Chromatisches Akkordeon
Die chromatische Knopfgriff Harmonika
Der Anfang
Seit 1870 spielten die Geiger Johann und Josef Schrammel in Georg Dänzers Quartett (ein hervorragender G-Klarinettist) zusammen mit Anton Strohmayer an der Kontragitarre. Man spielte Ländler, Polkas und die legendären alten Tanz. 1872, im Jahr des großen Börsenkrachs und einer darauf folgenden weitreichenden "Zurück zur Natur"-Bewegung, (der Wiener resigniert gern ;-)) hieß die exakt selbe Besetzung Die Schrammeln, nachdem die beiden Geiger ihre Studien beendet und den Wunsch nach Karriere in der Hochkultur aufgegeben hatten. Sie bereisten ganz Europa und näherten durch Virtuosität und strengen mehrstimmigen Satz die Volksmusik der "Klassik" an. Johann Strauss Sohn und Kronprinz Rudolf waren bekennende Fans, wo sie spielten, war ausverkauft und sie erfanden den Musiktourismus in seiner heutigen Form: was heute der Buschauffeur in Grinzing, waren damals die Fiaker.
1890 starb Georg Dänzer, und aus Mangel an guten Klarinettisten ersetzte ihn Anton Ernst, ein Cousin von Johann Schrammels Frau und der erste bekannte "Schrammel"-harmonikaspieler. Von ihm sind keine Kompositionen, aber mehrere sehr gute Arrangements und eine Harmonikaschule erhalten.
Ein vermutlicher Vorfahre der Schrammelharmonika ist ein dreireihig diatonisches Instrument (B-Es-As), das 1872 gebaut wurde (anonym) und am unteren Ende durch die beiden fehlenden Halbtöne erweitert wurde (kein Umbau feststellbar). Daraus schließe ich, dass schon zu dieser Zeit Bedarf nach chromatischer Bereicherung der an sich diatonischen österr. Volksmusik bestand. Es muss aber sehr kompliziert gewesen sein, die Halbtöne sinnvoll einzusetzen, zumal sie nur je einmal vorhanden waren.
Ein Grazer Musiker besitzt, wie ich hörte, eine Schrammelharmonika, die 1874 von Walther gebaut wurde. Ich habe sie selbst noch nicht gesehen.
Hingegen sind mir etliche Instrumente von Karl Budowitz begegnet, sie wurden im Zeitraum von 1882 bis 1925 gebaut. Bei allen außer einem wurde (vermutlich von Franz Kuritka) das ursprünglich schwarz polierte Holzgehäuse mit Bakelit verkleidet und mit einer schwarzen Kunststofffolie mit weißen Kanten versehen.
Die älteste Schrammelharmonika, die ich selbst gesehen habe (und besitze), ist eine Budowitz von 1889. Sie wurde in den 1950er(?) Jahren umgebaut, und zwar wurden am unteren Ende der chromatischen Skala drei Töne hinzugefügt, so dass das Instrument nunmehr einen Tonumfang vom G bis zum b hat.
In gleicher Weise wurde die zur Zeit "älteste", von 1882, umgebaut, die im Besitz eines Wiener Sammlers ist.
Auch eine Budowitz von 1891, die mir der Maler, Komponist und Akkordeonist Karl Hodina dankenswerterweise schenkte, gehört dazu. Sie hat allerdings außerdem reguläre Akkordeonbässe (Grundton, Terz, sowie Dur-, Moll- und Septakkorde) erhalten.
In Wien nennt man das Instrument bis heute "Budowitzer", wer nachfragt, kriegt ein gemaultes "na, die Knöpferl halt" zu hören. Ich behaupte hiermit, dass Karl Budowitz, als Zweitnamensgeber, der wahre Erfinder der Schrammelharmonika ist. Auch über ihn ist mir nichts näheres bekannt, sein Name deutet auf tschechische Vorfahren hin. Und die Tschechen, das weiss man ja, haben nicht nur einen Haufen Instrumente, sondern die Musik ganz allgemein erfunden ;-).
Weitere Information: http://www.nonfoodfactory.at/schrammelharmonika/geschichte.html http://www.nonfoodfactory.at/schrammelharmonika/graph/harmsw.gif