Lentia (Noricum)

Limeskastell auf dem Gebiet des heutigen Linz'
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Kastell Lentia war Bestandteil des Donaulimes in der ehemaligen römischen Provinz Noricum auf dem Gemeindegebiet der Landeshauptstadt Linz, im Bundesland Oberösterreich. Das archäologisch eindeutig nachgewiesene Reiter- und Kohortenkastell entstand vermutlich schon im späten 1. Jahrhundert n.Chr., war bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr. von der römischen Armee belegt und diente zur Sicherung eines Handelsweges der über die Donau in den Norden führte. In der Spätantike war neben berittenen Bogenschützen auch ein Teil der Legio II Italica hier stationiert. Lentia wurde einige Male durch Einfälle der Germanen zerstört, überstand aber die Stürme der Völkerwanderung und war auch im Frühmittelalter kontinuierlich besiedelt. Gemeinsam mit dem Kastell wird in diesem Artikel auch die Wachtürme im Hirschleitengraben und am Freinberg behandelt.

Kastell Linz
Alternativname Lentio/Lentia
Limes Noricum
Abschnitt Strecke 1
Datierung (Belegung) 1. Jh. - 5. Jh. n. Chr
Typ Legions- und Alenkastell
Einheit a) ala I Thracum,
b) ala I Pannoniorum Tampiana victrix,
c) cohors II Batavorum ? ,
d) equites sagittari,
e) legio II Italica
Größe 0,67 ha (frühes Holz-Erde-Kastell)
Bauweise Holz-Erde- und Steinbauweise
Erhaltungszustand Vom Kastell keine Baureste oberirdisch sichtbar,
Fundamente des WT Hirschleitengraben wurden konserviert.
Ort Linz
Geographische Lage 48° 18′ 11″ N, 14° 17′ 26″ OKoordinaten: 48° 18′ 11″ N, 14° 17′ 26″ O hf
Vorhergehend Kastell Eferding (westlich)
Anschließend Lauriacum (östlich)
Blick vom Schlossberg auf die Altstadt von Linz (2011)
Donauschleife bei Linz (2011)

Lage und Straßenverbindungen

Die Donau durchströmt in einer großen Biegung nach Süden das Linzer Becken, das im Westen durch den Schlossberg, Römerberg, Freinberg, Bauernberg, Gaumberg, im Norden durch das Mühlviertler Hügelland (Pöstlingberg, Gis) und im Osten durch den Pfenningberg begrenzt wird. Die Niederterrasse des Linzer Beckens besteht aus alluvialen Schotterdecken. Noch ältere Schotterablagerungen kommen vor allem am Osthang des Linzer Schlossberges vor. Sedimentäres Schwemmland bei der sog. Linzer Enge im Westen (am Freinberg) verweist auf einen ursprünglich breiteren Flusslauf. Hier gab es an mehreren Stellen auch passierbare Furten. Zwei wichtige, schon seit prähistorischer Zeit benutzte Verkehrswege, führten durch den Haselgraben bzw. Katzbach und waren die kürzeste Verbindung in das Tal der Moldau.

Antike Straßenbelagfunde in der Herrenstraße und Stockhofstraße, Gräber sowie Kleinfunde in Scharlinz und Kleinmünchen lassen annehmen, dass hier einst eine von Nord nach Süd führende Römerstraße vorbeilief. Durch Gräber gesichert erscheint eine weitere Nord-Süd Verbindung entlang der an Linz angrenzenden Berge westlich des Vicus. Eine weitere nach Westen führende Straße, die bei Untergaumberg entlang der Bahntrasse und paralell zur sogenannten Ochsenstraße in Richtung Pasching verläuft, konnte ebenfalls durch Straßenbefunde und antike Gräberreihen nachgewiesen werden.[1]

Name

Die Ortsbezeichnung "Lentia" wird ausschließlich in der Notitia Dignitatum erwähnt.[2] Anfangs war man in der Fachwelt noch der Meinung, dass sie sich von einem keltischen Eigennamen - entweder von Lentios bzw. Lentius, Linde (lindö) oder Landeplatz (lend/lent) ableitete. Nach der Mehrzahl der sprachwissenschaftlichen Deutungen stammt der Kastellname aber wohl von der keltischen Bezeichnung lentos, „gekrümmt“, ab. Die Kelten formulierten ihre Ortsnamen gern anhand von besonderen topographischen Merkmalen in der umgebenden Landschaft. Der Flusslauf der Donau, der bei Linz tatsächlich eine markante Windung aufweist, scheint daher mit großer Wahrscheinlichkeit namensgebend für das Kastell gewesen zu sein. [3]

Funktion

Die Region um das heutige Linz war besonders seit den Auseinandersetzungen mit den Markomannen stark exponiert. Gegenüber der Donauschlinge befindet sich der Haselgraben und ein zweiter Talschnitt beim Pfennigberg, die sich vorzüglich als Anmarschwege für Angriffe auf die Donaugrenze eigneten. Weiters befinden sich in der Nähe mehrere Talauen, die ebenfalls einen Übergang an das Südufer der Donau erleichterten. Das gegenüberliegende Ufer der Donau war überdies sehr flach, was eine Besetzung durch feindliche Barbarenstämme erleichterte. Hinzu kam, dass sich hier die Donau mit einer Salzhandelsroute und den durch den Linzer Wald und der Gallneukirchner Becken führenden Fernverbindungen zur Südböhmischen Pforte kreuzte. Diese Gefährdungspunkte zu beobachten und unter Kontrolle zu halten bzw. zu sichern dürfte daher die Hauptaufgabe der Kastellbesatzung gewesen sein.

Datierung

Das Gründungsdatum des Kastells ist in der Forschung umstritten. Durch Auswertung der Funde (Keramik, Terra Sigillata, Militaria, Doppelspitzgräben) kam Paul Karnitsch 1954 zu der Ansicht, dass das Alenkastell in der Regierungszeit des Vespasian, um 46 n.Chr. gegründet worden sein könnte. Nach den Grabungen am Landestheater im Jahre 1955 steht jedoch fest, dass hier schon seit augusteischer oder tiberianischer Zeit ein kleinerer Militärstützpunkt bestanden haben muss.[4] Das Holz-Erde-Kastell wurde wohl zwischen 140 – 160 n.Chr. abgetragen und durch ein Steinkastell ersetzt. Dieses wurde vermutlich in den Markomannenkriegen wieder niedergebrannt. Auch für die Regierungszeit des Aurelian konnten großflächige Zerstörungen nachgewiesen werden. Unter Konstantin I. und seinen Nachfolgern erfolgten Mitte oder Ende des 4. Jahrhunderts größere Umbauten im Tempelbezirk. Die letzten nachweisbaren Reparatur- und Renovierungsarbeiten (NW-Seite Turm I) wurden in der Zeit des Valentinian I. durchgeführt. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts wurde das Kastell endgültig zerstört und aufgegeben.

Forschungsgeschichte

 
Römische Glasbehälter aus Grabfunden (Schlossmuseum Linz)
 
Römische Keramik aus Grabfunden (Schlossmuseum Linz)

Die Verbauung der Innenstadt vom Mittelalter bis zur Neuzeit machte archäologische Untersuchungen in diesem Bereich sehr schwierig. Man war überwiegend auf Notgrabungen angewiesen, planmäßige Freilegungen konnten erst in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts durchgeführt werden. Die archäologisch-topographischen Untersuchungen beschränkten sich auf die Höhe des Freinberges, das Martinsfeld, den Schlossberg und das Areal zwischen Promenade und Spittelwiese. [5]

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden in der Linzer Altstadt wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Als Begründer der systematischen Provinzialforschung in Oberösterreich, deren Hauptziel anfangs vor allem die Lokalisierung des römischen Lentia war, gilt der Geistliche und Augustiner Chorherr Joseph Gaisberger. Anfangs jedoch basierten die meisten Erkenntnisse über das römische Linz noch auf Zufallsfunden bei Kanalgrabungen und Bauarbeiten. 1841 erschien ein erster Bericht Gaisbergers zu den römischen Altertümern aus Linz, der heute als Basis der Topographie des antiken Lentia angesehen werden kann. Gaisberger versuchte anhand der Fundstellen auch die Ausdehnung des antiken Lentia zu skizzieren, die folgende Plätze und Straßen miteinbezog:

  • Spittelwiese,
  • Steingasse,
  • Klammstraße,
  • Theatergasse,
  • das Areal von der Altstadt bis zur Stadtwaage,
  • das ehemalige kaiserliche Schloss,
  • den Plank’schen Garten sowie
  • den Hauptplatz.

Am Fuß des Römerberges wurden später bei den "Kastellgrabungen" Fundmaterial des frühen 1. Jahrhunderts und Pfostenlöcher entdeckt. Erste Versuche einer Systematisierung und wissenschaftlichen Auswertung der bisherigen Forschungs- und Grabungstätigkeit erfolgten 1927 durch Paul Karnitsch, die Ende der 1920er Jahre in ersten eigenständigen und umfangreicheren Ausgrabungsprojekten in der Linzer Altstadt mündeten. Ein großer Fortschritt war in den 1920er Jahren die Freilegung römerzeitlicher Urnengräber auf dem Grundstück der Kreuzschwestern. Die 140 zwischen 1926 und 1927 von Paul Karnitsch untersuchten Gräber gelten aufgrund ihrer Geschlossenheit bis heute als wichtiges Quellenmaterial. Mehrere der Brandgräber enthielten - außer den üblichen Keramikgefäßen - vor allem Gläser- und Schmuckware aus oberitalischen Werkstätten, Statuetten aus Gallien und fein gearbeitete Bronzegefäße, die nicht nur auf weitgespannte Handelsbeziehungen, sondern auch auf einen gewissen Wohlstand einiger Lentienser schließen lassen. Mit Fundstücken sogenannter Terra sigillata konnte auch Ferdinand Wiesinger erste Aufschlüsse über die Lebensumstände der römerzeitlichen Siedler von Linz erbringen. Er erstellte ein chronologisches Gerüst der antiken Besiedelung Lentias und zusätzlich eine Topographie der römischen Siedlung, die er ebenfalls in der Linzer Altstadt und in den angrenzenden Zonen vermutete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der Hahnengasse und am Tummelplatz die Reste eines "Heiligen Bezirkes" und eines "gallo-römischen Umgangstempels" ergraben. Während der Befund von letzteren von der späteren Forschung bezweifelt wurde, bestätigte sich die Identifizierung des zweiten Gebäudes als Mithräum. Die Reste eines römerzeitlichen Hauses (anfangs fälschlich als „Burgus“ interpretiert) und daraus geborgene römische Gegenstände trugen wesentlich zur Ergänzung der bis dahin bekannten Funde bei. Im Zuge einer dringend notwendigen Restaurierung wurde in den Jahren 1948/1949 die Martinskirche auf dem Römerberg Schauplatz umfangreicher archäologisch-kunsthistorscher Untersuchungen. Dabei kamen Reliefs aus römischer Zeit sowie ein mit Keramikscherben verfüllter Ofen zum Vorschein (späte La Tene-Zeit Keramik und Arretium-Ware). Während der Grabungen in der Martinskirche und am Martinsfeld trat ein noch früherer Horizont auf, die Befunde ergaben u.a. mehrphasige Streifenhäuser. Ab 1976 standen die Martinskirche und das Martinsfeld erneut im Zentrum von archäologischen Untersuchungen. Im Rahmen eines Grabungsprojektes konnte durch genaue Schichtenbeobachtungen Aufschluss über einzelne neue Aspekte des vorgeschichtlichen, römerzeitlichen und frühmittelalterlichen Linz gewonnen werden. 1977-1979 wurde am Martinsfeld eine massive Umfassungsmauer und Mauern von Gebäuden des spätantiken Siedlungsareals festgestellt. Die Ausgrabungen ab 1994 brachten wieder weitere Siedlungsbefunde zutage.

2000 wurde westlich des Linzer Stadtschlosses ein Wehrgraben untersucht, der in der Spätantike verfüllt worden war. Auch Funde von Militaria und Ziegelstempel legten eine militärische Präsenz nahe, wofür zudem die Beigaben und Trachtbestandteile im Gräberfeld Tiefer Graben/Flügelhofgasse sprechen. Die Grabungen an der Promenade in den Jahren 2005-2008 brachten erneut Siedlungsschichten, ein Gebäude mit einem Säulengang und eine Abfallgrube einer antiken Fleischerei zutage. Auf der Oberen Donaulände wurde 2007 eine Metallwerkstätte nachgewiesen.

Historischer Hintergrund

 
Martinskirche in Linz, im Innenraum wurden u.a. auch römische Spolien verbaut

Ab 400 v. Chr. begannen die Kelten auch in das Umland von Linz einzuwandern. Um 200 v. Chr. gründeten sie ihr erstes Staatswesen - das Königreich Noricum (regnum Noricum). Auf dem Freinberg errichteten sie eine größere Ringwallanlage und auf dem Martinsfeld entstand eine Siedlung, beide bestanden bis in das späte 1. Jahrhundert n.Chr. Auf dem Gründberg, im heutigen Urfahr, existierte zur gleichen Zeit eine 500 m lange keltische Wallanlage. Um 15 v. Chr. okkupierten die Römer Noricum und erbauten ca. 50 Jahre danach in Lentia einen Militärstützpunkt, der dazu diente die Angriffe der Markomanen und Quaden, die nördlich der Donau siedelten, abzuwehren. Kurz nach Errichtung des Kastells muss auch die Zivilsiedlung (Canabae oder Vicus) am Hofberg entstanden sein. Um 19 n.Chr. wechselte möglicherweise der in seiner Heimat abgesetzte Markomannenherrscher Marbod bei Lentia auf römisches Territorium über und ging ins Exil nach Rom. Unter Hadrian oder Antoninus Pius wurde das Holz-Stein Lager in ein größeres Steinkastell umgebaut.[6] Um 270 n. Chr. wurde Lentia fast vollständig von den Markomannen zerstört, später aber wieder aufgebaut. Im späten 3. Jahrhundert folgten weitere großflächige Zerstörungen. Im 4. Jahrhundert wird das Kastell unter Valentinian I. ein letztes Mal umgebaut und verstärkt.

In der Vita des Severin von Noricum, eine Hauptquelle für die Endphase der römischen Herrschaft in Noricum, wird Lentia nicht mehr erwähnt. Vielleicht war das Lager zu diesem Zeitpunkt schon zerstört oder dessen Bewohner auf Anraten Severins nach Lauriacum/Enns übersiedelt. Ab 488 lösen sich auch die letzten Reste der Römischen Armee und Verwaltung in Noricum auf, ein Großteil der Romanen wurde auf Anordnung Odoakers nach Italien evakuiert, um den bei Krems ansässigen Rugiern die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Ab 511 besetzten die Langobarden den norischen Donauraum, ihnen folgten später noch Awaren und Slawen nach, bis die großen Wanderbewegungen schließlich in der Kolonisation durch die Bajuwaren vorerst ihren Abschluss fanden. 791 zog auch Karl der Große mit seinem Heer anlässlich eines Feldzuges gegen die Awaren an Linz vorbei. 799 übereignete der Kaiser die Martinskirche samt dem dazugehörigen castrum seinem Schwager Gerold als Lehen, wobei „Linze“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird (…hoc est in pago Trungouue in loco, cui vocabulum est Linze, super magnum flumen Danubium id est ecclesia, que in honore sancti ac beatissimi Martini episcopi.)

Kastell

Datei:Lage Kastell Lentia.jpg
Lage des Kastells in der Altstadt von Linz
 
Straßenzug der Promenade Blickrichtung Landestheater, die ehemalige Nordflanke des Kastells
 
Straßenzug der Spittelwiese, die ehemalige Südflanke des Kastells

Die Anwesenheit römischer Soldaten in Linz gilt schon lange als erwiesen, dennoch war man hinsichtlich der Lokalisierung des Kastells im Laufe der Forschungsgeschichte unterschiedlicher Auffassung. Lage und Ausdehnung des mehrphasigen Kastells konnte aufgrund der dichten Verbauung bis dato nicht vollständig nachgewiesen werden.

Im Zuge der Untersuchungen wurden von Paul Karnitsch am Landestheater 1954-1962 Befunde als Spitzgräben und Toranlagen eines Holz-Erde-Kastells aus der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts gesehen; die Fundamente von Steinmauern wurden später als zu einem Steinkastell zugehörig interpretiert, das nach Ansicht der Ausgräber bis zur Klammstraße reichte. Walter Podzeit und Erwin Ruprechtsberger konnten diese Annahme jedoch widerlegen. Nachdem Karnitschs Lagevorschlag - der Bereich zwischen Lessingstraße, Promenade, Klammstraße und Hirschgasse - sich als nicht stichhaltig erwies, wird nach heutigem Forschungsstand, insbesondere nach den Ausgrabungen und Sondierungen von Erwin Ruprechtsberger ab 1980, der Standort des Kastells zwischen

  • Promenade und Klammstraße (Nordflanke),
  • in Höhe der Spittelwiese, d.h. Baumbach- und Bischofstraße (Südflanke),
  • zwischen Walther- und Herrenstraße im Westen und
  • der Landstraße im Osten[7]

mit seinem Zentrum nördlich des akademischen Gymnasiums angenommen. Aufgrund der Funde lässt sich die Existenz des Militärlagers vom 1. Jahrhundert bis in das frühe 3. Jahrhundert belegen. Für diesen Standort sprechen neben archäologischen Befunden auch die dichte Konzentration von militärischen Fundobjekten und vor allem das Fehlen von weiblichen Utensilien. Die Auswertungen des Militaria-Fundmaterials durch Erwin Ruprechtsberger engten schließlich den möglichen Standort der militärischen Befestigung - ab trajanisch-hadrianischer Zeit - auf das nähere Umfeld an Promenade-Spittelwiese ein. Ausgrabungen an der Spittelwiese 1989 und 1997/98 erbrachten weiters Befunde von Steinsockeln eines Getreidespeichers, antike Brandhorizonte und Planierungen. Ein weiterer Versuch einer noch genaueren Abgrenzung der möglichen Kastellfläche erfolgte 2005 durch Christine Ertel.

Holz-Erde-Kastell

Beim frühen Kastell konnten insgesamt zwei Bauphasen unterschieden werden. Obwohl von der ersten Kastellperiode nur sehr wenige Funde erbracht werden konnten, versuchte Paul Karnitsch auf Basis des Fundes eines Doppelgrabens und einer Toranlage an der Nordmauer, das Holz-Erde-Kastell zu rekonstruieren. Karnitsch errechnete dafür Längenmaße von 78,50 m (N) x 79 m (S) x 79,90 m (W) x 87,60 m (O) und somit einen trapezförmigen Flächeninhalt von 0,67 ha. Nur Pfostenlöcher markierten den fast quadratischen Grundriss des östlichen Torturmes (4,80 x 3,90 m), dessen Holzgerüst anscheinend an der Unterseite mit Bohlen und an der Oberseite mit Flechtwerk verschalt war. Die Durchfahrt zwischen den beiden Tortürmen maß ca. 3,60 m. An den Turm schloss sich die 2,10 - 2,40 m breite Kastellmauer an. In der Nähe des vermuteten Westtores wurden die Reste eines baugleichen Zwischenturmes angetroffen. Die Bauentwicklung der Kastellmauer verlief im Übrigen - nach der Ansicht Karnitschs - ähnlich der des Kastells Künzing am rätischen Limes. [8] Phase 2, in der auch die Principia errichtet wurde, fällt laut Karnitsch in die Zeit des Vespasian.

Steinkastell I

Das Kastell hatte vermutlich eine polygonale Form (lt. Karnitsch 285 - 300 x 190 m), die auch die nachfolgende Bebauung in diesem Stadtviertel beeinflusste. Aus dieser Kastellperiode fanden sich zwei Spitzgräben (Breite: 4,50 m, Tiefe: 1,60 - 2 m), Spuren der nördlichen bzw. südlichen Toranlage und ein fünfeckiger Turm in der NW-Ecke (4 x 3 x 260 m). Wahrscheinlich waren die übrigen Ecktürme ähnlich konstruiert. An der West- und an der Ostseite konnte der 1,30 - 1,45 m starke Wall aufgedeckt werden, stellenweise war die Mauer noch über 1 m hoch erhalten. Verstärkt wurde sie durch innen angesetzte, rechteckige Zwischentürme (6 x 5,70 x 5,30 m), von denen insgesamt fünf entdeckt werden konnten (Schlossergasse, Hirschgasse und Klammstraße bzw. Ecke Hirschgasse). Im rückwärtigen Nahbereich des Walles fanden sich Reste eines 3 m breiten Erddammes, der als Wehrgang diente und die geschotterte, 9 m breite Wallstraße (via sagularis). Von seiner Innenbebauung wurden nur die Reste der Principia, nördlich des Akademischen Gymnasiums und ein Raum eines Gebäudes mit Säulengang am Theaterkasino, beobachtet.[9]

Steinkastell II

Im 4. Jahrhundert wurde das Steinkastell I aufgegeben und dem durch seine Höhenlage geschützten, zivilen Bereich auf dem Schloss- und Römerberg eingegliedert, wodurch sich ein militärisch geprägtes Siedlungswesen (Oppidum) entwickelte. Zwei im August 2002 entdeckte Standartenaufsätze und bronzene Gürtelschnallen bestätigen ebenso wie ein mächtiger, Nord-Süd verlaufender Spitzgraben die militärische Anwesenheit auf diesem Standort. Eine genaue Lokalisierung des spätantiken Militärlagers auf dem Römerberg/Schlossberg ist derzeit jedoch noch nicht möglich, da die entsprechenden Grabungsbefunde durch das Bundesdenkmalamt noch nicht publiziert wurden.

Innenbauten

 
Relief eines römischen Soldaten aus Linz, 4.Jhdt n.Chr.

1927 wurde im Hof Promenade Nr. 23 (Druckerei Wimmer) römisches Mauerwerk (Gebäude A und B) aufgedeckt. Die römische Kulturschicht befand sich in ca. 1,20 m Tiefe und war 8 bis 40 cm stark.

Gebäude A

Eine sich im nördlichen Bereich des Innenhofes befindliche Apsis gehörte wahrscheinlich zu einem sich nördlich fortsetzenden Gebäude dass schon 1878 bei der Errichtung der Druckerei Wimmer zerstört worden war. Die 60 - 70 cm starken Mauer bestanden aus vermörtelten Bruchsteinen und waren noch 20 cm hoch erhalten. Seine westliche Außenseite konnte bis zu einer Tiefe von 1,95 m verfolgt, die Fundamente verbreiterten sich bis auf 1,20 m; im Süden waren die Außenmauern noch 1 m hoch erhalten und die Fundamente verbreiteten sich bis 0,9 m. Der Fußboden war mit 4 Lagen vermörtelter Dachziegel (tegulae) gepflastert und mit einem 3 cm dicken Terrazzoboden ausgestattet. Insgesamt betrug die Bodenstärke 28 cm. Darauf befand sich eine 5-15 cm starke Kulturschicht, aus der eine Lanzenspitze geborgen werden konnte.

Zwischen Objekt A und den südlich liegenden Räumen B wurden in einer Tiefe von 1,25 bis 1,3 m Tiefe drei Schotterflächen von 8 bis 15 cm Stärke freigelegt; ob es sich dabei um eine W-O verlaufenden Straße handelte, konnte nicht entschieden werden.

Gebäude B

Hierbei handelte es sich um einen mehrphasigen, quadratischen Bau mit mehreren Räumen. Die Fundamentmauern saßen auf Schotterschichten auf. Weiters konnten eine Hypokausten- und Wandheizung, sowie ein nachträglich angebautes Präfurnium beobachtet werden. Im 15,40 m x 7,70 m größten Raum wurde ein Ziegelstempel einer Ala entdeckt. Hier fanden sich auch Fragmente einer Wandmalerei. Ein in Trockenmauerwerk errichteter Brunnen mit einer vermörtelten Einfassung stammt vermutlich ebenfalls aus römischer Zeit. [10]

Garnison

 
Römische Waffenfunde aus Linz, Schlossmuseum
 
Reste eines römischen Schuppenpanzers aus Enns (Linzer Schlossmuseum)

Die Spuren von ungewöhnlich breiten Straßen im Kastellinnenbereich ließen Paul Karnitsch von Anfang an auf eine Reitertruppe als Besatzung schließen. Ziegel mit dem Aufdruck ALTP könnten mit den beiden hier vermuteten Reitereinheiten im Zusammenhang stehen, auch Inschriften erlauben Hinweise auf die Identität der im Kastell stationierten Truppen. Nach dem Fund eines schwer lesbaren Ziegelstempels mit dem Aufdruck leg X oder XV hielt Karnitsch aber auch eine kurzzeitige Anwesenheit einer Vexillation der in Carnuntum stationierten legio XV Apollinaris oder der legio X Gemina ab dem Jahr 63 n.Chr. nicht für gänzlich ausgeschlossen.[11]

Ala I Thracum

Ein 1953 im Tempelbezirk geborgene Inschrift lässt die ala I Thracum um 122 n.Chr. als Besatzung des frühen Holz-Erde-Kastells in Frage kommen. Ihre Anwesenheit an der Donau wird allerdings durch Militärdiplome (133 bis 163) nur für Oberpannonien bestätigt.[12]

Ala I Pannoniorum Tampiana victrix

Ein weiterer Weihealtar nennt die Ala I Pannoniorum Tampiana victrix, er wird auf die Wende des 2./3. Jahrhunderts datiert. Der Altar war eine Widmung des Castricius Sabinus an den Genius der Einheit. Aus ihr erfahren wir weiters, dass damals ein gewisser C.Domitius Montanus Septimius Annius Romanus Befehlshaber dieser Einheit war. Die Reiter waren im 1. Jahrhundert für kurze Zeit am Donaulimes und später - nach Ausweis von Militärdiplomen von 103 und 122 n.Chr. – unter Kaiser Hadrian in Britannien stationiert. Laut Truppenliste des in Mautern entdeckten Militärdiploms, kehrte sie zwischen 127 – 138 n.Chr. an die Donau zurück.[13] Den Ehrennamen victrix dürfte sie sich in den Markomannenkriegen erworben haben.

Cohors II Batavorum

Diese Auxiliartruppe ist aus einem Inschriftenfragment in der Martinskirche bekannt. Ob diese Kohorte aber tatsächlich auch in Lentia stationiert war, ist umstritten.

Spätantike

Ziegelstempel der Legio II Italica deuten auf Bauvexillationen der in Enns/Lauriacum stationierten II. italischen Legion. In der Notitia Dignitatum werden ein "praefectus legionis secundae Italicae partis inferioris, Lentiae" als Befehlshaber einer Vexillation der Legio II Italica und "equites sagittarii", berittene Bogenschützen erwähnt [14]. Tegulaziegel mit dem Stempelaufdruck NUMER(US), für Numeri, wurden im zivilen Siedlungsbereich gefunden, sie dürften aus dem 4. Jahrhundert stammen.

Vicus

 
Verschiedene Typen römischer Ziegel (Schlossmuseum Linz)

Eine zivile Siedlungskontinuität lässt sich in Linz von der Spätlatènezeit in die Römische Kaiserzeit nachweisen. Die Blütezeit des Kastellvicus war im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts, ab der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts dünnt das römerzeitliche Fundmaterial allmählich aus. An Martinsfeld und Keplerwiese, an den südlichen Abhängen des Römerberges und vereinzelt auch in der Altstadt kam ein Siedlungshorizont zutage, der sowohl Keramik des spätlatènezeitlichen Formenkreises als auch römische Importware der Frühen Kaiserzeit enthielt. Schmelzöfen eines Metall verarbeitenden Handwerks, Backöfen und Abfallgruben ergänzen die Befunde. Auch Beinschnitzereien sind durch Funde nachgewiesen. Die Rechtsstellung die der Vicus von Lentia einnahm ist bis dato unbekannt geblieben. Eine in der Martinskirche vermauerte Inschrift nennt einen Quaestor, der nur unvollständig erhaltene Inschriftenstein wurde aber wahrscheinlich aus einer anderen römischen Stadt nach Linz verschleppt. [15]

Am Vicus lassen sich auch mehrere Bauphasen erkennen. Die Siedlung des 1. Jahrhunderts überdeckte Teile des heutigen Martinsfeldes und die nach Süden abfallenden Hänge des Römerberges bis zum Westteil der Linzer Altstadt. Dieses Gebiet wies vorwiegend mittelkaiserzeitliche Steinbauten auf. Architekturteile, wie Säulenfragmente, dürften Reste von Arkadengängen und Portiken sein. Seine größte Ausdehnung erreichte der Vicus auch in der Mittleren Kaiserzeit, er erstreckte sich dabei bis nahe an die Kastellmauern (heute das Areal um Promenade und Spittelwiese). Als Befunde wurden auch Fundamentgräbchen und Pfostenlöcher festgestellt, die auf einfache Holzständerbauten verweisen. Hier schloss sich auch ein Gräberfeld an das Areal des Vicus an. Seine nördliche Begrenzung ist auf Höhe der Hofgasse, direkt am Abhang zum Donauufer zu suchen. Die Fundleere am nördlichen Teil des Hauptplatzes und in der Hofgasse lassen annehmen, dass diese Flächen in der Antike nicht besiedelt waren.

Waren die ersten Behausungen noch einfache Holzhütten so setzte sich in der Folgezeit eine Mischbauweise aus Holz, Steinen und Ziegeln rasch durch. Gute Beispiele hiefür sind die auf dem Freinberg, am Martinsfeld bzw. Martinskirche und Keplerwiese entdeckten Mauerzüge und ein am Alten Markt ausgegrabener Keller eines Streifenhauses.

Die befestigte spätantike Siedlung, in der sich auch das Militär zurückgezogen hatte, lag auf den Höhenrücken des Martinsfeldes und am Schlossberg. An den Abhängen des Römerberges konnte ein spätantikes Gräberfeld entdeckt werden. Zusammenfassend kann für das 1. und 3. Jahrhundert eine ausgedehnte und prosperierende Siedlung angenommen werden, deren Bevölkerung u.a. metallverarbeitende Werkstätten betrieben; ihre Handelskontakte reichten bis nach Italien, wie aus Importwaren von Terra Sigillata und Amphoren als auch aus dem Münzspektrum zu ersehen ist.

Die Funde in und um die frühmittelalterliche Martinskirche lassen auf ein bescheidenes Leben der Zivilbevölkerung schließen. Ein in der Kirche konservierter Backofen und Mahlsteine liefern Hinweise auf Werkstätten und einfache Unterkünfte, die im 2. Jahrhundert durch einen Steinbau ersetzt wurden. Nach den Befunden der Ausgrabungen in den 1980er Jahren vermutet der Linzer Stadtarchäologe Erwin Ruprechtsberger, dass sich entlang der Lessingstraße und der Abhänge des Römerberges ein Handwerkerviertel ausbreitete, in dem in bescheidenem Ausmaß u.a. Eisen verhüttet und Knochen bearbeitet wurden.

Im Bereich der Architektur brachten die Römer sowohl die Ziegel- und Steinbauweise als auch eine Mischtechnik aus Stein-Holzbau in das antike Linz. Auf gemauerten Steinfundamenten wurden Fachwerkkonstruktionen aufgesetzt, deren Flechtwände mit Lehm verputzt waren. Die Ausstattung mancher dieser Häuser beinhaltete auch in einigen Räumen eine Wand- und Fußbodenheizung (Hypokaustum).

Gräberfelder

 
Grabrelief einer Familie aus Lentia (Schlossmuseum)

Ein mittelkaiserzeitliches Brandgräberfeld (1. – 2. Jahrhundert n.Chr.) lag an der südlichen Ausfallstraße des Kastells, auf dem Areal der heutigen Kreuzschwesternschule. Es wurde 1926/27 untersucht, wobei über 140 Brandbestattungen und ein paar Körpergräber aus dem 3. Jahrhundert n.Chr. aufgedeckt werden konnten. Überraschend war hierbei der Fund einiger sehr reichen Beigaben ausgestattete Gräber. Zwei in Aquileia angefertigte Glasflaschen deuten auf die weitreichenden Handelsbeziehungen der Bewohner von Lentia. Es handelt sich vermutlich um das Gräberfeld der frühen Canabae und des Kastells.[16]

Ein weiteres Gräberfeld stammt aus dem letzten Drittel des 4. Jahrhunderts und war bis in die 30er Jahre des 5. Jahrhunderts belegt. Es liegt etwa 150 Meter von der Martinskirche (Tiefer Graben und Flügelhofgasse) entfernt und ermöglichte den Wissenschaftlern einen guten Einblick in die spätantiken Bestattungsriten. Fünf von insgesamt 37 der hier begrabenen Toten waren Gürtel mit Beschlägen beigelegt worden, die für höhergestellte Angehörige des spätrömischen Heeres als Rangabzeichen dienten. Sie sind in dieser Dichte noch in keinem anderen bekannt gewordenen römischen Gräberfeld aufgetreten. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den "Offiziersfriedhof" des spätantiken Lentia. Ein weiteres spätantikes (4. – frühes 5. Jahrhundert), erheblich kleineres Gräberfeld lag auf dem Römerberg. Dessen Bestattungen waren besonders für Anthropologen aufschlussreich, da anhand der Knochen pathologische Befunde gemacht werden konnten (Kinderlähmung, Knochenkrebs), die Rückschlüsse auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung jener Zeit ermöglichten.[17]

Kultstätten

Zwar wurde in der Martinskirche auch eine Inschrift gewissen Aurelius Eutices (Eutyches) der als sexvir Augustalis, d.h als Priester des Kaiserkultes fungierte, entdeckt, doch dürfte Eutices sein Amt eher in der Stadt Ovilava (Wels) als in Lentia ausgeübt haben. Besondere Erwähnung verdient ein von Paul Karnitsch freigelegter Mithrastempel im Vicus von Lentia. Dieses, auf dem Tummelplatz ergrabene Mithräum wurde bis Ende des 4. Jahrhunderts benutzt. Hier befand sich auch ein Tempel des Jupiter Dolichenus. Dieser Fund belegt die für das gesamte Imperium Romanum außergewöhnlich lange Fortdauer des Kultes bis in die Spätzeit des Donaulimes.

Außenposten

Datei:Skizze WT Hirschleitengraben.jpg
Grundriss des Wachturms Hirschleitengraben

Am Kürnberg, 7 km lang und 525 m hoch, konnten in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, nahe der Mündung des Hirschleitenbaches (Flurname "Wäscheneck" oder „Welsches Eck“) in die Donau die Reste eines mehrphasigen, römischen Wachturmes lokalisiert werden. Die Turmstelle liegt auf einer Höhe von 40 m und ist ca. 130 m vom Flussufer entfernt und ermöglicht einen weiten Ausblick nach Norden zur Flussniederung um Puchenau und bis in das nordwestlich liegende Ottensheimer Becken. Erreichbar ist er auf dem "Prinzensteig", ein Wanderweg, der vom Stift Wilhering in den Kürnberger Wald führt. Name und Besatzung des Turmes sind unbekannt, auch in antiken Quellen wird er nicht erwähnt. Auch am vorgelagerten Sporn des Freinberges in Nähe der Aussichtswarte wurden Mauerreste entdeckt, die vermutlich - aufgrund der günstigen Lage - ebenfalls zu einem Wachturm gehörten.

Forschungsgeschichte

Die Grabungen unter der Leitung von E. Fietz begannen 1936, der Zisterzienserpater Gebhard Rath vom Stift Wilhering setzte die Untersuchungen 1937 - 1939 fort. Rath hatte sich vor allem die Freilegung des Innenraumes und der Fundamente zum Ziel gesetzt. Zu einer Konservierung der Mauerreste kam es wegen des Ausbruchs des 2. Weltkrieges nicht mehr. Der zunehmende Verfall veranlasste das Oberösterreichische Landesmuseum 1991 unter Christine Schwanzar, wieder eine Grabung durchzuführen. Diese erbrachte den Nachweis von zwei Bauphasen, die anhand des unterschiedlichen Mauerwerkes erkennbar waren.1992 wurden die Fundamente durch das Bundesdenkmalamt (Hansjörg Ubl) und Beteiligung von Schülern der HTL Linz Goethestraße restauriert und konserviert.

Befund

Der 6 m x 6 m messende Turm I wurde in der Spätantike nach Süden und Osten auf ca. 10 m x 10 m erweitert (Turm II). Die beiden Bauphasen waren durch eine deutliche Baufuge und der unterschiedlichen Estrichhöhen klar bestimmbar. Ein weiterer Hinweis auf die spätantike Erweiterung des Wachtturmes brachte schließlich ein Ziegel mit dem Stempel des Dux Ursicinus, der sich im Mauerwerk der Phase II befand. Es handelte sich um einen quadratischen 9,90 m (N) x 9,95 m (O) x 9,80 m (S) x 9,50 m (W) großen turmartigen Bau, der von einem Wall und einen Graben umgeben war. Seine Innenmaße betrugen 7,73 m (N) x 7,40 m (O) x 7,75 m (S) x 7,19 m (W), Fundamentstärke 1,35 - 1,85 m, Breite des aufgehenden Mörtelmauerwerkes 80 - 100 cm. Als Baumaterial wurden Bruchsteine und stellenweise auch Dachziegel verwendet. Da man auch auf eine dicke Schicht zerbrochener Dachziegel (tegulae) stieß, vermutet man, dass das Gebäude mit einem Ziegeldach gedeckt war. In der NW-Ecke des Erdgeschosses wurde ein erhöhtes Steinpodest beobachtet, das vermutlich den Aufsatz für eine Treppe darstellt, d.h. der Turm also noch ein Obergeschoss besessen haben muss. Zusätzlich war es möglich, eine Feuerstelle in der NO-Ecke und die Schwelle der Eingangstür in der SW-Ecke nachzuweisen. An Fundobjekten konnten weiters noch einige Münzen, Keramikfragmente, Gewandfibeln und Nägel aus dem Innenbereich geborgen werden, die sich heute im Schlossmuseum Linz befinden. Eine bronzene Fibel ist in Privatbesitz.

Am Freinberg wurde ein rechteckiger Bau mit den Ausmaßen von 4 m x 14 m x 16 m x 19 m freigelegt. Im Norden fällt das Gelände hier steil zur Donau ab. Die exponierte Lage ermöglichte den Sichtkontakt zum im Westen gelegenen Wachtturm im Hirschleitengraben und im Osten zum Schlossberg bzw. dem Kastell Lentia. Diese Tatsache und die Funde von Ziegelstempeln lassen auf eine militärische Anlage schließen. Auf dem Areal der Wallanlage des Freinberges fanden sich auch zahlreiche römerzeitliche Funde.

Datierung und Funktion

Nach Ansicht der Ausgräber wurde der Turm I nach dem Ende des zweiten Markomannenkrieges errichtet, Hansjörg Ubl sprach sich für einen spätantiken Burgus aus. Die Phase I fällt in das frühe 3. Jahrhundert, als es zu einem verstärkten Ausbau der militärischen Anlagen am norischen Donaulimes kommt. Der Ziegelstempel des Dux Ursicinus lässt die Erweiterung des Turmes (Phase II) für die Zeit Valentinians I. und seine Produktion in der Militärziegelei von Wilhering annehmen. Vermutlich diente er als Signalturm bzw. Beobachtungsposten und zum Schutz des Schiffsverkehrs auf der Donau. [18]

Denkmalschutz

Die Anlagen sind Bodendenkmäler im Sinne des Denkmalschutzgesetzes.[19] Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden ohne Genehmigung des Bundesdenkmalamtes stellen eine strafbare Handlung dar. Zufällige Funde archäologischer Objekte (Keramik, Metall, Knochen etc.) sowie alle in den Boden eingreifenden Maßnahmen sind dem Bundesdenkmalamt (Abteilung für Bodendenkmale) zu melden.

Literatur

  • Kurt Genser: Der österreichische Donaulimes in der Römerzeit. Ein Forschungsbericht, Der römische Limes in Österreich, Nr. 33, Wien 1986, S. 100 – 120,
  • Manfred Kandler und Hermann Vetters (Hrsg.): Der römische Limes in Österreich. Ein Führer, Wien 1989,
  • Herwig Friesinger und Fritz Krinzinger, Der römische Limes in Österreich. Führer zu den archäologischen Denkmälern, Wien 1997, S. 180 – 184,
  • Christine Schwanzar: Der Donaulimes in Oberösterreich, in: Jutta Leskovar, Christine Schwanzar und Gerhard Winkler (Hrsg.), Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich, 2003 (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge; 195), S. 101-112,
  • Gerhard Winkler: Römerstraßen in Oberösterreich, in: Jutta Leskovar, Christine Schwanzar und Gerhard Winkler (Hrsg.), Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich, 2003 (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge; 195),

Einzelnachweise

  1. Gerhard Winkler: 2003, S. 137-140
  2. Occ. 34, 32
  3. Kurt Genser: 1986, S. 105
  4. Kurt Genser: 1986, S. 117-118
  5. Erwin Ruprechtsberger: 1997, S. 180
  6. Kurt Genser: 1986, S. 120
  7. Erwin Ruprechtsberger: 1997, S. 183
  8. Kurt Genser: 1986, S. 106
  9. Kurt Genser: 1986 S. 109
  10. Paul Karnitsch: 1952b, S. 434f und Fundberichte aus Österreich: Band 1, 1930-34, S. 66 u. 129
  11. Kurt Genser: 1986, S. 111
  12. Kurt Genser: 1986, S. 112
  13. Kurt Genser: S. 114
  14. Occ. 34,32
  15. Erwin Ruprechtsberger: 2003, S.123
  16. Erwin Ruprechtsberger: 1997, S. 184
  17. Erwin Ruprechtsberger: 1997, S. 184
  18. Kurt Genser: 1986, S. 95 – 98
  19. Denkmalschutzgesetz auf der Seite des Bundesdenkmalamtes