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Anton Graff

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Anton Graff, Selbstporträt (1805/06)

Anton Graff (* 18. November 1736 in Winterthur; † 22. Juni 1813 in Dresden) war ein Schweizer Maler und mit seiner Bildauffassung einer der bedeutendsten Porträtmaler seiner Epoche. Sein Beitrag war es, der Nachwelt eine herausragende Übersicht über die Persönlichkeiten seiner Zeit zu hinterlassen, das auch heute noch fasziniert und unser Interesse an den porträtierten Menschen weckt.[1]

Kindheit und Ausbildung in der Schweiz

Anton Graff wurde als siebtes Kind des Zinngiessers Hans Ulrich Graff und Barbara Graff geb. Koller (aus Zürich) in Winterthur in der Schweiz im Haus Untertorgasse 8 geboren (das Haus steht nicht mehr).[2] Wäre es nach seinem Vater gegangen, so hätte Anton Graff auch den Beruf des Zinngiessers erlernen sollen. Dank der Fürsprache eines befreundeten Pfarrers, durfte Graff jedoch von 1753 bis 1756 die 1752 von Johann Ulrich Schellenberg gegründete Zeichenschule in Winterthur besuchen.[2] Graff verdankte seinem Lehrer vor allem Gewissenhaftigkeit im Handwerklichen und wahrer ungeheuchelter Enthusiasmus für die Kunst.[3]

Studien- und Gesellenjahre

Heinrich XIV. Reuß zu Greiz (1789)

Nach seiner Ausbildung in Winterthur, wechselte Graff 1756 auf Empfehlung seines Lehrers zum Radierer Johann Jacob Haid nach Augsburg.[4] Es kam Graffs Begabung entgegen, dass ganz Augsburg von einer förmlichen Porträtmanie erfasst und so die Nachfrage nach guten Porträtisten gross war. Dennoch musste Graff Augsburg nach nur einjährigem Aufenthalt wieder verlassen, weil einige der dort ansässigen Meister klagten, "der junge Fremde tue ihnen Eintrag". [5] Dank Haids Fürsprache, wurde der Hofmaler Leonhard Schneider in Ansbach ab 1757 Graffs neuer Lehrer. Über ihn sagte Graff: "Seine Portraits hatten viel Gutes, flüchtig gemalt aber ähnlich. Da er sehr geschwind und wohlfeil malte, so hatte er an diesem Hofe viel zu thun und musste Gesellen halten. Ich war ihm sehr nützlich, musste copieren und andere unbedeutende Dinge, wobei nichts zu lernen war, machen. Es war eben damals die Zeit des siebenjährigen Krieges und ein Jeder wollte das Portrait des Königs von Preussen haben. Des Königs Schwester, die verwitwete Markgräfin Friederike Luise, hatte ein Portrait des Königs, das in Berlin gemalt worden war. [Es handelt sich dabei höchstwahrscheinlich um Antoine Pesnes 1733 entstandenes, jetzt im Alten Schloss der Eremitage bei Bayreuth hängendes Friedrich-Bildnis, Inv.-Nr. 7226/6537]. Dieses Bild musste ich nun oft copieren und ich machte alle Tage eins fertig. Um in der Kunst weiter zu kommen hatte ich freilich keine Gelegenheit; immer schlechte Copien machen ist nicht der rechte Weg." [5] Dennoch konnte Graff von seinem Aufenthalt in Ansbach auch für seine künstlerische Entwicklung profitieren. Während seines Aufenthaltes kopierte Graff viele Werke in den Sammlungen von Ansbach und Bayreuth.[4] Dies diente ihm zum Studium und kam auch der Perfektionierung seiner Maltechnik zugute. In Ansbach kam Graff mit Werken von Antoine Pesne, Hyacinthe Rigaud, Johann Kupetzky und George Desmarées in Kontakt.[4] Anlässlich eines Besuches in München im Frühjahr 1763, lernte Graff in Begleitung von Johann Jacob Haid den bayrischen Hofmaler George Desmarées persönlich kennen und schätzen. Demarées Werke, geprägt von niederländischem Realismus, venezianischem Kolorit und französischer Kontenance, haben Graff wegen ihrer schimmernden Weichheit und lichtdurchfluteten Farbigkeit angezogen.[6] Neben Demarées haben sowohl Antoine Pesne, dessen "Fridericus-Porträt" er viele Male kopierte, als auch Johann Kupetzky und Hyacinthe Rigaud den jungen Porträtisten entscheidend beeinflusst.[5] Pesne verdankt er die elegante Sicherheit und noble Zurückhaltung in Kolorit und Bildaufbau, Kupezky die Intensität in der Wiedergabe der realen ungeschninkten Persönlichkeit.[7]

Graff reiste oft nach München. Sein besonderes Interesse galt dem Studium der Sammlungen in der Schleissheimer Galerie.

Der Ruf nach Dresden

Johann Christian von Hofenfels. Gemalt 1783/84 anlässlich des Besuchs des Ehepaars von Hofenfels in Dresden

Ab 1759 war Graff wieder in Augsburg bei Johann Jacob Haid.[2] Im August 1764 wechselte Graff nach Regensburg. Im selben Jahr, am 6. Februar 1764, wurde die Kunstakademie Dresden gegründet. Im Jahr zuvor, am 24. Dezember 1763, wurde Christian Ludwig von Hagedorn zum Generaldirektor der Künste, Kunstakademien und Kunstsammlungen in Sachsen ernannt. Im Februar 1765 war Graff wieder zurück in Augsburg und reiste im Spätherbst weiter nach Winterthur und Zürich.[2] In Zürich malte Graff verschiedene Bildnisse, darunter jenes seines lebenslangen Freundes Salomon Gessner. Unterdessen wurde Graff von Gessners Schwager, Johann Heinrich Heidegger, an den Generaldirektor der Dresdner Kunstakademie, Christian Ludwig von Hagedorn, empfohlen. Hagedorn war zu der Zeit auf der Suche nach tüchtigen Lehrkräften für die neu gegründete Dresdner Akademie.[8] In Zürich erreichte Graff Hagedorns Brief vom 1. November 1765 (Waser, 1926, S.18): "Wollten Sie Ihr Glück in Dresden versuchen, so würde, damit Sie nicht ganz aufs ungewisse herkämen, der Hof Sie zum Versuche wenigstens drey Bildnisse, mit Händen daran, mahlen und auf solange ihnen ein freyes Quartier anweisen, auch jedes Bildniss, es möge höchsten Beyfall finden oder nicht, mit oder ohne Hand mit funfzig Thalern, und wenn das Bild zwo Hände habe, mit hundert K. Kulden oder 66 Rthlr. 16 Groschen bezahlen lassen." [2] Graff hatte dieser Aufforderung nicht sogleich entsprochen, sondern zunächst ein Probestück, sein Selbstbildnis, in die Elbstadt gesandt.[8] Am 16. Januar 1766 traf Graffs Selbstbildnis in Dresden ein und fand solchen Beifall, dass Graff daraufhin den Ruf nach Dresden erhielt. Nur einen Tag darauf, am 17. Januar 1766, entwarf Hagedorn Graffs Anstellungsvertrag (Waser, 1926, S. 86).[2] Am 7. April 1766 traf Graff in Dresden ein, wo er als kurfürstlich sächsischer Hofmaler und aggregiertes Mitglied der Kunstakademie Dresden fortan am Altmarkt gewohnt hatte.[2] Diese Anstellung behielt er Zeit seines Lebens inne. Selbst finanziell bessere Angebote, unter anderem aus Berlin, lehnte er ab. Graff hatte zu Beginn des Jahres 1788 vom preussischen Minister Friedrich Anton von Heynitz das Angebot des Hofes erhalten, sich mit 1.400 Talern Gehalt in Berlin niederzulassen um an der Berliner Kunstakademie zu wirken. Am 7. Mai 1789 schrieb Graff dem Grafen Camillo Marcolini, dem Generaldirektor der Dresdner Kunstakademie, und erwähnte das Angebot aus Berlin. Marcolini reagierte prompt. Am 20. Juni 1789 wurde Graff laut kurfürstlich sächsischer Resolution Professor für das Porträtfach an der Dresdner Kunstakademie mit 700 Talern Gehalt und 50 Talern jährlich Quartiergeld.[9]

Porträtist der Persönlichkeiten seiner Zeit

Friedrich der Grosse (1781). Gemälde ausgestellt im Schloss Charlottenburg

Graff hat – wie kein anderer Maler – in das Antlitz des geistigen Deutschland im Jahrhundert Goethes geblickt und über 800 Gesichter auf seine unverkennbare eigene Weise – realistisch kraftvoll, mit bewusster Betonung des bürgerlich-menschlichen – dargestellt.[10] Er porträtierte die Grossen und Bekannten seiner Zeit. Dazu gehören (Auswahl in alphabetischer Reihenfolge): Adelung Johann Chrisoph, Apel Heinrich Friedrich Innocentius, von Augustenburg Friedrich Christian, Bodmer Johann Jakob, Brandes Esther Charlotte, von Braunschweiz-Wolfenbüttel-Bevern Elisabeth Christine, von Brühl Carl, Bürger Gottfried August, Chodowiecki Daniel, Clodius Julie, von Crayen Henriette, von Dänemark und Norwegen Louise Auguste, Dietrich Christian Wilhelm Ernst, von Einsiedel Detlev Carl, Ekhof Conrad, Engel Johann Jacob, Ernesti Johann August, von Funck Karl Wilhelm Ferdinand, Gedike Friedrich, Gessner Salomon, Gellert Christian Fürchtegott, Gluck Christoph Willibald, von Hagedorn Christian Ludwig, Herder Johann Gottfried, Herz Henriette, von Heynitz Friedrich Anton, von Hofenfels Johann Christian, Iffland August Wilhelm, Lessing Gotthold Ephraim, von Lichtenau Wilhelmine, von Kleist Heinrich, Mahlmann August, von Medem Christoph Johann Friedrich, Mendelssohn Moses, von Miltitz Dietrich, Müller Carl Wilhelm, Oeser Adam Friedrich, Platner Ernst, von Preussen Friedrich II., von Preussen Heinrich, von Racknitz Joseph Friedrich, Radziwiłł Michał Hieronim, von Ramdohr Basilius, Ramler Karl Wilhelm, von der Recke Elisa, Reuss zu Greiz Heinrich XIII., Reuss zu Greiz Heinrich XIV., Reventlow Johan Ludvig, von Sachsen Friedrich August I., Schiller Friedrich, Schröter Corona, Spalding Johann Joachim, Sulzer Johann Georg, Weisse Christian Felix, Wieland Christoph Martin, Zingg Adrian.

Dass es Graff – trotz seines liebenswürdig heiteren und unterhaltsam angenehmen Wesens – bei den Sitzungen auch manchmal schwer hatte, belegen verschiedene Hinweise. So besass Schiller "kein Sitzfleisch" und Frau César kam nicht zu den verabredeten Terminen. Auch die Bezahlung für gelieferte Bildnisse verursachte Graff zuweilen Sorgen. So wollte der Schauspieler August Wilhelm Iffland sein Porträt nicht bezahlen. Iffland war der Meinung, dass er sein Porträt nicht bezahlen müsse, da es für Graff zweifelsohne eine Ehre gewesen sein muss, dass er ihn porträtieren durfte. Graff nahm es mit Humor und überlegte sich im Schalk, ein zweites Porträt von Iffland anzufertigen, wo er ihn als Pygmalion darstellen würde. Graff meinte, dass allein das Gerücht um so ein mögliches Porträt Iffland schon zum Zahlen bewegen würde.[11]

Mit vielen der von ihm porträtierten Künstlern und Gelehrten war er auch befreundet. Auch mit Johann Wolfgang von Goethe, den er 1768 in Dresden traf, stand er in Kontakt.[2] Graff war der bevorzugte Porträtist der deutschen, russischen, polnischen und baltischen Aristokratie. Seine berühmtesten Auftraggeber aus diesen Kreisen waren Katharina die Grosse von Russland und Friedrich der Grosse von Preussen. Sein Porträt von Friedrich dem Grossen wird als sein Hauptwerk angesehen. Das Gemälde ist im Schloss Charlottenburg ausgestellt.[12] Friedrich der Grosse ist Graff nie zu Porträts gesessen. Für dieses Porträt musste es genügen, dass Graff sich lediglich Skizzen von dessen Physiognomie aus respektabler Entfernung während der Truppenparade von 1781 machen konnte.[13] Es ist ein weitgehend ideales Königsbild entstanden, das wohl dem Modell, wie es scheint, gerecht wird; denn unter den verschiedenen Friedrich-Porträts gehört es zu den wirkungsvollsten, im Ausdruck stärksten.[13]

Bildgestaltung

Elisabeth Sulzer (1765/66)

Graffs Kunst erfreute sich in breiten Schichten grosser Beliebtheit. Er erhielt viele Aufträge aus den Kreisen des Landadels, der Diplomatie, der Wissenschaft und des Bürgertums. Bei seinen Porträts fokussierte Graff die Beleuchtung stets auf das Gesicht. Bei den Herren mit Präferenz auf die Stirn und die linke Gesichtshälfte, die vor dunklem Hintergrund erscheint und flächig gehalten ist.[14] Handelte es sich bei seinem Modell um eine Dame, so schenkte er auch deren Dekolleté die gebührende Aufmerksamkeit. Diese Malweise geht auf seine Zeit in Ansbach zurück wo er Gelegenheit hatte, Gemälde von Johann Kupetzky zu studieren. Bei der Betrachtung von Kupetzkys Bildern wurde Graff das Problem der Beleuchtung, der Wechsel von Hell und Dunkel, das ausgewogene Verhältnis zwischen hervortretendem Gesicht und zurückliegendem Hintergrund bewusst. Nicht ohne Niederschlag blieb deshalb die herbe, auf das rein Menschliche gerichtete, oft alles Höfisch-Konventionellen entkleidete Art der Kupezkyschen Bildniskunst, in der das Bürgerliche absolute Realität gewinnt.[7] Bei den Damen achtete Graff etwas mehr auf Details, was Gesicht, Hände und Haare betraf.[14] Auch wirken die Gesichter der Damen natürlicher und strahlen eine gewisse Ruhe und Güte aus. Dies entsprach dem Zeitgeist. Verglichen mit der Ausstrahlung dieser sanften Gelassenheit der Damen wirken die Herren in seinen Porträts meist ernsthaft und distanziert.[14] Graffs gemalte Gesichter sind bei aller Differenzierung der Charaktere lebensbejahend. Keine Trauer, aber auch kaum ein Lächeln beherrscht die Züge. Es sind aufgeklärte, selbstbewusst in sich ruhende erwachsene Menschen, Bürger ohne Empfindsamkeit und Pathos.[11] Graffs Kunst besteht darin, dass er seine Bildersprache bei jeder Person auf eine ihr angemessene Weise anwandte.[14]

Während seiner Zeit in Ansbach, kam Graff auch mit Porträts von Hyacinthe Rigaud in Kontakt. Die beispielhafte Wiedergabe des Stofflichen, des Samtes und der Seide des französischen Hofmalers wurde ihm zum Vorbild.[7] Graff verstand es, Kleidungsstücke verschiedenster Materialien sowie Faltenwürfe farbiger Stoffe und Schleifen mit einem hohen Wirklichkeitsgrad wiederzugeben.[14] 1765/66 porträtierte er Elisabeth Sulzer sitzend in einem blauen Seidenmanteau, besetzt mit silbernen Tressen und einem Kragen und Bordüren aus graubraunem Pelz.[15]

Den Hintergrund seiner Porträts hielt Graff meist monochrom.[16] Erst bei seinen späteren Werken begann er, dem Hintergrund mehr Beachtung zu schenken und diesen dem Zeitgeist anzupassen. Meist wählte er als Hintergrund eine Landschaftszene, wie es die Mode in England war.[16] Dies war insbesondere der Fall, wenn der zu Porträtierende ein Aristokrat war.[16]

In seiner späteren Schaffensphase wandte sich Graff auch der Landschaftsmalerei zu.[1] In seinen Landschaftsbildern sind bereits Anzeichen des später aufkommenden Impressionismus sichtbar. Philipp Otto Runge und Caspar David Friedrich liessen sich von seiner Landschaftsmalerei beeinflussen.

Preisfestsetzung für ein Porträt

Der Preis für ein Porträt von Graff hing vom Bildausschnitt und der Stofflichkeit der Kleidung ab.[16] Auch verteurte es das Porträt, sollten die Hände des zu Porträtierenden sichtbar sein. Graff war ein gefragter Porträtist. Drückende Geldsorgen hat Graff dank seines von Erfolg gekrönten unendlichen Fleisses verbunden mit starker schöpferischer Kraft und seiner allgemein hervorgehobenen Rechtschaffenheit nie gekannt.[11]

Privat- und Geschäftskontakte

Gotthold Ephraim Lessing (1771)

1769 lernte Graff Philipp Erasmus Reich kennen. Reich war ein bekannter Buchhändler und Verleger aus Leipzig. Graff und er wurden gute Freunde. Reich engagierte Graff, um Porträts seiner gelehrten Freunde anzufertigen. Das Ziel von Reich war es, eine Galerie der berühmtesten gegenwärtig lebenden Dichter und Denker zusammenzubringen.[17] 1771 reiste Graff nach Berlin und porträtierte zwischen dem 20. und 29. September 1771 Gotthold Ephraim Lessing in der Wohnung von Johann Georg Sulzer. Zu seinem Porträt meinte Lessing: "Sehe ich denn so verteufelt freundlich aus?" [18] In Berlin porträtierte Graff auch Moses Mendelssohn und Johann Georg Sulzer, seinen künftigen Schwiegervater.

Graff reiste oft nach Berlin. Sein Schwiegervater, Johann Georg Sulzer, machte ihn mit Persönlichkeiten des preussischen Hofs bekannt. Graff erfreute sich innert kürzester Zeit grosser Beliebtheit bei Hofe und gewann viele Kunden. Er hatte nie vergessen, mit wie viel Wohlwollen er in der preussischen Gesellschaft aufgenommen worden war. Seine 1778 verfasste Autobiographie beendete er mit dem Satz: "Berlin habe ich viel zu verdanken". [10]

Graff war ein geselliger Zeitgenosse. Umgeben von Freunden und in glücklichen Familienverhältnissen lebend, gewann Graff zu jeder Zeit seinem Leben auch die angenehmen Seiten ab. Ganz gleich, ob es sich dabei um Burgunderwein handelte, für den er, laut Eintrag in seinem Schreibkalender vom 12. Februar 1801, 37 einhalb Taler ausgab, oder um Bootsfahrten auf der Elbe, um wiederholte Besuche der Leipziger Messe oder um fröhliche Tafelrunden. Eine derselben im Mai 1809, veranlasste den Schriftsteller Friedrich Christoph Förster zu folgender, liebevoll charakterisierender Beschreibung Graffs: "Es war ein muntrer alter Herr, der Puder liess nicht erkennen, ob das Haar meliert, grau oder vielleicht schon weiss war. Obschon er eine Brille trug, blitzten dennoch seine Augensterne durch die Gläser hindurch. Er trug einen braunseidenen Frack mit grossen Stahlknöpfen, brüsseler Manschetten und Busenstreif, eine geblühmte blauseidene Weste und schien die Artigkeiten, welche seine Nachbarin, Frau Seydelmann, ihm über seine Toilette machte, gerne anzunehmen." [11]

Graff pflegte Freundschaften mit vielen der von ihm porträtierten Persönlichkeiten, Geschäftspartnern und Kollegen, darunter der polnische Kupferstecher Daniel Chodowiecki, die Schweizer Maler Salomon Gessner und Adrian Zingg sowie der sächsische Kupferstecher Johann Friedrich Bause.[1] Graff liess von Bause zahlreiche Porträts in Radierungen reproduzieren und sorgte so für eine grosse Verbreitung seiner Kunst.[4]

Ehrungen

Graff wurden verschiedene Ehrungen zuteil. So wurde er am 8. Mai 1783 Ehrenmitglied der Akademie der Künste Berlin,[19] im Frühling 1812 Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste Wien und im Herbst 1812 Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste München.[20]

Zu Ehren ihres berühmten Bürgers hat die Berufsbildungsschule Winterthur (BBW) ihr Gebäude nach Graff in "Anton-Graff-Haus" benannt.

Privatleben

Selbstporträt mit seiner Familie (1785). Im Hintergrund das entstehende Porträt von Graffs Schwiegervater Johann Georg Sulzer auf der Staffelei

Am 16. Oktober 1771 heiratete Graff die Tochter von Johann Georg Sulzer, Elisabeth Sophie Auguste.[19] Graff und seine Ehefrau Elisabeth hatten vier Kinder. Seine erste Tochter, Johanna Catharina Henrietta, starb bald nach der Geburt (geboren am 16. November 1772). Sein zweiter Sohn Georg starb im Juli 1801 (geboren im Januar 1777). 1803 wurde Graff wegen eines grauen Stars operiert.[20] Seine Ehefrau Elisabeth starb am 26. April 1812 (geboren 1753). Anton Graff selbst starb am 22. Juni 1813 "abends gegen 8 Uhr nach 12-tägiger Krankheit am Nervenfieber, 76 Jahr, 7 Monathe alt", wie es in einer in der Leipziger Zeitung veröffentlichten Anzeige hiess, mit der Caroline Susanne (geboren am 15. September 1781) und Carl Anton (31. Januar 1774 - 9. März 1832, Taufpate war Adrian Zingg) das Ableben ihres Vaters bekannt gaben.[20] Graff hinterliess seinen beiden überlebenden Kindern Caroline Susanne (sie heiratete den Maler Karl Ludwig Kaaz, einen Schüler von Graff) und Carl Anton (er wurde Landschaftsmaler) ein Vermögen von 40.000 Talern.[20] Graff wurde auf dem ersten Johannisfriedhof in Dresden beigesetzt. Sein Grab ist nicht erhalten.

Damit endete das Schaffen des auch für die Nachwelt bedeutendsten deutschsprachigen Porträtisten der Goethe-Zeit, "dessen Pinsel", nach den Worten eines zeitgenössischen Kritikers, "in der Zauberei der Farbenmischung Geist und Seele bewiesen." [21]

Künstlerischer Nachlass

Graff war ein produktiver Künstler. Er schuf gut 2.000 Gemälde und Zeichnungen.[10] In Ergänzung zu Graffs 1778 verfasster Autobiographie, veröffentlichte Graffs Zeitgenosse und Freund, Ulrich Hegner, 1815 im XI. Neujahrsstück der Zürcher Künstler-Gesellschaft, weitere Details zu dessen Lebens- und Schaffensweg. Hegner berichtet dort, dass Graff "ein grosses [leider verschollenes] Buch" geführt habe, "worin er von Anfang an alle seine Arbeiten, mit den Namen der abgebildeten Personen und den Preisen aufzeichnete. In demselben finden sich von 1756 bis 1766 in Augspurg, Regenspurg, etc. gemalte Porträte 297; Originalgemälde von 1766 bis Januar 1813 in Dresden etc. 943, Copien 415, zusammen 1655 gemalte Bilder. Dazu kommen noch Zeichnungen mit Silberstift 322." [10]

Schüler

Zu Graffs Schülern gehörten Emma Körner, Philipp Otto Runge und Karl Ludwig Kaaz.

Ausstellungen (postum)

Selbstporträt (1794). Von Theodor Heuss als "Das Selbstporträt von Dresden" bezeichnet

Bereits 1901 wurde in Winterthur die erste Ausstellung von Arbeiten Graffs veranstaltet. Eine weitere bedeutende Graff-Ausstellung führte die Galerie Eduard Schulte in Berlin im Januar – Februar 1910 durch.[10] Drei Jahre später ermöglichte der Sächsische Kunstverein anlässlich der hundertjährigen Wiederkehr des Graffschen Todestages auf der Brühlschen Terrasse die zahlenmässig umfangreichste Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen des erfolgreichen Meisters. Sie wurde dank der vielen kostbaren Leihgaben aus Privatbesitz "zu einem geschichtlichen Dokument besonderer Art", wie es im Katalog stolz und zu Recht heisst.[10] 1936 folgten weitere bedeutende Ausstellungen zu seinem 200. Geburtstag des Kunstvereins Winterthur, der Dresdner Kunstsammlungen sowie 1937 des Schlesischen Museums der bildenden Künste in Breslau. 1963 war es erneut Berlin, nun die Nationalgalerie, welche Graffs 150. Todestag mit einer in Auswahl und Hängung grossartigen Ausstellung angemessen beging. Enger gefasst, auf Graffs Beziehung zu Dresden und seinen dortigen Zeitgenossen vor allem eingehend, bot die Graff-Ausstellung der Dresdner Gemäldegalerie im Schloss Pillnitz 1964 eine weitere wichtige Ergänzung des Bildes von dem Menschen, Künstler und Schilderer bedeutender Persönlichkeiten Anton Graff.[10]

Dresden hat ein Selbstporträt: Eine Würdigung von Theodor Heuss

Der nachmalige deutsche Bundespräsident Theodor Heuss, widmete Anton Graff schon 1910 eine Studie. Unter anderem hielt er darin fest: "Dresden hat ein Selbstporträt. Da sitzt er vor der grossen Leinwand, wendet den Oberkörper keck und unbefangen zum Beschauer und legt den Arm leicht über die Stuhllehne, wie wenn jemand, während er arbeitete, ins Zimmer getreten sei, dem er sich nun prüfend zukehrt, ohne die Absicht, sich weiter stören zu lassen. Ein köstliches Bild, in Zeichnung von unendlich leichter und sicherer Raumwirkung. Dies Selbstporträt atmet ein schönes phrasenloses Selbstbewusstsein und Gelassenheit, und begreift man seinen Stil, dann weiss man, dass Graff nicht bloss für den formalen und ästhetisierenden Kunstgeschichtler vorhanden ist, sondern in seinem Werk wie in seinem eigenen menschlichen Wesen eine knappe, scharfe Formel der besten Art seiner Periode darstellt. Er ist so in gewissem Sinn geschichtliches Urkundenmaterial." [22]

Werke in öffentlichen und privaten Kunstsammlungen

Zu den bekanntesten Gemälden von Anton Graff gehören Porträts berühmter Persönlichkeiten. Viele sind in Museen und Privatsammlungen in der Schweiz (Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten), Deutschland (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Von der Heydt-Museum), Russland (Eremitage) und Polen (Nationalmuseum Warschau). Die Anzahl der Herrenporträts überwiegt jene der Damenporträts.[14]

Einzelnachweise

  1. a b c Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998, S. 2
  2. a b c d e f g h Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 34
  3. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 11
  4. a b c d Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998, S. 1
  5. a b c Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 12
  6. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 14
  7. a b c Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 13
  8. a b Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 15
  9. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 36
  10. a b c d e f g Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 7
  11. a b c d Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 32
  12. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 119
  13. a b Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 19
  14. a b c d e f Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998, S. 4
  15. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 348
  16. a b c d Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998, S. 3
  17. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 17
  18. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 18
  19. a b Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 35
  20. a b c d Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 38
  21. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 33
  22. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967, S. 10

Literatur

  • Carl Clauss: Graff, Anton. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 565 f.
  • Johann Caspar Füssli: Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen. Orell, Gessner, Füessli. Zürich, 1769–1779 (5 Bde.)
  • Otto Waser: Anton Graff 1736–1813. Huber, Frauenfeld u. Leipzig 1926.
  • Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1967 (Catalogue raisonné).
  • Ernest Giddey, Fribourg (Ed.): Préromantisme en Suisse? Editions Universitaires, 1982 (Colloques de la Société Suisse des Sciences Humaines).
  • Martin Bircher u. Gisold Lammel, Zürich (Hrsg.): Helvetien in Deutschland. Schweizer Kunst aus Residenzen deutscher Klassik 1770–1830. Zürich, Städtische Galerie zum Strauhof, 1990–91; Schwäbisch Hall, Hällisch-Fränkisches Museum, 1991.
  • Roland Kanz: Dichter und Denker im Porträt. Spurengänge zur deutschen Porträtkultur des 18. Jahrhunderts. Deutscher Kunstverlag, München 1993.
  • Alexander Jegge: Anton Graff und die Gelehrtenportraits des sächsischen Buchhändlers Philipp Erasmus Reich. Dissertation Universität Basel 1996.
  • Jane Turner (Editor): The Dictionary of Art. (34 volumes). Macmillan (London); Grove, New York 1996.