Zigeunerlager Auschwitz

Abschnitt B II e des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
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Das „Zigeunerlager Auschwitz“, auch „Zigeunerfamilienlager Auschwitz“, bezeichnet den von Februar 1943 bis August 1944 bestehenden Abschnitt B II e des KZ Auschwitz-Birkenau. In ihm wurden vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) als „Zigeuner“ oder „Zigeunermischlinge“ eingewiesene Familien, Männer, Frauen und Kinder in Baracken des Pferdestalltypes untergebracht. Der Großteil der Häftlinge stammte aus dem Altreich und der Ostmark. Aufgrund von Mangelernährung und Seuchen starben zahlreiche Häftlinge, weitere wurden nach Selektionen in den Gaskammern ermordet, erschossen oder bei Medizinverbrechen u.a. durch den KZ-Arzt Josef Mengele getötet.

Das „Zigeunerlager“ (gelb hervorgehoben) im KZ Auschwitz-Birkenau, Gundlage: Luftbild der Royal Air Force von 1944

Von den rund 22.600 Häftlingen im „Zigeunerlager Auschwitz“ überlebten über 19.300 nicht, mehr als 5.600 wurden im Gas erstickt, über 13.600 erlagen dem Hunger, den Krankheiten und Seuchen.[1]

„Das Zigeunerlager“

Gründung und Nutzungsbeginn

 
Auschwitz Birkenau Baracke, Typ Pferdestall, Außenansicht (Foto von 2008)
 
Auschwitz Birkenau Baracke, Typ Pferdestall, Innenansicht mit dreistöckigen Pritschen (Foto von 2006)
 
Blick vom Eingangsgebäude entlang der Gleisanlage zum südlichen Ende des „Zigeunerlager“ (Foto vom Juni 2006). Das „Zigeunerlager“ befindet sich am hinteren Bildrand, rechts der Gleise vor den Bäumen.
 
Deportation russischer Juden erreicht Auschwitz im Mai 1944. Am rechten Bildrand das Südende des „Zigeunerlager“, die Schornsteine dahinter gehören zu den Krematorien

In Heinrich Himmlers Auschwitz-Erlass vom 16. Dezember 1942 wurde nicht nur die Deportation der im Reichsgebiet lebenden „Zigeuner“, sondern auch die Anlage des „Zigeunerlagers“ in Auschwitz verfügt.[GB 1] Der Anfang des Betriebs des „Zigeunerlagers“, der Abschnitt B IIe des KZ Auschwitz Birkenau lässt sich durch zwei Ereignisse bestimmen. Am 1. Februar 1943 wurde der SS-Oberscharfüherer Bruno Pfütze zum Lagerführer des „Zigeunerlagers“ ernannt.[GB 2] Und am 26. Februar 1943 traf der erste, vom RSHA am 29. Januar 1943 angeordnete Transport, ein. Die Häftlinge wurden in einem eigenen „Hauptbuch“ verzeichnet und mit eigenen Nummern, an deren Anfang ein Z steht, tätowiert.[GB 1] Sie mussten den Schwarzen Winkel tragen und waren somit als sogenannte „asoziale“ Häftlinge gekennzeichnet.[2]

Das „Zigeunerlager“ war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt.[3] Schon vorher, am 29. September 1942, waren „Zigeuner“ erstmalig nach Auschwitz deportiert worden, nicht aber in das noch nicht bestehende Zigeunerlager.[4] Der fertige Abschnitt war etwa 80 m breit sowie ca. 1000 m lang und umfasste 40 Pferdestallbaracken, wovon 32 als Wohnbaracken angelegt wurden. Diese Baracken wurden Block genannt. Die restlichen acht Blöcke wurden als Nahrungsmittellager und Bekleidungskammer, vier Baracken als Häftlingskrankenbau und zwei Baracken für Säuglinge und Kinder genutzt. Am Eingang, dem Nordende, stand ein eigenes Gebäude, die „Blockführerstube“, sowie je ein Küchengebäude für Männer und Frauen.[GB 3] Der Abschnitt war von Stacheldraht umzäunt, mit Wachtürmen versehen und grenzte an der Ostseite – getrennt durch einen Stacheldrahtzaun – an den gleich gestalteten Abschnitt B II d, das Männerlager des Konzenzentrationslagers; an der Westseite grenzte er an das Häftlingskrankenhaus B II f.[GB 4] Am Südende liefen die Eisenbahngleise der sogenannten "Rampe" vorbei und es waren nur wenige Meter zu den Krematorien von Auschwitz, deren Geruch über dem Lager hing.[5]

Die undichten und teils fensterlosen Wohnbaracken wurden in den kommenden Monaten mit jeweils bis zu tausend Menschen belegt.[6] In den Wohnbaracken standen dreistöckige Pritschen, von denen jede für eine Familie, unabhängig ihrer Größe, bestimmt war.[GB 5] Die Pritschen waren so überbelegt, dass sie immer wieder einbrachen.

Ankunft im Lager

In der Schreibstube mussten die Neuankömmlinge ihre Papiere, das grüne „Zigeunerpapier“, sowie ein weißes Halbblatt, das den Einweisungsbefehl der Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens sowie Personendaten enthielt, vorweisen.[7] Die Häftlinge wurden mit einer Nummer tätowiert und im Hauptbuch des „Zigeunerlagers“ registriert:

„Der erste Eindruck, den wir von Auschwitz bekamen war schrecklich, es war dunkel als wir angekommen sind. Ein riesiges Gelände, doch man hat nur die Lichter gesehen. Die Nacht mussten wir in einer großen Halle auf dem Fußboden verbringen. Am frühen Morgen mussten wir in das Lager marschieren. Dort hat man uns erstmal die Häftlingsnummern in den Arm tätowiert und die Haare abgeschnitten. Die Kleider, die Schuhe und die wenigen Dinge die wir noch dabei hatten, wurden uns weggenommen.“

Elisabeth Guttenberger (deportiert im März 1943)[8]

„Als sich endlich die Waggons öffneten, empfing uns die SS mit Schlägen und Bluthunden – wir waren am Ziel. In diesem Moment hörten wir auf, Menschen zu sein. Wir waren nur noch Nummern. Alles was wir hatten wurde uns abgenommen. Allen, auch den Frauen und Kindern wurden die Haare geschoren, allen auch meinen beiden kleinen Mädchen wurden Nummern eintätowiert.“

Julius Hodosi[9]

Lageralltag

Im Gegensatz zu fast allen anderen Lagerabschnitten konnten die Häftlinge im Zigeunerlager mit ihrem Familien zusammen bleiben, Zivilkleidung tragen und sich die Haare wachsen lassen. Die arbeitsfähigen Häftlinge wurden nicht Außenkommandos zugewiesen, sondern auf dem Lagergelände des KZ Auschwitz zum Rampenbau oder der Anlage einer Lagerdrainage eingesetzt. Die Lagerstraße des Lagerabschnitts wurde auch von Kindern, die schwere Steine schleppen mussten, gebaut.[10] Der Häftling Helmut Clement berichtet eine Geschichte die auch anders überliefert ist:

„Ich erinnere mich noch an den Vorfall mit den Kindern, den beiden Sintikindern aus Österreich. Sie liefen zum Stacheldratzaun und hatten dort gespielt. Es gab da einen Graben, die sogenannte neutrale Zone, davor waren glatte Drähte und dahinter Stacheldraht. Die beiden Kinder haben dort miteinander gespielt und miteinander geredet. Plötzlich hat ein SS-Mann vom Wachturm herunter auf die Kinder geschossen. Er hat einfach auf die Kinder geschossen. Eines der Kinder erhielt einen Schuß in den Arm und in den Bauch, es war schwer getroffen.“

Helmut Clement [11]

Die hygienischen Verhältnisse im Lager waren katastrophal, da es nur unzureichende Waschmöglichkeiten gab, die Latrinen nur selten geleert wurden und das Wasser mit Keimen versetzt war. Zudem waren die zugeteilten Nahrungsrationen absolut unzureichend.[10] Der Hunger war allgegenwärtig:

„Die Verpflegung bestand aus 1/4 Liter Wasser, in dem Steckrüben schwammen, 1/4 Liter Tee und einer Scheibe Brot“

Hermine Horvath[12]

„Damals verlor ich auch meine beiden Kinder, sie sind buchstäblich verhungert.“

Julius Hodosi[13]

Seuchen und Krankheiten

Infolge der unhygienischen Lagerverhältnisse und der Mangelernährung breiteten sich im Lager Krankheiten wie Krätze, Typhus, Masern und Fleckfieber aus.[10] Viele Kinder waren von der Noma befallen. Die im „Zigeunerlager“ tätige Häftlingsärztin Lucie Adelsberger berichtete nach Kriegsende über die Lebensumstände der Kinder:

„Die Kinder waren wie die Erwachsenen nur noch Haut und Knochen ohne Muskeln und Fett, und dünne pergamentartige Haut scheuerte sich über den harten Kanten des Skeletts überall durch (…). Aber die Not dieser Würmer schnitt noch mehr ins Herz. Vielleicht, weil die Gesichter alles Kindliche eingebüßt hatten und mit greisenhaften Zügen aus hohlen Augen guckten (…). Krätze bedeckte den unterernährten Körper von oben bis unten und entzog ihm die letzte Kraft. Der Mund war von Noma-Geschwüren zerfressen, die sich in die Tiefe bohrten, die Kiefer aushöhlten und krebsartig die Wangen durchlöcherten (…). Vor Hunger und Durst, Kälte und Schmerzen kamen die Kinder auch nachts nicht zur Ruhe. Ihr Stöhnen schwoll orkanartig an und hallte im ganzen Block wider“

Lucie Adelsberger über das Leben der Kinder im Birkenauer Zigeunerlager, zitiert bei: Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz, 1980, S. 271f.

Die Krankenbaracken waren mit 400 bis 600 Kranken belegt. Die Kranken wurden mit Stand vom April 1943 von 30 Häftlingsärzten und 60 Häftlingspflegern versorgt, die für die Behandlung nicht über ausreichend Medikamente oder Verbandsutensilien verfügten.[10]

Die Tötung der erkrankten Häftlinge war dabei ein übliches Mittel der "medizinischen" Behandlung. Josef Mengele war ab dem 24. Mai 1943 Lagerarzt im „Zigeunerlager“ und stieg dort zum leitenden Lagerarzt auf.[14] Er war für die alltäglichen Krankenblockselektionen verantwortlich und ließ sich von jedem Block ein genaues Verzeichnis der Kranken mit Diagnose und Prognose durch die von ihm abhänigen Häftlingsärzte anfertigen. Eine Prognose über eine Heilungsdauer von mehr als drei Wochen bedeutete praktisch automatisch das Todesurteil für den betreffenden Häftling.[15]

Die Bekämpfung von Seuchen fiel ebenfalls in die Zuständigkeit der Lagerärzte. Mengele bekämpfte die Fleckfieberepidemie, indem er eine Baracke räumen und die 600 bis 1000 Häftlinge durch Gas töten ließ. Die leere Baracke ließ er desinfizieren. Die Häftlinge der benachbarten Baracke wurden dann entlaust. Danach wurden sie nackt und ohne Habseligkeiten umgesiedelt und erhielten schließlich neue Kleidung. Dieser Vorgang wurde mit Häftlingen weiterer Baracken fortgesetzt. Die Möglichkeit, diese Aktion ohne den Mord an den Häftlingen durchzuführen, war offensichtlich in Mengeles Vorstellungswelt nicht vorhanden, wie die ehemalige Häftlingsärztin Ella Lingens 1985 anmerkte.[15]

Als Lagerärzte waren neben Mengele u.a. Erwin von Helmersen, Fritz Klein und Franz Lucas eingesetzt.

Herkunft und Zusammensetzung der Häftlinge

Die Zusammensetzung der Häftlinge ist nicht repräsentativ für die Opfer des Porajmos. Insbesondere Roma, die nicht in Deutschland und Österreich lebten, wurden nur in Ausnahmefällen nach Auschwitz deportiert. Die meisten Häftlinge stammten aus Deutschland und Österreich (62,75 % zuzüglich 4,46 % Staatenlose, die vermutlich mehrheitlich Deutsche waren), aus dem Protektorat Böhmen und Mähren kamen 22 % und dem besetzten Polen 6 % der Häftlinge.[GB 5] Bei ca. 14% der Häftlinge lassen sich die einliefernden Kriminalpolizeistellen mit ihren der "Dienststellen für Zigeunerfragen" identifizieren. [16] In der Liste finden sich sowohl deutsche Städte: Berlin (376), Braunschweig (20), Bremen (133), Breslau (102), Darmstadt (5), Erfurth (69), Halle (110), Hamburg (28), Hannover (57), Heilbronn (26), Karlsruhe (34), Kassel (62), Koblenz (16), Köln (22), Leipzig (35), München (53), Nürnberg (38), Regensburg (2), Reichenberg (37), Reichenberg/Karlsbad (147), Saarbrücken (6), Schwerin (64), Stettin (83), Stuttgart (69), Weimar (36) und Wuppertal (107) sowie aus dem 1938 "angeschlossenen" Österreich: Graz (757), Innsbruck (80), Salzburg (37), Wien (170) und aus besetzten anderen Gebieten: Bromberg (62), Danzig (55), Kattowitz (66), Königsberg (37), Litzmannstadt (54), Posen (31), Prag (36), Strassburg (9) und Zichenau (22).

 
Daten des Zigeunerlagers: Altersverteilung nach Perioden

Etwa hundert reichdeutsche „Zigeuner“ hatten vor ihrer Überstellung in das „Zigeunerlager“ bei der Wehrmacht Kriegsdienst geleistet und waren teils direkt von der Front in das Lager eingeliefert worden. Etliche von ihnen besaßen Kriegsauszeichnungen. Unter den Lagerinsassen befanden sich auch „Zigeunerinnen“ mit ihren Kindern, die mit „arischen“ Deutschen verheiratet waren, die Kriegsdienst leisteten.[17]

Zahl der Opfer

Der Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz Rudolf Höß nannte in seiner Autobiographie „Zigeuner“ nach Juden und russischen Kriegsgefangenen das "nächstfolgende Hauptkontingent" der Opfer.[18] Die Zahl der Häftlinge und der Opfer des „Zigeunerlagers Auschwitz“ kann aus verschiedenen Quellen, die der Lagerbürokratie entstammen, sehr genau rekonstruiert werden. Dabei sind die Verschleierungen der Täter und die Lücken in der Überlieferung zu beachten. Die wichtigste Quelle sind die beiden Hauptbücher des „Zigeunerlagers“. In je einem Buch für Männer und Frauen wurden die Häftlinge mit fortlaufender, aufsteigender Nummer namentlich registriert. Die Nummer entspricht der den Häftlingen eintätowierten Nummer. Die Hauptbücher verzeichnen 20.943 Personen, 1943 wurden danach 18.736 Häftlinge und 1944 2.207 Häftlinge eingewiesen, 11.843 (= 57 %) Häftlinge als gestorben registriert. Im Lager wurden 371 Kinder geboren, von denen keines überlebte.[GB 5]

Die Hauptbücher wurden von Häftlingsschreibern geführt. Der polnische Politische Häftling Tadeusz Joachimowski, der als Schreiber für den Rapportführer arbeiten musste, konnte im Juli 1944 – kurz vor der Auflösung dieses Lagerteils am 2. August 1944 – heimlich die beiden Bücher aus der Schreibstube stehlen und mit Hilfe zweier weiterer Häftlinge vergraben.[GB 6][19][20] Am 13. Januar 1949 wurden die beschädigten Bücher geborgen und der Gedenkstätte übergeben.[GB 6]

Franciszek Piper nennt insgesamt 20.982 als „Zigeuner“ registrierte Häftlinge, davon 10.094 Männer und 10.888 Frauen.[21] Piper bezieht sich damit nicht nur auf die Hauptbücher, sondern auch auf die höchste in einem anderen Bestand der Gedenkstätte gefundene Häftlingsnummer. Albine Weiss (Z-10888) wird im Buch des Blockes 22b außerhalb des „Zigeunerlagers“ aufgeführt.[22] Im Hauptbuch ist dagegen Magda Samujlowicz (Eingang ins Lager 21. Juli 1944), mit der höchsten Häftlingsnummer: Z-10849 verzeichnet.[GB 7]

Weiterhin fehlen in den Hauptbüchern unter anderem ca. 1700 Männer, Frauen und Kinder die am 23. März 1943 eingeliefert wurden und in den Gaskammern wegen Verdacht auf Typhus getötet wurden.[23] Nach Franciszek Piper wurden insgesamt 2000 als „Zigeuner“ eingelieferte Häftlinge nicht registriert.[24]

Michael Zimmermann geht von rund 22.600 Häftlingen aus, von denen 19.300 nicht überlebten, mehr als 5.600 wurden vergast.[25]

Ausgewählte Deportationen ins Lager

  • Der 26. Februar 1943 ist das frühste belegte Einlieferungsdatum in den Hauptbüchern des Lagers.[26]
  • Im März 1943 wurden 23 Transporte mit 11.339 Personen eingeliefert.[27] Das Lager im Altwarmbüchener Moor wurde in der Nacht zum 1. März 1943 von Polizisten umstellt und geräumt,[28] Deportierte lassen sich im Hauptbuch nach dem 4.3.1943 nachweisen.[29] Unter den Transporten im März waren auch die 160 Bewohner des sogenannten „Zigeunerlager am Holzweg in Magdeburg". Zu ihnen gehörte die als „Unku“ bekannte Erna Lauenburger. Sie wurden ebenfalls am 1. März 1943 deportiert.[30] Zu den bereits im März Deportierten gehörte auch Hugo Höllenreiner.[31] Am 31. März 1943 wurde Mongo Stojka deportiert.[32]
  • Im April 1943 wurden 10 Transporte mit 2.677 Personen eingeliefert.[33] Zu den im April eingelieferten Häftlingen gehört Otto Rosenberg, der mit den anderen Häftlingen aus dem durch fast vollständige Deportation nach Auschwitz aufgelösten Lagers „Berlin-Marzahn Rastplatz[34] gehörte. Auch Ewald Hanstein wurde aus Marzahn deportiert.[35]
  • Im Mai 1943 wurden 11 Transporte mit 2.014 Personen eingeliefert.[36] Diese Transportgrößen wurden danach nicht mehr erreicht.
  • 1943 begannen auch die Deportation aus dem im Burgenland gelegenen „Zigeuner-Anhaltelager Lackenbach“.[37]
  • Am 17. Januar 1944 trafen 351 Häftlinge aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Norwegen aus dem SS-Sammellager Mechelen in Malines ein.[38]
  • Am 12. Mai 1944 wurden die 39 Sinti-Kinder von Mulfingen aus dem Kinderheim St. Josefspflege in das KZ Auschwitz-Birkenau eingeliefert, die Eva Justin zur Erlangung des Doktortitels gedient hatten. Die Jungen erhielten die Nummern Z-9873 bis Z-9892, die Mädchen Z-10629 bis Z-10647.[39]
  • Am 16. Mai 1944 ging ein Transport von 244 Personen aus dem Durchgangslager Westerbork nach Auschwitz, darunter befand sich auch Settela Steinbach.

Guppenselektionen und Verbleib weiterer Häftlingsgruppen

Aufgrund der Lebensbedingungen starben zahlreiche Häftlinge. Daneben wurden die Häftlingszahl durch größere Mordaktionen und Transporte in andere Konzentrationslager verringert.

  • Am 23. März 1943 wurden etwa 1700 Männer, Frauen und Kinder aus den Baracken 20 und 22, die aus Białystok eingeliefert waren und bei denen Verdacht auf Typhus bestand in den Gaskammern getötet. Diese Häftlinge sind nicht im Hauptbuch verzeichnet.[40]
  • Am 25. Mai 1943 wurden 507 Männer und 528 Frauen als typhuskrank oder typhusverdächtig in den Gaskammern ermordet, die Todesdaten wurden im Hauptbuch verschleiert.[41]
  • Am 9. November 1943 wurden auf Anforderung des Straßburger Professors und Nobelpreiskandidaten Eugen Haagen einhundert Häftlinge für Typhusexperimente nach Natzweiler verlegt. Sie befanden sich in einer sehr schlechten Verfassung (Haagen: "nicht brauchbar"), so daß die bis dahin Überlebenden 82 Häftlinge zurückbeordert wurden. Von ihnen starben weitere zwölf auf dem Transport. Ein zwischen dem 8. und 14. Dezember eintreffender Ersatztransport folgte. An dem größeren Teil der Gruppe vollzog Haagen Flecktyphus-Experimente. Ein anderer Teil der Häftlinge sowie Häftlinge aus der ersten Gruppe waren Phosgengas-Experimenten durch den Straßburger Professor Otto Bickenbach ausgesetzt.[42] Haagen publizierte die Ergebnisse seiner Typhusexperimente 1944 in einer deutschen Fachzeitschrift. Dabei erklärte er unverhohlen, dass es sich bei einem Teil seiner Probanden um die Angehörigen einer unerwünschten Minderheit gehandelt habe, die er vorsätzlich dem Risiko ausgesetzt habe, nicht zu überleben („40 nicht geimpfte Zigeuner“).
  • Am 27. November 1943 wurden 35 Häftlinge in die Strafkompanie überwiesen.[42]
  • Am 15. April 1944 wurden 884 Männer ins KZ Buchenwald und 473 Frauen ins KZ Ravensbrück überstellt.[42]
  • An Jom Kippur 1944 ließ Mengele zwischen den Pfosten eines Fußballtores in einer Höhe von etwa 1,50 m eine Latte anbringen und schätzungsweise 1000 Kinder, die diese Größe nicht erreichten, in die Gaskammern bringen.[15]

Ab Mitte Mai 1944 begann die Auflösung des Lagers.

Ende des Lagers

Am 16. Mai 1944 scheiterte nach einer Lagersperre am Widerstand der Häftlinge der erste Versuch, das Lager zu räumen.[42] Erst Tage später, am 23. Mai 1944, wurden etwa 1500 Häftlinge selektiert und nach KZ Auschwitz I verlegt, um sie in andere KZs zu überstellen; 82 Männer kamen ins KZ Flossenbürg und 144 Frauen ins KZ Ravensbrück.[42] Die endgültige „Liquidierung“ des „Zigeunerlagers“ erfolgte am 2. und 3. August 1944. Am 2. August um 19 Uhr wurde das „Zigeunerlager“ nach einem Befehl aus Berlin abgeriegelt.[43] 1408 Häftlinge wurden mit dem Güterzug ins KZ Buchenwald verlegt, die verbliebenen 2897 Frauen, Männer und Kinder in den Gaskammern getötet.[44][45][46][42]

„Wir hörten ein furchbares Geschrei. Die Zigeuner wußten, daß sie in den Tod geschickt werden sollten, und sie schriehen die ganze Nacht. Sie waren lange in Auschwitz gewesen. Sie hatten gesehen wie die Juden an der Rampe ankamen, hatten Sektionen gesehen und zugeschaut, wie alte Leute und Kinder in die Gaskammer gingen. [Und darum] schrien sie.“

Menashe Lorinczi (Häftling aus Mengeles Zwillingsgruppe)[47]

„Erst als sie barackenweise nach dem Krematorium I wanderten merkten sie es. Es war nicht leicht sie in die Kammern hineinzubekommen.“

Rudolf Höss (Kommandant in Auschwitz).[48]

„Die Sinti haben sich auch gegegen die "Liquidierung" des "Zigeunerlager" zur Wehr gesetzt. Das war eine ganz tragische Geschichte. Da haben die Sinti aus Blech Waffen gemacht. Sie haben die Bleche zugespitzt zu Messern. Damit und mit Stöcken haben sie sich bis zum Äußersten gewehrt. Ich kenne eine Augenzeugin, eine Polin, Zita hieß sie, die bei uns gegenüber im Arbeitseinsatz, die hat die Auflösung des "Zigeunerlagers" miterlebt. Sie hat mir später unter Tränen erzählt, wie sich die Sinti so verzweifelt geschlagen und gewehrt haben, weil sie wußten, daß sie vergast werden sollten. Und dann wurde dieser Widerstand mit Maschinenpistolen niedergeschossen [...]“

Elisabeth Guttenberger (Häftling des "Zigeunerlagers")[49]

Wer, wann und warum den Entschluss zur Auflösung des Lagers, d.h. die Verlegung der Häftlinge in andere KZs bzw. die Ermordung der Zurückgebliebenen getroffen hatte ist unklar. Höß konstruierte einen Zusammenhang des persönlichen Besuches Himlers 1942, dem er „die vollgestopften Wohnbaracken, die ungenügenden hygienischen Verhältnisse, die vollbelegten Krankenbaracken“ des „Zigeunerlager“ gezeigt habe. „Er sah alles genau und wirklichkeitsgetreu und gab uns den Befehl, sie zu vernichten, nachdem die arbeitsfähigen wie bei den Juden ausgesucht.“ [50] Dies kann schon zeitlich nicht stimmen: Der zweite und letzter Besuch Himmlers in Auschwitz war am 17. und 18. Juli 1942. [51], zu diesem Zeitpunkt gab es das „Zigeunerlager“ noch nicht. Höss selbst kehrte, nachdem er Auschwitz im November 1943 verlassen hatte, zwischen dem 8. Mai und 29. Juni 1944 ins Lager zurück, zu dieser Zeit begann die SS die Vorbereitungen zur Auflösung des gesamten Lagers zu Treffen.[52]

Michael Zimmermann weist im Zusammenhang mit der „Auflösung“ des „Zigeunerlager“ auf einen Brief Arthur Nebes, des Chef des für die Vernichtung der inländischen „Zigeuner“ zentralen Reichskriminalpolizeiamtes vom 5. Mai 1944 hin. Nebe hat in dem Brief nicht nur vorgeschlagen „Zigeuner“ aus KZs für die „Meerwasserversuche“ als Probanden zu nutzen, sondern angekündigt, dass er wegen der „zigeunerischen Menschen“ demnächst dem Reichsführer SS einen „besonderen Vorschlag“ unterbreiten werde.[53]

Bereits Ende Mai 1944 wurden in einem Teil des ehemaligen „Zigeunerlagers“ aus Ungarn und Polen deportierte, nicht als Häftlinge registrierte, Juden untergebracht. Dieses Areal diente als Durchgangslager für die Menschen, die nach der Selektion als arbeitsfähig galten und später nach Deutschland zur Zwangsarbeit weitertransportiert werden sollten. Zudem diente das Lager später zeitweise auch als Durchgangslager für neueingelieferte Häftlinge zur Quarantäne nach Auflösung des „Quarantänelagers“. Ab Mitte bis Ende November 1944 befanden sich mit Stand vom 18. Januar 1945, dem Zeitpunkt der Lagerauflöung, 4.428 Frauen bzw. Mädchen und 169 Jungen aus dem Frauenlager (B Ia) in dem ehemaligen „Zigeunerlager“. Diese Menschen galten als nicht mehr arbeitsfähig.[54] Kurz vor der „Evakuierung“ des KZ-Auschwitz wurden die Zwillingskinder, die Mengele für seine Experimente nutzte in das „Zigeunerlager“ verlegt − die Kinder hatten Angst, weil sie wußten das damit ihre unmittelbare Ermordung geplant war. [55] Ab November 1944 begann der Abriss von Auschwitz durch die SS. Das Stammlager und Auschwitz-Birkenau wurden am frühen Nachmittag des 27. Januar von der Roten Armee befreit.[56][57]

Heutiger baulicher Zustand, Museum und Weltkulturerbe

Die Sowjetunion übergab das Gelände des Lagers 1947 an Staat Polen, das polnische Parlament erklärte das Gelände am 2. Juli 1947 zu einem Museum. Seit 1979 steht das ehemalige KZ und damit auch auch das „Zigeunerlager“ auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO. Von den Holzbaracken sind nur noch Reste, besonders steinerne Fundamente und Schornsteinfragmente zu sehen, die Reste werden konservatorisch erhalten.[58]

Funktionshäftlinge im „Zigeunerlager“

Hermann Diamanski, Lagerältester, der von den Häftlingen als „Zigeunerbaron“ bezeichnet wurde und sich nach Aussagen von Überlebenden für diese einsetzte.[59] Ein weiterer Lagerältester im Zigeunerlager war der Häftling mit der Nummer 1, Bruno Brodniewicz, der auch erster Lagerältester im Stammlager des KZ Auschwitz gewesen war. KZ-Überlebende berichteten später, dass Brodniewicz Häftlinge schlimm misshandelt hatte.[60]

Lagerpersonal im „Zigeunerlager“ Auschwitz

Lagerführer

Die Lagerführer des „Zigeunerlagers“ wechselten sehr häufig. In den 17 Monaten, in denen das Lager betrieben wurde, waren neun SS-Führer nacheinander mit der Leitung beauftragt.

Leiter der Politischen Abteilung

Die Politische Abteilung in diesem Lagerabschnitt (Baracke 8), das sogenannte „Zigeunerreferat“, wurde von Pery Broad geleitet.[2]

Tödliche Wissenschaft und Medizin

Mengele nutze die Möglichkeiten, die das Lager bot, für Menschenversuche und das Sammeln vielfältiger Proben und Messwerte; um diese zu erhalten tötete er auch Häftlinge.

Einen „Glücksfall“ für die NS-Wissenschaft und das Todesurteil für die Betroffenen war, dass die Schülerin Otmar von Verschuers und Wissenschaftlerin Karin Magnussen am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie unter „Zigeunermischlingen“ einer „Sippe“ mehrere Zwillinge entdeckte, die unterschiedlich farbige Augen besaßen. Die Zwillinge wurden aufgrund der Vorarbeiten der Rassenhygienischen Forschungsstelle(RHF) und der Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesen genealogisch untersucht. Die Familie wurde im März 1943 nach Auschwitz deportiert, dort war sie Josef Mengele, der bei Verschuer promoviert hatte, angekündigt worden. Die Zwillingspaare wurden ermordet und ihre Augen ans Kaiser-Wilhelm-Institut zur wissenschaftlichen Auswertung geschickt.[62] Nach Aussagen eines Häftlingsarztes wurden, da nur die Augen von sieben Zwillingspaaren versandfertig waren, das achte Paar aus den Augen zweier Leichen zusammengestellt und nach Berlin geschickt.[63] Die Präparate des Heterochromie-Projektes wurden nach dem Ende der NS-Zeit bei einem Gespräch mit Verschuer Hermann Langbein gezeigt. Verschuer heuchelte Unwissenheit über die Herkunft.[64]

Nach Aussage des Häftlingsarztes Adam C. tötete Mengele ein „Zigeunerzwillingspärchen“ im Alter von sieben oder acht Jahren, bei dem eine Unklarheit über die Schwellung der Gelenke bestand. Die Vertreter der über 15 Fachdisziplinen die unter den Häftlingsärzten vertreten waren, hatten eine andere Diagnose als Mengele vertreten. Mengele bestand auf seiner Diagnose Veränderungen aufgrund einer Tuberkulose. Er wies Adam C. an, an seinem Platz zu bleiben, kehrte nach einer Stunde zurück und teilte mit, dass es keine Tuberkulose gewesen sei: „Jawohl, ich habe sie seziert.“ Mengele hatte die beiden Kinder mit Genickschuss getötet und die noch warmen Leiber selbst untersucht, wie sich der Häftlingsarzt Miklós Nyiszli erinnerte.[65]

Nyiszli berichtet auch über weitere Morde: „In einem Arbeitsraum neben dem Sektionssaal warteten 14 Zigeunerzwillinge unter Bewachung von SS, bitter weinend. Dr. Mengele sagte kein Wort zu uns, bereitete eine 10 ccm und eine 5 ccm-Spritze vor. Aus einer Schachtel legte er Evipan, aus einer anderen Chloroform, das sich in 20 ccm-Gläschen befand, auf den Operationstisch. Danach führten sie den ersten Zwilling herein, es war ein 14 Jahre altes Mädchen. Dr. Mengele befahl mir, das Mädchen zu entkleiden und auf den Seziertisch zu legen. Danach spritze er in dessen rechten Arm intravenös Evipam ein. Nachdem das Kind eingeschlafen war, tastete er die linke Herzkammer aus und injizierte 10 ccm Chloroform. Das Kind war nach einer einzigen Zuckung tot, worauf Dr. Mengele es in die Leichenkammer bringen ließ. In dieser Weise folgte in dieser Nacht die Tötung aller 14 Zwillinge.“[66]

Helmut Clemens berichtet über seine Hilfsdienste für Mengele: „Abends musste ich die Leichen [Des Krankenbaus], die in einer kleinen Hütte gestapelt waren, einzeln herausziehen, die Nummern am Arm notieren und einige zu Dr. Mengele hineintragen. Er hat sie dann irgendwie aufgeschnitten. In den Regalen standen überall Gläser, in denen sich Organe befanden, Herzen, Gehirne, Augen und menschliche Teile. Ich war bei Mengele, wenn er Zwillinge aussuchte für seine Experimente, ich musste sie dann zu ihm bringen, er hat ihnen extra Nummern gegeben […] Einmal war ich aber doch bei ihm im Raum, zufällig, da habe ich gesehen, wie die Kinder irgend eine Flüssigkeit in die Augen bekommen haben, sie bekamen dann riesengroße Augen. Einige Tage später habe ich dieselben Kinder dann tot in der Leichenbaracke gesehen. Solche Versuche machte Dr. Mengele jeden zweiten oder dritten Tag im Lager.“[67]

Juristische Aufarbeitung

Beim Prozess gegen Adolf Eichmann, der zwischen dem 11. April und 15. Dezember 1961 in Jerusalem stattfand wurde als elfter eigenständiger Anklagepunkt die Deportation von vielen zehntausenden "Zigeunern" verhandelt. Darunter fielen auch Deportationen nach Auschwitz. Im Urteil blieben diese unbeachtet, da Eichmann in den Augen der Richter nicht nachgewiesen werden konnte, dass er von der geplanten Vernichtung gewusst habe.[68]

Beim ersten Frankfurter Auschwitzprozess (1963/65) wurden Franz Johann Hofmann, Oswald Kaduk und Hans Stark auch wegen Mord und gemeinschaftlich begangenen Mord in zahlreichen Fällen an „Zigeunern“ verurteilt.[69]

Die Angeklagten des Prozesses versuchten sich als „edel, hilfreich und gut, darzustellen“. Sie bauten Spielplätze für „Zigeunerkinder“ und trieben Gymnastik mit den Lagerinsassen.[70] So beispielsweise der Angeklagte Hofmann:

Herr Vorsitzender; sagt er, darf ich zeigen, wo ich den Kinderspielplatz einrichtete, mit Sand für die Kleinen zum Spielen? Hofmann darf. Können Sie folgen, Herr Vorsitzender? Auf der Karte des Zigeunerlagers zeigt er auf den Aufenthaltsraum für die lieben Kleinen. Dann erklärt er, wie er mit Zigeunern „Sport“ getrieben habe: Herr Vorsitzender, wir haben Freiübungen gemacht. Landgerichtsdirektor Hofmeyer: Herr Hofmann, es ist hier kein Mensch, der Ihnen das abnimmt, das war doch Strafexerzieren, was dort geschah. Hofmann: Nein, lediglich Bewegung in frischer Luft. Der Angeklagte weint - offenbar, weil er sich unverstanden fühlt. Frage des Vorsitzenden: Wo sind die 50 Kinder geblieben, die im Stammlager untergebracht waren? Hofmann: Ich erinnere mich nicht. In SS-Akten aus Auschwitz ist es festgehalten. Hinter jedem Namen ist "B/II/F" vermerkt. Der Vorsitzende fragt, was das bedeute. Hofmann: Birkenau, Feuerstelle 2.

DER SPIEGEL 6/1964[70]

Das abgetrennte Verfahren gegen Pery Broad wegen Beihilfe zum Mord an 3000 „Zigeunern“ war seit 1967 anhängig, wurde aber nicht beendet. Verurteilt wurde Broad beim Auschwitz Prozess wegen Beihilfe zum Mord an 2000 jüdischen Häftlingen.[71]

Wilhelm Boger, wurde ebenfalls beim ersten Auschwitzprozess wegen wegen Mitwirkung bei Massentötungen, Häftlingsselektionen, Tötung von Häftlingen bei verschärften Vernehmungen und anderen Delikten zu lebenslänglich und zusätzlich 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. [72] Im Prozess wurden auch Morde an „Zigeunern“ offenbar:

„Eine Zigeunerin, die Zwillinge hatte, wollte ihren Kinderwagen nicht hergeben. Sie wehrte sich verzweifelt. Da griff Boger die beiden Babys an den Beinen und schleuderte sie gegen den Ofen. Ebenso sadistisch mordete er, als das Zigeunerlager „aufgelöst", die Insassen ins Gas getrieben wurden: Sieben Kinder, im Alter von vier bis sieben Jahre, packte Boger und warf sie an die Barackenwand. Sie waren sofort tot.“

Dietrich Strothmann: Im Schatten des Galgen. In: Die Zeit vom 24.4.1964

Der ehemalige Lagerälteste Hermann Diamanski sagte während des I. Frankfurter Auschwitzprozesses am 19. März 1964 als Zeuge gegen Boger und zur „Liquidierung des Zigeunerlagers“ aus.[73]

Literatur

Filme

  • Melanie Spitta: Es ging Tag und Nacht, liebes Kind: Zigeuner (Sinti) in Auschwitz (75 min, 1982)

Nachweise und Anmerkungen

(GB) Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau in Zusammenarbeit mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg: Gedenkbuch: Die Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz Birkenau. Saur-Verlag, München u.a. 1993, ISBN 3-598-11162-2. (Im Folgenden zitiert als Gedenkbuch)

  1. a b S. 1554.
  2. S. 1554, 1660.
  3. S. 1576f.
  4. S. 1561f.
  5. a b c S. 14.
  6. a b S. XXXVII.
  7. S. 726.
  8. S. 1660.
  9. S. 1554, 1657.
  10. S. 1555, 1660.
  11. S. 1656.
  12. S. 1655.

  1. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid: Die nationalsozialistische »Lösung der Zigeunerfrage«. In: Landeszentrale für politische Bildung: Die nationalsozialistische Verfolgung Hamburger Roma und Sinti. Fünf Beiträge Hamburg 2006. S. 23.
  2. a b Irena Strzelecka, Piotr Setkiewicz: Das Zigeuner-Familienlager BII e. In: Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz, in: Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Oswiecim 1999, Band 1: Aufbau und Struktur des Lagers, S. 105
  3. Bernhard Streck: Zigeuner in Auschwitz. Chronik des Lager B IIe. In: Mark Münzel, Bernhard Streck (Hrsg): Kumpania und Kontrolle : moderne Behinderungen zigeunerischen Lebens. Focus-Verlag, Giessen 1981, ISBN 3-88349-210-8, S. 76. (Im Folgenden zitiert als Chronik)
  4. Buchenwaldtagebuch nach Chronik S. 76.
  5. Beispielsweise: Menashe Lorinczi in einem Interview. Nach: Lucette Matalon Lagnado und Sheila Cohn Dekel: Die Zwillinge des Dr. Mengele. Reinbeck bei Hamburg, 1994, S. 78
  6. Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme., München 2007, S. 115f.
  7. Chronik S. 77.
  8. Nach Gedenkbuch S. 1501.
  9. Nach Gedenkbuch S. 1508.
  10. a b c d Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme. C. H. Beck Verlag, München 2007, S. 116f.
  11. Nach Gedenkbuch S. 1495.
  12. Nach Gedenkbuch S. 1510.
  13. Nach Gedenkbuch S. 1508.
  14. Zdenek Zofka: Der KZ-Arzt Josef Mengele. Zur Typologie eines NS-Verbrechers. In: München 1986, S. 248-255.
  15. a b c Zdenek Zofka: Der KZ-Arzt Josef Mengele. Zur Typologie eines NS-Verbrechers, München 1986, S. 256.
  16. nach Bernhard Streck: Zigeuner in Auschwitz. Chronik des Lager B IIe. In: Mark Münzel, Bernhard Streck (Hrsg): Kumpania und Kontrolle : moderne Behinderungen zigeunerischen Lebens. Focus-Verlag, Giessen 1981 Grafik der Seite 83
  17. Tadeusz Szymański, Danuta Szymańska, Tadeusz Śnieszko: Das „Spital“ im Zigeuner-Familienlager in Auschwitz-Birkenau. In: Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Die Auschwitz-Hefte, Band 1; Hamburg 1994,ISBN 3-8077-0282-2, S. 200
  18. Nach Joachim S. Hohmann: Geschichte der zigeunerverfolgung in Deutschland. 1988, S. 177f.
  19. Suchzugriff auf die Einträge der Sterbebücher und des Zigeunerlagers
  20. Thomas Grotum: Sicherung und verbesserte Erschließung eines Archivbestandes: Das Beispiel Auschwitz-Birkenau, in: EDV-Tage Theuern 1995. Tagungsbericht, hrsg. vom Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern, vom Haus der Bayerischen Geschichte und von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen, München/Theuern 1996, S. 60-69. Insbesondere zum Abgleich der verschiedenen Datenbestände.
  21. Franciszek Piper: Die Zahl der Opfer von Auschwitz. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1993, S. 102.
  22. Auszug aus dem Buch des Blockes 22b im Frauenlager Birkenau. Signatur APMO D-AuII-3/1 S.87, als Dok 33 auch im Gedenkbuch S. 1605.
  23. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. In: Hefte von Auschwitz. 4 (1961), S. 85, Chronik S. 77, Gedenkbuch S. 1554.
  24. Franciszek Piper: Die Zahl der Opfer von Auschwitz . Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1993, S. 151.
  25. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid: Die nationalsozialistische »Lösung der Zigeunerfrage«. In: Landeszentrale für politische Bildung: Die nationalsozialistische Verfolgung Hamburger Roma und Sinti. Fünf Beiträge Hamburg 2006. S. 23.
  26. Gedenkbuch S.733
  27. Gedenkbuch S.1554
  28. Mahnmal für die Sinti. Moorwaldweg im Altwarmbüchener Moor
  29. Beispiel: Rudolf Weiss, Z-135, geboren 8.4.1936 er starb noch 1943 im Lager. Gedenkbuch S.736
  30. Hauptbuch Frauen S.41, leider ohne Datierung
  31. Gedenkbuch S.936
  32. Gedenkbuch S.1066
  33. Gedenkbuch S.1555
  34. Reimar Gilsenbach: Oh Django, sing deinen Zorn. Sinti und Roma unter den Deutschen. Berlin 1993, S. 145
  35. Gedenkbuch S. 1212f. Z-8181, kein Einlieferungsdatum, nächstes vorhergehendes Datum ist der 14.5.1943 bei Lothar Weiss Z-8179, der am 11.5.1943 in Birkenau geboren wurde und das Lsger nicht überlebt hat.
  36. Gedenkbuch S.1555
  37. Cornelia Sulzbacher: Das „Zigeunerlager“ Lackenbach im österreichischen Burgenland
  38. Gedenkbuch S.1556
  39. Joachim S. Hohmann: Geschichte der Zigeunerverfolgung in Deutschland. 1988, S. 147
  40. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. In: Hefte von Auschwitz. 4 (1961), S. 85, Chronik S. 77, Gedenkbuch S. 1554.
  41. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. In: Hefte von Auschwitz. 4 (1961), S. 101f, Chronik S. 87, Gedenkbuch S. 1555.
  42. a b c d e f S. 1556; Robert Steegmann, Das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof und seine Außenkommandos an Rhein und Neckar 1941-1945, Berlin 2010, S. 54ff., 437ff.;
  43. Lucette Matalon Lagnado und Sheila Cohn Dekel: Die Zwillinge des Dr. Mengele. Reinbeck bei Hamburg, 1994, S. 79.
  44. Till Bastian: Auschwitz und die "Auschwitz-Lüge": Massenmord und Geschichtsfälschung. Beck, München 1997, ISBN 3-406-43155-0, S. 47.
  45. Deutsches Historisches Museum: Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
  46. „Liquidierung“ des „Zigeunerlagers“ in Auschwitz August 1944. auf der Webseite des Suchdienstes Arolsen.
  47. zitiert nach: Lucette Matalon Lagnado und Sheila Cohn Dekel: Die Zwillinge des Dr. Mengele. Reinbeck bei Hamburg, 1994, S. 79f.
  48. Stuttgart 1993, S. 109.
  49. Gedenkbuch S. 1501f.
  50. Martin Broszat: Kommandant in Auschwitz - Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höss, dtv, München 1963, S. 109 auch S. 181
  51. Martin Broszat: Kommandant in Auschwitz - Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höss, dtv, München 1963, S. 181
  52. Michael Zimmermann: Von der Diskriminierung zum „Familienlager“ Auschwitz. In: Dachauer Hefte. Bd. 5, 1994 (dtv) S. 87-114, hier S. 113
  53. Michael Zimmermann: Von der Diskriminierung zum „Familienlager“ Auschwitz. In: Dachauer Hefte. Bd. 5, 1994 (dtv) S. 87-114, hier S.113
  54. Irena Strzelecka, Piotr Setkiewicz: Das Zigeuner-Familienlager BII e. In: Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz, in: Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Oswiecim 1999, Band 1: Aufbau und Struktur des Lagers, S. 106f
  55. Lucette Matalon Lagnado und Sheila Cohn Dekel: Die Zwillinge des Dr. Mengele. Reinbeck bei Hamburg, 1994, S. 82
  56. Nikolai Politanow: „Wir trauten unseren Augen nicht. In spiegel.de vom 27. Jan. 2008.
  57. Bundesministerium der Justiz: Verzeichnis der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos gemäß § 42 Abs. 2 BEG Nr.130, Birkenau = Brzezinka (Auschwitz II), 26. November 1941 bis 27. Januar 1945
  58. Bild des heutigen Zustandes aus der niederländischen Wikipedia: [1], das "Zigeunerlager" (Blick vom Südrand des Bauabschnittes B II) ist im Hintergrund zu erkennen.
  59. Heiko Haumann: Hermann Diamanski: Ein deutsches Schicksal zwischen Auschwitz und Staatssicherheitsdienst. Perspektiven der Erinnerung, in: Birgit E. Klein; Christiane E. Müller, (Hg.): Memoria – Wege jüdischen Erinnerns. Festschrift für Michael Brocke zum 65. Geburtstag, Berlin 2005, S. 505 (pdf)
  60. Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme., München 2007, S. 185f.
  61. a b c d e Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz, in: Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Oswiecim 1999, Band 1: Aufbau und Struktur des Lagers, S. 238f
  62. Hans-Walter Schmuhl: Grenzüberschreitungen: Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927 - 1945. Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-799-3, S. 472ff, 478.
  63. Robert Lifton: Ärzte im Dritten Reich, Klett-Cotta, Stuttgart 1988, S.422f.
  64. Robert Lifton: Ärzte im Dritten Reich, Klett-Cotta, Stuttgart 1988, S. 423.
  65. Robert Lifton: Ärzte im Dritten Reich, Klett-Cotta, Stuttgart 1988, S. 411.
  66. Aussage Miklós Nyiszli vom 28. Juli 1945, nach Robert Lifton: Ärzte im Dritten Reich, Klett-Cotta, Stuttgart 1988, S. 410f.
  67. Nach Gedenkbuch S. 1495.
  68. Hannah Ahrendt: Eichmann in Jerusalem. 1991. S.291f
  69. Geschichte des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963–1965) S.12
  70. a b Justiz. Auschwitz-Prozess. Feuerstelle 2. In: Der Spiegel, Ausgabe 6/1964 vom 5. Februar 1964, S. 28
  71. Jan Knittermeier: Sinti und Roma: Vergessene Opfer?: Entschädigungspraxis und Bürgerrechtsbewegung in der Bundesrepublik, 2006, S.49
  72. Michael Kienzle und Dirk Mende: Fritz Bauer:„Wir können aus der Erde keinen Himmel machen, aber jeder von uns kann etwas tun, dass sie nicht zur Hölle wird“ - Wilhelm Boger: „Ich bin der Teufel“. In: Reihe Denkblatt, hrsg. v. der Stiftung Geißstraße Sieben, Stuttgart 12/2006.
  73. Heiko Haumann: Hermann Diamanski: Ein deutsches Schicksal zwischen Auschwitz und Staatssicherheitsdienst. Perspektiven der Erinnerung, in: Birgit E. Klein; Christiane E. Müller, (Hg.): Memoria – Wege jüdischen Erinnerns. Festschrift für Michael Brocke zum 65. Geburtstag, Berlin 2005, S. 505 (pdf)