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Chloralhydrat

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Strukturformel
Strukturformel Chloralhydrat
Allgemeines
Freiname Chloralhydrat
Andere Namen
  • Trichloraldehydhydrat
  • 2,2,2-Trichloracetaldehydhydrat
  • 2,2,2-Trichlor-1,1-ethandiol
Summenformel C2H3Cl3O2
Kurzbeschreibung

farblose durchsichtige Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 302-17-0
PubChem 2707
DrugBank DB01563
Wikidata Q412340
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05CC01

Wirkstoffklasse

Hypnotika

Eigenschaften
Molare Masse 165,40 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,91 g·cm−3 (20 °C) [2]

Schmelzpunkt

52 °C [2]

Siedepunkt

97,5 °C [2]

Dampfdruck

1300 Pa (20 °C) [2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-GefahrstoffkennzeichnungVorlage:CLP

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​319​‐​315
P: 305+351+338​‐​302+352​‐​309​‐​310[2]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Chloralhydrat war das erste synthetisch hergestellte Schlafmittel. Es entsteht bei der Reaktion von Chloral mit Wasser und gehört daher zur Stoffgruppe der Aldehydhydrate.

Entdeckung

Es wurde erstmals 1832 von Justus von Liebig hergestellt. Oskar Liebreich prüfte es 1869 auf seine Eignung als Schlafmittel in der irrtümlichen Annahme, es würde im Körper in Chloroform umgewandelt[4], da bekannt war, dass Chloralhydrat in Gegenwart von Alkalien in Chloroform und Formiat zerfällt (vgl. Haloform-Reaktion). Chloralhydrat war ähnlich verbreitet wie später die Benzodiazepine. In den ersten 18 Monaten nach seiner Einführung wurden in England 17 Millionen Einzeldosen verbraucht[5].

Anwendung

Chloralhydrat wird im Körper in 2,2,2-Trichlorethanol als Hauptwirkstoff umgewandelt. Es kommt vor allem bei älteren Patienten zum Einsatz, da diese auf Benzodiazepine teilweise paradox reagieren. Wie bei anderen organischen Halogenverbindungen besteht die Gefahr einer Sensibilisierung des Herzmuskels gegen Catecholamine. Aufgrund der Nebenwirkungen und der von ihm ausgehenden Suchtgefahr (sog. Chloralismus) ist Chloralhydrat verschreibungspflichtig und hat heute keine große Bedeutung mehr.

Früher verwendete man Chloralhydrat manchmal auch zur Behandlung von Keuchhusten, Neuralgien, bei Chorea Huntington (Veitstanz) und gegen die Seekrankheit. Äußerlich angewandt wurde es zur Behandlung von Wunden und Geschwüren. In der Tiermedizin diente es als Narkotikum.

Chloralhydrat wird heute noch als Pflanzenaufheller in der Mikroskopie zum Bestimmen/Deuten von Pflanzenteilen verwendet, da eventuell vorhandene Stärke zersetzt wird [6] und durch das Erhitzen dieses Gemisches pflanzenspezifische Zellen besser zu erkennen sind.

Aus Chloralhydrat und Glucose wird das Rodentizid Chloralose ((2,2,2-Trichlorethyliden)-α-D-glucofuranose) hergestellt.

Der Wirkmechanismus beruht auf einem GABAa Rezeptorkomplex mit Verstärkung der GABA- Wirkung. Chloralhydrat hat den Vorteil, dass es das Schlafprofil nicht beeinflusst und einen schnellen Wirkungseintritt aufweist.

Besonderheit

Chloralhydrat ist eine der wenigen Verbindungen, die der Erlenmeyerregel widersprechen.

Handelsnamen

Monopräparate

Deutschland: Chloraldurat 500 sowie 250 mg: Weichgelatinekapseln zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen. Chloraldurat blau 250 mg: Magensaftresistente Weichgelatinekapseln zur Kurzzeitbehandlung von Durchschlafstörungen ohne Einschlafstörungen.[7]

Schweiz: Chloraldurat rot 500 sowie 250 mg: Kapseln zur kurzfristigen Behandlung von therapiebedürftigen Schlafstörungen. Nervifene-Lösung: Bei Schlaf- und Einschlafstörungen.[8]

Einzelnachweise

  1. a b Cornelia Imming, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  2. a b c d e f g Eintrag zu CAS-Nr. 302-17-0 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  4. Harry Auterhoff, Lehrbuch der pharmazeutischen Chemie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 1968
  5. Bangen, Hans: Geschichte der medikamentösen Therapie der Schizophrenie. Berlin 1992 S. 22 ISBN 3-927408-82-4
  6. Bestimmung von Getreidearten bei Behr's
  7. Rote Liste 2009
  8. Arzneimittel-Kompendium d. Schweiz Online, Stand: Oktober 2009
Commons: Chloral hydrate – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien