Unter Extensivgrünland (artenreiches Grünland) sind vorwiegend 1-2-schürige Heu- und Öhmdwiesen zu verstehen. Es gehören aber auch langjährig extensiv bewirtschaftete Weiden in Höhenlagen dazu. Solches Grünland wird standortgerecht genutzt und erfährt nur eine teilweise Rückführung der Nährstoffe über Wirtschaftsdünger (Stallmist, Jauche). Artenreiche Wiesen gehören zu den sog. FFH-Biotopen und genießen nach EU-Recht (Natura 2000) einen besonderen Schutz.

Abgrenzung
Extensivgrünland darf jedoch nicht mit "extensiviertem Grünland" gleichgesetzt oder verwechselt werden, das sich durch Reduzierung von Nutzungshäufigkeit und Düngung aus artenarmem Wirtschaftsgrünland heraus entwickelte, in der Regel aber (noch) nicht den besagten bioökologischen Wert besitzt.
Steckbrief
Allgemeine Bedeutung
- Ökologisch günstigste Landnutzungsform, (vor allem für die Tier- und Pflanzenwelt) mit mäßiger bis geringer Grundfutterqualität.
- Landschaftsästhetik, hoher Erholungs- und Erlebniswert
- Grundwasser-Schutz.
Ökonomische Merkmale
Grünlandtyp:
- Hochgras- und mittelgrasreiche Wiesen (Glatthafer, Goldhafer) bzw. Extensivweiden.
Nutzungstyp:
- Heubereitung! bei Weiden: Standweide, Hutung, Alm.
- Anzahl der Nutzungen: 1 bis 3
Ertragsspanne:
- 30 bis 70 dt TM pro ha (bei nur teilweiser Nährstoff-Rücklieferung über Hofdünger)
Qualitätsspannen:
- Energiedichte: 3,5 bis 5,8 MJ NEL pro kg TS
- Eiweißgehalt (Rohprotein): 8 bis 14 %
Milchleistung aus dem Grundfutter:
- bis 3000 kg pro Milchkuh und Jahr
Ökologische Merkmale
Standort:
Häufige standörtliche Gegebenheiten:
- flachgründige Böden, gern mit periodischer Trockenheit, oder
- jährliche Niederschlagssumme unter 700 mm, oder
- stark hängige Standorte, oder
- Bodenarten: Sand, anlehmiger Sand, lehmiger Sand
Artenreichtum:
- 25 bis 50 Pflanzenarten pro 25 qm Referenzfläche.
Indikatorarten:
Werden mindesten 4 Arten aus folgedem, 28-zähligen Artenkatalog auf einem Grünlandschlag gefunden, handelt es sich um artenreiches Grünland (Extensivgrünland). Dies wird nach MEKA B4 des baden-württembergischen Agrar-Umweltprogramms gefördert.
- Glockenblumen (Campanula spec.)
- Storchschnabel (Geranium spec.)
- Bocksbart (Tragopogon spec.)
- Margerite (Leucanthemum vulg.)
- Pippau (Crepis spec.)
- Rotklee (Trifolium pratense)
- Tag-Lichtnelke (Silene dioica)
- Wiesen-Salbei (Salvia pratensis)
- Klappertopf (Rhinanthus spec.)
- Flockenblumen (Centaurea spec.)
- Teufelskralle (Phyteuma spec.)
- Arnika (Arnica montana)
- Bärwurz (Meum athamanticum)
- Ferkelkraut (Hypochoeris radicata)
- Kleines Habichtskraut (Hieracium pilosella)
- Sand-Labkraut (Galium harcynicum)
- Kreuzblumen (Polygala spec.)
- Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris)
- Trollblume (Trollius europaeus)
- Sumpf-Vergißmeinnicht (Myosotis palustris)
- Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officin.)
- Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi)
- Bach-Nelkenwurz (Geum rivale)
- Wiesen-Knöterich (Polygonum bistorta)
- Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum)
- Flügel-Ginster (Genista sagittalis)
- Augentrost (Euphrasia spec.)
- Blutwurz (Potentilla erecta)
Biotopgrünland
Beim Biotopgrünland handelt es sich um das artenreichste Ökosystem Mitteleuropas: Auf 25 qm Referenzfläche kommen bis zu 70 Gefäßpflanzenarten vor. Diese Vielfalt wird in keinem anderen Biotop-Typ Mitteleuropas erreicht!
Literatur
- Briemle, G. (2003): Artenreiches Grünland in Baden-Württemberg. Eine Übersicht. - in: Oppermann/Gujer (Hrsg.): Artenreiches Grünland bewerten und fördern: 15-26. Ulmer-Verlag, Stuttgart, 200 S. (ISBN 3-8001-4261-9) [1].
- Dierschke, H. & G. Briemle (2002): Kulturgrasland. Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. - Ulmer-Verlag, Stuttgart 239 S. (ISBN 3-8001-3816-6) [2]
- Briemle, G., G. Eckert & H. Nussbaum (1999): Wiesen und Weiden. in: Konold / Böcker / Hampicke: Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege. Teil “Biotoptypen” S. 1-58; Teil “Landschaftspflege” S. 1-52. - Ecomed-Verlag Landsberg. (ISBN 3-609-72760-8) [3].
- Briemle, G. (1996): Pflanzensoziologie. - in: Grünland und Naturschutz. Konzeption für die Bundesrepublik Deutschland. S. 77-98 Hrsg.: Deutsche Naturlandstiftung, Lich. (ISBN 3-926411-93-7) [4].
- Briemle, G., M. Elsäßer, T. Jilg, W. Müller, H. Nußbaum (1995): Nachhaltige Grünlandbewirtschaftung in Baden-Württemberg. – in: Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft; Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1996: 215-256. (ISBN 3540610901) [5]
- Briemle, G. & C. Fink (1993): Wiesen, Weiden und anderes Grünland. Biotope erkennen, bestimmen, schützen. - Biotop-Bestimmungs-Bücher, Bd.1 (Hrsg.: H. Hutter); Weitbrecht-Verlag, Stuttgart, 153 S. (ISBN 3-7776-1190-5) [6].
- Briemle, G. , D. Eickhoff & R. Wolf (1991): Mindestpflege und Mindestnutzung unterschiedlicher Grünlandtypen aus landschaftsökologischer und landeskultureller Sicht. - Beiheft 60 der Veröff. Naturschutz Landschaftspflege, 160 S., Vertrieb: LfU Karlsruhe (ISBN 3-88251-161-3) [7].
- Dierschke, H. & G. Briemle (2002): Kulturgrasland. Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. – Ulmer-Verlag, Stuttgart, 240 S. [8].
- Nitsche, S. & L. Nitsche (1994): Extensive Grünlandnutzung. - Verlag Neumann, Radebeul; 247 S.
- Spatz, G. (1994): Freiflächenpflege. – Ulmer-Verlag, Stuttgart, 296 S.