Alexander Wilson (* 6. Juli 1766 in Paisley, Schottland; † 23. August 1813) war amerikanischer Ornithologe und Dichter.

Kindheit und Jugend
Wilson wurde als Sohn eines schottischen Schnapsbrenners geboren. Seine Mutter starb, als der Junge zehn Jahre alt war. Nachdem sein Vater schnell wieder geheiratet hatte, verließ Alexander Wilson im Alter von zwölf oder 13 Jahren die Schule, um bei seinem Schwager das Weber-Handwerk zu erlernen. Nachdem er die fünfjährige Lehre abgeschlossen hatte, bereiste er als Hausierer Schottland, immer wieder unterbrochen durch kurze Zeiten der Anstellung als Weber, zum Teil bei verschiedenen Verwandten.
Der gesellschaftskritische Poet
In dieser Zeit wurde Wilson stark von einer Stilrichtung schottischer Dichter beeinflusst, die Werke im Dialekt ihrer Heimat verfassten. Vor allem Robert Burns machte großen Eindruck auf ihn. Wilsons Werke dieser frühen Schaffensphase zeichnen sich durch sozialkritische Ansätze aus. Es geht um zerfallende Familien, Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und -nehmern sowie allgemein um das Leben der schottischen Unterschichten dieser Zeit. Mehrfach versuchte Wilson, einen Verleger für seine Werke zu finden, hatte damit jedoch erst 1790 Erfolg. Die Sammlung seiner Werke mit dem Titel Poems, Humorous, Satirical, and Serious versuchte er während seiner Hausierertouren zu verkaufen. Die Nachfrage war gering, so dass er mit seinem ersten Geschichtsband vermutlich finanzielle Verluste machte. Möglicherweise deswegen zog Wilson von Paisley in das nahe gelegene Lochwinnoch um. Von dort aus reiste er mehrfach nach Edinburgh, um poetische Werke für die Zeitschrift Bee und an verschiedene literarische Gesellschaften einzureichen.
1793 geriet Wilson zunehmend in gesellschaftliche und politische Schwierigkeiten, die schließlich zu seiner Auswanderung nach Amerika führten. Seine Schilderungen des Elends der Unterschichten waren zunehmend durch die amerikanische und Französische Revolution beeinflusst worden und hatte ihn in Konflikt mit der Obrigkeit gebracht. Ihm wurde vorgeworfen, dass er unter den Webern Edinburghs Unruhe schüre. Darüber hinaus hatte er satirische Texte verfasst, die Fabrikbesitzer der Region lächerlich machten. Vor allem letztere Texte führten zu Anzeigen und Gerichtsurteilen gegen ihn. Wilson musste seine Schriften öffentlich auf einer Wegkreuzung in Paisley verbrennen und erhielt eine kurze Zuchthausstrafe. Eine Rolle bei der Entscheidung für das Auswandern mag auch eine gescheiterte Liebesaffäre mit einer Frau namens Mathilda gespielt haben, der er eines seiner populäreren Gedichte widmete. Darüber hinaus ging es Wilson auch finanziell schlecht, vewrmutlich auch, weil das Schreiben seiner Gedichte ihm wenig Zeit für seine Arbeit als Weber und Hausierer ließ. Mehrfach musste er sich Geld leihen.
Neuanfang in Amerika
In Belfast ging der Dichter gemeinsam mit seinem Cousin William Duncan als Deckspassagier an Bord eines Schiffes, das er am 14. Juli 1794 in Delaware in den USA verließ. Wilson arbeitete zunächst als Tagelöhner, Drucker und Weber, bevor er 1795 eine Stelle als Lehrer an einer Schule in Milestown (Pennsylvania) bekam. Dort blieb er bis 1801, als er den Ort wegen einer Affäre mit einer verheirateten Frau, der er noch einige Zeit später Gedichte widmete, verlassen musste. Kurzfristig fand er in New Jersey erneut Arbeit als Lehrer, bevor er auf gut besoldete Lehrerstelle an einer Schule in Gray's Ferry (Pennsylvania) wechselte. Dort begann er auch wieder Gedichte zu schreiben, die seinem Frühwerk in Schottland gegenüber eine deutlich höhere Qualität zeigen.
In Gray's Ferry begann Wilson sich auch stärker mit der Naturbeobachtung zu befassen. Anstoß dazu war die Bekanntschaft mit seinem Nachbarn William Bartram, der einen der ersten botanischen Gärten in Nordamerkia betrieb. Bartram stellte Wilson seine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung und lenkte dessen bereits in Schottland vorhandene Interesse an der Natur und vor allem an der Vogelkunde in eine wissenschaftliche Richtung. Auf Anraten Bartrams und anderer Freunde begann Wilson auch mit dem Zeichnen vor allem von Säugetieren und Bäumen. Zunächst sollte dies vor allem den Depressionen des jungen Lehrers entgegenwirken.
Wendung zur Vogelkunde
Im Zeitraum bis 1803 begann Wilson auch mit seinen weiten Wanderschaften durch die erst wenig erforschte Landschaft Nordamerikas. Eine der ersten Touren führte ihn von Gray's Ferry bis zu den Niagarafällen. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die wissenschaftliche Beobachtung von Vögeln. In den kommenden Jahren sollten diese meist einsamen Reisen die wichtigsten Quellen für seine Arbeit werden. 1805 war der erste Satz von 28 Vogelzeichnungen fertig, der zur Grundlage für die American Ornithology werden sollte.
1806 war für Wilson von Rückschlägen geprägt. Zunächst versuchte er, den befreundeten schottischen Kupferstecher Alexander Lawson zum Anfertigen von Druckplatten nach seinen Zeichnungen zu gewinnen. Da Wilson über wenig Geld für das Projekt verfügte, nahm Lawson das Vorhaben jedoch nicht in Angriff. Im gleichen Jahr erfuhr Wilson von einer geplanten Expedition der US-Regierung, die das Land westlich des Mississippi und bewarb sich in einem persönlichen Schreiben an Präsident Thomas Jefferson um die Teilnahme. Eine Antwort erhielt er jedoch nicht. Vermutlich ging der Brief damals verloren, denn Wilson hatte später ein sehr gutes Verhältnis zu Jefferson.
American Ornithology
Die Wende zum Besseren kam im Spätsommer des gleichen Jahres: Wilson wurde von Samule Bradford als Assistent in dessen Verlag in Philadelphia angestellt, wohin er sofort übersiedelte. Seine erste Betätigung war die Mit-Herausgeberschaft von Ree's Cyclopedia. Er arbeitete aber intensiv weiter an seinen Zeichnungen für das Vogelkunde-Projekt. Bis zum Beginn des folgenden Jahres gelang es Wilson, Bradford zur Drucklegung des Werks zu überreden.
Ab 1807 arbeitete Wilson fast ausschließlich für die geplante American Ornithology. Er reiste weite Strecken durch Pennsylvania, meist alleine. Während seiner Aufenthalte in Philadelphia fertigte er Zeichnungen an. Da Bradford das Vorhaben unterstützte, erklärte sich nun auch Alexander Lawson zur Mitarbeit bereit. 1808 erschien der erste von neun Bänden der American Ornithology. Nicht nur die Zeichnungen, auch der größte Teil des Textes stammte von Wilson, wobei es sich weniger um wissenschaftliche Erklärungen als um die Niederschriften von Beobachtungen während seiner Reisen handelte.
Die American Ornithology weist einen deutlich patriotischen Ansatz auf. Aus den Texten sowie aus verschiedenen Briefen Wilsons geht hervor, dass er sie als Gegenentwurf zu der von vielen europäischen Naturforschern vertretenen Auffassung verstand, die besagt, dass die amerikanische Fauna der europäischen gegenüber "minderwertig" sei.
Nachdem der erste Band erschienen war, begab sich Wilson auf Werbungsreisen, um Subskribenten für die Buchserie zu sammeln. Der Gesamtpreis für alle neun Bände betrug 120 Dollar - mehr als Wilsons Jahresgehalt als Lehrer gewesen war. Dementsprechend kamen nur die wohlhabendsten Bürger als Kunden in Frage. Insgesamt 250 Subskribenten sammelte Wilson auf seiner ersten Verkaufsreise, bei denen ihm sicher seine in Schottland als Hausierer gesammelten Erfahrungen zu gute kamen. Darüber hinaus spielte er geschickt auf die patriotische Dimension seines Werks an. Die zahlreichen Briefe, die Wilson von seinen Verkaufsreisen an Freunde und Bekannte schrieb, dienen noch heute als aussagekräftige Quellen über Gesellschaft und Wirtschaft in den Anfangsjahren der USA. 1809 dehnte er den Radius seiner Werbereisen bis nach Florida aus und legte den gesamten Weg zu Fuß zurück. 1810 befuhr er mit einem kleinen Boot den Ohio. In Louisville traf er auf den einige Jahre jüngeren John James Audubon, den anderen großen amerikanischen Ornithologen dieser Zeit. Seine Reisebeschreibungen über den Weg nach Nashville nahmen teilweise den Charakter einer Lederstrumpf-Erzählung an.
Ende 1810 erschien mit einiger Verspätung der zweite Band der American Ornithology, in den folgenden zwei Jahren kamen jeweils zwei Bänder heraus. Wilson lebte zu diesem Zeitpunkt meistens im Haus von William Bartram in Gray's Ferry, wo er mit der Bibliothek des Hausherren arbeitete. Inzwischen war er in den gebildeten Kreisen der USA zu einer populären Gestalt geworden, was sich im März 1812 in der Mitgliedschaft in der Gesellschaft der Künstler der Vereinigten Staaten und ein Jahr später in der Aufnahme in die philosophische Gesellschaft von Philadelphia niederschlug.
Im September 1812 brach Wilson zu seiner letzten Verkaufsreise in die Staaten von Neuengland auf, wo er allerdings wenig Erfolg hatte. Wissenschaftlich hatte er sich zu diesem Zeitpunkt bereits verstärkt den Wasservögeln zugewandt, die den Schwerpunkt der letzten Ornithology-Bände bilden sollten. 1813 erschien der siebte Band. Kurz darauf brach Wilson zusammen mit George Ord zu einer Reise nach Great Egg Harbour auf, um dort Wasservögel zu beobachten. Während dieser vier Wochen dauernden Reise scheint sich Wilsons Gesundheit, die nie besonders robust war, stark verschlechtert zu haben. Etwa zu diesem Zeitpunkt kündigten nach mehreren vorausgegangenen Auseinandersetzungen sämtliche Zeichner, die für die Kolorierung von Wilsons Zeichnungen zuständig gewesen waren. Wilson übernahm die Fertigstellung des achten Bandes selbst und begann gleichzeitig sowohl am letzten Band der American Ornithology als auch an einem Projekt über Säugetiere zu arbeiten.
Damit belastete er seine Gesundheit offenbar zu sehr. Im August 1813 erkrankte er an der Ruhr und starb am Ende des Monats. Obwohl er verfügte, dass er "dort, wo die Vögel über mir singen" begraben werden sollte, befindet sich sein Grab auf den Friedhof der Schwedischen Kirche in Philadelphia.
Der achte und neunte Band der American Ornithology erschienen unter der Herausgeberschaft von George Ord, der dem letzten Band eine kurze Biographie Wilsons zufügte.
The Wilson Ornithological Society
1888 schlossen sich Vogelfreunde zur Wilson Ornithological Society zusammen. Heute hat sie rund 2500 Mitglieder und versteht sich als Gemeinschaft von engagierten Amateur-Vogelbeobachtern.
Personendaten | |
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NAME | Wilson, Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | schottischer Ornithologe und Dichter |
GEBURTSDATUM | 6. Juli 1766 |
GEBURTSORT | Paisley, Schottland |
STERBEDATUM | 23. August 1813 |