Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger | |
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Abkürzung | DGzRS |
Zweck | Seenotrettung |
Gründungsdatum | 29.5.1865 |
Gründungsort | Kiel |
Sitz | D28199 Bremen |
Webpräsenz | http://www.dgzrs.de/ |
MMSI | 00 211 1240 |
Funkrufname | Bremen Rescue |
Telefonzentrale | +49 421 537 070 |
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) ist eine deutsche Seenotrettungsorganisation. Im Seenotfall ist sie zuständig für den Such- und Rettungsdienst (SAR: Search and Rescue). Die nicht-staatliche DGzRS ist ein „rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung“ – das entspricht dem eingetragenen Verein, der jedoch erst mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1900 eingeführt wurde. Die 1865 gegründete DGzRS führt deshalb auch nicht den Zusatz „e.V.“ und ist nicht im Vereinsregister eingetragen. Sie finanziert sich ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen und ohne Steuergelder.[1] Schirmherr der DGzRS ist stets der amtierende Bundespräsident.




Aufgaben und Organisation der DGzRS
Die DGzRS führt ihre Aufgaben eigenverantwortlich und unabhängig durch. Einsatzzentrale für alle Maßnahmen im maritimen SAR-Dienst der Bundesrepublik ist die Seenotleitung Bremen (MRCC Bremen: Maritime Rescue Co-ordination Centre) der DGzRS (siehe Bremen Rescue Radio). Der Überwachungsbereich umfasst im Wesentlichen die deutschen Hoheitsgewässer und die deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszonen in Nord- und Ostsee.
Zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben verfügt die Gesellschaft heute über eine Rettungsflotte von 61 modernen, leistungsstarken Seenotkreuzern und Seenotrettungsbooten auf 54 Stationen zwischen der Emsmündung im Westen (westlichste Station ist Borkum) und der Pommerschen Bucht im Osten (östlichste Station ist Ueckermünde). Zusätzlich zu den 54 Stationen unterhält die DGzRS eine SAR-Schule in Bremen mit Außenstelle in Neustadt in Holstein. Die Gesellschaft kann auf 185 festangestellte und rund 800 freiwillige Mitglieder zurückgreifen. Im Jahr 2010 rettete die DGzRS bei 2044 Einsatzfahrten in Nord- und Ostsee insgesamt 110 Personen aus Seenot. 1020 Personen wurden aus kritischen Gefahrensituationen befreit. Weiterhin führte die DGzRS 476 Krankentransporte von Inseln oder Halligen auf das Festland durch. Ferner wurden 82 Schiffe vor dem Totalverlust bewahrt und 941 Hilfeleistungen aller Art erbracht. Zusätzlich wurden 447 Einsatzanläufe, Such-, Schlepp- und Sicherungsfahrten absolviert sowie 3054 Kontrollfahrten durchgeführt.
Weitere 600 ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützen die DGzRS an Land bei Ihren Spendensammlungen, Vorträgen oder Messen.
In der Gesamtbilanz seit dem Bestehen der Gesellschaft 1865 bis Ende 2008 sind über 75.515 Menschen aus Seenot gerettet oder aus lebensbedrohenden Situationen befreit worden.
Sitz der Gesellschaft ist Bremen. Sie ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation, die vollständig ohne staatliche Gelder auskommt. Einnahmen stammen z. B. aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden (ca. 74−76 %), Nachlässen, Kondolenzen u. Ä. (ca. 7−8 %), Beiträgen aus der Schifffahrt (ca. 7−9 %), Sammelschiffchen – gewissermaßen die kleinste Bootsklasse der DGzRS, deren Form an die alten Ruderrettungsboote erinnert − (ca. 6 %) sowie Zuwendungen aus Bußgeldern (ca. 3−5 %). 2006 beliefen sich die Einnahmen auf 30,3 Mio. Euro.
Geschichte
Die erste deutsche Rettungsstation wurde 1809 in Memel gegründet. Die Kaufmännische Korporation stiftete ein von Lotsen bemanntes Rettungsboot. Erstmals in Deutschland versuchte man 1827 in den flachen Küstengewässern bei Memel, Bergeleinen mit Hilfe von Kanonen zu gestrandeten Schiffen zu schießen.[2]1839 kam die private Einrichtung unter staatliche Verwaltung.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts verunglückten jährlich ca. 50 Schiffe vor den deutschen Nordseeinseln. Mangelnde Ausrüstung und das noch geltende Strandrecht verhinderten oft Rettungsmaßnahmen. Eines der fürchterlichsten Unglücke war dabei der Untergang der Johanne 1854 vor Spiekeroog, das 84 Auswanderer das Leben kostete. Von solchen Katastrophen bewegt, folgten Aufrufe zur Bildung eines nationalen Rettungswerkes. Aber erst 1861 wurden unabhängig voneinander in Emden, Bremerhaven und Hamburg Rettungsvereine gegründet. Die ersten Rettungsstationen wurden auf Juist und Langeoog eingerichtet.
Am 29. Mai 1865 vereinigten sich in Kiel diese Gesellschaften in der DGzRS mit dem gemeinsamen Ziel, Menschen aus Seenot zu retten. Zu den Initiatoren gehörten Adolph Bermpohl, Georg Breusing und Arwed Emminghaus. Erster Vorsitzender war der Mitbegründer des Norddeutschen Lloyds Konsul H. H. Meier. Besonders an der DGzRS interessiert zeigte sich Prinz Heinrich von Preußen. Ab 1887 unterhielt die DGzRS auch in Pillau, Memel und Mellneraggen Stationen. 1910 bestand vor der ganzen deutschen Küste, von Borkum bis Nimmersatt im Norden von Ostpreußen, ein durchgehendes und einheitlich ausgerüstetes Netz mit 129 Stationen.[2]
Schirmherr der DGzRS ist das amtierende Staatsoberhaupt Deutschlands, also seit dem Zweiten Weltkrieg der jeweilige Bundespräsident.
Die Seenotretter der DGzRS arbeiten teils ehrenamtlich, teils als festangestellte Mitarbeiter, jedoch immer unter dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Vom Bremer Senat wurde die DGzRS 1872 als juristische Person anerkannt. Die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach dem internationalen Übereinkommen von 1979 über Suche und Rettung auf See (SAR) werden durch die DGzRS offiziell wahrgenommen.
Die Ausrüstung bestand zunächst aus offenen Ruderrettungsbooten (RRB) und Korkschwimmwesten, später kamen einfache Raketenapparate mit Hosenbojen hinzu. Ab 1911 gab es die ersten Motorrettungsboote, die jedoch zunächst noch sehr unzuverlässig waren. Erst mit der Entwicklung kompakter und robuster Dieselmotoren erfolgte nach dem Ersten Weltkrieg die Umstellung auf gedeckte Motorboote, ab 1955 als Küstenrettungsboote (KR) bzw. -schiffe (KRS) bezeichnet.
Mit der Indienststellung des Seenotkreuzers Theodor Heuss im Jahre 1957 begann eine neue, wegweisende Ära im Bau moderner, vielseitig einsetzbarer Rettungsboote, die hin bis zum derzeit größten und modernsten Seenotkreuzer, der Hermann Marwede führte, einem 46 m langen Schiff.
Zukunft
Die Anforderungen an die Seenotrettung werden in diesem Jahrhundert stark ansteigen, zum einen durch eine zu erwartende Wetterverschlechterung, verursacht durch die Klimaerwärmung, und andererseits durch den stark steigenden Verkehr, vor allem in der Ostsee (z. B. der Ölverkehr aus Russland und dem Baltikum, aber auch durch steigenden Passagierverkehr). Dem trug die DGzRS mit dem Neubau des bisher größten Rettungskreuzers, der Hermann Marwede, und einem umfangreichen Umstationierungsprogramm Rechnung.
In den Jahren 2008 und 2009 wurde die Flotte weiter modernisiert: Zwei Kreuzer einer völlig neuen mittelgroßen Kreuzergeneration, der 20-Meter-Klasse, wurden in Dienst gestellt. Die Schiffe dieser Generation haben die zwei ältesten Einheiten der aktuellen 23,3-Meter-Klasse ersetzt und zeichnen sich durch einen sehr geringen Tiefgang aus, der ein Operieren in Watten- und Flachwasserbereichen ermöglicht. Erstmalig verzichtet man bei diesem Konzept auf Wohnunterkünfte für die Mannschaften an Bord. Die Stammbesatzung ist in unmittelbar angrenzenden Gebäuden am Anleger untergebracht. Durch dieses Novum kann der vorhandene Platz an Bord völlig neu genutzt werden. Auch werden diese Schiffe erstmals seit dem Seenotkreuzer Paul Denker wieder mit einem Festrumpfschlauchboot im Heck, anstelle eines konventionellen Tochterbootes ausgerüstet sein. Diese Maßnahme soll ebenfalls zur Kosten-, Gewichts- und Platzreduzierung beitragen. Ein drittes Schiff dieser Klasse wurde im Dezember 2009 in Auftrag gegeben und wird seit Januar 2011 auf seiner neuen Station Büsum erprobt.
Darüber hinaus wurde der Bauauftrag für SK 32 vergeben, der Ersatz für die 1978 gebaute Wilhelm Kaisen. Der neue Kreuzertyp wird knapp 36 Meter lang sein, die Inbetriebnahme ist für den Jahreswechsel 2011/2012 vorgesehen. Erstmalig wird bei diesem Kreuzertyp als Tochterboot ein schnelles Festrumpfschlauchboot mit geschlossenem Deckshaus zum Einsatz kommen, angelehnt an die Valentijn-Klasse des holländischen Seenotrettungsdienstes KNRM.
Seit 2008 bezeichnet sich die DGzRS in der Öffentlichkeit als „DGzRS – Die Seenotretter“. Auch der Schriftzug an der Leitstelle in Bremen wurde entsprechend neu gestaltet. Über die DGzRS Service GmbH werden Merchandise-Artikel der Gesellschaft vertrieben.
Die Flotte der DGzRS
Die DGzRS unterhält auf 54 Stationen in Nord- und Ostsee zurzeit 61 Rettungseinheiten: 20 Kreuzer und 41 Rettungsboote. Unterschieden wird dabei zwischen Seenotkreuzern (SK) und Seenotrettungsbooten (SRB).
Der Begriff Seenotkreuzer bezeichnet die größeren Einheiten der 20- bis 46-Meter-Klasse. Alle diese Einheiten haben trotz unterschiedlicher Größe gemeinsame Merkmale. Auffällig ist das in einer Heckwanne mitgeführte Tochterboot. Auch sind, mit Ausnahme der Seenotkreuzer der 20-Meter-Klasse, alle Kreuzer so konstruiert, dass die Mannschaft während der 14-tägigen Wache an Bord leben und schlafen kann. Gemeinsamkeit ist ferner der offene oder überdachte obere Führerstand, der so genannte Fahrstand (oder Brücke), der einen möglichst guten Rundumblick gewähren soll. Die Seenotkreuzer sind mit hauptberuflichen Seenotrettern besetzt. Die Seenotrettungsboote hingegen werden von Freiwilligen gefahren. Sie üben ähnlich wie z.B. Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren andere reguläre Berufe aus und besetzen im Notfall umgehend die Seenotrettungsboote, um in Not geratenen Menschen zu helfen. Boote dieser Klassen sind zwischen 6,8 und zehn Meter lang und verfügen an Bord über keinerlei Aufenthalts- oder Wohnbereiche.
Seenotrettungsboote und Seenotkreuzer operieren oftmals gemeinsam. Zur Unterstützung der Seenotkreuzer oder bei kleineren Einsätzen kommen die kleinen und wendigen Seenotrettungsboote zum Einsatz. Ihr typisches Revier sind die küstennahen Bereiche, sowie das Wattenmeer und die Boddengebiete. Die Seenotkreuzer hingegen können im Einsatzfall über mehrere Tage autark auf See operieren.
Zurzeit unterhält die DGzRS Einheiten aus zehn verschiedenen Typen; vier Bootstypen und sechs Kreuzertypen:
Seenotkreuzer der 46-m-Klasse |
Hermann Marwede Seeposition Deutsche Bucht/ Station Helgoland |
Seenotkreuzer der 44-m-Klasse | |
John T. Essberger Station Großenbrode |
Wilhelm Kaisen Station Sassnitz |
Seenotkreuzer der 36-m-Klasse | |
SK 32 in Planung |
Seenotkreuzer der 27-m-Klasse | |
Berlin Station Laboe |
Hermann Helms Station Cuxhaven |
Alfried Krupp Station Borkum |
Vormann Steffens Station Hooksiel |
Arkona Station Warnemünde |
Bremen Station Großenbrode |
Seenotkreuzer der 23,3-m-Klasse | |
Minden Station List/Sylt | |
Vormann Leiss Station Amrum |
Nis Randers Station Maasholm |
Vormann Jantzen Reservekreuzer Ostsee |
Hannes Glogner Reservekreuzer Nordsee |
Seenotkreuzer der 23,1-m-Klasse | |
Hermann Rudolf Meyer Station Bremerhaven |
Hans Hackmack Station Grömitz |
Theo Fischer Station Darßer Ort |
Bernhard Gruben Station Norderney |
Seenotkreuzer der 20-m-Klasse | |
Eiswette Station Nordstrand |
Eugen Station Greifswalder Oie |
SK 33 Station Büsum |
Seenotrettungsboote der 9,50 (10,1)-m-Klasse | |
Hans Ingwersen Station Travemünde |
Emil Zimmermann Station Puttgarden |
Neuharlingersiel Station Neuharlingersiel |
Heiligenhafen Station Heiligenhafen |
Casper Otten Station Langeoog |
Gillis Gullbransson Station Brunsbüttel |
Wilma Sikorski Station Wangerooge |
Werner Kuntze Station Langballigau |
Heinz Orth Station Freest |
Horst Heiner Kneten Station Hörnum |
Konrad-Otto Station Kühlungsborn |
Hertha Jeep Station Stralsund |
Kurt Hoffmann Station Glowe |
Nausikaa Station Vitte/Hiddensee |
Paul Neisse Station Eiderdamm |
Eckernförde Station Eckernförde |
Elli Hoffmann-Röser Station Baltrum |
Woltera Station Juist |
Seenotrettungsboote der 8,5-m-Klasse | |
Asmus Bremer Station Schilksee |
Marie Luise Rendte Station Schilksee |
Franz Stapelfeldt Station Maasholm |
Günther Schöps Station Timmendorf auf Poel |
Gerhard ten Doornkaat Station Ueckermünde |
Karl van Well Station Damp |
Dornbusch Station Breege |
Cassen Knigge Station Norddeich |
Otto Behr Station Wilhelmshaven |
Hellmut Manthey Station Lippe |
Hermann Onken Station Fedderwardersiel |
Jens Füerschipp Station Gelting |
Putbus Station Lauterbach |
Walter Merz Station Schleswig |
Crempe Station Neustadt |
Baltrum Station Horumersiel |
Bottsand Station Laboe |
Stralsund Station Prerow-Wieck auf dem Darß |
Boddenboote der 7-m-Klasse | |
Zander Station Zingst |
Hecht Station Zinnowitz |
Butt Station Zinnowitz |
Barsch Station Wustrow |
Festrumpfschlauchboot (RIB) | |
Dora (ex Rescue Uecker) Station Ueckermuende |
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ lt. DGzRS-Homepage, abgerufen am 1. Juni 2007
- ↑ a b Hans Georg Prager: Das Seenotwerk begann in Ostpreußen. Preußische Allgemeine Zeitung, Nr. 47, 21. November 2009, S. 11
Literatur
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