Überblick
Ein starkes Tief über der Adria führte zwischen dem 20. und 22. August große Wassermengen über den Balkan, Österreich und Süddeutschland an die Alpen, wo sich die Wolken die Wassermassen in Form von starkem Regen entluden, was zum Hochwasser in den Voralpen führte.
Das betroffene Gebiet reichte (zeitlich gestaffelt) vom Berner Oberland über die Innerschweiz, Graubünden, das Tirol und Vorarlberg bis nach Bayern. Die Alpensüdseite wurde nicht betroffen.
Während in den Bergregionen vor allem Erdrutsche das Schadensbild prägten und ganze Ortschaften von der Außenwelt abschnitten, waren in den flacheren Gebieten die Flüsse und Seen das Problem, welche über die Ufer traten. Sowohl der öffentliche wie auch der private Verkehr wurde dadurch in den betroffenen Regionen komplett lahmgelegt.
Durch die Überschwemmungen mussten verschiedene Kraftwerke stillgelegt werden und Stromleitungen aus Sicherheitgründen abgeschaltet werden, sofern sie nicht durch die Unwetter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Auch die Wasserversorgung und -entsorgung musste in einigen Regionen abgestellt werden. Ebenso fielen in den betroffenen Gebieten die Kommunikationsmittel (Festnetz, Handy, Internet) aus.
Allein in der Schweiz kamen beim Hochwasser bisher zwischen sieben und zehn Personen ums Leben.
Betroffene Gebiete
Situation in der Schweiz
Berner Oberland
Durch Erdrutsche wurden diverse Strassen und Eisenbahntrassees unter- oder sogar weggespült, so dass viele Ortschaften von der Umwelt abgeschnitten wurden. Diese Wassermassen führten anschliessend zu einem Anschwellen der Seen. Der Thunersee überschritt die Schadensgrenze um fast einen Meter. Dies setzte insbesondere Interlaken und die Verkehrwege zwischen dem Brienzer- und dem Thunersee unter Wasser.
Die Aare förderte anschliessend das Vierfache der normalen Menge durch das Bachbett. Das setzte in der Stadt Bern das Mattequartier z.T. mehrere Meter unter Wasser. Am 24. August musste das Quartier schliesslich zwangsgeräumt werden, da Einsturzgefahr für die Häuser bestand. Weiter unten an der Aare wurden noch weitere Ortschaften überschwemmt.
Zentralschweiz
Die ersten Unglücksmeldungen dieses Hochwassers kamen aus der Zentralschweiz, wo im Entlebuch verschiedene Erdrutsche niedergingen und so Verkehrswege verschütteten. Auch verschiedene Flüsse der Region, so die Emme und Seen wie der Sarnersee und der Vierwaldstättersee traten über die Ufer, was wiederum die Ortschaften Luzern und Brunnen unter Wasser setzte.
Die Zufahrt nach Engelberg wurde vom Schlamm weggerissen. Das Dorf war nur noch per Helikopter zu erreichen.
Besonders tragisch war hier der Tod von zwei Feuerwehrleuten, welche versuchten, ein Haus vor dem Wasser zu sichern, als sich unvermittelt ein Wuhr aus dem Wald auf das Dorf zuschoss.
Die Überschwemmungen im Kanton Uri unterbachen die Verkehrsverbindungen über die Alpen. Sowohl die Autobahn als auch die Eisenbahnlinie mussten für den alpenquerenden Transit gesperrt werden.
Aargau
Das Wasser der Emme führte neben dem Schlamm und Wasser auch viel Geschiebe und Treibholz mit sich und verwandelte im Anschluss die Reuss in einen Wildbach. Dadurch wurden viele Holzbrücken in Mitleidenschaft gezogen oder sogar eingerissen. In den Staustufen der Reuss konnte zwar einiges vom Geschiebe un dem Treibholz zurückgehalten werden, dennoch wurden insbesondere die Ortschaften Bremgarten und Windisch überflutet.
Region Walensee
Die Strasse nach Elm wurde verschüttet und die Linthebene unter Wasser gesetzt. Der Autobahntunnel am Walensee führte soviel Wasser, dass die Personenwagen über den Kerenzerberg umgeleitet wurden. Für Lastwagen war der Tunnel noch passierbar.
Auch Weesen wurde überschwemmt.
Da auch der Bahnhof von Ziegelbrücke unter Wasser stand, musste der Eisenbahnverkehr zwischen Zürich und Chur sowie in Richtung Glarus unterbrochen werden.
Ostschweiz
Die Ostschweiz wurde von den Flutwellen weitgehend verschont. Der Schwerpunkt lag beim Auspumpen von Kellern. Die Thur wie auch die Sitter traten punktuell über die Ufer. Im St. Galler Rheintal führte der Rhein sehr viele Wassermassen, die Vordämme konnten das zusätzliche Wasser fassen und überschritten die kritische Grenze nicht.
Graubünden
Die Landquart führte vom Vereinatal her auch viel Geschiebe und Treibholz mit und überflutete grosse Teile von Klosters. Weiter unten im Prättigau wurde von den Wassermassen eine Spaziergängerin weggerissen, vermutlich von den Ästen eines aus dem Wasser ragenden Baumes.
Die Strasse und die Eisenbahnline zwischen Susch und Scuol wurde unterspült.
Situation in Österreich
Niederösterreich
Am Abend des 21. August treten zahlreiche Bäche und Flüsse im südlichen Niederösterreich über die Ufer und kleinere Muren gehen ab. Besonders betroffen ist der Bezirk Neunkirchen, und hier vor allem der Raum Edlitz und Wartmannstetten. Insgesamt standen 26 Feuerwehren mit 258 Mann im Einsatz. Auch die Tage darauf waren noch zahlreiche Keller auszupumpen. Weiters wurden aus dem Raum St. Pölten, sowie im Waldviertel im Einzugsgebiet der Lainsitz zahlreiche Feuerwehreinsätze gemeldet. Befürchtungen dass die Donau eine extreme Wassermenge führt, bestätigen sich bisher nicht, da die Flutwellen des hochwasserführenden Inn und des Oberlaufes der Donau zeitverzögert sowohl in Oberösterreich als auch in Niederösterreich eintreffen. Außerdem ist bei den Flüssen in Niederösterreich der Pegel schon früher wieder zurückgegangen. Die erste Flutwelle (des Inn) trifft am 24. August ein. Seitdem steigt der Pegel nur langsam. An verschieden Stellen tritt die Donau trotzdem über die Ufer, da die Wassermenge ungefähr einem dreijährigen Hochwasser entspricht.
Steiermark
Betroffen war vor allem die Landeshauptstadt Graz bereits am 21. August, sowie der Bezirk Deutschlandsberg. In Graz selbst wurde am 21. August die Katastrophe ausgesprochen, nachdem alle sechs Bäche über die Ufer getreten sind. Die Südbahn wurde bei Mixnitz durch eine Mure unterbrochen. Der Bezirk Leibnitz wurde in Mitleidenschaft gezogen, als die Mur über die Ufer tritt. Ein Todesopfer war zu beklagen, nachdem eine Mure ein Haus regelrecht weggerissen hatte. Lokal war auch in Niederösterreich der Bezirk Neunkirchen im Wechsel betroffen.
Vorarlberg
Während sich in der Steiermark die Situation beruhigt, verwandeln sich in den Regionen Bregenzerwald, Arlberg, Montafon und Kleinwalsertal sowie in flussnahen Gebieten des Rheintales ansonsten kleine Bäche in reißende Wildwasser.
Durch Murenabgänge im Arlberggebiet werden wichtige Stromleitungen zerstört, die das gesamte Stromnetz der Österreichischen Bundesbahnen lahmlegt, sodass der Zugverkehr im ganzen Land eingestellt werden muss. Zwischen Bludenz und Feldkirch entgleist ein Güterzug mit Tankwagen. Nach kurzer Zeit der Besorgnis wird bekannt gegeben, dass die Tankwagen ungefährliche Ladung hatten.
Vorarlberg konnte mehrere Tage lang nicht vom benachbarten Bundesland Tirol erreicht werden, da alle Straßen- und Schienenverbindungen durch Murenabgänge gekappt wurden.
Mehrere Ortschaften (Gargellen, Bizau) werden von der Außenwelt abgeschnitten, insgesamt werden am 22. August etwa 400 Personen evakuiert. In Reuthe löst eindringendes Wasser in ein Wohnhaus eine Kettenreaktion aus, die zu einer Explosion führt. Sechs Menschen werden dabei zum Teil schwer verletzt.
Insgesamt standen allein in Vorarlberg 3.300 Feuerwehrleute im Einsatz. Die Trinkwasserversorgung in den Gemeinden Bezau, Mittelberg und Lech brach zusammen, in Lech gab es außerdem keine Stromversorgung mehr.
Tirol
Der Inn erreichte am 22. August einen gefährlichen Höchstwert und drohte in Innsbruck über die Ufer zu treten. Sämtliche Innbrücken der Stadt wurden gesperrt, mehrere Gebäude der Leopold Franzens Universität mussten geräumt werden.
Im Bezirk Reutte trat der Lech über die Ufer, mehrere Ortschaften waren wegen überschwemmter Straßen nicht erreichbar.
Im Bezirk Kufstein spitzte sich die Lage am Nachmittag des 22. August zu. In den Ortschaften Wörgl und Langkampfen wurde teilweise die Bevölkerung evakuiert.
Am stärksten betroffen war das Paznauntal im Bezirk Landeck. 30 Prozent der Straßen in dem Gebiet wurden verschüttet oder zerstört. In den Gemeinden Ischgl, See und Kappl wurden zahlreiche Häuser zerstört. Auch in der Gemeinde Pfunds trat ein Bach über die Ufer und flutete Teile des Dorfes. Kleinere Schäden entstanden in Pians und Landeck.
===Situation in Deutschland===
Landkreis Oberallgäu
Im Landkreis Oberallgäu erreichte die Iller historische Höchststände. Die Bundesstraße und die Bahnverbindung nach Oberstdorf wurde unterbrochen.
Landkreis Garmisch-Partenkirchen
Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen war durch einen Dammbruch Eschenlohe weiträumig überflutet. Kurzzeitig waren allen Zufahrtwege nach Garmisch-Partenkirchen unterbrochen.
München
Am 23. August stieg der Pegel der Isar auf Jahrhunderthöchststand. Derzeit (24. August) wälzt sich die Scheitelwelle auf Freising zu. Die Lage verschärfte sich, nachdem der Sylvensteinspeicher geöffnet werden musste. Mehrere Ortschaften im Einzugsbereich der Isar wurden überflutet.
Glücklicherweise wurden in der Stadt München die Dämme nach einem großen Hochwasser verstärkt. Dennoch drückte in manchen Stadtvierteln wie der Au das Grundwasser nach oben, so dass mehrere Keller von den Feuerwehren und mobilen Fahrzeugen der Stadtwerke ausgepumpt werden mussten.
Augsburg
In Augsburg wurden die provisorischen Fundamente des Neubaus der Autobahnbrücke der A 8 über den Lech unterspült, und die noch nicht fertiggestellte Brücke sackte am Morgen des 23. August auf der Ostseite um ca. 30 cm ab. Vorsorglich wurde auch die bestehende Autobahnbrücke gesperrt. Außerdem wurde die Bevölkerung in einigen Gebieten wegen der Rückstaugefahr im Falle eines Einsturzes auf eine Evakuierung vorbereitet.
Nachdem das Fundament im Laufe des Tages stabilisiert werden konnte, wurde die Vollsperrung der Brücke in der Nacht zum 24. August wieder aufgehoben. Der Vorfall wird die Fertigstellung der neuen Brücke nach Angaben von Fachleuten um mindestens ein halbes Jahr verzögern.
Des weiteren drohte das Provisorium der Diesel Brücke vom Hochwasser der Wertach mitgerissen zu werden. Die Brücke musste deshlab ebenfalls gesperrt werden. Dies wiederrum führte in Augsburg und Gersthofen zu einem Verkehrschoas, mit der Folge das sich ein Rückstau auf der Autobahn A8 von 20 km bzw. 15 km bildete.
Schadensausmaß
Erste Aussagen von Versicherungen und Wirtschaftsexperten schätzten die Schäden allein in der Schweiz auf 1,5 bis 2 Milliarden Franken. Spätere Schätzungen reduzierten den Betrag auf 1 - 1,3 Milliarden Franken. Davon seien zirka die Hälfte versichert.