Orientalischer Tanz
Orientalischer Tanz, im Volksmund auch bekannt als Bauchtanz, ist ein meist von Frauen in speziellen Kostümen zu orientalischer Musik ausgeführter Tanz.
In der arabischen Welt wird der Tanz "Raqs Sharqi" (رقص شرقي) genannt. Aufgrund der wörtlichen Übersetzung "Tanz des Ostens", ist die deutsche Bezeichnung "Orientalischer Tanz" korrekt.
Der orientalische Tanz bezieht sich auf eine Tanzform, die ihren Ursprung in Ägypten hat und bezeichnet den dortigen Solotanz der Frauen. In Ägypten hatte der Tanz seit jeher einen hohen Stellenwert bei allen festlichen Gelegenheiten. Fremde und Reisende waren seit Jahrhunderten von diesem Tanz fasziniert und berichteten in ihren Briefen, Reisebeschreibungen und Büchern darüber. Seit der Kolonisation Ägyptens und mit zunehmendem technischen Fortschritt und kulturellem Austausch verbreitete sich der Tanz auch im Ausland. Heute ist er in Europa, Australien, Skandinavien, Japan und den USA ebenso zu finden wie in Ägypten. Manche Vertreter halten sich dabei eng an die ägyptische Tradition, andere haben Einflüsse aus anderen Tanzstilen und Musikrichtungen mit verarbeitet. Es gibt inzwischen eine kontroverse Auseinandersetzung darüber, was der „echte“ ägyptische Tanz sei und verschiedene Schulen und Stile haben sich herausgebildet.
Zur Zeit der Weltausstellung in Chicago (USA) um 1893, zeigte die relativ unbekannte Tänzerin "Little Egypt" zum ersten Mal orientalische Tänze vor internationalem Publikum. In dieser Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts war das Zeigen eines entblößten Bauches, ebenso wie das Zeigen eines Fußes oder unbedeckter Hände und Arme, gesellschaftlich sanktioniert. Die Tänze von Little Egypt, die in den USA später in Burlesque-Aufführungen auftrat, waren trotz oder gerade wegen der Zurschaustellung normalerweise bedeckter Körperteile, eine Sensation. Offiziell wurde dem Tanz und der Tänzerin nur entrüstete Aufmerksamkeit gezollt, trotzdem ist ihr Name, ebenso einige Fotoaufnahmen verschiedener Tänzerinnen die sich ebenfalls "Little Egypt" nannten, bis heute bekannt. (siehe auch: Geschichte des Orientalischen Tanzes)
Die typischen Bewegungen, das Kostüm und die Tatsache, dass manche Tänzerinnen den Bauchtanz auf anzügliche Weise vorführen, tragen dazu bei, dass Bauchtanz häufig als dem Striptease verwandte Form des erotischen Tanzes wahrgenommen wird. Die beiden Tanzformen sind jedoch prinzipiell nicht miteinander verwandt.
Der Begriff Bauchtanz
Die Bezeichnung "Bauchtanz" stammt vermutlich aus der französischen Bezeichnung "Danse du ventre" (Tanz des Bauches). In ihren Romanen bezeichneten die französischen Schriftsteller Émile Zola und Gustave Flaubert den orientalischen Tanz als "Danse du ventre". Gustave Flaubert beschreibt in seinem Reisebericht "Reise in den Orient" auch orientalische Tänzerinnen, die er auf seinen Reisen gesehen hat. Ebenso kann die Bezeichnung Raks Balady, übersetzt Balady Dance (Tanz der Leute = Einheimische in Ägypten), zu der englischen Bezeichnung Bellydance (=Bauchtanz) geführt haben.
Bauchtanz ist die Umgangssprachliche Bezeichnung vor allem für orientalischen Tanz. Der Begriff Bauchtanz reduziert die Vielfalt des orientalischen Tanzes, und das Können der Tänzerinnen, auf den Bauch, die Hüfte oder das Gesäß. Ebenso wie bei allen Tänzen werden natürlich auch Arme, Beine, Hände, Füße, Schultern und auch der Kopf bewegt. Falsch sind die oft anzutreffenden Vergleiche oder Bezüge zu Striptease oder Lapdance. Diese Vergleiche sind eine ungerechtfertigte Herabsetzung der Tanzkunst, des intensiven Trainings in Tanztechnik, Rhythmik und Musikkunde, die der Bauchtanz erfordert.
Bücher und Texte mit dem Titel "Make Your Hushband A Sultan" oder "Bellydance - A Very Sexy Exercise", spielen mit diesen falschen Assoziationen und leisten dem Vorurteil, Bauchtanz sei "nur" eine billige orientalische Anmache, Vorschub.
Dass Bauchtanz in der Vergangenheit als Beischlaf-Animation für "Sultane", oder als Verführungstrick benutzt wurde, entspringt eher schwülstigen Haremsfantasien und ist eine der vielen Legenden, die sich um den Bauchtanz rankt.
Zur weiteren Bauchtanz-Legendenbildung, gehören folgende gern zitierte Geschichten:
- dass Salome die erste orientalische Schleiertänzerin der Bibel war
- dass die Königin von Saba vor König Salomon Bauchtanz zeigte
- dass Kleopatra VII. Gaius Iulius Casesar mit einem orientalischen Bauchtanz verführte
- dass Bauchtanz im Harem erfunden wurde
Wesentliche Bestandteile
Nach dem Bewegungsansatz (z.B. Muskulatur des Beckens oder eher der Beine) können wir Stilrichtungen unterscheiden. So wird beim typischen ägyptischen Solotanz die Bewegung aus der "Körpermitte" geholt und kehrt energetisch auch oft wieder dahin zurück. Bei einer westlicheren Ausrichtung kommen die Bewegungen meist aus den Beinen, sind recht groß und werden seltener muskulär abgestoppt. Es gibt weiche, schlangenhafte Bewegungen, die zur Melodie getanzt werden und härtere, rhytmische Bewegungen.
Gerade beim westlichen Stil werden viele Hand und Armbewegungen eingesetzt. Der traditionelle orientalische Stil hingegen sieht die Arme und Hände eher als Umrahmung des tanzenden Körpers. Die Bewegungen lassen sich ganz grob dahingehend einteilen, als dass die Füße dem Grundrhythmus folgen, das Becken der Tabla/Darbukka und der gesamte Körper die Melodie widerspiegelt. Im arabischen Tanzen ist Kenntnis des etwaigen Textes unabdingbar, da eine Tänzerin diesen interpretieren muß, d.h. die Körpersprache (Gestik ebenso wie Mimik) muß zum Text stimmig sein. Im Gegensatz zur ägyptischen Tanzszene, werden in der Türkei insturmentale Tanzstücke bevorzugt.
Bauchtanz wird meist als typisch weiblicher Tanz wahrgenommen, der die Gefühlswelt und Kraft von Frauen zum Ausdruck bringt. Vor allem in Ägypten sind Frauen über 40 sehr populäre Bauchtänzerinnen, etwa Suhair Zaki, Fifi Abdou, Lucy und Dina. Dies ist allerdings auch darauf zurückzuführen, dass eine gute Tänzerin über Lebenserfahrung verfügen muß - dazu kommt selbstverständlich langjährige Bühnenerfahrung um das zu formen, was in Ägypten von einer guten Tänzerin erwartet wird: eine Vollblut-Entertainerin.
Das Bauchtanzkostüm
Das typische Bauchtanzkostüm entstand etwa den 1920er Jahren in den Kabaretts in Algier, Beirut und Kairo. Hauptsächlich in den Kabaretts von Kairo wurde der arabische Bauchtanz in seiner heutigen Form entwickelt und als Unterhaltungstanz aufgeführt. Ein typisches Raqs Sharqi Kostüm besteht in der Regel aus einem paillettenbesetzten, BH-artigen Oberteil, einem ebenfalls pailettenbesetzten Gürtel (zusammen mit dem Oberteil als Bedleh bezeichnet)und einem Rock. Als Accessoire kann, muss aber nicht, zu einem klassischen Solo ein Schleier oder Cape benutzt werden. Im klassisch orientalischen Tanz ist der Schleier ein reines Intro-Accessoire und wird nach dem Eingangspart der Musik von der Tänzerin auf der Bühne abgelegt.
Neben dem typischen Bauchtanzkostüm werden feine Schleier, Säbel, Kerzen und ähnliches nicht selten als weitere Elemente eingesetzt. Tänze mit solchen Elementen werden zum Teil als "Fantasy" bezeichnet, da viele der in der Fantasy getanzten Grundthemen, aus Amerika stammen oder von amerikanischen Tänzerinnen des vorletzten Jahrhunderts aufgegriffen wurden (z.B. Ruth St. Denis), und nur entfernt mit den ursprünglichen Tänzen des Orients verwandt sind.
Die typischen "Schleiertänze" der Salome oder ganzer Schleiertanz-Gruppen, sind kein klassisch orientalischer Tanz. Mit dem Schleier wird nur in der Sparte Fantasy durchgehend getanzt. Mehr Infos dazu siehe Schleiertanz.
Die oriental. Tanzkostüme haben sich mit der Zeit modisch bedingt immer wieder verändert, sie waren mehr oder weniger freizügig, hatten weite, enge Röcke, Shorts oder auch Hosen.
Neben dem "klassischen" Bauchtanzkostüm, werden für die "folkloristischen" orientalischen Tänze und Stile im arabischen Raum (z.B. Hagalla, Iskanderani, Saidi) besondere Kleider bzw. Kostüme getragen, die keinem so deutlich erkennbaren Modetrend unterliegen wie z.B. die Sharqi Kostüme.
Auch bei den orientalischen Tänzen der westlichen Welt (z.B. American Belly Dance) trägt man besondere Kleidung als bei der "klassischen Show" z.B. beim Säbeltanz, Tribal Style Dancing.
Shimmy
Als Shimmy wird rhytmisches, isoliertes Zittern der Hüften oder anderer Körperteile bezeichnet. Beim Shimmy werden die oft auf dem Bauchtanzkostüm an den Hüften angebrachten Verzierungen aus Metall zum klimpern gebracht.
Stile des orientalischen Tanzes
- Klassisch-orientalischer Tanz
- Baladi
- Orientalische Folkloretänze
- American Cabaret Bellydance
- Tribal Style Dance
Fantasy
Diese Tänze wurden nach alten Bildern und Geschichten erdacht, ohne reale geschichtliche Grundlagen für die Tanzformen und -schritte.
- Pharaonischer Tanz
- Säbeltanz
- Schleiertanz / Doppelschleiertanz
- Tanz mit sieben Schleiern
- Schlangentanz
Sonstige Formen
Historischer Tanz
Modetänze
Folgende Modetänze der Jugendkultur und des Tanzsports haben einige Elemente des orientalischen Tanzes übernommen:
Comedy Bauchtanz
Der sogenannte Comedy-Bauchtanz soll von der Hamburgerin Christine Licht erfunden und aufgeführt worden sein. Bei ihren Events trat sie u.a. mit einem "lichtelektronischen Bauchtanzkostüm" auf, oder mit einer automatischen "Schimmymaschine".
In Deutschland kennt man jedoch komödiantische Einlagen im Rahmen von orientalischen Tanzshows schon seit längerem. Der Comdey-Bauchtanz kann als Facette zum orientalischen Tanz gehören. Er benutzt das typische Bauchtanzkostüm und eine minimale Anzahl von Grundbewegungen in lustig-trivialer Weise. Um eine Comedy-Bauchtanz-Show zu zeigen, bedarf es vor allem der Bereitschaft über sich selbst lachen zu lassen, denn die Übertreibung und Verzerrung stehen im Vordergrund, während der orientalische Tanz nur den Rahmen für den Sketch (die Comedy-Vorführung) bildet.
Comedy Bauchtanz wurde der Vollständigkeithalber in diese Liste aufgenommen.
Orientalischer Tanz heute
Die Entwicklung des "Kairoer-Stils"
Hauptsächlich in den Kabaretts von Kairo wurde der arabische Bauchtanz in seiner heutigen Form (zum Raqs Sharqi) entwickelt und als Unterhaltungstanz aufgeführt. Verbreitet wurde der ägyptische Stil hauptsächlich durch die ägyptische Filmindustrie. Große Tänzerinnen aus jener Zeit (Samia Gamal, Tahia Carioca, Naima Akef, Katie uva.) und später Nagua Fouad, Suher Zaki oder Fifi Abdo, setzten im Tanz die Maßstäbe, die in der arabischen Welt Anwendung finden sollten. In Ägypten (speziell bis in die letzten Jahre) hat/hatte der Tanz den Status einer gehobenen Unterhaltungskunst. Vom eigentlichen Kairoerstil spricht man wohl erst in den letzten Jahren. Früher unterschied man ägyptischen Tanzstil und Franco-Arab (also so eher die Art wie man im Libanon tanzt). Der sogn. Kairoerstil (Ansätze dieser Entwicklung sind etwa ab den frühen bis mittleren 80er Jahren zu beobachten) zeichnet sich durch eine erheblich größere Körperspannung der Tänzerinnen aus. Die Bewegungen wurden kleiner (Bezug Veränderung der Musik und konsequenterweise auch des Tanzkostüms) und fester durch härteres muskuläres Abstoppen. Auch wurden viele Bewegungen eingebaut, die eine extrem gut trainierte Oberschenkelmuskulatur erfordern. Der sogn. Dina-Stil kann als deutliches Bespiel herangezogen werden.
Orientalischer Tanz außerhalb der arabischen Welt
Der Bauchtanz, wie er heute in der westlichen Welt bekannt ist, stellt eine Sonderform des orientalischen Tanzes dar. Bauchtanz ist auch in der Türkei, in Griechenland und generell im Balkanraum verbreitet. In Griechenland und auf dem Balkan wird er in erster Linie als Gesellschaftstanz getanzt und eher selten vorgeführt. Der türkische Bauchtanz heißt Göbek Dans oder Chifteteli, der griechische Tsifteteli. Diese beiden Formen kennen weniger Bewegungen als der arabische Bauchtanz, und auch die Musik dazu ist rhythmisch meistens gleichförmig, im Gegensatz zur arabischen Bauchtanzmusik, die in einem einzigen Stück eine große Vielfalt von Rhythmen aufweist. In der Türkei haben Bauchtänzerinnen keinen hohen Status und werden oft für Prostituierte gehalten.
Organisationen
Seit 1994 gibt es den Bundesverband für orientalischen Tanz, der sich die Pflege und Förderung des Orientalischen Tanzes in Deutschland zum Ziel gesetzt hat.
Geschichte des Orientalischen Tanzes
Weblinks
Überregionale Verbände, Organisationen, Vereine
Fachzeitschriften
- Älteste Fachzeitung für Orientalischen Tanz
- Zweit-Älteste Fachzeitung für Orientalischen Tanz
- Fachzeitung für Orientalischen Tanz, Schwerpunkt Berlin-Brandenburg
- Hier suchen nach: Bastet - Fachzeitung für Orientalischen Tanz
Fachmessen
Diskussionsforen
- Ältestes und größtes Portal für Orientalischen Tanz mit Diskussionsforum
- Diskussionsforum für Orientalischen Tanz
Andere informative Seiten
www.bauchtanz-bauchnabel.de