Die Landautheorie ist in der Physik eine Theorie zur Beschreibung von Phasenübergängen. Sie wird nach dem russischen Physiker Lev Landau bezeichnet. Diese Theorie beruht auf einer polynomiellen Entwicklung der freien Energie als Funktion eines Parameters, des sogenannten Ordnungsparameters, in der Nähe des Phasenübergangs.
Diese Theorie wird bei Phasenübergängen angewendet, die sich durch den Verlust bestimmter Symmetrieelemente auszeichnen. Die Form des Landaupotentials ist durch die Symmetrie der Phasen festgelegt und kann daher durch gruppentheoretische Methoden bestimmt werden. In der Tat ist die Landautheorie die erste Anwendung der Gruppentheorie in der Thermodynamik [1].
Die grundlegenden Prinzipien dieser Theorie wurden von Landau 1937 vorgestellt. In der Folge wurde diese allgemeine Theorie von verschiedenen Arbeitsgruppen auf spezielle Fälle angewendet, die man daher mit leicht unterschiedlichen Namen bezeichnet: Landau-Ginzburg-Theorie der Supraleiter, Landau-Devenshire Theorie der Ferroelektrika, etc.
Allgemeine Eigenschaften der Theorie
Die Landautheorie ist eine "lokale" Theorie. Sie war als eine Näherung in der Umgebung um den Phasenübergangspunkt gedacht, das heißt für kleine Werte des Ordnungsparameters. Dennoch kommt es vor, dass der Gültigkeitsbereich dieser Theorie einen deutlich weiteren Bereich umfasst.
Die Landautheorie ist eine "phänomenologische" Theorie: unter Verwendung thermodynamischer Methoden ist sie in der Lage, alle Phänomene, die in Zusammenhang mit einem Phasenübergang auftreten, in einem einheitlichen Modell zu beschreiben, aber sie trifft keine Aussagen über die mikroskopischen Ursachen dieses Phasenübergangs. In der Praxis, werden die Entwicklungskoeffizienten der Landautheorie durch das Experiment bestimmt.
Darüber hinaus ist diese Theorie eine "mean-field" Theorie: die zugrundeliegenden mikroskopischen Wechselwirkungen werden nicht einzelnen betrachtet sondern es wird über sie gemittelt. Daher kann diese Theorie die Fluktuationen des Ordnungsparameters um seinen Gleichgewichtswert nicht berücksichtigen. Diese können aber gerade in der Nähe des Phasenübergangs eine bedeutende Rolle spielen [2].
Konzepte der Landautheorie
Symmetriebrechung
Die Eigenschaften eines Körpers stehen in engem Zusammenhang mit seiner Symmetrie, die in vielen Fällen durch eine entsprechende Raumgruppe beschrieben werden kann. Bei einem Phasenübergang 2. Ordnung ändert sich die Symmetrie des Systems und damit dessen Eigenschaften. So kann es dabei unter anderem zur einer spontanen Entstehung zusätzlicher Größen wie zum Beispiel einer Magnetisierung, dielektrischen Polarisation oder Deformation kommen.
Im Gegensatz zu einem Phasenübergang 1. Ordnung ändert sich bei einem Phasenübergang zweiter Ordnung der Zustand des Systems kontinuierlich. Im Punkt des Phasenübergangs stimmen die Zustände der Hoch- bzw. Tieftemperaturphase überein. Daraus folgt, dass die eine Raumgruppe eine Untergruppe der anderen sein muss. In den meisten Fällen entspricht die Phase höherer Symmetrie der Hochtemperaturphase und die niedrigerer Symmetrie der Tieftemperaturphase. Dies ist aber kein thermodynamisches Gesetz und erlaubt daher Ausnahmen, wie zum Beispiel am unteren Curie-Punkt des Seignettesalzes.
Ordnungsparameter
In der hochsymmetrischen Phase ist es nach den Postulaten der Thermodynamik möglich, das ganze System durch Angabe einer kleinen Anzahl von Zustandsgrößen (wie zum Beispiel Druck und Temperatur) zu charakterisieren. Beim Phasenübergang verschwinden einige Symmetrieeigenschaften. Die Angabe von Druck und Temperatur reicht zur Charakterisierung des Zustands nicht mehr aus. Man benötigt daher eine zusätzliche Variable: den Ordnungsparameter. Der Ordnungsparameter ist a priori eine abstrakte Größe. Er beschreibt den Vorgang, der für den Phasenübergang ursächlich verantwortlich ist. In vielen Fällen kann man ihn daher mit einem konkreten mikroskopischen Vorgang identifizieren. Der Ordnungsparameter ist im allgemeinen eine tensorielle Größe. Der Ordnungsparameter wird so definiert, dass er in der höchersymmetrischen Phase den Wert Null und in der tiefersymmetrischen Phase einen Wert ungleich Null hat. Darüber hinaus ist für die Theorie sein Symmetrieverhalten wichtig.
Damit das Landaupotential zu einem Phasenübergang 2. Ordnung führt, müssen die drei Landaubedingungen und das Landau-Ginzburg Kriterium erfüllt sein:
- 1. Landaubedingung: Die Symmetriegruppe der Phase mit gebrochener Symmetrie R1 ist eine Untergruppe der Phase mit der vollen Symmetrie R0 sein.
- 2. Landaubedingung: Die Symmetriebrechung wird durch eine einzige Darstellung von R0, die aktive Darstellung, beschrieben, die nicht die 1-Darstellung von R0 sein darf.
- 3. Landaubedingung: Die symmetrische dritte Potenz der aktiven Darstellung darf nicht die 1-Darstellung von R0 enthalten.
- Landau-Ginzburg Kriterium: Das antisymmetrische Quadrat der aktiven Darstellung darf keine Darstellung enthalten, die wie die Komponente eines Vektors transformiert.
Insgesamt führen die Bedingungen dazu, dass Potenzen ungerader Ordnung nicht im Landaupotential erscheinen. Das vierte Kriterium schränkt die möglichen Orte in der Brillouinzone, an denen der Phasenübergang stattfinden kann, stark ein.
Potential (oder Entwicklung) nach Landau
Der Ordnungsparameter liefert seinen Beitrag zur freien Energie des Systems. Genau dieser zusätzliche Beitrag destabilisiert die hochsymmetrische Phase. Die Landautheorie betrachtet daher nicht das gesamte thermodynamische Potential, sondern einzig diesen zusätzlichen Beitrag. Die zentrale Hypothese der Landautheorie besteht in einer Reihenentwicklung der freien Energie in der Nähe des Phasenübergangs. Mit als Ordnungsparameter, kann man allgemein schreiben :
Ausgehend von der Hoch- und der Tieftemperturphase kann man mit Hilfe der Gruppentheorie zeigen, dass einige der Entwicklungskoeffizienten notwendigerweise Null sind. Die Anzahl der zu betrachtenden Entwicklungstherme hängt vom jeweiligen Problem ab. Beispielsweise ist für das Isingmodel der Ordnungsparameter der mittlere Spin. Er hat daher eine oben-unten Symmetrie ( Wenn man oben und unten vertauscht, wird das System als ganzes nicht verändert). Die freie Energie kann daher nur Therme mit geraden Potenzen des Ordnungsparameters enthalten:
Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle F(Q) = \frac{A_2}{2}\,Q^2 + \frac{A_4}{4}\,Q^4 }
Bei Flüssigkristallen kann der Ordnungsparameter kein Vektor sein (die Moleküle haben ein Symmetriezentrum, daher gibt es keinen Unterschied zwischen oben und unten). Q muss also ein Tensor mit Spur 0 . Die freie Energie ist unabhängig von allen Drehungen uns hängt von den Potenzen von Q ( der lineare Term ist aufgrund der Konstruktion Null) ab. Das führt zu folgendem Ausdruck für die freie Energie:
Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle F(Q) = \frac{A_2}{2}\,Q^2 + \frac{A_3}{3}\,Q^3 + \frac{A_4}{4}\,Q^4 }
Die Werte der Koeffizienten ungleich Null werden aus entsprechenden Messungen in der Nähe der Phasenumwandlung bestimmt.
Wie bei einem thermodynamischen Potential ist der Gleichgewichtswert des Ordnungsparameters gegeben durch:
und die Bedingung eines stabilen Minimums entspricht einer positiven zweiten Ableitung.
Suszeptibilitäten
In der Thermodynamik sind die (elastischen, dielektrischen, etc. ) Eigenschaften eines Systems durch die zweiten Ableitungen eines thermodynamischen Potentials bestimmt. In der Landautheorie erweitert die Suszeptiblität, üblicherweise mit bezeichnet, diese Darstellung in einer durch den Ordnungsparameter bestimmten Form.
Sie ist definiert durch :
und verändert die Eigenschaften des Systems in der Nähe der Phasenumwandlung.
Anwendungen
Supraleitung : Landau-Ginzburg-Theorie
Einzelnachweise
Literatur
- E.K.H. Salje: Phase Transitions in Ferroelastic and Co-elastic Crystals. Cambridge University Press, 1993, Salje1993.
- V.K. Wadhawan: Introduction to ferroic materials. Gordon and Breach Science Publishers, 2000, Wadhawan2000.
Siehe auch
Weblinks
- Notes de cours sur la théorie de Landau.
- A Landau primer for ferroelectrics, article d'introduction à la théorie de Landau appliquée aux transitions de phases ferroélectriques.