Unter der Bezeichnung Elsässerdeutsch oder Elsässisch (elsässisch: Elsässerditsch) werden die im Elsass gesprochenen alemannischen Dialekte zusammengefaßt. Im größten Teil des Elsass wird Niederalemannisch gesprochen, lediglich der Sundgau im Süden gehört zum Hochalemannischen. Im äußersten Norden des Elsass wird Pfälzisch gesprochen.
Elsässisch seit 1945
Als direkte Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg wurde das Elsässische aus dem offiziellen Leben, also z.B. aus der Verwaltung und den Schulen, komplett verbannt, da versucht wurde, jegliche deutsche Einflüsse aus der elsässischen Kultur zu tilgen. In jüngerer Zeit wird jedoch versucht, diesen Prozess wieder umzukehren.
Elsässisch heute
Laut einer Studie von 2001 bezeichnen sich 61 Prozent der Bevölkerung des Elsass als elsässischsprechend (DNA/ISERCO Untersuchung veröffentlicht in "Dernières Nouvelles d’Alsace" vom 21. September 2001, im Artikel "Erosion naturelle", Claude Keiflin).
Von den Jugendlichen gab nur jeder vierte an, sich gelegentlich in der Regionalsprache zu unterhalten. Nur noch etwa 5 Prozent der Schulanfänger verfügen über entsprechende Sprachkenntnisse, da nur 28,8 Prozent der Eltern ihren Kindern mindestens ein wenig Elsässisch beibringen.
Deutlich ist ein Stadt-Land-Gefälle zuungunsten der Städte. Am besten konnte sich die Sprache im Norden und Nordwesten (Unterelsass) und in landwirtschaftlichen Berufen und Berufen mit viel Publikumsverkehr erhalten. Mitte des 20. Jahrhunderts verstanden noch etwa 90 Prozent Elsässisch (Elsässerdeutsch) und/oder Hochdeutsch.
Straßenschilder sind oft zweisprachig auf Französisch und Elsässisch bzw. bei Straßenname mit dem alten deutschen Namen aufgeführt. Dafür können Fördermittel bei der OCLA (Office pour la Langue & la Culture d'Alsace) beantragt werden. Auch werden manche Ortsschilder seit mehreren Jahren neben dem offiziellem Namen auch mit dem elsässisch gesprochenem Namen beschrieben. Beispiel: Steinbourg, "Steiweri".
In jüngerer Zeit wird ein zweisprachiger Unterricht angestrebt. Dafür engagieren sich nicht nur Privatinitiativen, sondern auch zunehmend die Administration, die den Wirtschaftsfaktor Bilinguismus erhalten möchte.
Schriftsteller, die französisch, hochdeutsch und elsässisch schreiben oder schrieben sind unter anderem René Schickele, Jean Egen und André Weckmann. Besonders Weckmann hat in seinen Gedichten die Tragödie des Elsässischen Dialekts und der Elsässer Identität eindringlich beschrieben. Das Nachwort des Dialektforschers Fernand Hoffmann zu André Weckmanns Gedichtband "elsassischi grammatik oder ein Versuch die Sprache auszuloten" trifft den Nerv der Situation des Elsässischen heute: "Was ich eben gelesen habe, das ist Lyrik in höchster Potenz. Aus dem Schweigen geboren. Dem Schweigen überantwortet. Dem Schweigen abgerungen. Innere Schreie. Zum Flüstern, gedämpft von tapfer hinuntergerungenen Tränen. Verlorene Worte, aufgesammelt am Abgrund des Verstummens. Elsässisches Schicksal, elsässisches Leid in lyrischen Kürzeln."
Linguistik
Die Mundarten des Elsaß gehört zu den alemannischen Mundarten. Dabei bestehen sehr große Unterschiede zwischen den Dialekten des Unterelsaß und denen in der Nähe der Schweiz. Diese Unterschiede in Aussprache und Grammatik sind im wesentlich während des Mittelalters erfolgt und zwar gleichzeitig auf beiden Seiten des Rheins.
Dies kann durch Isoglossen verschiedener Begriffe ausgedrückt werden, wie sie in der Karte dagestellt sind.
Von übergeordneter Bedeutung für die Sprachforschung sind dabei die beiden Grenzlinien Bruder, Bruuder <-> Bruader, Brüeder, Brueder im Norden sowie die Grenzlinie Kind <-> Chind im Süden. Die erstere beschreibt die große Sprachgrenze zwischen dem fränkischen und dem alemannischen, die Kind/Chind Grenze trennt das Oberrhein-Alemannische vom Südalemannischen, das seine Hauptverbreitung in der Schweiz hat.
Dazwischen sind mehrere Isoglossen dargestellt, an denen sich die sog. "Rheinstaffeln" besonder schön zeigen lassen. Die Entstehung dieser Staffeln kann man sich dadurch erklären, daß im Mittelalter, in dem das Elsaß eine überragende Bedeutung im Deutschen Reich hatte, die "modernen" fränkischen Einflüsse durch den stärkeren Verkehr im Elsaß schneller vorgedrungen sind als auf der badischen Rheinseite.
Damit wird auch deutlich, daß die Dialekte auf der elsässischen Seite bis ins 17. Jahrhundert eine gemeinsame lautliche und grammatikalische Entwicklung mit dem gesamten Oberrheindialekt hatten. Spezifisch für das Elsässerdeutsch sind erst die zahlreichen Einflüsse aus dem französischen nach der Annexion des Elsaß im Laufe des 17. Jahrhunderts. Diese Einflüsse beschränken sich jedoch fast ausschließlich auf die Übernahme neuer Wörter, die im übrigen mit alemannischer Lautung ausgesprochen werden und die vielfach der angestammten Grammatik unterworfen und verändert worden sind.
Merkmale der alemannischen Mundart in verschiedenen Gegenden des Elsaß:
hochdeutsches und alemannisches er und ir wird zu r:
- deutsch Mutter - alemannisch Muodder - elsässisch Muodr
- deutsch wir - alemannisch mir - elsässisch mr
eine sonst untypische Lautverschiebung von g zu w:
- deutsch Magen,Wagen - alemannisch Mage,Wage - elsässisch Mawe,Wawe/Waue
Verwendung vieler französischer Wortstämme:
- deutsch Fahrrad - elsässisch Velo (auch in Südbaden und der Schweiz üblich)
- deutsch Bürgersteig - elsässisch Trotoir (auch in anderen Gegenden Deutschlands, in Baden und der Schweiz üblich)
Dabei kommt es sehr oft zu "Eindeutschungen", wie z.B. französische Wurzeln mit deutschen Grammatik-Endungen: z.B. deutsch wählen - elsässisch schwasiere(n) (von französisch choisir)
Am Beispiel einer Ansprache, die bei einer muttersprachlichen Gesellschaft in Schlettstadt gehalten wurde [1], soll ein Vergleich zwischen dem elsässer Dialekt mit dem Dialekt, wie er am Kaiserstuhl gesprochen wird und dem schriftdeutschen dienen.
Elsässerditsch | Liewi Frend,
Schon 20 Johr han mer ein Ziel un ein Ideàl : die Verteidigung un die Ferderung vu unsera elsasserditsch Sproch un Kultur. Mer han schon alles Megliga gemàcht: Bettschrefta, Manifestationa en Strossburg, Colmar, Melhüsa, Unterschrefta gsàmmelt, Theater gspelt, Vortraj un Stammtesch organisiert, Fierunga en Dorf un Stadt, Salons un Foires, Dechterowa, Radiosandunga sogàr Tele-Sandunga, 10 Johr làng jede Wuch a Elsasser-Stub em College vu Ingersheim, ja sogar Strossasänger en Colmar met der Schnetzelbànk usw. .. Alla dana Persona, da vergàngena wia da jetziga Komiteemetglieder, sowie alla Heimetsproch Metglieder, besonders Eich liawi Frend, wo emmer so zàhlrich an unseri Generàlversàmmlung komma: a grossa Dànk un vergalt's Gott! Merci vielmol, merci, dàss Ehr àlli kumma sen, von St Louis bis Hàgenau! |
Dialekt aus der Gegend des Kaiserstuhls 20 km westlich von Schlettstadt | Liewi Freind,
schu 20 Johr hämmr ei Ziel un ei Ideal: d’ Verteidigung und d’ Ferderig vu unsera elsässerdisch Küldür. Mr hän schu alls meglige gmacht: Bittschrifde, Manifeschdatione in Schdroosburg, Colmar, Milhüse, Underschrifde gsammlet, Theader gschbield, Vorträg und Schdammdisch organisert, Fierige in Dorf un Schdad, Salons und Foires, Dierchderowene, Radiosändige sogar im Färnseh simmer scho gsi. 10 Johr lang jedi Wuch ne Elsässer Schdube im College vu Ingersheim, jo sogar Schdroosesänger in Colmar mit nere Schnitzelbank un so widder. Allene däne Persone, dr freijere wia dr jetzige Kommiteemitglieder wie allene Heimetsprooch-Mitglieder, bsunders Eich liebi Freind, wu alliwiil so zahlriich an unsri Generalversammlig kumme: ne große Dank und vergäld’s Godd! Dankscheen viemol, dankscheen, daß’r alli kumme sin, vu St. Luis bis Hagenau! |
Schriftdeutsch | Liebe Freunde,
schon 20 Jahre haben wir ein Ziel und ein Ideal: die Verteidigung und die Förderung unserer elsässerdeutschen Kultur. Wir haben schon alles mögliche unternommen: Bittschriften, Manifestationen in Straßbourg, Colmar, Moulhouse. Unterschriften gesammelt. Theater gespielt, Vorträge und Stammtische organisiert. Führungen durch Dorf und Stadt. Salons und Foires, Dichterabende, Radiosendungen, sogar Fernsehsendungen. 10 Jahre lang jede Woche eine „Elsässer Stube“ im College von Ingersheim, ja sogar Straßensänger in Colmar mit einer Schnitzelbank und so weiter. All den Personen, den früheren wie den heutigen Kommiteemitgliedern wie all den Heimatsprache-Mitgliedern, besonders Euch, liebe Freunde, die immer so zahlreich an unsere Generalversammlung kommen: einen großen Dank und vergelt’s Gott! Dankeschön vielmals, daß Sie alle gekommen seid, von St. Louis bis Haguenau! |
Siehe auch: Elsass, Lothringisch (Fränkisch), Lothringisch (Romanisch), Baseldeutsch