Glückel von Hameln (* 1646 in Hamburg; † 17. September 1724 in Metz) war eine deutsch-jüdische Kauffrau. Bekannt wurde die erfolgreiche Geschäftsfrau als erste Frau Deutschlands, die eine Autobiografie schrieb.
Glückel war die Tochter eines erfolgreichen jüdischen Kaufmanns und einer Unternehmerin. Ihre Familie lebte in Wohlstand, Hamburg hatte den Dreißigjährigen Krieg unbeschadet überstanden und war eine aufblühende Handelsstadt. Trotzdem wurde Glückels Jugend von dem damals stets vorhandenen latenten Hass auf die jüdische Gemeinde überschattet.
Um 1661 wurde Glückel mit Chaijm Hameln (alias Hein Goldschmidt) verheiratet. Die beiden führten eine glückliche, partnerschaftliche Ehe. Glückel war vierzehn Mal schwanger. Während der Pest, die Hamburg 1664 heimsuchte, zog sie vorübergehend zu ihren Schwiegereltern nach Hameln. 1689 starb ihr Mann Chaijm, und Glückel war auf sich alleine gestellt. Um ihre Kinder und sich selbst zu ernähren, führte sie den Gold- und Juwelenhandel ihres verstorbenen Mannes weiter, in dem sie allerdings auch vorher schon mitgearbeitet hatte. Es gelang ihr, den Wohlstand der Familie zu mehren und ihre Kinder gut zu verheiraten. Sie unterstützte ihre Kinder und deren Ehepartner bei Geschäftsgründungen, indem sie mit ihrem guten Namen für sie bürgte.
1700 heiratete sie in der Hoffnung auf ein behagliches Alter einen reichen Bankier aus Metz. Der geschäftliche Zusammenbruch ihres Mannes stürzte beide jedoch in Armut. Glückel von Hameln starb 1724 völlig mittellos im Haus ihrer Tochter in Metz.
Glückel von Hameln schrieb für ihre Kinder ihr Leben auf. Ihre in jiddischer Sprache geschriebenen Memoiren sind die erste erhaltene und bekannte Autobiographie einer Frau in Deutschland und wurden eine herausragende Quelle der Forschung für das jüdische Leben ihrer Zeit. Als außergewöhnlich langes Beispiel eines nicht in künstlerisch-literarischer Absicht geschriebenen jiddischen Texts diente es auch als Basis sprachwissenschaftlicher Studien.
Werk
- Ziḵrônôt mārat Gliql Hamil (jiddisch in hebräischer Schrift). Hrsg. von David Kaufmann. J. Kauffmann, Frankfurt am Main 1896
- Die Memoiren der Glückel von Hameln (jiddisch in lateinischer Schrift). Hrsg. von David Kaufmann. J. Kauffmann, Frankfurt am Main 1896
Übersetzungen
- Denkwürdigkeiten der Glückel von Hameln. Übersetzt und hrsg. von Alfred Feilchenfeld. Jüdischer Verlag, Berlin 1913 (Nachdrucke der 4. Auflage 1923: Athenäum, Frankfurt 1987, ISBN 3-610-04699-6 u.a.; zuletzt: Philo, Bodenheim 1999, ISBN 3-8257-0073-9)
- Die Memoiren der Glückel von Hameln. Übersetzt von Bertha Pappenheim nach der Ausgabe von David Kaufmann. Meyer & Pappenheim, Wien 1910 (Neuausgabe: Beltz, Weinheim 1994, ISBN 3-89547-040-6; Taschenbuchausgabe: Beltz, Weinheim 2005, ISBN 3-407-22169-X)
Glückels Memoiren wurden auch in hebräischer (1929), französischer (1971), englischer (1932, 1962 und 1963) und russischer (2001) Übersetzung veröffentlicht. In den USA erschienen zwei fiktionale Bearbeitungen des Werks: 1941 das Theaterstück Glückel of Hameln von Margoa Winston (Pseudonym für Minnie Hannah Winer Epstein), 1967 der Roman The adventures of Glückel of Hameln von Paul Sharon.
Literatur
- Natalie Zemon Davis: Mit Gott rechten. Das Leben der Glikl bas Judah Leib, genannt Glückel von Hameln. Wagenbach, Berlin 2003, ISBN 3-8031-2485-9
- Elvira Grözinger: Glückel von Hameln. Kauffrau, Mutter und erste jüdisch-deutsche Autorin. Hentrich und Hentrich, Teetz 2004, ISBN 3-933471-61-3
- Ulla Hinnenberg: Die Kehille. Geschichte und Geschichten der Altonaer jüdischen Gemeinde. Dingwort, Hamburg-Altona 1996, ISBN 3-871-66-043-4
- Israela Klayman-Cohen: Die hebräische Komponente im Westjiddischen am Beispiel der Memoiren der Glückel von Hameln. Buske, Hamburg ca. 1994, ISBN 3875480767
- Monika Richarz (Hrsg.): Die Hamburger Kauffrau Glikl. Jüdische Existenz in der Frühen Neuzeit. Christians, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1389-3
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Glückel von Hameln |
ALTERNATIVNAMEN | Glikl; Gliql Hamil; Glikl bas Judah Leib; גליקל מהמלין |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-jüdische Kauffrau |
GEBURTSDATUM | 1646 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 17. September 1724 |
STERBEORT | Metz |