Ante Gotovina

kroatischer General außer Dienst
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Ante Gotovina (* 12. Oktober 1955 auf der Insel Pašman, Kroatien) war ein kroatischer General.

Gotovina war Mitglied der französischen Fremdenlegion und trat 1990 in die kroatische Armee ein. Er wurde 1992 zum Brigadegeneral und 1994 zum Generalmajor ernannt. Als Befehlshaber befehligte er zwischen 1992 und 1996 den Militärdistrikt Split, der auch einen Teil der Gemeinden Benkovac, Drniš, Gračac, Knin, Šibenik und Zadar umfasst.

Er war verantwortlich für die Militäroperation Oluja (Operation Gewittersturm) zur Rückeroberung der von den Serben selbsternannten Republik Serbische Krajina und die Beendigung der serbischen Belagerung der UN-Schutzzone Bihać.

Nach der erfolgreichen Durchführung dieser Aktion wurde er durch den damaligen Präsidenten Franjo Tuđman zum Generaloberst befördert. In dieser Zeit übte Gotovina die vollständige Kontrolle über sämtliche kroatische Einheiten aus. Am 29. September 2000 wurde er vom neugewählten kroatischen Präsidenten, dem Exkommunisten Stjepan Mesić, abgesetzt und aus dem aktiven Dienst entlassen. 2001 wurde Gotovina vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, die Truppen unter seinem Kommando an Serben verübt haben sollen.

Die Anklagepunkte lauten u.a.:

  • Tötung von mindestens 150 Krajina-Serben (killing of at least 150 krajina-serbs); zusätzlich seien mehrere Hundert verschwunden (disappearance of many hundreds of others)
  • Plünderung von privatem und öffentlichem Eigentum (plunder of public or private property)
  • Brandschatzung und Zerstörung von Dörfern und Städten (set fire to and otherwise wantonly destroyed cities, towns and villages)
  • Artillerie-Angriffe auf zivile Ziele (artillery fire on civilian targets)
  • Deportation von schätzungsweise 150.000 bis 200.000 Krajina-Serben (deportation of an estimated 150.000-200.000 krajina-serbs)
  • unmenschliche Behandlung (inhumane treatment) und Demütigung (humiliation)

Seiner Anklage kommt für die kroatische Bevölkerung (vor allem im rückeroberten kroatischen Grenzgebiet zu Bosnien) große Bedeutung zu, weil Gotovina angesichts seiner militärischen Leistungen von vielen Kroaten als Held angesehen wird. Deshalb wird den Anschuldigungen des Internationalen Kriegsverbrechertribunals in Den Haag in diesem Punkt in Kroatien häufig mit Unverständnis begegnet.

Die kroatische Regierung hat erklärt, ihr sei der derzeitige Aufenthaltsort des Ex-Generals nicht bekannt, und der Staat leiste alles, was in seiner Macht stehe, um den General ausfindig zu machen und auszuliefern. So wurden Ende 2004 Straßenkontrollen in ganz Kroatien durchgeführt und die kroatische Polizei durchsuchte einige Häuser nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher. Großbritannien, die Niederlande und einige skandinavische Staaten stellen sich einer weiteren Annäherung Kroatiens an die EU entgegen, sollte Kroatien nicht vollständig mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal zusammenarbeiten. Chefanklägerin Carla del Ponte erklärte in ihrem jüngsten Bericht vom Juni 2005, Kroatien sei zwar auf dem richtigen Weg, unternehme aber noch nicht genug, um Gotovina zu ergreifen. Der Vorwurf richtet sich nicht direkt gegen die Regierung von Ministerpräsident Ivo Sanader, allerdings wird untergeordneten kroatischen Behörden unterstellt, Gotovina zu schützen.

Am 17. März 2005 sollten ursprünglich die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU beginnen. Diese wurden jedoch auf Eis gelegt, da Gotovina bisher nicht ausgeliefert werden konnte. Nur vier der 25 EU-Mitgliedsstaaten sind bereit, die Verhandlungen zu beginnen, jedoch müsste dafür Einstimmigkeit erzielt werden. Vor allem die Regierung Großbritanniens (das einzige Land der EU, für das die Bürger Kroatiens ein Einreisevisum benötigen) und der Niederlande lehnen den Beginn der Verhandlungen ab.

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