Kaliningrad (Калининград), bis 1946 offiziell und zum Teil im deutschen Sprachgebrauch bis heute Königsberg (polnisch Królewiec, tschechisch Královec, litauisch Karaliaučius), ist die Hauptstadt der Oblast Kaliningrad, einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen mit Zugang zur Ostsee.
Kaliningrad | ||
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Basisdaten | ||
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Staat: | Russland | |
Verwaltungssubjekt: | Oblast Kaliningrad | |
Rajon: | rajonsfreie Stadt | |
Einwohner: | 427.817 (01.01.2004) | |
Fläche: | km² | |
Höhe: | 4,8 m ü. NN | |
Postleitzahl: | 236010 | |
Telefonvorwahl: | 0070112 | |
Geografische Lage: | unbenannte Parameter 1:54_44_N_20_29_E_type:city, 2:54° 44' nördl. Breite 20° 29' östl. Länge | |
KFZ-Kennzeichen: | 39
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Nächster int. Flughafen: | Chrabrowo | |
Stadtverwaltung | ||
Bürgermeister: | Juri Sawenko (2005) | |
Adresse: | pl. Pobedy 1, Kaliningrad | |
Homepage: | [1] | |
E-Mail: | ||

Die heutige Stadt Kaliningrad hat 427.800 vorwiegend russische Einwohner (Stand: 2004) und ist nach 1945 entstanden auf dem Boden (Trümmern) der im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstörten deutschen Stadt Königsberg, Hauptstadt Ostpreußens und des gleichnamigen Regierungsbezirkes und bis 1918 auch Krönungs- und dritte Residenzstadt der preußischen Monarchie.
Die Stadt liegt 4,8 m über dem Meeresspiegel, zu beiden Seiten des Pregel.
Geschichte
Die Geschichte der Stadt Königsberg bis 1945 ist unter Königsberg (Preußen) zu finden.
Sowjetunion
Von den im April 1945 etwa 150.000 zurückgebliebenen Königsbergern kamen viele durch Nahrungsknappheit, Erkrankungen und Übergriffe von Soldaten um. Im Dezember 1945 lebten noch etwa 20.000 Königsberger in der Stadt. Im Gegenzug erfolgte die meist geförderte Ansiedlung sowjetischer Bürger in die im Juni 1946 in Kaliningrad (nach dem kurz zuvor verstorbenen stalinistischen Politiker Michail Iwanowitsch Kalinin) umbenannte Stadt. Erst am 11. Oktober 1947, also zweieinhalb Jahre nach der Eroberung der Stadt, ordnete Stalin die Deportation der verbliebenen deutschen Bevölkerung aus dem Kaliningrader Gebiet an. Diese wurde im Lauf des darauffolgenden Jahres mit Zügen in die Sowjetische Besatzungszone abtransportiert. Nach dem zuvor durchlebten Schicksal empfanden die meisten ihre Ausweisung als eine Befreiung.
Im Jahre 1969 wurden die Überreste des Schlosses in Königsberg durch Sprengung vollständig zerstört. Das neue Rätehaus, das neben der Stelle des Schlosses erbaut werden sollte, blieb eine Baustelle.
Die Oblast Kaliningrad gehörte zu den von sowjetischen Truppen besetzten ehemals deutschen Ostgebieten, die von der alten Bundesrepublik – im Gegensatz zur DDR – als unter sowjetischer Verwaltung stehend betrachtet wurden. Mit der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages am 12. September 1990 verzichtete die Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für die Genehmigung der Wiedervereinigung durch die Besatzungsmächte auf alle Gebietsansprüche östlich der Oder-Neiße-Linie und erkannte damit Kaliningrad als zur Sowjetunion gehörend an.
Russische Föderation
Als Resultat der Unabhängigkeit der baltischen Staaten wurde das Gebiet zur russischen Exklave und die Stadt Kaliningrad zu dessen Zentrum.
Viele Russen aus den baltischen Staaten oder aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, wo sie nun im Gegensatz zu früher eine Minderheit geworden sind, haben sich seit 1992 in Kaliningrad angesiedelt. Auch viele Russlanddeutsche, die in der Stalin-Zeit in die asiatischen Teile der Sowjetunion verschleppt worden waren, siedelten sich mit ihren (oft) russischen bzw. nichtdeutschen Familienangehörigen in der Oblast Kaliningrad an, meistens jedoch um von hier aus weiter nach Deutschland auszuwandern. Seit der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 hat sich die Isolierung der Region noch verschärft. Im Zuge des 750. Stadtjubiläums am 1. Juli 2005 wurden in den letzten Jahren und werden immer noch einige Baumaßnahmen in der Stadt durchgeführt: So wurde der Dom weiter restauriert, ebenso wie der Süd-(Haupt-)bahnhof. Im Bereich des heutigen Stadtzentrums am Siegesplatz wurden Einkaufszentren eröffnet, es sollen noch weitere folgen. Der Platz selbst wurde als repräsentatives Stadtzentrum mit Springbrunnen umgestaltet. Hier wurde im Rahmen der Feierlichkeiten die Christ-Erlöser-Kathedrale eröffnet, deren Inneres allerdings noch unfertig ist. Ferner plant man auf einem unbebauten Gelände am Pregel unweit des Domes den Bau eines "Fischerdorf" genannten Einkaufszentrums im historisierenden Stil in architektonischer Anlehnung sowohl an alte Hansestädte als auch an Moskau und Sankt Petersburg unter Einschluss einer bereits erbauten Fußgänger-Klappbrücke (Jubiläumsbrücke, im Bereich der ehemaligen Kaiserbrücke) über einen Pregelarm - ebenfalls im historisierenden Stil. Die Gelder für diese Bauvorhaben stammen zum Teil von Firmen, zum Teil von der Partnerstadt Moskau, es werden daneben auch Staatsgelder verwendet.
Bildungseinrichtungen
- Baltische Staatliche Akademie für Fischereiflotte
- Baltisches Institut für Ökonomie und Finanzen
- Baltisches Militärisches Marineinstitut
- Filiale der Internationalen Slawischen G.-R.-Derschawin-Universität
- Filiale des Hauptstädtischen Geisteswissenschaftlichen Instituts
- Filiale des Moskauer Geisteswissenschaftlichen J.P.Daschkowa-Instituts
- Filiale des Petersburger Instituts für ökonomische Außenbeziehungen, Ökonomie und Recht
- Institut "Kaliningrader Höhere Schule für Verwaltung"
- Hochschule des Innenministeriums Russlands in Kaliningrad
- Schule für internationales Business Kaliningrad
- Staatliche Technische Universität Kaliningrad
- Immanuel-Kant-Universität Kaliningrad (bis Juli 2005: Staatliche Universität Albertina Kaliningrad)
Name
Der heutige Name der Stadt (wörtlich übersetzt: Kalininstadt), benannt nach Michail Iwanowitsch Kalinin, einem der Verantwortlichen für das Massaker von Katyn ist nicht nur (aber hauptsächlich) in Deutschland ein viel diskutiertes Thema: Häufig wird auf die Tradition verwiesen, gebräuchliche deutsche Namen auch für Städte zu verwenden, die schon seit langem nicht mehr deutsch sind oder niemals waren, etwa Moskau oder Peking. Dagegen wird argumentiert, diese Städte seien allerdings in der jüngeren Geschichte auch nicht in der lokalen Sprache umbenannt worden. Andererseits ist trotz der Umbenennung in deutschen Publikationen die Verwendung des Namens Königsberg weit verbreitet.
Kenigsberg
Kenigsberg oder kurz Kenig ist eine heute umgangssprachlich manchmal gebrauchte verrussischte Form des alten Namens "Königsberg" für die Stadt Kaliningrad. In der Diskussion um den möglichen künftigen Namen der Stadt Kaliningrad spielt "Kenigsberg" eine wichtige Rolle, da er auch von Teilen der russischen Bevölkerung angenommen wird: Insbesondere in der Werbung und als Bezeichnung von touristischen und gastronomischen Einrichtungen ist er manchmal gebräuchlich. "Kaliningrad" erscheint aufgrund des Bezuges auf den aufgrund des Demozid von Katyn äußerst umstrittenen Kalinin vielen als heute nicht mehr tragbar. Aus politisch-historisch-ideologischen Gründen wollen viele aber auch nicht zum ursprünglichen preußisch-deutschen Königsberg zurück.
Bewegungen in Kaliningrad, die sich für die Wiederverwendung des historischen Namens Königsberg oder eine Umbenennung in Kantgrad nach Immanuel Kant einsetzen, werden derzeit allerdings nur von kleinen Teilen der russischen Bevölkerung der Stadt mitgetragen. Gegner einer Rückbenennung nach Königsberg unterstellen revisionistische und revanchistische Hintergründe, die Umbenennung solle vorwiegend die Eigentumsansprüche von Vertriebenen bekräftigen. Am wahrscheinlichsten ist zurzeit, dass zumindest für die nähere Zukunft der Name "Kaliningrad" weiter als offizieller Name benutzt wird, während "Kenig" bei einigen vor allem mit dem Tourismus in Zusammenhang stehenden Firmen als "Spitzname" für die Stadt verwendet wird.
Ein aktueller Höhepunkt der Namensverwirrung ergab sich durch die 750-Jahr-Feier der Stadt 2005. Von Seiten der Regierung in Moskau wurde dem Veranstaltungskomitee untersagt, hierzu den Namen Königsberg zu verwenden. Die Feierlichkeiten wurden auf den Tag der Erstürmung Königsbergs durch die Rote Armee gelegt. Der Titel "750 Jahre Kaliningrad-Königsberg" wurde von Moskau kurzerhand abgelehnt. Ein vorläufiger Höhepunkt des Findungsprozesses ist "60 Jahre Sturm auf Königsberg, 750 Jahre unsere Stadt". Ende 2004 wurde dann beschlossen, dass offiziell vom "Kaliningrader" Stadtjubiläum die Rede sein wird, die Hauptfeierlichkeiten fanden am 1. Juli 2005 statt.
Geographie und Klima
Kaliningrad ist die westlichste Großstadt Russlands. Es befindet sich im Westen der Oblast Kaliningrad am Pregel (Pregolja), der durch Kaliningrad fließt und direkt westlich davon ins Frische Haff mündet. Die Landschaft besteht aus Flachland, unterbrochen von Moränenhügeln. Im Norden und Westen grenzt die Stadt an die Halbinsel Samland, im Osten und Süden an die Pregelniederung. Kaliningrad befindet sich am Übergang von ozeanischem zu kontinentalem Klima (zum Teil sehr kalte Winter). Insgesamt ist das Wetter aber eher unbeständig.
Stadtbezirke
Die Stadt wird heute in fünf Stadtbezirke eingeteilt:
- Baltijski (Baltisches Viertel)
- Moskowski (Moskauer Viertel)
- Leningradski (Leningrader Viertel)
- Oktjabrski (Oktoberviertel)
- Zentralny (Zentrum)
Wirtschaft und Verkehr
Kaliningrad ist als ganzjährig eisfreier Seehafen ein wichtiger russischer Standort für die Werftenindustrie. Daneben ist es auch Basis einer großen Fischereiflotte und besitzt Möbel- und Autoindustrie.
Von Baltijsk bei Kaliningrad aus besteht eine regelmäßige Fährverbindung nach Sankt Petersburg, außerdem nach Kopenhagen, Riga und Kiel.
Kaliningrad hat zwei wichtige Bahnhöfe: den Südbahnhof (früher Königsberg Hauptbahnhof) und den Nordbahnhof. Eisenbahnen verkehren vom Südbahnhof aus nach Gdynia in Polen mit Kurswagen nach Berlin, nach Baltijsk, über Tschernjachowsk und Litauen nach Moskau, Sankt Petersburg, Minsk - Homel, Charkow und Anapa sowie nach Bagrationowsk. Vom Nordbahnhof aus fahren Vorortzüge nach Selenogradsk und Swetlogorsk sowie einmal täglich nach Sowetsk. Einige Vorortzüge benutzen ein durchgehendes Gleis vom Süd- zum Nordbahnhof.
Die wichtigste Straßenverbindung zum russischen Kernland verläuft parallel zur Eisenbahn über Tschernjachowsk und Tschernyschewskoje, Litauen und Weißrussland.
Bei Chrabrowo befindet sich ein Flughafen mit Verbindungen hauptsächlich ins russische Kernland und nach Polen.
Sehenswürdigkeiten
Das früher dicht bebaute Stadtzentrum aus Vorkriegszeiten besteht heute aus Parks, breiten Straßen, dem Platz, an dem früher das Schloss stand und nur noch zwei Gebäuden: Neben dem Standort des ehemaligen Schlosses steht heute die Bauruine des Rätehauses (Dom Sowjetow), in die in den 1960er Jahren die Stadtverwaltung einziehen sollte, die aber aus statischen Gründen unbenutzbar geblieben ist. Auf der Kantinsel (früher Kneiphof) steht als zweites Gebäude der Königsberger Dom, der als einziges Gebäude von der alten Innenstadtbebauung erhalten geblieben ist. Das derzeitige Stadtzentrum befindet sich im Nordwesten der alten Stadtmitte am Pobedy Ploschtschad (früher Hansaplatz), an dem sich Theater, Nordbahnhof, Stadtverwaltung, viele Geschäfte und die orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale befinden.
- Königsberger Dom, Wahrzeichen des alten Königsberg auf dem Kneiphof (heute Kulturzentrum, im Inneren zwei kleine Andachtsräume)
- hinter dem Dom: Grab Immanuel Kants
- Alte Börse (heute Geschäftshaus)
- Königsberger Tiergarten, Zoologischer Garten und Ostmesse
- Botanischer Garten
- Villenvororte
- Zentralplatz (ehemaliger Standort des Königsberger Schlosses) mit Rätehaus (Dom Sowjetow; Wahrzeichen Nachkriegs-Kaliningrads)
- Nikolski Sobor, Nikolauskirche, ehemals Juditter Pfarrkirche
- verschiedene weitere Kirchen
- in einem Universitätsgebäude: Wallenrodtsche Bibliothek
- Russisch-Orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale am Pobedy Pl. (Hansaplatz)
- Orgelhalle der Kaliningrader Philharmonie, ehemals Kirche zur Hl. Familie
- Ober- und Unterteich mit Stadthalle, Schlossteich
- Dramentheater, Schauspielhaus
- Teile einer Stadtbefestigung aus dem 19. Jahrhundert mit Stadttoren
- Rossgärter Tor (Gorodskije Worota Rosgertnerskije)
- Wrangelturm (Baschnja Wrangelja)
- Dohnaturm mit Bernsteinmuseum (Baschnja Dona)
- Königstor (Korolewskije Worota)
- Sackheimer Tor (Gorodskije Worota Sakchaimskije)
- Friedländer Tor (Gorodskije Worota Fridlandskije)
- Brandenburger Tor (Gorodskije Worota Brandenburskije)
- Friedrichsburger Tor (Gorodskije Worota Fridrichsburskije)
Stand- und Denkmale
- Die 1864 enthüllte und 1945 abhanden gekommene Statue Immanuel Kants aus der Hand von Christian Daniel Rauch wurde auf Veranlassung und Kosten von Marion Gräfin Dönhoff nachgegossen und 1992 an der Universität wieder aufgestellt
- Kosmonautendenkmal
- Kutusowdenkmal
- Schillerdenkmal
- Denkmal für Zar Peter I.
- "Mütterchen-Russland"-Denkmal
- Denkmal der 1200 Gardisten
Berühmte Personen der Stadt
- Viktor Pazajew, Kosmonaut, verglühte am 30. Juni 1971 bei der Landung der Raumkapsel Sojus 11
- Ljudmila Putina, Ehefrau des russischen Präsidenten Wladimir Putin
Kulinarische Spezialitäten
Filme
- Max & Gilbert: Königsberg is dead. Frankreich/Deutschland 2004. http://www.koenigsberg-is-dead.de
Literatur
- Volker Frobarth: Das Königsberger Gebiet in der Politik der Sowjetunion 1945 - 1990: mit einer analytischen Betrachtung des Kaliningrader Gebiets in der Politik Russlands 1991 - 2000. Spitz, Berlin 2001, ISBN 3-8305-0226-5
- Michael Wieck: Zeugnis vom Untergang Königsbergs. Ein 'Geltungsjude' berichtet, Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2001, ISBN 3-8253-7123-9
- Jürgen Manthey, Königsberg: Geschichte einer Weltbürgerrepublik, C. Hanser, München 2005, ISBN 3-446-20619-1
Weblinks
Presse
- http://www.koenigsberger-express.com/main/index.php (deutschsprachige Zeitung aus dem heutigen Kaliningrad)
- http://www.kaliningrad.aktuell.ru/ (Deutschsprachige Internetzeitung Kaliningrad)
Stadtinfos
- http://kaliningrad750.ru/de/ (Aktuelles zur Stadt Kaliningrad auf Deutsch, Englisch und Russisch)
- http://www.kaliningrad.info/index.php3?lang=ger (Reiseführer, deutsch)
- http://www.klgd.ru/en (Offizielle Webseite der Stadtverwaltung, englisch + russisch)
- Fotogalerie Kaliningrads