Eine Wallfahrt (lat. peregrinatio religiosa, v. wallen in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren unterwegs sein) ist eine traditionelle Reise zum Zweck des Besuches einer bestimmten Pilgerstätte mit religiöser Bedeutung. Sie wird auch als Pilgerreise, Pilgerfahrt, Betfahrt und im Islam als Hadsch oder Ziaret bezeichnet.
Im symbolischen Sinn ist die Pilgerfahrt sowohl eine Initation als auch ein Akt der Ergebenheit. Sie geht zurück auf den alten Glauben, dass die übernatürlichen Mächte ihre Kraft an bestimmten Orten besonders stark entfalten. Im Islam ist dies der Ort Mekka, die Geburtsstadt des Propheten. Im Hinduismus ist es Benares am Ganges. Für Buddhisten und Christen sind es die Schlüsselstationen im Leben des Gautama Buddha oder Jesu Christi.
Die Ursprünge der Wallfahrten reichen bis zu den Griechen und Römern zurück, die auch schon aus religiösen Gründen ferne Tempel bereist hatten. Auch die Germanen veranstalteten Waldfahrten zu heiligen Hainen.
Wallfahrtsbräuche im Christentum
Die Christen pflegten seit dem 2. Jahrhundert die Gräber der Märtyrer zu besuchen und dort zu beten. Seit dem 4. Jahrhundert (Kreuzauffindung durch Kaiserin Helena, "Wiederentdeckung" der Wirkungsorte Jesu im Heiligen Land) kamen Wallfahrten v.a. nach Jerusalem auf. Bekämpfte die Kirche den Brauch anfangs noch, so wurde er bald Bestandteil des kirchlichen Lebens.
Nach dem Vorbild der jüdischen Festreisen nach Jerusalem reisten nun auch Christen zu heiligen Stätten, um Sünden abzutragen, religiöse Läuterung zu erfahren, geheilt zu werden oder in besonderen Anliegen zu beten. Im Mittelalter galt die christliche Wallfahrt als ein Glaubenszeugnis, insbesonders weil die Wege zu den Wallfahrtsorten oft weit, mühsam und gefährlich waren. Das Beherbergen von Pilgern zählte zu den Werken der Barmherzigkeit und gab an den Segensfrüchten der Wallfahrt Anteil.
Im frühen Mittelalter hatten viele Wallfahrten noch das Heilige Land zum Ziel; auch die Kreuzzüge dorthin waren eine Form der Wallfahrt. Erst als sich die Christen dort zurückziehen mussten und die sog. Sarazenen die Herrschaft übernahmen, traten Reliquien, Wunderbilder und Gräber von Heiligen in erreichbarer Nähe in den Vordergrund. Diese werden in einer zugehörigen Wallfahrtskirche ausgestellt und verehrt.
Von besonderer Bedeutung als Wallfahrtsort sind die Gräber der Apostel Petrus und Paulus in Rom (Limina apostolorum), das Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela sowie die Marienheiligtümer Lourdes, Fatima und Loreto, weiterhin auch die Stätten des Heiligen Landes. Pilgerfahrten zu diesen Zielen gelten als Hauptwallfahrten (peregrinationes primariae), Fahrten zu weniger bedeutenden Orten als Nebenwallfahrten (peregrinationes secundariae). Ein bekanntes Wallfahrtsziel ist auch Canterbury.
Heute werden Wallfahrten gewöhnlich als zeichenhafte Darstellung der Lebensreise aufgefasst. Der Aufenthalt am fremden heiligen Ort öffnet vielen Menschen bisher verschlossene Bereiche ihres Seelenlebens.
Wallfahrten in anderen Religionen
Bei anderen Religionen sind Wallfahrten ebenfalls üblich. Die Juden veranstalten die schon genannten Festreisen nach Jerusalem.
Im Islam gibt es die Hadsch, die jedem Muslim als eine der fünf Hauptsäulen des Islam vorgeschriebene Wallfahrt zum Grab Mohammeds und die Ziaret, den gottgefälligen Besuch heiliger Gräber.
Im Hinduismus pilgern Gläubige zu Pilgerstätten in Badrinath, Kedarnath, Gangotri, Yamunotri, Rishikesh und Haridwar. Reisen zu allen der ersten vier Städte bilden das Chardham, von dem geglaubt wird, besondere Erlösung zu bringen.
Gautama Buddha gab den buddistischen Gläubigen ebenfalls vier heilige Stätten als Ziele von Wallfahrten. Sein Geburtsort Lumbini, Sarnath, wo er zum ersten Mal lehrte, den Ort seiner Erleuchtung Bodh Gaya und sein Todesort Kusinara.
Auch auf den säkularen Bereich hat sich der religiöse Begriff ausgedehnt. So wallfahren Fans von Elvis Presley zur andächtigen Besichtigung seines Hauses Graceland in Memphis, Tennessee, USA.
Weblinks
Siehe auch: Wallfahrer, Wallfahrtsort, Pilgerstätte, Wallfahrtskirche, Jakobsweg