Bairisch

deutsche Sprachformen in Bayern, Österreich und Südtirol
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Das Bairische, verschiedentlich auch Bairisch-Österreichisch genannt, ist eine Gruppe von Dialekten im Süden des deutschen Sprachraumes. Trotz des Namens wohnt die Hälfte der Bairisch-Sprecher außerhalb Bayerns; vor allem gehören fast alle österreichischen Dialekte sprachwissenschaftlich gesehen zum Bairischen. Vom Bairischen wurde auch das Jiddische beeinflusst, da viele Juden lange Zeit zur Elite in Bayern und Österreich zählten, vor allem in Wien und München.

Verbreitungsgebiet des Bairischen

Ausbreitung und Abgrenzung

Mit mehr als 12 Millionen Sprechern bildet das Bairische (oder Ostoberdeutsche) das größte zusammenhängende Dialektgebiet der deutschen Dialekte. Zum Bairischen gehören die Mundarten folgender Gebiete:

Bairisch gehört zusammen mit Schwäbisch und Alemannisch zu den oberdeutschen Dialekten des Hochdeutschen.

Innere Untergliederung

Das Bairische kann lautgeographisch anhand historischer Isoglossen eingeteilt werden in Nord-, Mittel- und Südbairisch:

Nordbairisch

Nordbairisch wird im größten Teil der Oberpfalz mit Ausnahme der Hauptstadt Regensburg und ihrer Umgebung, sowie im nördlichen Teil des Bairischen und des Böhmerwaldes in Niederbayern gesprochen.

Es zeichnet sich besonders durch die "gestürzten Diphthonge" aus; 'Bruder' wird hier beispielsweise zu Broúda anstatt zu Bruáda wie im Bairischen südlich der Donau. Außerdem tritt hier das Personalpronomen deß bzw. dia für die 2. Person Plural auf.

Mittelbairisch

Mittelbairisch wird in Niederbayern, Oberbayern, im Süden der Oberpfalz, in Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und im Burgenland, übergangsweise im Tiroler Unterland und Salzburg gesprochen. Es hat großen Einfluss auf seine Schwesterdialekte im Norden und Süden, da fast alle größeren Städte des bairischen Sprachgebiets im Donauraum liegen; dies hat auch zur Folge, dass Mittelbairisch ein höheres Prestige genießt und auch außerhalb seines Sprechergebiets weithin bekannt ist. Die regionalen Unterschiede entlang der Donautiefebene vom Lech bis zur Leitha sind im allgemeinen geringer als die Unterschiede zwischen den verschiedenen Alpentälern des Südbairischen.

Allgemeine Kennzeichen dieser Mundarten ist, dass fortis-Laute wie p, t, k abgeschwächt werden zu den lenis-Lauten b, d, g. Beispiele: Bech, Dag, Gnecht ("Pech, Tag, Knecht"). Lediglich k- bleibt im Anlaut vor Vokal als fortis erhalten (z.B. in Kua 'Kuh'). Außerdem wird auslautendes -n nasaliert, wie in kå ("kann") oder Må ("Mann").

Das Mittelbairische lässt sich noch untergliedern in Westmittelbairisch (auch "Altbairisch" genannt) und Ostmittelbairisch (auch "Donaubairisch" genannt). Die Grenze zwischen diesen beiden verschiebt sich unter dem Einfluss des Wienerischen allmählich westwärts von Niederösterreich ausgehend zur Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich hin. Trotz Dialektartschwunds in den größeren Städten des Donauraums gelten die Stadtmundarten von München und Wien weiterhin gewissermaßen als "Paradedialekte" für West- und Ostmittelbairisch. Folgende Lautisoglossen charakterisieren das Verhältnis des West- zum Ostmittelbairischen:

Isoglosse westliche Variante östliche Variante Deutsch
Personalpronomen 2. Pl.: öß ihr
oa vs. â (< ahd. ei): oans, zwoa âns, zwâ eins, zwei
gloa, gleana glâ, glâna klein, kleiner [Komparativ]
Schtoa Schtâ Stein
hoaß, hoazn hâß, hâzn heiß, heizen
aber: nein
aa vs. oa (< ahd. a(h)r): i faa, mia faama i foa, mia foama ich fahre, wir fahren
haat, heata hoat, heata hart, härter
Kfaa, kfâli Kfoa, kfeali Gefahr, gefährlich
ui vs. üü (< ahd. il): fui füü viel
Schbui, schböin Schbüü, schbüün Spiel, spielen
i wui, mia wuin i wüü, mia woin ich will, wir wollen

Südbairisch

Südbairisch wird in Tirol, Südtirol, Kärnten und in Teilen der Steiermark, vor allem in der Weststeiermark, gesprochen.

Das Südbairische kennt keine r-Vokalisierung, sie ist aber besonders in Stadtmundarten am Vordringen. Nach Vokalen wird l hier nicht zu i, sondern zu y, einem Laut zwischen l und ü, vokalisiert. Weiters unterscheidet das Südbairische Stark- und Schwachlaute, wie in Dåch neben Tåg, altes k ist in Teilen Tirols und Salzburgs lautverschoben zu kch, wie in Kchlea (Klee). Vor allem in Kärnten neigt man dazu, Selbstlaute lang auszusprechen. Bestes Beispiel ist der Satz "Låås lei laafn" (Lass es nur laufen) mit dem Kennwort 'lei' (nur). Im Südbairischen gibt es ferner keinen synthetischen Konjunktiv (siehe Konjugation der Verben weiter oben).

Bairisch vs. Bayerisch

In der Sprachwissenschaft wird der Dialekt mit 'i' statt 'ye' ("Bairisch" statt "Bayerisch") geschrieben, um es vom politischen Begriff des "Bayerischen" (= Zugehörigkeit zum Bundesland Bayern) zu unterscheiden, da zu Bayern außer den Bairisch sprechenden Altbayern auch Franken und Bayerisch-Schwaben gehören, deren Dialekte nicht bairisch sind. "Bayerisch" ist das Adjektiv zu Bayern, vormals "Baiern". Der Buchstabe "Y" im Wort "Bayern" wurde erst durch die philhellenischen Wittelsbacher für das gewachsene Staatsgebilde eingeführt.

Grammatik

Lautung

Phonologisch unterscheidet das Bairische zwischen hellem â und dunklem a (auch als å geschrieben) (wie das Ungarische), wobei das helle a aus dem althochdeutschen offenen e entstanden ist (so heißt es heute im Bairischen statt "leer", Râdl statt "Rädchen"). Dieses Merkmal hat das Bairische mit dem Ungarischen gemein. Hochdeutschsprecher nehmen das helle a des Bairischen als gewöhnliches a wahr, das dunkle a dagegen zumeist als offenes o, weshalb auch viele Baiern dazu tendieren, dunkles a als o zu schreiben (also mocha statt macha für "machen"). Diese Schreibweise führt jedoch zum Zusammenfall mit dem bairischen o, welches stets geschlossen ist (die Wörter für "Ofen" und "offen" unterscheiden sich also im Bairischen nicht durch die Vokalqualität, sondern nur durch die Vokallänge, die wie im Hochdeutschen durch Konsonantengemination ausgedrückt wird: Ofa vs. offa.

Ein weiteres Merkmal ist die Beibehaltung der mittelhochdeutschen Diphthonge ie, üe, uo als und , wie in liáb, griáßn, Bruáda ("lieb, grüßen, Bruder"), was es vom Ostfränkischen Brūda abgrenzt, das wie die Hochsprache einfache Langvokale benutzt. Gegen Westen hin grenzt sich das Bairische mit Dååg, Wåssa und daad ("Tag, Wasser" und "täte") gegen Schwäbisch Daag, Wasser und däät ab.

Ein besonderes Charakteristikum des Bairischen ist der Vokal oa, der aus dem Althochdeutschen ai oder ei entstanden ist. Dieser Lautwandel betrifft jedoch nur das sogenannte ältere ei des Deutschen, nicht jedoch das jüngere ei, das erst zu mittelhochdeutscher Zeit als dem althochdeutschen langen î entstanden ist, und daher den Lautwandel nicht mehr mitgemacht hat. Deshalb heißt es auf Bairisch ""oas, zwoa, drei" - die ersten beiden Zahlwörter haben ein älteres ei als Stammvokal, das dritte Zahlwort ein jüngeres ei, welches auf althochdeutsch noch drî lautete.

Allerdings gibt es im Bairischen ein drittes, noch jüngeres ei, das durch die Entrundung des Vokals eu entstanden ist; so heißt "neu" im Bairischen neig oder neich, "teuer" heißt deia und "Teufel" Deifi.

Morphologie

Artikel

Im Bairische werden Substantive anhand ihres Genus aufgeteilt; das Genus ist im Regelfall nicht am Substantiv selbst erkennbar, sondern an dessen begleitendem bestimmten Artikel:

maskulin feminin neutrum
da Hund (der Hund) d'Ruam (die Rübe) s'Kind (das Kind)

Der bestimmte Artikel Singular der Feminina, d', assimiliert oft an den Anlaut des zu begleitenden Substantivs: vor f-, h-, s- und z- wird er zu t' verhärtet, vor b-, m- und p- jeweils zu b' und vor g- und k- jeweils zu g' assimiliert. Beispiele:

d' > t' d' > b' d' > g'
t'Frau (die Frau) b'Bian (die Birne) g'Gafi (die Gabel)
t'Haud (die Haut) b'Muadda (die Mutter) g'Kua (die Kuh)
t'Sunn (die Sonne) b'Pfann (die Pfanne)

Der unbestimmte Artikel ist dagegen für alle drei Genera im Nominativ identisch; im Gegensatz zum Deutschen kennt das Bairische allerdings auch einen unbestimmten Artikel im Plural (vgl. Französisch des):

maskulin feminin neutrum
a Ma (ein Mann) a Frau (eine Frau) a Kind (ein Kind)
oi Mana (Männer) oi Fraun (Frauen) oi Kinda (Kinder)

Klassifikation der Substantive

Man kann Substantive anhand ihrer Pluralformen in verschiedene Klassen einteilen. Die häufigsten Möglichkeiten der Pluralbildung sind Umlaut oder Suffigierung; beide Möglichkeiten können auch kombiniert werden. Als Pluralendungen treten -n und -a auf; an Umlauten gibt es folgende Varianten:

S1: Umlaut Singular Plural Deutsch
a > e Nacht (f) Necht Nacht
o > e Bong (m) Beng Bogen
u > i Fluss (m) Fliss Fluss
au > ai Maus (f) Mais Maus
ua > ia Kua (f) Kia Kuh
oi > öi Foi (m) Föi Fall

Die hier angeführten Beispiele bilden Klasse 1 der starken Substantive, deren Kennzeichen ein reiner Umlautplural ist. Dieser Klasse (S1) gehören nur Maskulina und Feminina an. Zur Klasse S2, die sich durch Umlautplural plus Endung -a auszeichnet, gehören nur Maskulina und Neutra. Es gelten die gleichen Umlautregeln wie oben:

S2: Umlaut + -a Singular Plural Deutsch
a > e Land (n) Lenda Land
o > e Loch (n) Lecha Loch
u > i Mund (m) Minda Mund
au > ai Haus (n) Haisa Haus
ua > ia Wuam (m) Wiama Wurm
oi > öi Woid (m) Wöida Wald

Zur Klasse S3 gehören alle Maskulina und Neutra ohne Umlaut mit Pluralendung -a, weiters als einziges Femininum das österreichische Wort 'Paradeis':

S4: -a Singular Plural Deutsch
m: Bâm Bâma Baum
f: Paradeis Paradeisa Tomate
n: Kind Kinda Kind

Als letzte starke Klasse (S4) gelten Substantive mit Nullplural, z.B. 'Fisch' (m) und 'Schaf' (n). In manchen Dialekten drücken diese Substantive Plural jedoch durch Vokalkürzung oder -längung aus. Diese Klasse besteht eigentlich nur aus Maskulina und Neutra; alle Feminina auf -n, die eigentlich historisch gesehen zu den schwachen Substantiven gehören, können jedoch auch hierhergezählt werden, da ihr Plural ebenso unmarkiert ist: 'Àntn - Àntn' (Ente).

Zur Klasse der schwachen Substantive (W1) zählen Maskulina und Feminina auf -n im Plural. Ferner lassen sich alle Maskulina und Neutra, die im Singular auf das Suffix -i enden, hier einordnen:

W1: -n Singular Plural Deutsch
m: Has Hasn Hase
f: Brugg Bruggn Brücke
n: Sàggi Sàggin Tüte

Ferner gibt es einige unregelmäßige Pluralformen im Bairischen:

Singular Plural Deutsch
m: Ma Mana Mann
m: Boa Baian Baier
m: Bua Buam Junge, Knabe
m: Beng Benk (Sitz-)Bank
f: Fàggi Fàggin/Fàggla Ferkel, Schwein
n: Kaiwi Kaiwin/Kaiwla Kalb

Folgende Wörter existieren nur im Plural: Leid (Leute), Hiana (Hühner).

Deklination der Substantive

Das Bairische hat drei der vier germanischen Kasus bewahrt: Nominativ, Dativ und Akkusativ. Letztere beiden fallen teilweise zusammen; Genetiv ist nur in erstarrten Redewendungen erhalten. Wie im Hochdeutschen wird das bairische Substantiv nur selten dekliniert, sondern drückt Kasus durch den begleitenden Artikel aus.

Beispiele aus dem Niederbairischen:

Schwache Maskulina mit Plural auf -n: 'Ratz' (Ratte)

unbest. Singular Plural best. Singular Plural
nom a Ratz oi Ratzn nom da Ratz d'Ratzn
dat am Ratz oi Ratzn dat im Ratz di Ratzn
akk an Ratz oi Ratzn akk in Ratz d'Ratzn

Schwache Feminina mit Plural auf -a: 'Ain' (Eule)

unbest. Singular Plural best. Singular Plural
nom a Ain oi Aina nom d'Ain d'Aina
dat ana Ain oi Aina dat da Ain di Aina
akk a Ain oi Aina akk d'Ain d'Aina

Schwache Neutra mit Plural auf -n: 'Oa' (Ohr)

unbest. Singular Plural best. Singular Plural
nom a Oa oi Oan nom s'Oa d'Oan
dat am Oa oi Oan dat im Oa di Oan
akk a Oa oi Oan akk s'Oa d'Oan

Einige schwache Maskulina haben Kasusendungen bewahrt, z. B. 'Bua' (Junge, Knabe):

unbest. Singular Plural best. Singular Plural
nom a Bua oi Buama nom da Bua d'Buama
dat am Buam oi Buama dat im Buam di Buama
akk an Buam oi Buama akk in Buam d'Buama

Personalpronomina

Bei den Personalpronomina unterscheidet das Bairische teilweise, wie viele romanische und slawische Sprachen, zwischen betonten und unbetonten Formen im Dativ (nur 1., 2. Singular) und Akkusativ (nur 3. Singular und Plural); ferner gibt es ein eigenständiges Höflichkeitspronomen in der direkten Anrede, vergleichbar dem deutschen 'Sie':

1.Singular 2.Singular 3.Singular 1.Plural 2.Plural 3.Plural Höflichkeitspronomen
nom i du ea, se, des mia se Si
dat mia dia eam, iari, dem uns enk eana/sen Eana
unbetont ma da
akk mi di eam, iari, des uns enk eana Eana
unbetont 'n, 's, 's 's Si

Konjugation der Verben

Das Bairische kennt nur ein analytisches Tempus, das Präsens. Alle anderen Tempora werden analytisch gebildet. Als Modus neben Indikativ und Imperativ besitzt das Bairische ferner einen synthetisch gebildeten Konjunktiv, welcher dem hochdeutschen Konjunktiv II (meist in Funktion des Irrealis oder als Höflichkeitsform) entspricht. Er wird regelmäßig durch Anhängen der Silbe "-ad" gebildet (siehe Konjugationsparadigma weiter unten). Daneben gibt es auch in Bayern eine Umschreibung des Konjunktivs (Konjunktiv III - entspricht dem Deutschen ich würde), die vorwiegend im Südbairischen gebraucht wird: die mit den Konjunktivformen des Verbs 'duan' (tun) plus Infinitiv.

Beispiel für die Konjugation eines schwachen Verbs im Niederbairischen: 'macha' (machen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Person i mach mia machan 1.Person i machad mia machadn
2.Person du machst eß machts 2.Person du machast eß machats
3.Person ea macht se machan(t) 3.Person ea machad se machadn

Zur 3. Person Plural ist anzumerken, dass in manchen Gegenden das Endungs-t aus dem Althochdeutschen bewahrt ist, welches im Schwäbischen als Pluralendung vereinheitlicht worden ist.

Bei starken Verben mit Stammvokal 'e' kann im Indikativ Wechselflexion auftreten, d. h. ein Vokalwechsel von 'e' zu 'i' findet statt. Außerdem besitzen einige starke Verben mit Stammvokal 'e' stattdessen den Vokal 'â' im Konjunktiv, der historisch betrachtet ein übriggebliebener umgelauteter Ablaut ist; als Beispielverb dient 'brecha' (brechen):

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Person i brich mia brechan 1.Person i brâchad mia brâchadn
2.Person du brichst eß brechts 2.Person du brâchast eß brâchats
3.Person ea bricht se brechan(t) 3.Person ea brâchad se brâchadn

Da das Bairische keine synthetische Vergangenheitsform besitzt wie das Hochdeutsche, werden starke und schwache Verben nur anhand des Partizips II unterschieden; dieses wird mit dem Präfix g- und den Suffixen -n oder -a (starke Verben) bzw. -t (schwache Verben) gebildet. Dabei kann das Präfix je nach nachfolgendem Anlaut zu k- assimiliert werden oder vollkommen verschwinden, und so das Partizip II mit dem Infinitiv zusammenfallen. Beispiele:

Infinitiv Partizip II Deutsch
starke Verben: schreim kschriem schreiben
fliang kflong fliegen
nemma gnumma nehmen
moin gmoin malen; mahlen
bacha bacha backen
schwache Verben: leana gleant lernen
kocha kocht kochen
macha gmacht machen
denga denkt denken

Historischer Exkurs: Zur Entstehung der Verbendungen im Bairischen

Im Bairischen hat ein Prozess gefunden, er in der Sprachwissenschaft Klitisierung heißt. Damit ist in diesem Fall die Anfügung des Personalpronomens an das konjugierte Verb gemeint. Diese Anfügung ergibt sich durch die inverse Satzstellung. Im Bairischen rückt nämlich wie im Hochdeutschen, zum Beispiel im Fragesatz, das Subjekt hinter das Prädikat:

normaler Satzbau inverser Satzbau
wir tun tun wir?
mia dean dean mia?

Dabei wird das Personalpronomen im Regelfall abgeschwächt, da es nicht betont ist. Von hier ist es nur ein kleiner Schritt zur Kontraktion von Verbendung -n und Anlaut des Personalpronomens m-:

betontes Subjekt unbetonte Subjekt
dean mia? dean ma? > deama?

Das ist der Grund, weshalb das Pronomen der 1. Person Plural im Bairischen auf -m anlautet: die althochdeutsche Verbendung -n der Anlaut des Personalpronomen wir sind zum m verschmolzen. Dieses m wurde anschließend von den Bairischsprechern nicht länger als Verbendung, sondern als Anlaut des Personalpronomens analysiert, daher heißt es heute in Niederbaiern: "mia sàn mia!" und nicht "wir hàn wir!".

In der 2. Person Plural hat ein ähnlicher Prozess, jedoch mit anderem Resultat, stattgefunden. Da das Bairische, anders als das Hochdeutsche, das ehemalige Dualpronomen an Stelle von ihr gebraucht, und auf einen Vokal anlautet, konnte dieser Vokal im inversen Satzbau verschluckt werden:

normaler Satzbau inverser Satzbau
eß deat deat eß? > deats?

Diese Anfügung wurde im Laufe der Zeit nicht mehr als klitisiertes Pronomen wahrgenommen, was soweit führte, dass die Endung -s für alle Verben im Bairischen obligatorisch geworden ist. Deshalb muss das Personalpronomen erneut angefügt werden, wenn heute im Bairischen ein Fragesatz formuliert wird; hisotrisch gesehen ist dies eine Tautologie, also eine Doppelnennung des Subjekts, wird aber nicht mehr als solche bewusst wahrgenommen:

1. Person Plural 2. Person Plural
deama mia? deats eß?

Die kursiv gedruckten Endungen sind also grammatisiert worden.

Zentrum dieses Klitisierungsprozesses scheinen Oberösterreich und Niederbaiern, vor allem das Innviertel, zu sein.

Lexik

Auch im Vokabular gibt es Spezifika, so die bereits angesprochenen persönlichen Fürwörter (Personalpronomina) 'eß/öß/deß' "ihr", 'Er(ge)tag' und 'Pfinztag' ("Dienstag", "Donnerstag" - stark im Schwinden), Verben wie 'kraxeln' ("klettern"), 'klauben' ("pflücken"), 'klieben' ("Spalten") und viele mehr. Es gibt auch Wörter, die das Bairische mit dem Alemannischen gemeinsam hat, z.B. 'aper' ("schneefrei").


Umschrift

Da das Bairische auch oft verschriftlicht wird (von Mundartdichtern, Musikern), hat sich eine Art Standard für die bairische Umschrift etabliert.

Siehe auch