Der Feuersalamander Lurchi ist eine Comicfigur, die vom deutschen Schuhhersteller Salamander in Kornwestheim zu Werbezwecken verwendet wird. Die Hefte sind für Kinder im Grundschulalter konzipiert, in Schreibschrift gehalten und durchweg bis Heft 129 in einfachen Paarreimen verfasst. Ab dieser Nummer verwandte Salamander einen einfacheren Text um mit Lurchi eine größere Breitenwirkung zu erreichen. Eine Ausnahme stellt hierbei das Lurchiheft 131 dar, das wiederum in Paarreimen von einem weiblichen Lurchifan geschrieben wurde. Lurchi verfügt darüber hinaus über eine große Fangemeinde älterer Leser, die die Serie seit ihrer Jugend begleiten. Der Salamander besitzt daher neben dem Werbecharakter auch Kulturcharakter - ein Spagat der für Salamander oft schwierig ist, da die Firma die Lurchihefte hauptsächlich für den Schuhverkauf produziert, auf der anderen Seite hat sich jedoch eine große Lurchigemeinde gebildet für die Lurchi ein Sammel- und Kultobjekt ist. Die Sammelbände unter dem Titel Lurchis Abenteuer sind eine Zweitverwertung der Hefte. Geprägt wurde Lurchi jedoch vor allem durch den Texter Erwin Kühlewein (von 1952 bis 1964) und den Zeichner Heinz Schubel (von 1952 bis 1972).
Geschichte
Die Figur Lurchi entstand 1937. Zu diesem Zeitpunkt führte Salamander keine Kinderschuhe im Angebot. Die Hefte waren dazu gedacht die unruhigen Kinder der Kunden zu beruhigen um ein entspanntes Beratungsgespräch führen zu können. Vor dem 2. Weltkrieg entstanden 5 Hefte, die bis heute nur in einer sehr kleinen Auflage der INCOS reprintet wurden. Der ursprüngliche Zeichner ist bis heute trotz großer Bemühungen des Lurchiforschers Rene Granacher unbekannt geblieben. Aufgrund einer Signatur auf einer Schulbank in Heft 5 wird angekommen das es sich bei dem Künstler um jemanden mit dem Namen Pinder gehandelt hat. Die Verse der Lurchi-Bände 1-5 dichtete der damalige Generaldirektor der Salamander AG Kornwestheim, Dr. Alex Haffner. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die ersten 5 Lurchihefte von einem weiteren unbekannten Künstler neugestaltet. Der österreichische Comiczeichner Gerhard Förster vermutet das sie abgepaust wurden. Für diesen Künstler gibt keine Anhaltungspunkte über seine Identität. Bis auf wenige Unterschiede kopierte er die Hefte 1:1. 1952 trat mit Heinz Schubel ein weiterer Zeichner seine Arbeit bei Salamander an und gestaltete ab Nummer 6 die Reihe. Salamanders Werbechef Erwin Kühlewein war von nun an für die Ideenfindung und die Texte der Bände 6 bis 29 verantwortlich, die Heinz Schubel zeichnerisch in Szene setzte. Die Texte 1 - 5 überarbeitete er leicht. Heinz Schubel zeichnete die Lurchihefte 1 - 5 neu, damit alle Werbehefte einen einheitlichen Charakter bekamen. Somit gibt es von den Heften 1 - 5 drei verschiedene Interpretationen. Die Lurchiwelt von Schubel und Kühlewein kann den Leser durch eine gute Kombination von Abenteuergeschichten und alltäglichen Begebenheiten überzeugen. Oftmals geraten die Figuren in fremde Länder und in eine bunte Märchenwelt. Hin und wieder gibt es heftübergreifende Themen wie Reisen nach Indien und Australien oder die Weltraumtriologie. Mit dem Ausschieden von Erich Kühlewein übernimmt Heinz Schubel die Rolle des Texters und gestaltet die Reihe bis Heft 52 alleine. Zwar können seine Reime nicht das Niveau von Kühlewein erreichen, aber sind befinden sich immer noch auf einem hohen Niveau. Mit dem Ausscheiden von Heinz Schubel im Jahr 1972 sah sich Salamander mit der Frage konfrontiert einen Nachfolger für den Zeichner zu finden. Salamander rief daher einen Zeichenwettbewerb aus den Brigitte Smith gewann, die bereits als Künstlerin einiges an Rennomee besaß. Brigitte Smiths Stil der Hefte 53 - 55 unterschied sich sehr stark von dem Heinz Schubels. Ähnlichkeiten im Zeichenstil zum Beatlesfilm Yellow Submarine sind sicherlich nicht gewollt, aber für den Betrachter erkennbar. In ihre Texte fließt die Lebenswelt der 68 ein und sie macht es sich zur Aufgabe Lurchi friedfertiger und humanistischer zu gestalten. Aus heutiger Sicht stellen die Arbeiten von Brigitte Smith ein interessantes Experiment dar, das allerdings 1973 die damaligen Kinder wohl überfordert hat. Nach nur 3 Heften war die Ära Smith auch schon wieder beendet. Das nächste Heft, Nr. 56, stellt eine reine Notlösung dar. Je nach Quellenlage wird als Zeichner ein Architekt oder Lehrer vermutet. Der Zeichenstil ist sehr einfach gehalten und der Zeichner oder die Zeichnerin bleibt vor allen durch eine Vorliebe des Zeichnes von Hinterteilen in Erinnerung. Mit Heft 57 gab der Chilene Enrique Puelma seinen Einstand, dessen Zeichenstil sich stark an Heinz Schubel anlehnte ohne jedoch dessen Qualitäten zu erreichen. Betreut wurde er von Albert Drexler der freiberuflich bei Salamander tätig war und die Texte für Puelma übernahm. Das Verhältnis blieb nicht ohne Spannungen und nach 4 Heften suchte Salamander den nächsten Zeichner. Albert Drexler fand diesen in der Person des jungen Grafikers Georg Nickel, der sich allerdings diese Aufgabe noch nicht zutraute und die ersten 3 Hefte an seinen Vater Friedrich Nickel zur Ausgestaltung weitergab. Mit Heft 64 lag das erste Heft von Georg Nickel vor. Zunächst zeichnete er die Reihe allein weiter, ab Heft 68 gestaltete er die Reihe im Wechsel mit Peter Krisp. Während Georg Nickel seinen Zeichenstil ebenfalls an Heinz Schubel orientierte, schlug Peter Krisp einen anderen Weg ein und gestaltete Lurchi als Cartoon. Bis zur Nummer 96 ging das Wechselspiel der beiden Zeichner. Mit Heft 96 schied Georg Nickel bei Salamander aus und Peter Krisp gestaltete die Reihe weiter bis Band 114. Der Texter Olaf Sveistrup setzte die gemeinsamen Ideen in Reime um, die sich jedoch nur schwer mit den Reimen von Erwin Kühlewein messen konnten. Mit Heft 115 übernahm Dietwald Doblies die Reihe, der unverkennbar auf das Vorbild Heinz Schubel setzte. Gemeinsam mit Günther Bentele ließ er Lurchi Abenteuer im Märchenwald erleben. Im Jahr 2000 wurden die einzelnen Charaktere und die Hefte auf Vorschlag einer Werbefirma radikal verändert. Insgesamt entstanden 16 gemeinsame Geschichten von denen die letzte (Lurchi und der Golem) unveröffentlicht blieb. Lurchi in seiner bisherigen Form erschien der Firma Salamander aus Gründen der Marktforschung nicht mehr zeitgemäß und die Figuren wurden von Grund auf umgestaltet. Gemeinsam war nun allen Figuren, dass sie zukünftig bekleidet herumliefen. Salamander setzte zukünftig auf das Pixiformat anstelle der Grünen Hefte. In schneller Folge erschienen 7 Pixihefte, die nach 4 Nummern auf Druck des Carlsen Verlags im Format geändert wurden. Für die Texte der Pixihefte waren Peter Mennigen und Bernhard Lassahn verantwortlich. Salamander hatte viele Hoffnungen in diese Neugestaltung gesetzt, eine Hörspielreihe wurde gestartet und auch ein Film war geplant. Jecoh kam das neue Konzept nicht wie gehofft beim Verbraucher an. Seit 2001 werden die Hefte wieder im ursprünglichen Erscheinungsbild in Form der Grünen Bände herausgegeben. Hierbei tat sich Salamander zunächst noch mit der Nummerierung schwer. Als erstes Grünes Heft nach der Pixiphase erschien plötzlich die Nummer 8, während das folgende Heft mit der Nummer 130 an die alte Nummerierung anschloss. Die aus pädagogischer Sicht sinnvolle Gestaltung des Textes in Form von Paarreimen entfiel zugunsten eines einfacheren Textes ab der Nummer 130. In der Zwischenzeit ist die Reihe auf 144 Nummern angewachsen.
Seit 1960 sind insgesamt sieben Sammelbände direkt bei Salamander erschienen und lange Jahre neu aufgelegt worden. Seit 2008 hat der Esslinger Verlag J. F. Schreiber GmbH die Rechte an den Nachdrucken. Fast alle Hefte mit Ausnahme der Nummern 72, 96 und 108 wurden in die Sammelbände von Salamander mit aufgenommen. Esslinger hat in seiner Edition zudem die Hefte 96 und 108 veröffentlicht. Heft 72 wird nicht veröffentlicht, da die Darstellung der Stromgewinnung nicht kindgerecht dargestellt wird. Derzeit sind im Esslinger Verlag 6 Sammelbände neu aufgelegt worden. Der Verlag plant nach dem Reprint des 7. Sammelbandes einen achten Sammelband mit den Lurchigeschichten 130 - 144 herauszubringen. Bei zwei Geschichten in den Sammelbänden kam es zu gravierenden Änderungen gegenüber den ursprünglichen Fassungen. In Heft 11 wurden 3 Bilder augetauscht und bei Heft 18 wurde die Schlußseite gestrichen. Dies geschah im Heft 11 aus Gründen eines veränderten Blickwinkel auf die Völker der dritten Welt und in Heft 18 wollte Salamander keine 2 Weinfeste hintereinander in einem Sammelband präsentieren.
Gezeichnet wurden die Comics von folgenden Zeichnern:
- 1937 bis 1939: vermutlich Pinder (aufgrund eine Signatur wird dies angenommen, Vorname unbekannt) 5 Hefte wurden von ihm gestaltet.
- 1940 bis 1950: Keine Hefte erschienen
- 1950 bis 1952: Unbekannter Zeichner (dieser zeichnete die 5 Vorkriegshefte neu)
- 1950 bis 1972: Heinz Schubel. Er gestaltete 52 Hefte.
- 1973: Brigitte Smith. Die Künstlerin gestalte 3 Hefte.
- 1974: Unbekannter Zeichner (Heft 56), 1 Heft
- 1974 bis 1975: Enrique Puelma, Von ihm erschienen 4 Hefte.
- 1976: Friedrich Nickel, er gestalte 3 Hefte
- 1977 bis 1988: Georg NickelGeorg Nickel zeichnete 17 Hefte.
- 1979 bis 1994: Peter Krisp (Pseudonym „piiit“)Von ihm stammen 34 Hefte und eine unveröffentlichte Parodie.
- Seit 1995: Dietwald Doblies. Dietwald Doblies gestaltete bis heute 33 Hefte, 7 Pixis und 5 unveröffentlichte Geschichten.
Lurchis Freunde
Bei seinen Abenteuern stehen Lurchi fünf Freunde bei. Ursprünglich wurden sie wie folgt gestaltet:
- der Frosch Hopps, augenscheinlich der engste Freund Lurchis, der dessen Abenteuerlust teilt.
- der Zwerg Piping, der Tüftler und praktisch Veranlagte der Gruppe.
- der Mäuserich Mäusepiep, ein eher ängstlicher und tollpatschiger Geselle.
- der Igel Igelmann (früher nur „Igel“),[1] ein ruhiger, gemütlicher Familien„mensch“. Er ist der einzige, dessen Spezies aufgrund seiner Stacheln manchmal für die Handlung wichtig ist.
- die Gelbbauchunke Unkerich, welche den entspannten Lebensstil mit gutem Essen und viel Ruhe zu schätzen weiß.
Nach einer radikalen Änderung der Charaktere im Jahr 2000 traten sie zwischenzeitlich ganz anders in Erscheinung. Igelmann wurde als Erfinder dargestellt und Zwerg Piping, ursprünglich das älteste Mitglied der Gruppe wurde plötzlich zum Baby umgestaltet. Erst auf Druck der Stammleser nahm Salamander zumindest die Neudefintion von Zwerg Piping zurück.
Der stets erfolgreiche Ausgang der Abenteuer ist dem vielfältigen und teils unkonventionellen Einsatz der Salamanderschuhe zu verdanken. Der Schlussreim beinahe jedes Abenteuers lautet: „Lange schallt's im Walde noch: Salamander lebe hoch!“
Lurchi wirbt sowohl als Sympathieträger für die Schuhmarke als auch für die bedrohte Spezies der Feuersalamander. Außerhalb des Comics wurde er auch als Stofftier, Biegefigur und Schlüsselanhänger vermarktet. Peter Krisp stellte während seiner Zeit als verantwortlicher Künstler auch einige BTX-Folgen her.
Hörspiele
Um das Jahr 1962 wurde eine Serie von Lurchi-Schallfolien produziert und kostenlos abgegeben. Aus flexiblem weißem Kunststoff hergestellt und verschiedenfarbig bedruckt, handelt es sich um wortgetreue Vertonungen von Lurchi-Geschichten, unterlegt mit Musik einer elektronischen Orgel. Produziert wurden die Aufnahmen vom Süddeutschen Rundfunk, zu den Mitwirkenden gehörten auch damals bekannte Sprecher dieses Senders. Laut Rene Granacher sind bis zu zwölf Folien erschienen, von denen jedoch bisher nur fünf bekannt sind.[2]
Weitere Lurchi-Geschichten wurden um 1970 in Form fester Singles herausgebracht. Drei verschiedene Schallplatten sind bekannt.
Im Zuge der damals erfolgreichen Hörspielwelle wurden 1991 und 1992 insgesamt sechs Folgen Lurchis Abenteuer veröffentlicht. Die Titelbilder der einzelnen Folgen wurden vom damaligen Zeichner der Comichefte, Peter Krisp, gestaltet; die Geschichten hatten allerdings nichts mit den Comics zu tun, sondern wurden von Gerd Klepzig neu verfasst. Lurchi wurde dabei von Boris Tessmann gesprochen. Erzählerin war Nicole Heesters.
Im Jahre 2000 erschienen 8 weitere Lurchihörspiele.
Unveröffentlichte Geschichten
Von Lurchi gibt es insgesamt 6 Geschichten die bis heute unveröffentlicht geblieben sind. Peter Krisp illustrierte einen Lurchi für Erwachsene zum Abschied eines Mitarbeiters von Salamander. Von Dietwald Doblies liegen insgesamt 5 unveröffentlichte Geschichten vor. Eine Geschichte (Lurchi in Prag) aus der gemeinsamen Zeit mit Günther Bentele, 4 Geschichten im Pixiformat von denen eine - Mäusepiep und Freitag der 13. - in einer kleinen Auflage im Comicmagazin "Sammlerherz" erschienen ist. Desweiteren gab es im Salamanderarchiv eine unveröffentlichte Geschichte des 2. Lurchizeichners. Da das Archiv in der Zwischenzeit aufgelöst wurde ist es ungewißt ob diese Geschichte noch existiert. Brigitte Smith erinnert sich daran, dass sie neben ihren 3 veröffentlichten Geschichten noch eine weitere gezeichnet hat.
Lurchiforschung
Erste Artikel zum Thema Lurchi erschienen Mitte der 80er Jahre im Comicmagazin Comicstern. Dieter Böhm stellte den damaligen Kenntnisstand über die Serie zusammen. Seine Ergebnisse wurden später von Rene Granacher aufgegriffen, der zeitweise eine gut recherchierte Internetseite zur Verfügung stellte. Derzeit erscheint im Comicmagazin "Die Sprechblase" eine auf 6 Folgen geplante Serie über Lurchi, die den aktuellen Forschungsstand zusammenfaßt. Der Verein für Geschichte und Heimatpflege Kornwestheim e.V unterhält in seinem Museum eine Abteilung, die umfassend über die Geschichte der Firma Salamander und über Lurchi informiert. Zusammengestellt hat diese Ausstellung der Heimatforscher Hermann Wagner.
Literatur über Lurchi
Dieter Böhm, Lurchi – Die Karriere eines Feuersalamanders, Comic Stern 12, Norbert Dargatz Verlag,1983
Dieter Böhm mit Unterstützung von Heiner Jahncke und Hartmut Becker, Lurchi – Ein Werbecomic wird transparent, Comic Stern 14, Norbert Dargatz Verlag, 1984
Diverse, Lurchi – Dem Feuersalamander auf der Spur, Ausstellungskatalog der Galerie der Stadt Kornwestheim, 1994
Stefan Semel, Lurchis Abenteuer; Reddition - Zeitschrift für Graphische Literatur Nr. 35, Verlag Volker Hamann, 1998
Rene Granacher, Heinz Schubel, in Deutsche Comicforschung 2005, Comicplus+, 2004
Johannes Rüster, Ein Lurch geht um die Welt; MAGIRA - Jahrbuch zur Fantasy 2009, Fantasy Club, 2009
Hans Simon, Kam er durch, der Lurch? Sammlerherz – Das Magazin für den Comic- und Nostalgiefreund Nr. 4, 2009
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Weltraumtreffen, Lurchis Abenteuer - Band 2, Esslinger Verlag
- ↑ Website von Rene Granacher über Lurchi: geocities.com (Archivversionen)