Edith Mendelssohn Bartholdy (* 6. Januar 1882 in Berlin; † 9. Juli 1969 in Köln) war eine deutsch-jüdische Sozial- und Kulturpolitikerin.
Leben und Wirken
Edith Louise Ida Speyer wuchs in gut situierten familiären Verhältnissen auf. Sie erhielt die damals übliche Ausbildung für Mädchen ihres Standes. Nach Absolvierung der Höheren Töchterschule entschied sie sich für den Lehrerinnenberuf. Im Alter von 19 Jahren legte Edith Speyer erfolgreich das Lehrerinnen-Examen für Höhere Töchterschulen in ihrer Heimatstadt ab. Folgend unterrichtete sie an der Berliner Königin-Luisen Stiftung. Im Alter von 23 Jahren heiratete Edith Speyer den um vier Jahre älteren Ludwig Carl Mendelssohn Bartholdy. Die Ehe blieb kinderlos.
1908 begab sich Edith Mendelssohn Bartholdy auf eine ausgedehnte Weltreise. Über fünf Monate verbrachte sie in China, Japan und auch in Nordamerika. Von ihrer Reise nach ca. zwei Jahren zurückgekehrt, übersiedelte das Ehepaar Mendelssohn Bartholdy nach Leipzig. Dort übernahm Ludwig Carl Mendelsshon Bartholdy die Leitung einer Bank, seine Frau engagierte sich ehrenamtlich in der Sozial- und Kulturpolitik der Stadt. Sie und ihr Mann wurden Mitgleid im Leipziger Kunstverein, im Verein der Leipziger Jahresausstellungen (LJA) und in der Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums (GFKGM), dem Edith Mendelssohn Bartholdy einige wertvolle Stücke aus China und Japan schenkte[1].
Ein besonderes Anliegen war ihr die Kleinstkinderfürsorge, zumal Edith Mendelssohn Bartholdy der damaligen hohen Säuglingssterblichkeit entgegenwirken wollte. Demzufolge gründete sie 1912 den Leipziger Krippen Verein e. V., der sich das Zeil setzte, in dieser Stadt der stärksten industriellen Frauenarbeit, die bis dahin noch fehlenden Krippen zu schaffen[2] und wurde Mitgleid im Verein für Mutterschutz zu dessen Vorsitzenden man sie 1916 wählte. Während des I. Weltkrieges arbeitete sie als Sachverständige für das Krippenwesen bei der Frauenarbeitsstelle in Berlin und hatte in dieser verantwortlichen Position Kriegskrippen und insbesondere Stillkrippen und -stuben, innherhalb oder in nächster Nähe von Betrieben, in ganz Deutschland ins Leben gerufen[3]. Die Bedarfslage solcher Einrichtungen war sehr unheitlich, auch in den Großstädten mit anscheinend ähnlichen Existenzbedingungen war das Berdürfnis selten gleichzeitig das gleiche: jede Industriestadt machte hier andere Erfahrungen[4].
Kurz vor Kriegsende wurde sie Witwe:
- Nun war sie allein mit allen Problemen und Sorgen. Trotzdem stellte sie sich 1919 als eine der ersten Frauen zur Wahl ins Leipziger Stadtparlament und arbeitete als Abgeordnete der Deutschen Demokratischen Partei bis 1927 im Verfassungsausschuß, auf dem Gebiet der Sozialfürsorge, spezielle der Jugendfürsorge, und zu kulturellen Problemen. Zahlreiche Anträge zu sozialen Belangen, von ihr 'gestellt' und vom Rat zunächst stark bekämpft, sind seit 1919 fast sämtlich verwirklicht worden[5].
1930 übernahm Edith Mendelssohn Bartholdy den Vorsitz der 1930 entstanden Liepziger Ortsgruppe der Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen. Bereits ein Jahr später fand die erste Künstlerinnen-Austellung in Leipzig statt. 1932 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden der Leipziger GEDOK ernannt, da Edith Mendelsohn Bartholdy inzwischen Vorsitznde der GEDOK-Ortsgruppe Berlin war. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, musste Die Jüdin all ihre Ämter aufgeben. Sie emigriete nach England. Dort erhielt sie eine Anstellung an der von Hilde Lion gegründeten und geleiteten Stoatley Rough School.
Mitte der 1950er Jahre kehrte Edith Mendelssohn Bartholdy wieder nach Deutschland zurück. Sie lebte in Köln, wo sie die letzten Lebensjahre in den Riehler Heimstätten, heute ein Altenwohnstift, das 1926 auf Initiative von Hertha Kraus erbaut wurde, verbrachte. Bis zu Letzt galt ihr Interesse der alten Generation, von deren oft traurigen Lage[6] sie erschüttert war. Sie setzte sich dafür ein, dass der Mensch im Alter nicht ohne Arbeit dasteht, denn nichts macht schneller alt und krank als Untätigkeit[7].
Werke
- Krippen im Kriege, in: Krippenzeitung 1917, S. 33 ff.
- Industrie und Kinderfürsorge, in: Krippenzeitung 1917, S. 72 ff.
- Neugründungen von Krippen. Voranschlag für Einrichtung und Betrieb einer Krippe, in: Krippenzeitung 1918, S. 7 ff.
- Die deutsche Künstlerin. Ein Gedenkbuch, Leipzig 1933
- Der Lebensabend, Gütersloh 1959
Literatur
- Rita Jorek: Edith Mendelssohn Bartholdy (1882-1969). Sozial- und Kulturpolitikerin, in: Louise-Otto-Peters- Gesellschaft e.V. Leipzig (Hrsg.): Leipziger Lerchen. Frauen erinnern, 2. Folge Leipzig 2000, S. 32 ff.
- Marie-Luise Nissen: Edith Mendelssohn Bartholdy (1882-1969) - Ihr Beitrag zur Entstehung und Entwicklung der Kinderkrippe in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts, München 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit)
Weblinks
Einzelnachweis
- ↑ Jorek 2000, S. 33
- ↑ zit. n. Jorek 2000, S. 33
- ↑ vgl. Nissen 1999
- ↑ Mendelssohn Bartholdy 1917, S. 33
- ↑ Jorek 2000, S. 35
- ↑ Mendelsshon Batrholdy 1959, S. , S. 11
- ↑ Mendelsshon Bartholdy 1959, S. 192
Personendaten | |
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NAME | Mendelssohn Bartholdy, Edith |
ALTERNATIVNAMEN | Speyer, Edith Louise Ida (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-jüdische Sozial- und Kulturpolitikerin |
GEBURTSDATUM | 6. Januar 1882 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 9. Juli 1969 |
STERBEORT | Köln |