Gotthold Ephraim Lessing (22.1.1729 - 15.2. 1781) war ein vielseitig
interessierter Dichter, Denker und Kritiker. Als führender Vertreter der
deutschen Aufklärung wurde er zum Vordenker für das neue Selbstbewußtsein
des Bürgertums. Seine theoretischen und kritischen Schriften zeichnen sich aus
durch einen oft witzig-ironischen Stil und treffsichere Polemik. Das Stilmittel
des Dialogs kam dabei seiner Intention entgegen, eine Sache stets von mehreren
Seiten zu betrachten und auch in den Argumenten seines Gegenübers nach Spuren
der Wahrheit zu suchen. Diese erschien ihm dabei nie als etwas Festes, das man
besitzen konnte, sondern stets als ein Prozeß des sich Annäherns.
Schon früh interessierte er sich für das Theater. In seinen theoretischen und kritischen Schriften zu diesem Thema, wie auch in seinen eigenen Arbeiten als Autor, versuchte er beizutragen zur Entwicklung eines neuen bürgerlichen Theaters in Deutschland. Er wandte sich dabei gegen die herrschende Literaturtheorie eines Gottsched und seiner Schüler. Insbesondere kritisierte er die bloße Nachahmung des französischen Vorbilds und plädierte für eine Rückbesinnung auf die klassischen Grundsätze von Aristoteles, sowie für die Anlehnung an die Werke Shakespeares. Er arbeitete mit mehreren Theatergruppen zusammen (z.B. mit der der Neuberin). In Hamburg versuchte er mit anderen, das Deutsche Nationaltheater aufzubauen. Seine eigenen Arbeiten erscheinen uns heute wie die Prototypen für das sich später entwickelnde bürgerliche deutsche Drama. "Miß Sara Sampson" und "Emilia Galotti" gelten als erste bürgerliche Trauerspiele, "Minna von Barnhelm" als Vorbild für viele klassische deutsche Lustspiele, "Nathan der Weise" als erstes weltanschauliches Ideendrama. Seine theoretischen Schriften "Laokoon" und "Hamburgische Dramaturgie" setzten Maßstäbe für die Diskussion ästhetischer und literaturtheoretischer Grundsätze.
In seinen religionsphilosophischen Schriften verteidigte er die Gedankenfreiheit des gläubigen Christen. Er argumentierte gegen die Offenbarungsgläubigkeit und das Festhalten am "Buchstaben" der Bibel durch die herrschende orthodoxe Lehrmeinung. Demgegenüber vertraute er auf ein "Christentum der Vernunft", das sich am Geist der Religion orientierte. Er glaubte, daß die menschliche Vernunft (angestoßen durch Kritik und Widerspruch) sich auch ohne die Hilfe einer göttlichen Offenbarung entwickeln würde. Außerdem trat er in den zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Vertretern der herrschenden Lehrmeinung, (z.B. in den "Anti-Goeze"), für Toleranz gegenüber den anderen Weltreligionen ein. Diese Haltung setzte er auch dramatisch um (im "Nathan"), als ihm weitere theoretische Veröffentlichungen verboten wurden. Am zusammenhängendsten wird seine Position in der Schrift "Die Erziehung des Menschengeschlechts" dargelegt.
Der Gedanke der Freiheit (für das Theater gegenüber der Dominanz des französischen Vorbilds; für die Religion vom Dogma der Kirche) zieht sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben. Folgerichtig setzte er sich auch für eine Befreiung des aufstrebenden Bürgertums von der Bevormundung durch den Adel ein. In seiner eigenen schriftstellerischen Existenz bemühte er sich ebenfalls stets um Unabhängigkeit. Sein Ideal von der Möglichkeit eines Lebens als freier Schriftsteller ließ sich jedoch nur schwer gegen die ökonomischen Zwänge durchsetzen. So scheiterte in Hamburg das Projekt eines Selbstverlags der Autoren, das er mit C.J. Bode durchzuführen versuchte.
Leben
Lessing wurde 1729 in Kamenz (Sachsen) als Sohn eines Pastors geboren. Nach dem Besuch der Lateinschule am Ort (seit 1737) und der Fürstenschule St. Afra in Meißen (seit 1741) studierte er in Leipzig Theologie und Medizin (1746-1748). Von 1748-1760 lebte er in Leipzig und Berlin und arbeitete als Rezensent und Redakteur, u.a. für die "Vossische Zeitung". 1752 erlangte er in Wittenberg die Magisterwürde. Von 1760 bis 1765 war er in Breslau als Sekretär beim General Tauentzien beschäftigt. 1765 kehrte er zurück nach Berlin, um dann 1767 für drei Jahre als Dramaturg und Berater an das Deutsche Nationaltheater nach Hamburg zu gehen. Dort lernte er seine spätere Frau Eva König kennen. 1770 wurde er Bibliothekar in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Seine Arbeit dort wurde unterbrochen durch mehrere Reisen, u.a. 1775 zusammen mit dem Prinzen Leopold nach Italien. 1776 heiratete er die inzwischen verwitwete Eva König in York (bei Hamburg). Sie starb 1778 nach der Geburt eines Sohnes, der auch nur kurz lebte. 1781 starb Lessing bei einem Besuch in Braunschweig im Hause des Weinhändlers Angott.
Werke
Literatur
- F. Mehring: Die Lessing Legende (1893)
- P. Rilla: Lessing und sein Zeitalter (1968)
- D. Hildebrandt: Lessing. Biographie einer Emanzipation (1982)
- M. Fick: Lessing-Handbuch (2000)