Das Strebkatzenziehen, niederdeutsch Strewkattentreckens, auch Luderziehen, war ein mittelalterliches Kraftspiel, das im 15. und 16. Jahrhundert in ganz Deutschland, aber auch in den Ländern Skandinaviens verbreitet war.
Spiel
Bei dem Spiel wurden die Köpfe der beiden sich gegenüber knienden Kontrahenten durch Seile oder Tuchstreifen um dem jeweiligen Nacken miteinander verbunden. Es ging bei dem Spiel darum, den Kopf des Gegners möglichst über das zwischen beiden brennende Feuer zu ziehen. In weniger archaischen Varianten wurde derjenige Gewinner, der es schaffte, den Gegner drei Ellen in seine Richtung zu ziehen. Das Spiel hieß die Streb(e)katze ziehen, weil sich die Kontrahenten wie sich sträubende, widerstrebende Katzen gegenübersaßen.[1] In Dänemark wird das Spiel Traekke Grin und in Schweden Dra Gränja genannt. In vielen alten Städten finden sich zumeist mittelalterliche Reliefs, die auf dieses Spiel hindeuten. In Deutschland spiegelt sich der Begriff der Strebkatze seit dem 16. Jahrhundert auch in der Literatur und ist als Schlagwort im Deutschen Wörterbuch mit Beispielen nachgewiesen:
- ein bub sich an den andern hieng,
- mit dem einen der hies herr Matz,
- must ich ziehen die strebekatz
- so stehet einander gegen vber,
- vnd macht euch die quel[2] vmb den hals
- nemet den knotten beyd gleichszfalls
- vnd fasset mit den zänen fest,
- ein jeder sein knotten aufs best.
- darnach kniet nieder auff die erd,
- vnd zieht, last sehen wer gewinnen werd
- Henrici (1595)
Darstellungen
Soweit sich die Darstellungen in der unmittelbaren Nähe von Rathäusern befinden, die bis in die Frühe Neuzeit auch Gerichtshäuser waren, sind die Reliefs auch als Anspielung auf die dort verhandelten Prozesse zu verstehen.
- Braunschweig, Steinstr. 3
- Deventer, Lebuinuskirche[3]
- Dortmund, Marienkirche, Relief am Chorgestühl aus der Stiftskirche Cappenberg
- Hannover, am Alten Rathaus
- Lübeck, am Rathaus im Durchgang von der Breiten Straße zum Marienkirchhof
- Lüneburg, Beischlagwange der Rathauslaube, Geschenk des Ratmanns und Richteherrn Claus Viskule von 1497[4]
- Stockholm, Gamla stan, Relief von 1558 in der Kindstugatan 18[5], heute im Hause angebracht, dass aufgrund der Eigentümergeschichte des Hauses als eine Darstellung der Heiligen Cosmas und Damian interpretiert wird
- Ratskeller Wiedenbrück[6]
- Fresken in den schwedischen Dorfkirchen Alnö gamla kyrka, Estuna kyrka, Hargs Kyrka und Tensta kyrka, sämtlich in Uppland, Schweden
In der Reformationszeit wurde das Strebkatzenziehen zum Symbol für die theologischen Auseinandersetzungen der Zeit. 1524 erschien in Worms bei Peter Schöffer dem Jüngeren eine anomyme Streitschrift Die Luterisch Strebkatz zugunsten der Reformation. Als ihr Autor wird Urbanus Rhegius vermutet. Ihr satirischer Titelholzschnitt zeigt Martin Luther und den Papst beim Strebkatzenziehen, das Luther klar gewinnt.[7]
Literatur
- Erich Ballerstedt: Das Strebkatzenziehen, ein Kraftspiel des Mittelalters, und seine Spuren in deutscher Sprache und Kunst, in: Hannoverschen Geschichtsblätter 1901, S. 97-107
- Antjekathrin Graßmann: Lübeck Lexikon, Lübeck 2006, S. 338
- Carl R. af Ugglas: "Den Lilla Stockholmsrebusens" Lösning, 1937[8]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Siehe auch den Eintrag Strêbekatze in - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart]
- ↑ =Handtuch
- ↑ destentor.nl
- ↑ Hans Graeven: Das Strebkatzenziehen auf einer Lüneburger Beischlagwange. In: Hannoversche Geschichtsblätter 5 (1902), S. 241—252
- ↑ en:Kindstugatan
- ↑ Hermann Schaub: Strebkatz- und Luderziehen als Ausdruck theologischer Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert: zur Deutung eines Schnitzbildes am Wiedenbrücker Ratskeller. In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 105 (2009), S. 45-72
- ↑ Otto Clemen: Die Luterisch Strebkatz, in: ARG 2 (1905) S. 78-93, wieder in: ders.: Kleine Schriften, Band 2, 1983, S. 202-217
- ↑ fornvannen.se