Grundmühle (Radeberg)

Mühlengebäude mit hinterem Anbau, östliches und nordwestliches Nebengebäude sowie Scheune eines Mühlenanwesens; Mühlengebäude (ehem. Gasthaus), bezeichnet im Schlussstein 1826, östliches Nebengebäude Obergeschoss Fachwerk (ehem. Bäckerei),
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Die Grundmühle ist eine ehemalige Wassermühle in Radeberg im Stadtteil Liegau-Augustusbad. Sie liegt an der Großen Röder am Rand des ältesten sächsischen Landschaftsgartens, dem Seifersdorfer Tal, nördlich von Dresden und der Dresdner Heide in Sachsen.

Grundmühle

Geschichte

Der Standort der Grundmühle wurde vermutlich schon vor 1800 als Mühle genutzt. Die mit 1802 und 1826 datierten Gebäude lassen auf einen regen Mühlenbetrieb in den ersten zwei Dritteln des 19. Jahrhunderts schließen. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, also seit der Zeit des ersten Mühlensterbens aufgrund der Industrialisierung, diente die Grundmühle - wie viele Mühlen - als Gaststätte.

Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Grundmühle Teil eines dichten Netzes von Angeboten im Bereich von Freizeit und Erholung im Rödertal. Nennenswert ist dabei der nachbarliche Kurbetrieb des Augustusbades, der allerdings seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eingestellt worden ist. [1]

Während der DDR-Zeit war die Grundmühle ein beliebtes Ausflugslokal, das Open-Air-Tanzveranstaltungen in der warmen Jahreszeit anbot.[2] 1984 wurde "in Anerkennung einer vorbildlichen gastronomischen Betreuung im Rahmen des sozialistischen Wettbewerbs sowie der Verpflichtungsbewegung dem Kollektiv "Grundmühle" die Urkunde für "Hohe Qualität in der Gastlichkeit" im Leistungsvergleich der Gaststätten und Hotels des Bezirkes Dresden verliehen".[3]

Nach der Wende beanspruchten in den 1990er Jahren die noch lebenden Mitglieder der Familie Brühl (Nachfahrinnen des Heinrich von Brühl und seiner Schwiegertochter Christina von Brühl, der geistigen Urheberin des Seifersdorfer Tals) als Erbinnen erfolgreich die Restitution der Grundmühle.[4] Seitdem sind die Gebäude privat bewohnt, der Gaststättenbetrieb wurde eingestellt.

Landschaft und Umgebung

Die Grundmühle liegt im Rödertal, das landschaftlich von Laubwald und an die Röder anschließende Feuchtwiesen charakterisiert ist. Der Radeberger Rundwanderweg führt über eine Bruchsteinbrücke mitten durch das Ensemble zwischen Bäckerhaus und Hauptgebäude hindurch und anschließend längs des Grundmühlengrundstücks vorbei.

Die Stadt Radeberg orientiert die Entwicklung des Gebietes auf "sanfte landschaftsorientierte Erholung und Freizeitgestaltung" [1]. Das Grundstück der Grundmühle steht im Zusammenhang eines von der Stadt Radeberg anvisierten geplanten touristisch nutzbaren "Grünsystems", das das Tal der Großen Röder mit dem LSG Hüttertal, das Tal der Schwarzen Röder sowie den Hofegrundbach einbezieht. Diese Landschaften sollen nicht weiter verbaut werden, dürfen jedoch durch Wanderwege bzw. Lehrpfade erschlossen werden. [1]

Über die Grundmühle hat man Zugang zur Kulturlandschaft Seifersdorfer Tal von Liegau-Augustusbad aus.

Architektur

Das Grundstück der Grundmühle besteht aus einem Abschnitt der Talsohle des Rödertals. Dazu gehören zwei markante Auwiesen. Etwa 300 Meter von der Grundmühle flussaufwärts finden sich Reste eines Wehres in der Röder. An dieser Stelle zweigte der Mühlgraben ab, der das vermutlich mittelschlächtige Mühlrad der Grundmühle mit Wasser versorgte. Der Mühlgraben existiert noch, ist aber an manchen Stellen verlandet, und mündet etwa 400 Meter flussabwärts der Grundmühle in die Röder.

Das Ensemble der Grundmühle steht unter Denkmalschutz.[5] Es besteht aus mehreren Gebäuden, die über das Grundstück verteilt sind.

Bäckerhaus

Das wohl älteste Gebäude ist das "Bäckerhaus". Im Sandsteingewände seines Portals im Korbbogen befindet sich die Inschrift "JGA|1802", die auf das Erbauungsjahr 1802 schließen lässt. Das Erdgeschoss des Bäckerhauses besteht aus gebrannten Ziegeln auf einem Sockel aus Bruchstein, der bis in die Röder hinabreicht. Im Innern finden sich Reste eines Backofens. Das Obergeschoss besteht aus Fachwerk. Das Haus ist mit einem Satteldach gedeckt. Das Gebäude wurde während der DDR-Zeit teilweise saniert.

 
Eingang der Grundmühle

Grundmühle

Das Hauptgebäude ist zweifach mit "Grundmühle" in gebrochener Schrift beschriftet. Es ist vermutlich in den 1980er Jahren renoviert worden.

Im Sandsteingewände seines Portals im Korbbogen ist eine Schlussstein mit der Inschrift "A. 1826" sichtbar, die auf die entsprechende Entstehungszeit schließen lässt. Über dem Portal befindet sich ein weiterer Schlussstein (wohl zu dekorativen Zwecken), auf dem wappenartig ein Hirschkopf mit einer Tulpe im Maul und zwei einzelnen Sternen zu sehen ist.

Das Haus ist mit einem Krüppelwalmdach gedeckt, der Dachboden ist voluminös und zweistöckig. An das Hauptgebäude schließt sich ein Konglomerat von Anbauten aus unterschiedlichen Epochen an (zweistöckiger Küchentrakt, länglicher Anbau mit Mansarddach, dahinter Gewölbe).

Im Inneren des Hauptgebäudes befinden sich zwei ehemalige Gasträume, die jeweils einen Kachelofen enthalten. Der vermutlich im Erbauungsjahr des Gebäudes gefertigte Ofen im linken Raum weist chromoxidgrün glasierte Kacheln aus rotem Ton auf, die Flachreliefs mit unterschiedlichen Motiven enthalten: ein fünfzackiger Stern, Weintraube, Füllhorn, ein Ahornblatt, ein Kelch, Singvogel auf Muschel und Rosenblüten. Auf dem Aufsatz finden sich außerdem zwei Kacheln mit Hochreliefs von flötespielenden Putten. Die Ausstattung des Ofens lässt die Nutzung des Raumes als Wohnstube der Müllerfamilie vermuten.

Der Ofen im rechten Raum besteht aus weißglasierten Kacheln mit üppigen Flachreliefs (rocailleartige Verzierungen und Weintraubenmotive) bemalt mit gelber, brauner und grüner Glasur. Der Aufsatz weist aufwendig gefertigte Prunkkacheln mit Hochreliefs auf. Motive sind ein Teller mit Blüte, zwei unterschiedliche Singvögel auf Fantasie- und Prunkfrüchten. Dieser Ofen stammt seinen stilistischen Merkmalen zufolge aus der Zeit der Umnutzung der Mühle zur Gaststätte Ende des 19. Jahrhunderts wie auch die anderen Einbauten im Raum: die Ofenbank, eine in eine Mauernische eingepasste Anrichte, Borde, Zierbalken, eine eingebaute Garderobe und ein größeres rückwärtiges Bleiglasfenster, das wahrscheinlich in der DDR-Zeit restauriert wurde. Das Oberlicht enthält ein bleigefasstes Segment von etwa 50 cm länge und 30 Zentimeter Breite mit einer wappenartigen Darstellung. Darauf ist wiederum ein kleines Wappen zu sehen, das zwischen drei Weizenähren zwei gekreuzte Schwerter zeigt. Darüber ist ein Teil einer mittelalterlichen Ritterrüstung gemalt, darüber wiederum ein geflügelter schwarzer Stier mit Heiligenschein. Umkränzt ist die rätselhafte Szenerie mit gelben Akanthusblättern.

Scheune

Hinter dem Hauptgebäude direkt an der Röder befindet sich eine zweistöckige holzverkleidete Scheune.

Wendentor

Das auf der Denkmallliste des OT Liegau-Augustusbad erwähnte ”Wendentor” ist nicht mehr am Ort vorhanden.[5] Es stammte aus der Ausstellung des Sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes 1896 in Dresden, speziell dem dortigen sogenannten "Wendischen Dorf", dem Sorbischen Museum auf dieser Ausstellung.[5] Das sogenannte Wendentor ist eine strohgedeckte torartige Holzkonstruktion mit Nebenräumen und befand sich zwischen Hauptgebäude und Kutscherhaus. Die Gemeinde Nebelschütz kaufte es 2003 zum symbolischen Preis von 1,00 Euro und ließ es dort wieder aufbauen. Es dient dort jetzt als Torhaus zwischen der historischen Herberge "Heldhaus" und einer Parkanlage.[6]

Kutscherhaus

Das Kutscherhaus ist ein kleinformatiges zweistöckiges Gebäude mit Satteldach. Das Erdgeschoss besteht aus Bruchsteinmauerwerk, die Fenster besitzen grüne Fensterläden. Das Obergeschoss ist in Fachwerkbaubauweise errichtet.

Weitere nicht mehr existierende Gebäude

Direkt neben dem Haupgebäude über bzw. auf der anderen Seite des ehemaligen Mühlgrabens vom Hauptgebäude aus gesehen befand sich ein zweistöckiges Gebäude mit Satteldach, das Obergeschoss war holzverkleidet. Alte Bewohner und Bewohnerinnen der Grundmühle bezeugen, dass eine Sägemühle existiert hat, die in den 1950-Jahren abgebrannt ist. Auf der anderen Seite des Wanderweges neben dem Bäckerhaus existierte ein einstöckiges Fachwerkhaus, dessen Dachboden der Form der Dachfenster nach offensichtlich als Lagergebäude benutzt wurde. Fundamentreste dieses Hauses wurden vermutlich in den 1950er oder 1960er Jahren einem Open-Air-Tanzboden umgebaut.

Brücke

Die Bruchsteinbrücke, die von Liegau zur Grundmühle über die Röder führt, datieren Radeberger Denkmalpfleger auf die Zeit nach 1800.[5]

 
Putten an der Grundmühle

Plastiken auf dem Grundmühlengelände

Direkt am Weg zwischen Bäckerhaus und Tanzboden befinden sich zwei Puttoplastiken (also barock anmutende kleinkindliche Engelsfiguren), deren Funktion bzw. gestalterischer Zusammenhang nicht mehr ganz nachvollziehbar ist. Möglicherweise rahmten sie einen jetzt nicht mehr vorhandenen Eingang zu einem Teil des Garten der Grundmühle, der gastronomisch genutzt wurde. Die Plastiken sind vollständig ausgearbeitet, sie bieten also auch von hinten und von der Seite einen dekorativen Anblick. Das Material der Plastiken ist ein Kunststein aus zementgebundenem Split. Die Plastiken ruhen auf gemauerten Sandsteinsockeln.

Die linke Gruppe besteht aus zwei Putten. Die stehende Putte hält einen Korb mit Früchten, und legt der sitzende Putte den Arm um die Schultern. Auf dem linken Knie der sitzenden Putte stützt sich ein Kaninchen ab.

Die rechte Gruppe besteht symmetrisch zur linken aus zwei Putten, eine sitzend, die andere stehend. Die sitzende Putte umfasst den Kopf eines neben ihr sitzenden Lammes, das zutraulich zu ihr emporschaut. Die stehende Putte hält eine Girlande aus unterschiedlichen Blütenköpfen wie zum Beispiel Rosen und Margeriten.

Flora und Fauna um die Grundmühle

Nördlich der Grundmühle befinden sich nach Süden und Südwesten ausgerichtete Felshänge. Dort wachsen die Rotbuche (Fagus sylvatica), die Hainbuche (Carpinus betulus), die Stieleiche (Quercus robur) sowie Traubeneiche (Q. petraea). Weiter unten am durch Sickerwasser feuchten Hangfuß wachsen die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und Schwarz-Erle (Alnus glutinosa). Die Krautschicht ist überwiegend spärlich ausgeprägt wegen des felsigen Untergrundes und wegen hoher Trittbelastung. Ornithologisch ist die Gegend um die Grundmühle bedeutsam, denn da findet sich eine große Bandbreite typischer Waldvogelarten: die Gartengrasmücke, der Fitis und Spechte. Die Feuchtwiesen sind für für Amphibien und Reptilien ein günstiger Lebensraum. In den trockeneren Abschnitten lebt neben der Zauneidechse und der Waldeidechse wahrscheinlich sogar die stark gefährdete Glattnatter.|[7]

Weitere Pflanzen, die natürlich auch generell im Tal der Großen Röder vorkommen.

  • südexponierte Hänge auf der westlichen Röderseite: Laubmischwald aus Ahorn-Arten, Rotbuche, Hainbuche, Stiel-Eiche, Schwarz-Erle und kleinräumig vorherrschenden Nadelholzpartien - Wald-Kiefer (Pinus silvestris), Rot-Fichte (Picea abies); oberhalb der Grundmühle längs des Grundmühlenwegs in Richtung "Forellenschänke"/obere Bergstraße befinden sich Rotbuchen-Altbestände, die waldparkartigen Charakter annehmen.[7]

Trivia

Der Dresdner Kunsthistoriker Volker Helas wohnte mehrere Jahre im Kutscherhaus der Grundmühle.

Einzelnachweise

  1. a b c Stadtverwaltung Radeberg: "Flächennutzungsplan für Radeberg Stadt mit den OT Liegau-Augustusbad, Großerkmannsdorf und Ullersdorf, Erläuterungsbericht"
  2. Auskunft eines Zeitzeugen
  3. Urkunde, in der Grundmühle hängend
  4. Auskunft des Besitzers der Grundmühle
  5. a b c d Stadtverwaltung Radeberg: Bauliche Kulturdenkmale des OT Liegau-Augustusbad, 10.07.2006
  6. Website der Gemeinde Nebelschütz, Unterwebsite zum Wendischen Tor
  7. a b c d e f g h i Berthold Haß und Gunhild Oelschlägel (Heimer + Herbstreit, Umweltplanung): Landschaftsplan für Radeberg, Stadt mit den Ortsteilen Liegau-Augustusbad, Großerkmannsdorf und Ullersdorf - Stadt Radeberg, Erläuterungsbericht
Commons: Grundmühle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 8′ 33,7″ N, 13° 53′ 25,4″ O