Gartenkunst im Alten Ägypten

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Entwicklung des Gartenbaus von der vordynastischen Zeit bis zum Neuen Reich

Das Land

Der landschaftlicher Charakter Ägyptens ist geprägt vom Gegensatz der Wüstengebiete und einem langen, schmalen Tal, dem man mit Hilfe des Nils Kulturland abringen konnte. Jahr für Jahr überschwemmte der Nil dieses Land und führte dem Boden die ihm entzogenen Nährstoffe wieder zu (s.a. Nilometer). Wald war aufgrund dieser Bedingungen nicht vorhanden. Auch alle Gartenkulturen des Landes mit größeren Baumanpflanzungen oder ausdauernden Pflanzen konnten nur auf jenen Erhöhungen und den Talrändern entstehen, die von den jährlichen Überschwemmungen nicht erreicht wurden. Damit waren diese Pflanzen von Angebinn aber auf eine sorgsame Pflege des Menschen angewiesen. Ein vielverzweigtes Netz von Kanälen, Dämmen und Schleusen brachte das Nilwasser auch zu diesen höheren und entfernteren Landesteilen.

Quellen

Wir haben dank Ausgrabungen, Inschriften und bildlichen Darstellungen ein verhältnismäßig genaues Bild über die altägyptische Gartenkultur. Das Gartenbau schon in der vorgeschichtlichen Zeit betrieben wurde, belegen die Felsengräber in Beni Hassan (Ägypten), in denen Abbildungen von Gärten gefunden wurden. Auch der in Tell el Amarna in Mittelägypten von Lepsius gefundene Plan eines Gartens des dortigen Königs, der zu Anfang des 16. Jahrhunderts. v. Chr. gelebt haben mag; das kleine Garten-Modell im Grab des Meketre, dem Kanzler des Pharao Mentuhotep II. (2061-2010 v. Chr.) oder die Wandmalereien im Grab des Nacht, des Cheffloristen des Amenophis III. (1403 - 1354 v. Chr.) belegen die hohe Entwicklung der Gartenkunst zu der jeweiligen Zeit. Die Wandmalereien der Gräber, die Gärten und ihre Bestellung zum Thema hatten, waren dabei ebenso Grabbeigabe wie die tatsächlich oder ebenfalls nur dargestellten Speisen und sollten das Überleben im Jenseits garantieren. Sie repräsentierten auch den Wohlstand des jeweiligen Verstorbenen, so wie sie auch das religiöse Symbol für die Wiedergeburt der Toten waren.

Einfluss der Religion

Die religiösen Vorstellungen der Alten Ägypter hatten nicht nur entscheidenden Einfluss darauf, daß wir heute ein relativ klares Bild über die altägyptische Gartenkultur haben. Der Waldmangel Ägyptens mußte durch eine große Reihe von heiligen Hainen ersetzt wrden. Jeder der Tempel hatte seinen eigenen heiligen Hain. Von daher können wir davon ausgehen, daß streng gleichförmig angelegte Baumgärten die ersten Gartenanlagen waren. Da der kultische Ritus Blumen-, Speise- und Trankopfer vorsah, umgab man den Göttern und den Verstorbenen zu Ehren die Tempel und Pyramden mit großen Gartenanlagen. Aus der Zeit desRamses III. (1193-1162 v.Chr.) existieren Listen, auf denen 513 Tempelgärten verzeichnet sind. Sie waren notwendig, um die Blumen, Nahrungsmittel und Getränke zu erzeugen, die für die kultischen Handlungen notwendig waren. Für alle diese Tempelgärten - von der vordynastischen Zeit bis zum Neuen Reich - gilt, daß sie regelmäßig angelegt waren und Wasser eine zentrale Rollte spielten. Jeder altägyptische Garten war mit mindestens einem rechteckigen, mit Treppen versehen Wasserbasin ausgestattet. Diese künstlichen Teiche dienten der rituellen Reinigung und manche dieser Basins waren so groß, daß sogar Barken darauf fahren konnten. Während für die vordynastischen Gartenanlagen und die Gartenanlagen des Alten Reichs keine Informationen über den genauen Aufbau des Gartens vorliegen, weiß man aufgrund von Wandmalereien, welche Gestalt die Gärten des Mittleren und Neuen Reichs hatten. Sie waren streng symmetrisch um den künstlich geschaffenen Teich angelegt: Weingärten, Gemüsegärten, Blumenbeete, Teiche, offene Gartenpavillons und Baumalleen lagen in einem Viereck, das von hohen Mauern begrenzt wurde. Häufig durchzogen Wasserkanäle das Areal.

Die Mühsal der Bewässerung

Wandmalereien in vielen Gräbern dieser Zeit demonstrieren die Mühsal, mit der der Wüste die Gärten abgerungen wurde. Wie mühselig und arbeitsaufwendig die Bewässerung war, verdeutlicht eine Textpassage aus der sog. Lebenslehre des Cheti, eines Schriftstellers aus der 12. Dynastie um 1800:
Der Gärtner trägt das Joch;
seine Schultern sind wie vom Alter gebeugt.
Er hat so viele Geschwüre auf seinem Nacken,
daß dieser einer eitrigen Wunde gleicht.
Des Morgens begießt er das Gemüse
und am Abend die Schat-Pflanzen,
wobei er den ganzen Tag im Obstgarten verbringt
Dann fällt er todmüde um,
und das gilt für ihn mehr als in jedem anderen Beruf
Die relativ kleinen ägyptischen Hausgärten verschmolzen die Pflanzungen mit den künstlich angelegten Teichen und Becken zu einer gestalterischen Einheit. Auf einem Gartenmodell, das im Metropolitan Museum, New York erhalten ist, nimmt das Wasserbecken, von Maulbeerfeigen umrahmt, fast die ganze Gartenfläche ein. Erst im Neuen Reich erfand man den Wasserschöpfer, den sogenannten Schaduf, der die Arbeit der Gartenbewässerung erleichterte.

Den Höhepunkt erreichte die altägyptische Gartenbaukunst während der Zeit des Neuen Reiches zwischen 1550 und 1080 v. Chr., eine Phase, in der so berühmte Herrscher wie Thutmosis III., Echnaton, Ramses II. und Tutanchamun regierten.

Nachgewiesene Pflanzen

Schon für die vordynastische Zeit lassen sich verschiedene Kulturpflanzen nachweisen:

  • die Sykomore (Ficus Sycomorus), auch Maulbeerfeige genannt, die seit der Zeit des Alten Reiches um 2600 v. Chr. auch als Liebesgöttin Hathor verehrt wurde und deren Holz die alten Ägypter für den Bau von Möbeln, Schiffen, Särgen und Statuen verwandten.
  • die Dumpalme (Hyphaene thebaica) und die Dattelpalme (Phoenix dactylifera L.)., die sich beide anhand von Mattenresten, Fallen und Fächern für diese Zeit nachweisen lassen
  • der Wein, den man für die Zeit der ersten Dynastie um 2950 v. Chr. in Abydos und aus der dritten Dynastie rund dreihundert Jahre später in Sakkara belegen kann.
 
Granatapfel

Darüber hinaus wurden in den Gräbern der Pyramiden Samen und Reste von einer Reihe von Gartenpflanzen gefunden. Besonders im Grab des Tutanchamun hat man viele Pflanzenreste gefunden. Zu den nachweisbaren Pflanzen zählen u.a.:

Akazien (Acacia nilotica), Lauch (Allium Porrum), Balsamodendron, Ralamtes aegyptiaca, Zichorie (Cichorium Intybus), Dill, Sellerie, Koriander, Bockshornklee, Citrullus edulis, Gurke (Cucumis sativus), Erdmandel (Cyperus esculentus), Echte Feige (Ficus carica), Hyphaene thebaica, Juniperus phoenicea, Mimusops ummeligella sativa, Granatapfel (Punica Granatum), Ricinus communis, Rettich (Raphanus sativus), Sapindus, Ultis vinifera.

Literatur

  • Garten, in: Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl. 1888, Bd. 6, S. 917 (Stand Juni 2003: noch nicht bearbeitet)
  • Karin Dzionara; Der Garten im alten Ägypten, in Hans Sarkowicz (Hsg.), Die Geschichte der Gärten und Parks, Frankfurt am Main, 2001
  • Marie Luise Gothein; Geschichte der Gartenkunst, Nachdruck der Ausgaben Jena 1926, Hildesheim 1977
  • Michaela Kalusok; Schnellkurs Gartenkunst, Köln 2003