Eine Körperstrafe ist eine Strafe, die körperlich fühlbar ist. Meistens werden Körperstrafen in Form von Schlägen mit der Hand oder einem dafür geeigneten Schlaginstrument erteilt; diese nennt man dann auch Körperliche Züchtigung oder Prügelstrafe. Es gibt jedoch auch Körperstrafen, die zwar unangenehm oder schmerzhaft sind, aber keine "Züchtigungen" darstellen, da sie nicht in Form von Schlägen erteilt werden, z. B. das Ziehen am Ohr.
Körperstrafen werden als juristische Rechtsfolge und in der Kindererziehung angewendet. Die Anwendung und die gesetzliche Zulässigkeit von Körperstrafen - sowohl im pädagogischen als auch im juristischen Bereich - hat sich im Verlauf der Geschichte stark gewandelt und ist auch immer sehr stark von der gerade vorherrschenden regionalen Kultur abhängig gewesen. Zu den heute allgemein als gesetzlich unzulässigen Körperstrafen gehören alle Praktiken, die unter den Begriff der Folter fallen.
Juristische Körperstrafen
Als juristische Strafen wurden Körperstrafen im Abendland meist in der Form einer Auspeitschung (meist mit einer Peitsche oder Birkenrute) oder in Form von Stockhieben erteilt. Die Schläge erfolgten üblicherweise auf den Rücken oder auf das Gesäß des Delinquenten. Im Nahen Osten waren auch Stockhiebe auf die Fußsohlen (Bastinado) üblich. Insbesondere in Militär und Seefahrt wurden bis ins 19. Jahrhundert schwere Körperstrafen wie das Spießrutenlaufen oder das Stäupen angewendet.
Heute werden juristische Körperstrafen in vielen Ländern der Welt als barbarisch angesehen und sind daher abgeschafft -- auch in solchen Ländern, die die Todesstrafe beibehalten haben --, in anderen Ländern (v. a. in Afrika, im Nahen Osten und in Asien) sind sie jedoch noch gesetzlich vorgesehen. In Malaysia und Singapur erhalten z. B. Gewaltverbrecher wie Vergewaltiger zusätzlich zur Freiheitsstrafe eine Körperstrafe, die unter streng kontrollierten Bedingungen und medizinischer Aufsicht mit einem Rohrstock aus Rattan auf das Gesäß des verurteilten Täters erteilt wird.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verbietet neben jeder Art der Folter auch "grausame, ungewöhnliche und erniedrigende Strafen".
Nach einem Bericht von Amnesty International wurden im Jahr 2001 in folgenden Staaten juristische Körperstrafen durchgeführt: Afghanistan, Belize, Brunei, Iran, Malaysia, Nigeria, Saudi Arabien, Singapur, Sudan, Vereinigte Arabische Emirate.
Körperstrafen in der Kindererziehung
Als Strafmethode in der Kindererziehung waren Körperstrafen in abgemilderter Form das wohl beliebteste Erziehungsmittel bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Diese Körperstrafen wurden in der Regel mit der flachen Hand, einem dünnen Rohrstock oder einem Lineal auf den Po, im Schulmilieu oft auch auf die ausgestreckte Hand des Kindes gegeben (sogenannte "Tatzen"). Andere häufig gebrauchte Körperstrafen waren die Ohrfeige, die Kopfnuss, das Ziehen an den Haaren oder Ohren, oder das Knienlassen des Kindes auf einem dreikantigen Holzscheit.
Im US-Englischen wird die Züchtigung auf das Gesäß "Spanking" genannt (im Deutschen gibt es hierfür keinen wirklich passenden Begriff, üblich ist in einigen Regionen der Ausdruck "Den Hintern versohlen"). Im Gegensatz zu Nord-, Mittel- und Südamerika, Afrika, Asien und Ozeanien, spielt "Spanking" in der Kindererziehung in Europa und insbesondere im deutschsprachigen Raum heute jedoch kaum noch eine Rolle. In Deutschland sind alle Körperstrafen in der Kindererziehung seit dem Jahr 1999 gesetzlich verboten (mehr dazu siehe unten).
Geschichte
Von manchen Naturvölkern ist uns die Praxis der Körperstrafe übermittelt, von anderen dagegen nicht. Dagegen wird in nahezu allen höher entwickelten antiken Gesellschaften die körperliche Züchtigung als Strafe erwähnt, z.B. an den Schulen der Sumerer, im antiken Indien oder im Kaiserreich China. Eine erste theoretische Rechtfertigung für die Praxis der Körperstrafe findet man bei den Hebräern im Alten Testament. Hier wird die Züchtigung nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar immer wieder empfohlen, vor allem im Buch Sprüche Salomos.
Beispiele (Einheitsübersetzung):
- Wen der Herr liebt, den züchtigt er, / wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat. (Spr 3,12)
- Wer die Rute spart, hasst seinen Sohn, / wer ihn liebt, nimmt ihn früh zur Zucht. (Spr 13,24)
- Für die Zuchtlosen stehen Ruten bereit / und Schläge für den Rücken des Toren. (Spr 19,29)
- Steckt Torheit im Herzen des Knaben, / die Rute der Zucht vertreibt sie daraus. (Spr 22,15)
- Erspar dem Knaben die Züchtigung nicht; / wenn du ihn schlägst mit dem Stock, wird er nicht sterben. (Spr 23,13)
Auch im antiken Athen waren Züchtigungen an der Tagesordnung, wenngleich sich erstmalig Plato an einer Stelle bereits für eine gewaltfreie Erziehung aussprach. Aristoteles rät, ein unfolgsames Kind solle "entehrt und geschlagen werden" (Politik, VII, 17).
Verglichen zum vergleichsweise moderaten Athen spielte die körperliche Züchtigung in der strengen Gesellschaft der Spartaner eine ganz besonders große Rolle. Harte und häufige Schläge sollten hier nicht nur Gehorsam erwirken, sondern Seele, Geist und Körper abhärten. Plutarch berichtet von grausamsten Auspeitschungen für geringste Vergehen.
Von den Römern sind vor allem die Körperstrafen an den Schulen übermittelt. Die Schläge erfolgten dort mit besonderen Züchtigungsinstrumenten: der scutia, einem Lederriemen, der ferula, einer Rute, dem flagellum, einer Peitsche mit Knotenschnüren, und der virga, einer Birkenrute. Vereinzelte römische Autoren sprechen sich dafür aus, die Züchtigung auf Sklaven zu beschränken, da sie für Bürgerskinder zu entehrend sei.
Die westeuropäischen Gesellschaften des Mittelalters übernahmen die Züchtigungsmethoden von den Römern und aus ihrer eigenen Tradition, nicht nur in der Kindererziehung, sondern auch zur Bestrafung Erwachsener, wie beispielsweise das Stäupen am Pranger. Christentum und germanische Tradition lieferten die Rechtfertigung für die berüchtigt harten Strafen des Mittelalters in allen Lebensbereichen (andererseits wurde auch die vergleichsweise milde Strafpraxis im Byzantinischen Reich mit dem Christentum begründet). In dieser Zeit entstand - basierend auf biblischen Ratschlägen - das Sprichwort "Spare die Rute und verdirb das Kind". Besonders harte Erziehungsmittel sind aus den Klosterschulen überliefert, wo die Kinder als Novizen oft für den kleinsten Fehler "bis aufs Blut gegeißelt" wurden.
Die Erziehungsmethode der Strafe für Vergehen wurde zunehmend durch eine ausgewogener erscheinende Kombination aus Strafe und Belohnung abgelöst, wie sie die drastische Redewendung "Peitsche und Zuckerbrot" umschreibt. Noch Martin Luther (1483-1546) empfiehlt, bei der Kindererziehung "neben den Apfel eine Rute zu legen", und dies war nicht nur metaphorisch gemeint.
Das Zeitalter der Aufklärung brachte noch keine wesentliche Änderung bei den Erziehungsmethoden. Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) revolutionierte zwar als erster entscheidend die Pädagogik, aber erst im 19. Jahrhunderts wurden einzelne Stimmen laut, die den völligen Verzicht auf Körperstrafen in der Kindererziehung forderten. Dennoch galten noch die Eltern des beginnenden 20. Jahrhunderts als besonders züchtigungsfreudig, insbesondere mit dem Rohrstock. Die pädagogische Trendwende setzte erst ab den 1960er Jahren ein, ging dann aber - zumindest in Europa - sehr schnell und radikal vonstatten. Seit den 1970er Jahren gilt die Körperstrafe in Europa in weiten Gesellschaftskreisen, insbesondere in den Medien, als barbarisches Relikt vergangener Zeiten und wird mit Kindesmisshandlung gleichgesetzt. Die sogenannte "Prügelstrafe" im Schulbetrieb wurde wärend des Dritten Reichs in Deutschland abgeschafft, kam aber in den 50er Jahren teilweise wieder auf.
Situation heute
Heute verwenden in den westlichen Ländern viele den Begriff Schwarze Pädagogik, wenn sie negativ von den Erziehungsmethoden früherer Elterngenerationen sprechen. Aber auch heute noch sind in den meisten Ländern der Welt Körperstrafen als Erziehungsmittel (soweit sie maßvoll und angemessen sind, also keine Misshandlung darstellen) legal und können dort vor allem von den Eltern, jedoch auch - im Rahmen festgeschriebener Gesetze - von Lehrern oder anderen Erziehungsverantwortlichen erteilt werden. So gibt es z. B. in einem Drittel der Staaten der USA noch immer Körperstrafen an den Schulen. Diese werden in der Regel mit einem speziellen Holzpaddel (Paddle) oder auch mit einem Lederriemen auf das bekleidete oder, jedoch nur in seltenen Fällen, entblößte Gesäß des Schülers gegeben ("paddling"/"lashing").
In den meisten Staaten Europas hat sich seit etwa dem Ende des Zweiten Weltkriegs, vor allem in den 1960er/1970er Jahren und gestützt durch neue psychologische Erkenntnisse, die neue öffentliche Meinung durchgesetzt, dass Körperstrafen schädlich für die Entwicklung des Kindes sind und nicht mehr angewendet werden sollen. In der DDR wurden Körperstrafen an den Schulen 1949 abgeschafft, 1973 auch in der Bundesrepublik Deutschland. (Jedoch erklärte noch 1979 das Bayerische Oberste Landesgericht, dass "im Gebiet des Freistaates Bayern ... ein gewohnheitsrechtliches Züchtigungsrecht" besteht.)
In Schweden wurden 1979 Körperstrafen als Erziehungsmittel grundsätzlich illegalisiert, ebenso seither in mehreren anderen (v. a. europäischen) Staaten, die dem Beispiel Schwedens folgten. In Deutschland sind körperliche Bestrafungen (neben seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen) mit Änderung des § 1631 Abs. 2 BGB seit 6. November 2000 ebenfalls verboten. Damit wurde das bis dahin bestehende elterliche Züchtigungsrecht aufgehoben. Körperliche oder seelische Misshandlungen von Kindern in der Erziehung hingegen sind in Deutschland bereits seit 1998 verboten.
International ist nach wie vor umstritten, ob maßvolle Körperstrafen als Erziehungsmittel die Kinderrechte verletzen oder nicht, und ob ein gesetzliches Verbot von Körperstrafen die Elternrechte verletzt oder nicht. Unumstritten ist dagegen, dass jede Kindesmisshandlung eine strafbare Tat darstellt.
Körperstrafen im BDSM
Einvernehmliche Körperstrafen finden als Sexualpraktik eine breite Anwendung im BDSM, wobei der Partner, der die Körperstrafe erteilt, Top genannt wird und der Partner, der sie empfängt, Bottom. Im BDSM sind sämtliche vorstellbaren Züchtigungsinstrumente beliebt, von Peitschen über Reitgerten und Rohrstöcken bis hin zu Ruten und Paddles; sie werden im Jargon der Subkultur Spielzeuge (toys) genannt. Neben Schlägen kommen gelegentlich auch andere Körperstrafen wie z. B. Figging zum Einsatz.