Bibeltreue
Bibeltreu ist meint zunächst eine Haltung von Christen, die Bibel mit dem in ihr enthaltenen Selbstanspruch, eine Heilige Schrift zu sein, ernstzunehmen und im christlichen Alltag umzusetzen. Dies gilt zunächst überkonfessionell.
Dabei wird der Begriff meistens als Selbstzuschreibung verwandt. Gleichzeitig kann er als solche allerdings nicht einheitlich bestimmt werden.
Auch auf der Ebene der Theologie grenzen sich Theologen jeglicher konfessioneller Herkunft, die sich selbst als bibeltreu kennzeichnen, gegen die liberalen Vertreter ihres Faches ab.
Historisch vor allem durch die reformatorischen Kirchen, und heute vor allem in evangelikalen Freikirchen wird betont, bibeltreu zu sein und bibeltreue Theologie zu betreiben. Die reformatorischen Bibeltreuen stellt sich hier auf der Grundlage des Sola scriptura-Prinzipes gegen die Treue zur kirchlichen Tradition, wie sie vor allem von der römisch-katholischen Kirche vertreten wurde.
Für den einzelnen bibeltreuen Christen und Theologen spielt die Frage der Unterscheidung von anderen konfessionellen Überzeugungen eine untergeordnete Rolle, da im "religiösen Alltag" versucht wird, das persönliche Verständnis der Bibellektüre möglichst konkret umzusetzen, ohne sich in Auslegungsstreitigkeiten verwickeln zu lassen. Dies wird aber gerade wenn es um die Auseinandersetzung zwischen evangelikalen Bibeltreuen und römisch-katholischen Bibeltreuen meist aus den Augen verloren. Stereotype Feindbilder überlagern dann nicht selten, den Willen zur authentischen Interpretation der Bibel.
Bibeltreue Theologie ist nicht mit "rückwärts gewandter", konservativer Theologie gleichzusetzen.
Bibeltreue Christen sehen in der Regel die Notwendigkeit, sich der "unbiblischen" Politik kritisch auseinanderzusetzen. Auf dieser politischen Ebene hat der Begriff "bibeltreu" jedoch durch die Partei Bibeltreuer Christen nochmals eine andere, umstrittene Konnotierung erfahren.
Merkmale einer bibeltreuen Einstellung
Bibeltreue Christen und Theologen legen Wert auf folgende Feststellung: Die Bibel ist Gottes Wort und (historisch) zuverlässig. Dies gilt sowohl für die Wundergeschichten, die Worte Jesu, die Zeit- und Mengenangaben der Bibel als auch die Angaben zur Autorenschaft der biblischen Bücher. Viele gehen sogar soweit, die dass die Bibel ohne Fehler und Irrtümer sei. Diese Haltung wurde im amerikanischen Raum zunächst als Selbstbezeichnung, heute eher als allgemeine Kennzeichnung durch die Kritiker als Bibelfundamentalismus bzw. Christlicher Fundamentalismus bezeichnet. Im Bereich der Schöpfungsgeschichte führt dies häufig zum Kreationismus, der die Evolutionstheorie und den Darwinismus ablehnt.
Aufgrund des Willens, Gott bzw. Jesu Geboten zu folgen und zu gehorchen, lesen bibeltreue Christen häufig in der Bibel und versuchen sie als Alltagsnorm zu verwirklichen. Daher ist ihnen das Gebet und der häufige Besuch des Sonntagsgottesdienstes sehr wichtig. Dabei wird vor allem auch das freie Gebet gepflegt. Überhaupt wird häufig der persönliche Glaube höher bewertet als die offizielle Mitgliedschaft in einer (frei)kirchlichen Gemeinschaft. Viele Bibeltreue besuchen daher christliche Gemeinden ohne deren Mitglied zu werden.
Unter Berufung auf die Bibel werden vehement abgelehnt: Sex außerhalb der Ehe und meist auch vor der Ehe, Abtreibung und Homosexualität.
Konfessionelle Unterschiede
Unterschiede zwischen unter den bibeltreuen Gläubigen der verschiedenen christlichen Konfessionen gibt es dagegen:
- bei der Frage der Empfängnisverhütung: Hier ist die bibeltreuen Anhänger der römisch-katholischen Kirche auch gegen die künstliche Empfängnisverhütung, während die evangelikalen Bibeltreuen hier keine einheitliche Position haben.
- bei der Frage der Taufe: Während die römisch-katholischen und landeskirchlichen Bibeltreuen die Kindertaufe befürworten, neigt die Mehrheit der freikirchlichen Bibeltreuen wohl zu einem baptistischen Taufverständnis, lehnt also die Taufe von Kindern ab. Für nicht wenige evangelikale Bibeltreue ist die Tauffrage sogar das entscheidende Kriterium für die Bibeltreue.
- bei der Frage der korrekten Interpretation der Bibel: Während hier die römisch-katholische Kirche die Auffassung vertritt, dass letztlich nur sie in Ihrer Gesamtheit die Bibel korrekt interpretieren könne, kennen insbesondere evangelikale Freikirchen kein Lehramt in diesem Sinne.
Literatur
- Stadelmann, Helge: Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses, Wuppertal 1985; (2)1990
- Lerle, Ernst: Kontaktstark verkündigen: Gründzüge bibeltreuer Predigt, Neuhausen-Stuttgart 1989
- Evangelisches Missionserk in Deutschland: Geistbewegt und bibeltreu: Pfingstkirchen und fundamentalistische Bewegungen. Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Hamburg 1995
- Möckel, Rudolf/Nestvogel, Wolfgang (Hrsg.): Volkskirche am Abgrund?: eine Dokumentation über evangelikale Pfarrer und die bibeltreuen Christen in der Volkskirche, Neuhausen-Stuttgart 1996.
- Irrtumslosigkeit der Schrift oder Hermeneutik der Demut?: ein Gespräch unter solchen, die mit Ernst Bibeltreue sein wollen, Nürnberg 2001
- Stadelmann, Helge (Hrsg.): Liebe zum Wort: das Bekenntnis zur Biblischen Irrtumslosigkeit als Ausdruck eines bibeltreuen Schriftverständnisses; zum Gespräch mit Heinzpeter Hempelmann, Nürnberg 2002
- Schirrmacher, Thomas (Hrsg./Übers.): Bibeltreue in der Offensive: Die drei Chicagoerklärungen zur biblischen Irrtumslosigkeit, Hermeneutik und Anwendung, Bonn 1993; (2., überarb.) 2005
Weblinks
- http://www.bibelbund.de - Der Bibelbund beschäftigt sich mit der Frage, was bibeltreu ist und sieht sich selbst als bibeltreu an. Er veröffentlicht eine regelmäßige Zeitschrift und ist überkofessionell.
- http://www.wort-und-wissen.de Wort und Wissen ist eine Organisation, die im Bereich des Kreationismus auf wissenschaftlicher Ebene forscht und regelmäßig veröffentlicht.
- http://www.pbc.de Partei bibeltreuer Christen