Theelacht

genossenschaftlicher Familienverband in Norden in Ostfriesland, Niedersachsen, Deutschland
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Die Theelacht zu Norden(Niedersachsen)

Die Theelacht zu Norden ist ein seit ca 1100 Jahren auf genossenschaftlicher Basis geführter Familienverband. Sie verwaltet gemeinsamen Grundbbesitz in den Marschen des nördlichen und östlichen Norderlandes und schüttet die durch Verpachtung erwirtschafteten Gewinne an ihre Mitglieder aus. Ihren zentralen Verwaltungssitz hat die Theelacht in der Theelachtskammer des alten Rathauses am Norder Marktplatz. Das Wort "Theelacht" bedeutet wörtlich übersetzt "Anteilsaufsicht".

Ursprünge

Die alten Theelachts-Überlieferungen erzählen, dass die um 884 bei Norden statt gefundene Schlacht der Friesen gegegn die Normannen den eigentliche Beginn der Genossenschaftsgeschichte markiert. Nach dem Abzug der siegreichen Friesen und der geschlagenen Normannen nahmen eine Reihe Norder Einwohner die Gelegenheit wahr, die einst an die Normannen verlorenen Gebiete in den Hilgenrieder und Nesser Buchten zurück zu erobern. Die Teilnehmer dieser Rückeroberung gründeten die Theelacht zu Norden mit dem Ziel, die wieder gewonnenen Gebiete in ungeteilter Gemeinschaft zu nutzen und zu verwalten. Die ursprüngliche Eigennutzung des Theelacht-Landes ist inzwischen durch die Verpachtung des Landes abgelöst worden. Die Theelacht ist in ihrer Art die älteste Genossenschaft in Europa.

Aufbau und Satzung der Theelacht

Die Theelachter entwickelten eine eigene Rechtsordnung. Entscheidungen werden demokratisch gefällt. Ein mittelalterliches Erbrecht, das bis heute gilt, sorgt dafür, dass die Genossenschaftsanteile durch Generationen hindurch in den Händen der alten Theelachtsfamilien verbleiben.

Vier Theelachter verwalten die Theel-Lande und sorgen für die zweimal jährlich statt findende Rechnungslegung Diese erfolgt nach einem genau festgelegten Zeremoniell, bei dem Tonpfeifen, Tabak und das warme Theelbier den Versammelten gereicht werden.

Die Anteile zerfallen in "Arv- und Kooptheele" (Erb- und Kaufanteile). Nur die Besitzer der Arvtheele, die Arvburen (Erbbauern), besitzen das aktive und passive Wahlrecht. Die Koopburen (Mitglieder, die sich eingekauft haben) haben zwar einen Sitz in der Theelachtsversammlung, jedoch keine Stimme.

Das Arvtheel, dessen Umfang je nach der Zahl der Arvburen schwankt, vererbt sich nach altem friesischen Recht auf den jüngsten Sohn. Sind mehrere verheiratete Söhne mit eigenem Hausstand vorhanden, können sie "antasten"; sie erhalten einen vollen Arvtheel, können ihren Anteil aber nicht an die nächste Generation vererben.

Auch Erbtöchter werden zugelassen, wenn keine Söhne vorhanden sind. Ihre rechte werden von ihren Ehemännern in der Theelachtsversammlung wahrgenommen. Diese mit Erbtöchter verheirateten Ehemänner werden Pelzburen genannt.

Das Theel eines kinderlos verstorbenen Arvburen fällt an die Theelacht zurück. Veräußert ein Arvbur seinen Anteil, so fällt auch dieses Theel bei seinem Tod an die Theelacht zurück - es sei denn, die Theelacht gibt ihre Zustimmung zur Umwandlung des Arvtheel in ein Kooptheel. Besitzer des Kooptheels sind die bereits erwähnten Koopburen.

Die Ländereien der Theeacht zerfallen in 8 Theele, auch Theene oder Bücher genannt. Bei zwei Ertragsauszahlungen - die eine vor Ostern, die andere vor Weihnachten - werden für jeweils vier Theele die Gewinne ausgeschüttet. Die zu Ostern abgerechneten Theele werden "Vörjahrstheele" genannt, die anderen "Harfsttheele".

Literatur

  • Rudolf Folkerts, Die Theelacht zu Norden (Norden 1986)