International Financial Reporting Standards
Die International Financial Reporting Standards (IFRS), die Nachfolger der International Accounting Standards (IAS), sind internationale Rechnungslegungsvorschriften. Die IFRS werden vom IASB = International Accounting Standards Board entwickelt und veröffentlicht.
Sie bestehen aus dem Framework, den Standards selbst und den Interpretationen des International Financial Reporting Standards Interpretations Committee (IFRIC ) bzw. des Vorgängers des Standing Interpretation Committtee (SIC).

Die Standards
Die IFRS/IAS sind eine Sammlung von Regeln (Standards) für die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen. Mit IFRS/IAS werden sowohl die einzelnen Standards bezeichnet (z.B. IFRS 4 - Unternehmenszusammenschlüsse), als auch die Gesamtheit aller Standards einschließlich der Interpretations und des Framework.
Die Interpretations
Die Interpretationen leisten unter Berücksichtigung des Frameworks Hilfestellung in Fragen der Anwendung der IFRS/IAS-Standards, die nicht ausdrücklich in den Standards selbst angesprochen sind.
Das Framework
Das Framework ist der Rahmen, in dem sich die IFRS/IAS und die IFRIC /SIC bewegen sollen - kein eigentlicher Standard, aber die Grundlage zur Entwicklung künftiger und zur Überarbeitung bestehender IFRS. Abschlüsse, die nach den IFRS aufgestellt werden, sollen Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens liefern. Dabei soll sowohl der Grundsatz der Periodenabgrenzung als auch der Grundsatz der Unternehmensfortführung berücksichtigt werden. Verständlichkeit, Entscheidungsrelevanz, Wesentlichkeit, Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit sind die qualitativen Anforderungen, denen der Abschluss genügen muss. Das Framework definiert die Abschlussposten und erläutert die Voraussetzungen für Ansatz und Erfassung dieser Posten sowie die relevanten Bewertungsmaßstäbe.
Ziele der IFRS/IAS
Die IFRS/IAS sollen
- die Vergleichbarkeit der Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen weltweit erleichtern, und damit
- den Aufbau eines integrierten Kapitalmarkts gewährleisten, der wirksam, reibungslos und effizient funktioniert,
- den Schutz der Anleger verbessern,
- das Vertrauen in die Finanzmärkte und den freien Kapitalverkehr im Binnenmarkt stärken,
- für grenzüberschreitende Geschäfte oder für die Zulassung an allen Börsen der Welt nutzbar machen.
Entstehung
Dachorganisation ist die International Accounting Standard Committee Foundation (IASCF); sie wurde im März 2001 in Delaware, USA, errichtet und hat zwei Organe: das IASB und das Board of Trustees, sowie zwei Gremien: das IFRIC und das SAC.
IFRIC/SIC
Das IFRIC = wurde 2001 im Rahmen der Umstrukturierung neu konstituiert. Es besteht aus 12 Mitgliedern und hat die Aufgabe, die Anwendung der IFRS (mit Zustimmung des IASB) zu interpretieren. Vorgänger des IFRIC war das SIC = Standing Interpretations Committee.
SAC
Das SAC = Standard Advisory Council steht dem ISAB und dem Board of Trustees als ein weiteres beratendes Gremium zur Verfügung. Es besteht aus mindestens 30 Mitgliedern.
Die IFRS/IAS Standards
IAS 1 | Darstellung des Abschlusses |
IAS 2 | Vorräte |
IAS 3 | : ersetzt durch IAS 27/28 |
IAS 4 | ersetzt durch IAS 16/22/38 |
IAS 5 | ersetzt durch IAS 1 |
IAS 6 | ersetzt durch IAS 15 |
IAS 7 | Kapitalflussrechnung |
IAS 8 | Periodenergebnis, grundlegende Fehler und Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden |
IAS 10 | Ereignisse nach dem Bilanzstichtag |
IAS 11 | Fertigungsaufträge |
IAS 12 | Ertragsteuern |
IAS 14 | Segmentberichterstattung |
IAS 15 | Informationen über die Auswirkungen von Preisänderungen |
IAS 16 | Sachanlagen |
IAS 17 | Leasingverhältnisse |
IAS 18 | Erträge |
IAS 19 | Leistungen an Arbeitnehmer |
IAS 20 | Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand |
IAS 21 | Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse |
IAS 22 | Unternehmenszusammenschlüsse - ersetzt durch IFRS 3 |
IAS 23 | Fremdkapitalkosten |
IAS 24 | Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen |
IAS 26 | Bilanzierung und Berichterstattung von Altersversorgungsplänen |
IAS 27 | Konzernabschlüsse und Bilanzierung von Anteilen an Tochterunternehmen |
IAS 28 | Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen |
IAS 29 | Rechnungslegung in Hochinflationsländern |
IAS 30 | Angaben im Abschluss von Banken und ähnlichen Finanzinstitutionen |
IAS 31 | Rechnungslegung über Anteile an Joint Ventures |
IAS 32 | Finanzinstrument - Angaben und Darstellung |
IAS 33 | Ergebnis je Aktie |
IAS 34 | Zwischenberichterstattung |
IAS 35 | Aufgabe von Geschäftsbereichen - ersetzt durch IFRS 5 |
IAS 36 | Wertminderung von Vermögenswerten |
IAS 37 | Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen |
IAS 38 | Immaterielle Vermögenswerte |
IAS 39 | Finanzinstrumente Ansatz und Bewertung |
IAS 40 | Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien |
IAS 41 | Landwirtschaft |
IFRS 1 | Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards |
IFRS 2 | Aktienbasierte Vergütung |
IFRS 3 | Unternehmenszusammenschlüsse |
IFRS 4 | Versicherungsverträge |
IFRS 5 | Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche |
IFRS 6 | Explorations- und Evaluierungstätigkeiten [noch nicht von EU übernommen] |
Interpretationen
SIC-7 | Einführung des Euro |
SIC-10 | Beihilfen der öffentlichen Hand - Kein spezieller Zusammenhang mit betrieblichen Tätigkeiten |
SIC-12 | Konsolidierung - Zweckgesellschaften |
SIC-13 | Gemeinschaftlich geführte Einheiten - Nicht monetäre Einlagen durch Partnerunternehmen |
SIC-15 | Operating-Leasingverhältnisse - Anreizvereinbarungen |
SIC-21 | Ertragssteuern - Realisierung von bewerteten, nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögensgegenständen |
SIC-25 | Ertragssteuern - Änderungen im Steuerstatus eines Unternehmens oder seiner Anteilseigner |
SIC-27 | Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen |
SIC-29 | Angabe - Vereinbarungen von Dienstleistungslizenzen |
SIC-31 | Erträge - Tausch von Werbeleistungen |
SIC-32 | Immaterielle Vermögenswerte - Websitekosten |
IFRIC 1 | Änderungen bestehender Rückstellungen für Entsorgungs-, Wiederherstellungs- und ähnliche Verpflichtungen |
IFRIC 2 | Mitgliedschaftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente |
IFRIC 3 | Emissionsrechte [noch nicht von EU übernommen] |
IFRIC 4 | Feststellung, ob ein Vertrag ein Leasing-Vorgang enthält [noch nicht von EU übernommen] |
Für wen sind die IFRS/IAS verbindlich ?
für die Mitgliedstaaten der EU
Rechtsverbindlichkeit erlangen die IFRS/IAS erst durch ihre Anerkennung ("endorsement') durch die Europäische Kommission. Die EU-Kommission hat mit Verordnung vom 29. Sept. 2003 alle internationalen Rechnungslegungsstandards, die am 14. September 2002 vorlagen, mit Ausnahme von IAS 32 und IAS 39, sowie die entsprechenden Interpretationen übernommen. Diese EU-Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat; damit wurden die Standards automatisch zu nationalem Recht. Die Anerkennung neuer oder überarbeiteter IAS/IFRS für die EU erfolgt durch ein besonderes EU-Rechtsetzungsverfahren, der Komitologie. Hierbei legt die Kommission ihren Vorschlag für die Anerkennung (oder Ablehnung) eines IFRS/IAS einem Regelungsausschuss (Accounting Regulatory Committee – ARC) vor. Dieser besteht aus Vertretern der Mitgliedstaaten unter Vorsitz der Kommission. Stimmt der Ausschuss dem Anerkennungsvorschlag der Kommission zu, trifft die Kommission die Vorkehrungen für die Anwendung des Rechnungslegungsgrundsatzes in der EU mittels EU-Verordnung.
- Nach der Verordnung (EG) Nr.1606/2002 vom 19. Juli 2002 (ABl EG L 243/1 v. 11.9.2002) haben Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedsstaats unterliegen und deren Wertpapiere zum Handel in einem geregelten Markt in einem der Mitgliedstaaten zugelassen sind (kapitalmarktorientierte Unternehmen), ihre konsolidierten Abschlüsse für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, nach IFRS aufzustellen.
- Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) die Verpflichtung zur Anwendung der IFRS auch auf die Unternehmen ausgedehnt, deren Wertpapiere zwar noch nicht gehandelt werden, die sich aber im Zulassungsprozess befinden.
- Unternehmen, die aufgrund einer Börsennotierung außerhalb der EU verpflichtet sind, ihren Konzernabschluss nach anderen international anerkannten Rechnungslegungsstandards aufzustellen (bspw. US-GAAP) und Unternehmen, von denen nur Schuldverschreibungen, aber keine Aktien gehandelt werden, wird eine Übergangsfrist zur Umstellung auf die IFRS bis 2007 eingeräumt.
für Nicht-Mitgliedstaaten
In der Schweiz hat am 11. November 2002 die Zulassungsstelle der Schweizer Börse (SWX) entschieden, dass alle inländischen börsennotierten Nichtbanken des Hauptsegmentes ab 2005 die IFRS oder US-GAAP einzuhalten haben.
Freiwillige Anwendung von IFRS/IAS
Alle anderen Unternehmen können ihren Konzernabschluss freiwillig nach IFRS aufstellen. Außerdem ist es diesen Unternehmen gestattet, anstelle ihres HGB-Einzelabschlusses einen zusätzlich freiwillig erstellten IFRS-Einzelabschluss beim Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Die meisten Mittelständler in Deutschland bereiten sich einer Umfrage zufolge auf die neuen internationalen Bilanzierungsregeln vor. Fast 60 Prozent der Unternehmen haben sich bereits mit IFRS befasst, ergab eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers. 80 Prozent der 600 befragten Firmen wollen allerdings ihre Rechnungslegung nicht umstellen.
Unterschiede zum HGB
Der wesentliche Unterschied zu den Rechnungslegungsvorschriften des HGB ist, dass nicht mehr die Schutzfunktion der Gläubiger im Vordergrund steht. Vielmehr sollen dem Stakeholder Informationen zur Verfügung gestellt werden, die ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (true and fair view/fair presentation) vermitteln.
Aktuelle Entwicklung
Der Rechtsausschuss des Bundestags prüft, ob das Parlament die Entwicklung der IFRS stärker beeinflussen kann. "In der deutschen Wirtschaft besteht der Wunsch nach einheitlichen Standards, die kostenträchtige Doppelbilanzierungen überflüssig machen", sagte Olaf Scholz (SPD) der Zeitung zufolge. Der Prozess laufe aber nicht rund. Deshalb stehe das Thema nun auf der Tagesordnung der Politiker.
Siehe auch
Literatur
Alexander Leoff, Lars Rengel-Frank, Tomas Mielert: IFRS/IAS: Internationale Rechnungslegung, W3L, 2005, ISBN 3937137408