schlauch vor Beginn mit Flüssigkeit gefüllt und dadurch luftentleert ist. Dies wird dadurch erreicht, dass der Sperrhahn am unteren Ende des Schlauchs geöffnet wird, so dass etwas Flüssigkeit in ein danebenstehendes Becken läuft. Bei dieser Gelegenheit kann man auch gleich die Wassertemperatur prüfen.
Nachdem der Einlauf eingeflossen ist, sollte der Patient versuchen, ihn so lange wie möglich (im Idealfall einige Minuten) im Körper zu behalten, bevor eine Leibschüssel verwendet bzw. ein Leibstuhl oder die Toilette aufgesucht und der Darm entleert wird. Die Wirkung des Einlaufs kann dadurch verstärkt werden, daß der Patient nach dem Einlauf etwas umhergeht oder eine Bauchmassage vornimmt.
Gesundheitshinweise
Einläufe sollten wegen der medizinischen Risiken nur von Ärzten oder geschulten Personen gegeben werden. Auch die zu häufige Anwendung von Einläufen (z.B. jeden Tag) kann die Darmfunktion stören und den Elektrolythaushalt so verschieben, dass es zu Mangelerscheinungen oder gar Gesundheitsschäden kommt.
Generell ist der Einlauf als eine medizinische Maßnahme anzusehen, die falsch angewandt zu schweren Komplikationen führen kann. Es sei deshalb ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Benutzen von anderen Flüssigkeiten außer Wasser gesundheitliche Schäden im Darm verursachen können.
Zusätze
Durch verschiedene Zusätze zum Einlaufwasser kann die abführende Wirkung verstärkt oder aber eine berauschende Wirkung herbeigeführt werden. Es kommen hier pflanzliche und chemische Wirkstoffe sowie unterschiedliche Nahrungs- und Genußmittel zum Einsatz.
Pflanzlich
Ein Zusatz zur Einlaufflüssigkeit, der früher häufig besonders bei entzündlichen Darmerkrankungen verwendet wurde, soll aus heutiger Sicht nur mit Vorsicht angewandt werden. Es handelt sich hierbei um die Kamille bzw. eine Kamillenabkochung die als Zusatz verwendet wurde. Bei Menschen mit Beifuß-Pollinose und bei Asthmatikern besteht ein erhöhtes Risiko auf anaphylaktische Reaktionen auf Kamille und das häufiger als bisher angenommen. Die meisten Betroffenen reagieren verzögert mit einer Kontaktdermatitis darauf, einige jedoch sofort mit einem mitunter tödlich verlaufenden anaphylaktischen Schock. Die meisten Allergiker wußten bis zum Auftreten der allergischen Reaktionen nichts davon, sie hatten Kamillentee getrunken oder wegen einer Bronchitis die Kamillendämpfe inhaliert. Natürlich gilt dieser Warnhinweis auch für andere Pflanzenabkochungen, hier sollten Allergiker besonders vorsichtig sein.
Chemisch
Die Benutzung von Kernseife (oder ähnlichen Zusätzen, z.B. Flüssigseife) als Beigabe zur Spülflüssigkeit, die früher eine übliche Technik war, kann nach heutiger Erkenntnis zu Reizungen der empfindlichen Darmschleimhaut und gesundheitlichen Störungen führen. Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, der sollte nur reine Kernseife verwenden und darauf achten, daß im Wasser keine Klumpenbildung besteht. Es wird nur soviel Kernseife im Wasser gelöst, bis eine milchigtrübe Lösung entstanden ist. Nach dem Einlauf mit Seifenwasser sollte ein weiterer Einlauf mit klarem Wasser folgen, um die letzten Seifenreste aus dem Darm zu entfernen.
Der Zusatz von Medikamenten zum Einlauf ist mit Vorsicht zu genießen, wobei Abführmittel - wenn sie selten verwendet werden - keine großen Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Der Zusatz von Glyzerin (Glycerol) zur Einlaufflüssigkeit kann ohne Bedenken erfolgen, wenn die Dosierung von 20 ml pro 1000 ml Wasser nicht überschritten wird. Kurzfristig kann auch zur schnellen Darmentleerung ein Klistier mit einem Mischungsverhältnis von zwei Teile Wasser zu einem Teil Glycerol und einer Menge von insgesamt etwa 100 ml verwendet werden. Wer eine stärkere Wirkung wünscht, der kann etwa 10 mg Bisacodyl in Form eines Abführzäpfchens pro 1000 ml Wasser für den Einlauf darin auflösen. Wird eine Wassertemperatur von 37 Grad genommen, so ergibt sich die beste Wirkung, wenn der Einlauf so lange wie möglich gehalten wird. Anfänger sollten etwas Abstand von Bisacodyl halten, da es zu starken Bauchkrämpfen durch das Abführmittel kommen kann.
Nahrungs- und Genußmittel
Alkoholische Getränke sollten aufgrund der schnellen Absorption des Alkohols im Darm in den Blutkreislauf keinesfalls benutzt werden. Hochprozentige Getränke können rektal eingenommen schon in geringen Dosen tödlich sein. Wer es dennoch versuchen möchte, der muß bedenken, daß bereits ein Glas Rotwein zu einem Vollrausch und schlimmstenfalls sogar zur Bewußtlosigkeit führen kann, daher gehören hochprozentige Getränke nicht in den Darm!
Ebenfalls nicht ganz ungefährlich ist die Benutzung von kohlensäurehaltigen Flüssigkeiten. Da das CO2 beim einlaufen der Flüssigkeit ausgast, wird der Darm sehr schnell gedehnt, das äußerst unangenehme Blähungen verursacht und in ungünstigen Fällen zu Verletzungen der Darmwand führen kann.
Hygiene
Zur Durchführung eines Einlaufs sollten entweder Einwegmaterialien oder sterilisierbare Geräte benutzt werden. Vor und nach jeder Benutzung müssen bei einem Irrigator der Schlauch, Darmrohr und Absperrhahn fünf Minuten lang ausgekocht werden. Flüssigkeitsbecher oder Beutel müssen mit Seife und heißem Wasser ausgespült und sauber ausgewaschen werden. Dies gilt auch für Klistierbälle aus Gummi. Eventuelle Verunreinigungen sollten vor der Desinfektion mit heißem Wasser und Seife entfernt werden.
Eine nicht hinreichende Desinfektion kann zu einer Darminfektion führen, da sonst fremde Bakterien in dem Darm gelangen können, die bei Aufnahme über den Mund bereits im Magen abgetötet worden wären. Einmalklistiere oder Einmaldarmrohre, wie sie im Handel erhältlich sind, sollten deshalb nach der Benutzung selbst nach einer Desinfektion nicht wiederverwendet werden.