Reusable Learning Object (RLO) steht für wiederverwendbares Lernobjekt.
Lernobjekte als angeblich kleinste vermittelbare Informationseinheiten sollen zu RLOs kombiniert werden durch ihre Verwaltung in Lernmanagementsystemen oder Content-Management-Systeme. Durch die Auszeichnung mit Metadaten sollen es Autoren erleichtert werden, brauchbare Lernmaterial zu finden und in neuen Zusammenhänge zusammen zu stellen. Es wird davon geträumt, gleich ganze Kurse und Lehrgänge so zusammenzustellen, es ist aber offensichtlich, dass gerade der Zusammensetzung von Texte oder Definitionen eine Überarbeitung durch einen Autor oder eine Autorin bedarf, damit es Sinn macht und flüssig zu lesen ist.
Der Vorteil dieses modularen Ansatzes soll die beliebige Kombinier- und Wiederverwendbarkeit der RLOs und die sich dadurch ergebende Kosten- und Aufwandsersparnis bei der Erstellung von Lerneinheiten sein. Es existiert jedocht - trotz Standards und umfangreiche Publikationen über diese angebliche Vorteile - keinerlei Berichte über tatsächlich stattgefundene, nicht-trviale Wiederverwertungsversuche.
Um eine Wiederverwendbarkeit zu erreichen, müssen die RLOs mit entsprechenden Beschreibungen / META-Daten versehen werden. Die gängigsten Metadaten-Systeme sind entweder zu kompliziert oder zu einfach, um die Wiederauffindung - die der Basis einer Wiederverwertung ist - zu erleichtern. Gängige Auszeichungen werden nach SCORM, Dublin Core oder LMS vorgenommen.
Eigenschaften von RLOs
Granularität
Der Grad der Wiederverwendungsmöglichkeiten hängt in hohem Maße von der Granularität der RLOs ab. Ein guter Grad an Granularität ist erreicht, wenn das einzelne RLO als kleine Lerneinheit verstanden werden kann. Zu berücksichtigen ist aber, dass die RLOs nicht zwingend in sequenzieller Reihenfolge durchlaufen werden. Es können also keine Annahmen über mögliche Vorkenntnisse aus anderen RLOs getroffen werden. Problematisch ist dies in Fächer wie Mathematik, wo man eine gewisse Notation und Definitionsraum voraussetzen muss.
Konsistente Sprache
Konsistente Sprache sollte immer der Grundlage sein. Probleme bestehen bei der Art der Formulierungen und des Sprach- bzw. Schreibstils verschiedener Autoren aus unterschiedlichen RLOs. Diese möglichen Inkonsistenzen stellen einer der großsten Defizite bei der Wiederverwendung von Lerninhalten. Es lässt sich auch nicht mechanisch glätten, allein schon wegen der fehlende Standardisierung in der menschlichen Sprache.
Kontextfreiheit
Die zentrale Motivation für die Benutzung von RLOs ist die Möglichkeit, ein einzelnes RLO in verschiedenen Lerneinheiten, Kursen und Lehrgängen einsetzen zu können. Ein RLO darf demnach nicht auf einen bestimmten Kontext zugeschnitten bzw. ausgerichtet sein, da die Lerneinheit selbst erst für den entsprechenden Lernkontext sorgt.
Kontextfreiheit kann man erreichen, durch z. B.:
- neutrale Wortwahl und Sprachstil
- keine Rückschlüsse auf die Autoren (unter Lizenzgesichtspunkten eher fraglich)
- keine Bezüge zu regionalen Besonderheiten
- politische Neutralität
- Vermeidung von Ironie
(vgl. Buschart, 2002)
Wenn alle obige Vorschläge folgt, bekommt man recht bedeutungslose Objekte, denn Lernen lebt ja gerade von der In-Kontext-Setzung von Informationen.
Vorteile von RLOs
Insbesondere bei der Planung und Gestaltung größerer Lerneinheiten kommen die Vorteile von RLOs zum tragen.
Klarheit im Konzept
Die Unterteilung einer bisher gelehrten homogenen Lerneinheit in viele RLOs soll die Autoren dazu motivieren, die Lehrinhalte nochmals zu analysieren und zusammenhängende Inhalte herauszuarbeiten. Diese Analyse kann dazu beitragen, dass die abschließende Lerneinheit besser strukturiert ist. Besser wäre jedoch eine grundlegende Überarbeitung des Lernmaterials und eine Adaption an das Lernmedium (z.B. Internet oder CD-ROM).
Anpassbarkeit
Binnendifferenzierung in einer Lerngruppe ist nicht erst seit PISA als wichtiges pädagogisches Konzept bekannt. Eine Anpassung des Niveaus des Lerninhalts an die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, diese Lernstoff aufzunehmen und in eigenes Wissen zu "verwandeln", ist heute der Anspruch an einen motivierenden und medienaktiven Unterricht. Es ist aber extrem schwer zu realisiern, weil die Kenntnissstände und Fähigkeiten von Lerner nicht objektiv messbar sind. Auf Lerngewohnheiten, Stärken und Schwächen könnte gezielt eingegangen werden, wenn im über das Lernmanagementsystem vermittelten Unterricht einzelne RLOs differenziert ausgetauscht oder anders in den Gesamtkontext eingebunden werden könnten. In der Regel bilden LMS jedoch nur Speicherorte für Material wie Skripte oder Folien und sehr selten wirkliche Lernumgebungen.
Interoperabilität
Die Standardisierungsbemühungen der einzelnen E-Learning Interessenpartner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zeigen, dass dem Aufbau und Betrieb größerer zentraler RLO-Repositories große Bedeutung beigemessen wird. Durch e-Learning-Standards soll sichergestellt werden, dass verschiedene Lernmanagementsysteme darauf zurückgreifen können. In der konkreten Anwendung wird dieses jedoch selten erreicht.
Literatur
Buschart, Rufus J.W. (2002): Reuseable Learning Objects, Seminararbeit Tele-Learning / Tele-Teaching, TU Braunschweig
Weblinks
Standardisierungsprojekte
- IMS-Projekt
- ARIADNE EU-Projekt
- AICC – das Aviation Industry Computer Based Training Commitee
- ADL – die Advanced Distributed Learning Initiative
- EML – die Educational Modeling Language der Open University der Niederlande
- IEEE LTSC – das Learning Technology Standards Committee des IEEE
- SCORM – das Shareable Content Object Reference Model