Juri Alexejewitsch Gagarin

sowjetischer Kosmonaut, der erste Mensch im Weltraum
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Juri Alexejewitsch Gagarin (russisch Ю́рий Алексе́евич Гага́рин, wiss. Transliteration Jurij Alekseevič Gagarin; * 9. März 1934 in Kluschino bei Gshatsk, Russische SFSR; † 27. März 1968 bei Nowosjolowo im Rajon Kirschatsch, Oblast Wladimir, Russische SFSR) war ein sowjetischer Kosmonaut, Oberst der sowjetischen Luftwaffe, Held der Sowjetunion und der erste Mensch im Weltraum.

Juri Gagarin
Juri Gagarin
Juri Gagarin
Land UdSSR
Rufzeichen Кедр (Kedr - „Zeder“)
ausgewählt 7. März 1960
(1. Kosmonautengruppe)
Einsätze 1 Raumflug
Start 12. April 1961
Landung 12. April 1961
Zeit im Weltraum 1 h 48 min
ausgeschieden März 1968 (verunglückt)
Raumflüge

Leben

Juri Gagarin wurde am 9. März 1934 im Dorf Kluschino geboren, sein Vater war Zimmermann, die Mutter Kolchosbäuerin; er hatte zwei Brüder und eine Schwester. Am 1. September 1941 wurde er in die Dorfschule von Kluschino eingeschult, der Schulbesuch wurde aber durch den Zweiten Weltkrieg und die Besetzung des Dorfes am 12. Oktober 1941 durch deutsche Soldaten unterbrochen. Seine Schwester und einer seiner Brüder wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Sie kehrten nach dem Krieg zurück. Erst nach der Befreiung des Dorfes durch die Rote Armee am 9. April 1943 konnte der Schulunterricht fortgesetzt werden.

In die Zeit des Krieges fällt auch ein angeblich prägendes Erlebnis, das in der Vorbildliteratur zu Gagarin stets erwähnt wird: Gagarin soll gesehen haben, wie ein sowjetischer Jagdflieger in seiner Nähe landete, um einen anderen, notgelandeten Flieger mitzunehmen und so vor deutscher Gefangenschaft zu retten.

Nach einem Umzug in die Stadt Gshatsk (heute Gagarin) besuchte Gagarin die Mittelschule. 1951 beendete er eine zweijährige Ausbildung an einer Handwerkerschule in Luberzy mit der Facharbeiterprüfung als Gießer. Anschließend studierte er am Industrietechnikum in Saratow und erhielt dort ein Diplom als Gießereitechniker.

Pilot

Während des Studiums wurde er Mitglied des Aeroklubs in Saratow und bestand seine erste Flugprüfung am 3. Juni 1955. Im gleichen Jahr trat er in die sowjetischen Streitkräfte ein und wurde in die Fliegerschule in Orenburg aufgenommen. Am 7. November 1957 wurde Gagarin zum Leutnant befördert. Ebenfalls im Jahr 1957 heiratete er die Ärztin Valentina Gorjatschowa. Von 1957 bis 1959 diente Gagarin bei einem Jagdfliegerregiment der Nordflotte. Es war in der Oblast Murmansk am Polarkreis stationiert. Hier wurde Gagarin Mitglied der KPdSU. Am 10. April 1959 wurde seine Tochter Jelena geboren, am 12. März 1961, genau einen Monat vor seinem Raumflug, seine zweite Tochter Galja.

Erster Kosmonaut

 
Nachbildung der Wostok-Trägerrakete
 
Landekapsel von Wostok 1

1960 wurde Gagarin als potenzieller Kosmonaut ausgewählt. Am 3. März kam er auf Befehl des Oberkommandierenden der Luftstreitkräfte Konstantin Andrejewitsch Werschinin in die Gruppe der Kosmonautenkandidaten und erhielt vom 11. März 1960 bis Januar 1961 eine entsprechende Ausbildung. Er wurde vor allem wegen seines ruhigen Temperaments aus den 20 möglichen Kandidaten ausgewählt, um als erster Mensch die Erde zu verlassen. Am 12. April 1961 absolvierte er mit dem Raumschiff Wostok 1 seinen spektakulären Raumflug und umrundete dabei in 108 Minuten einmal die Erde. Er landete im Wolga-Gebiet, in der Nähe der Städte Saratow und Engels. Auf dem Landeplatz steht heute ein Denkmal, und der Jahrestag seines Raumfluges wird dort heute noch jährlich mit einer kleinen Feier begangen.

Gagarin war bis 1963 Kommandeur der sowjetischen Kosmonautengruppe und studierte danach an der Militärakademie für Ingenieure der Luftstreitkräfte „Prof. N. J. Schukowski“. Er war als Ersatzpilot des 1967 beim Flug von Sojus 1 tödlich verunglückten Kosmonauten Wladimir Michailowitsch Komarow vorgesehen.

Unfalltod

Am 27. März 1968 verunglückte Gagarin bei einem Übungsflug mit einer MiG-15 UTI tödlich. Gagarin wurde im Februar 1968 zum Ausbilder der Kosmonauten ernannt, doch zuvor wollte er noch seine Ausbildung zum Kampfpiloten zu Ende bringen. Diese war wegen seines Kosmonautenprogramms abgebrochen worden. Der Flugzeugtyp MiG-15 UTI galt aufgrund seiner geringen Absturzquote als das sicherste Kampfflugzeug der UdSSR. Gagarins Flugausbilder und Co-Pilot war der Regimentskommandeur (Held der Sowjetunion) und der damals erfahrenste MiG-15-Pilot Oberst Wladimir Serjogin mit rund 4000 Stunden Flugpraxis und Kriegserfahrung.

Die genauen Umstände des Absturzes sind bis heute offiziell nicht geklärt. Es gibt mehrere widersprüchliche Versionen des Geschehens. Die Regierung verkündete damals lediglich „eine unglückliche Verkettung verhängnisvoller Umstände“ als Ursache; der 30-seitige Untersuchungsbericht wurde nie veröffentlicht und die damalige Erklärung nie offiziell korrigiert. Noch im März 2008 behauptete ein Mitglied der Untersuchungskommission, General Eduard Scherscher, dass grobe Fahrlässigkeiten der Piloten ursächlich waren, dies aber nicht zugegeben werden sollte, um deren Heldenstatus nicht zu gefährden.[1]

Im Zuge der Perestroika-Politik von Gorbatschow konnte 1985 Gagarins Kosmonautenkollege Alexei Leonow (der ein Mitglied der Regierungskommission war) eine Einsichtnahme des Untersuchungsberichts der Umstände von Gagarins Absturz erfolgreich durchsetzen. Dabei stellte sich heraus, dass eine Reihe von Sicherheitsstandards verletzt wurden, die schließlich zu seinem Absturz führten. Neben Gagarins MiG-15 befanden sich an diesem Tag auch noch vier weitere Abfangjäger vom Typ Suchoi in der Luft, einer davon (welche er als Suchoi Su-15 identifiziert) kam Gagarins Flugzeug bis auf wenige Meter nahe. Nach seiner Meinung, geriet die MiG durch die Turbulenzen, die von der doppelt so schnellen und großen Suchoi verursacht wurden, ins Trudeln und in den freien Fall. Leonow, der am Tag des Absturzes ein Fallschirmtraining mit Kosmonauten machte, hörte „zwei laut Knalle in der Ferne“ im Abstand von nur ein bis zwei Sekunden, doch musste er zu seiner Überraschung im Abschlussbericht entdecken, dass seine Aussage auf 15 bis 20 Sekunden Abstand geändert worden war. Nach dem Beinahezusammenstoß zeigte der Höhenmesser der MiG-15 nur verzögert die wirkliche Höhe an und auch das Höhenradar der Leitwarte war an diesem Tag ausgefallen, daher gingen Gagarin und sein erfahrener Co-Pilot von mehr Spielraum aus, als sie in Wirklichkeit hatten. Leonov glaubt, dass der erste Knall vom Jet beim Durchbrechen der Schallmauer war, und der zweite von Gagarins Flugzeugabsturz. Berechnungen ergaben, dass er nur zwei zusätzliche Sekunden zur Stabilisierung des Sturzfluges gebraucht hätte.[2][3] Stepan Mikojan (ebenfalls Mitglied der Regierungskommission) hingegen äußerte in seinen Memoiren Zweifel daran, dass das Flugzeug Gagarin und Serjogins in „Trudel“ gerieht wegen eines anderen Flugzeuges. Als wahrscheinlichste Ursache, die zu der Katastrophe geführt hat, nennt Stepan Mikojan Ausweichen und/oder Kollision mit einem Wetterballon.[4]

Gagarins Urne befindet sich in der Kremlmauer auf dem Roten Platz in Moskau.

Würdigungen

 
Sowjetische Briefmarke, 1964
 
Gagarindenkmal in Moskau

Noch während des Raumfluges wurde Gagarin vom Oberleutnant zum Major befördert. Nach seiner erfolgreichen Landung bei Saratow wurde Gagarin nun in der ganzen Welt bekannt, insbesondere in den Ländern des Ostblocks wurde er zum Idol. Dazu trug nicht zuletzt eine ganze Reihe in der Sowjetunion erschienener, den Prinzipien der Vorbildliteratur gehorchender Gagarin-Biographien bei, darunter auch seine Autobiographie Der Weg in den Kosmos. Seit 1962 wurde der 12. April in Erinnerung an Gagarins Raumflug sowohl in der Sowjetunion als auch im heutigen Russland als offizieller Feiertag begangen, der Tag der Kosmonauten.

Die erste Weltumrundung war ein wichtiger Prestigeerfolg der Sowjetischen Raumfahrt in der Zeit des Kalten Kriegs; das amerikanische Programm Man In Space Soonest war nicht erfolgreich. Nach dem Sputnik-Schock war dies bereits der zweite Erfolg, und die UdSSR konnte eine technologische Überlegenheit zur Schau stellen. Gagarin erhielt den Leninorden, und ihm wurde am 14. April 1961 der Titel Held der Sowjetunion verliehen. Er unternahm in der Zeit nach seiner Landung als Sympathieträger zahlreiche Promotionsreisen durch die Welt, bei denen er ebenso für die Erforschung des Weltraums wie für das politische System der Sowjetunion warb. Gagarin wurde auch auf mehreren modernen russischen Münzen verewigt.

Ein Krater auf der abgewandten Seite des Mondes wurde nach ihm benannt.

Die Militärakademie der Luftstreitkräfte „J. A. Gagarin“ in Monino trägt seinen Namen.

Am 8. Mai 1961 wurde die Zschopauer Straße in Chemnitz in Juri-Gagarin-Straße umbenannt,[5] nach der Wende aber wieder zurückbenannt.

1964 wurde eine Ringstraße in der Innenstadt Erfurts zu Ehren Gagarins, der die Stadt 1963 besuchte, in Juri-Gagarin-Ring umgetauft. Auch in anderen Städten der ehemaligen DDR gibt es heute noch nach dem Kosmonauten benannte Straßen, so beispielsweise in Radeberg, Neubrandenburg oder in Cottbus.

1968 wurde die Stadt Gschatsk in Gagarin umbenannt, und das Ausbildungszentrum für Kosmonauten, im Sternenstädtchen bei Moskau, erhielt den Namen Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum.

Zu seinen Ehren wurde am Lenin-Prospekt in Moskau das gewaltige, 40 Meter hohe futuristische Gagarin-Denkmal aufgestellt.

Außerdem wurde das Forschungsschiff Kosmonaut Juri Gagarin, welches zur Satelliten- und Raketensteuerung genutzt wurde, nach ihm benannt.

Der französische Musiker Jean Michel Jarre veröffentlichte im Jahre 2000 den Titel Hey Gagarin.

Das Esbjörn Svensson Trio veröffentlichte im Jahr 1999 ein Album mit dem Titel From Gagarin’s Point of View.

Die 2008 gegründete Kontinentale Hockey-Liga, eine Eishockeyliga, benannte die erstmals am Ende der Saison 2008/09 vergebene Trophäe für den Meisterschaftssieger nach Juri Gagarin.

Werke

  • Juri A. Gagarin, Wladimir I. Lebedew: Der Sprung ins Weltall. Verlag Neues Leben, Berlin 1970
  • Der Weg in den Kosmos. Elbe-Dnjepr-Verlag, Nachdruck 2001, ISBN 3-933395-19-4

Literatur

  • Gerhard Kowalski: Die Gagarin-Story. Die Wahrheit über den Flug des ersten Kosmonauten der Welt. Schwarzkopf u. Schwarzkopf, Berlin 1999, ISBN 3-89602-184-2
  • Robert Kluge: Der sowjetische Traum vom Fliegen. Sagner, Berlin 1997, ISBN 3-87690-665-2
  • Jaroslaw Golowanow: Unser Gagarin. Progress, Moskau 1979
  • Susanne Göhlich: Juri fliegt zu den Sternen. Moritz Verlag, Frankfurt/M. 2011, ISBN 978-3-89565-230-1 (Bilderbuch als Hommage an Juri G.)
  • Ludmila Pavlova-Marinsky: Juri Gagarin Das Leben, Verlag Neues Leben, Berlin 2011, ISBN 978-3-355-01784-8
  • Walter Famler: Im Zeichen des roten Sterns – Zur ikonografischen Kodierung des Kosmospiloten Juri Gagarin, Verlag Kulturmaschinen, Berlin 2011, ISBN 978-3-940274-35-9

Film

  • Die letzten Tage einer Legende. Juri Gagarin. (OT: Les derniers jours de Youri Gagarine.) Dokumentation, Frankreich, 2007, 52 Min., Buch: Arnaud Hamelin, Regie: Laurent Portes, Produktion: Sunset Presse, Inhaltsangabe von Phoenix mit Trailer, 3 Min.
  • Gagarin, ich habe Dich geliebt (OT: Gagarin, ya vas lyubila (russ.: Гагарин, я вас любила)) Dokumention, Ukraine, 1992, 53 Min., Buch: Valentina Rudenko, Regie: Valentina Rudenko, Inhaltsangabe von ZDF

Trivia

Vor seinem Raumflug im Jahr 1961 musste Gagarin noch rasch auf die Toilette. Diese „Pinkelpause“ wird seitdem auf dem Weg zur Startrampe aus Tradition von allen Kosmonauten eingehalten.[6]

Siehe auch

Datei:Yuri Gagarin (NASA).jpg
klassisches Portrait Juri Gagarins
 
Graffito, 2008
Commons: Juri Alexejewitsch Gagarin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. „Das letzte Geheimnis des ersten Menschen im All“, Spiegel Online 26. März 2008
  2. Alexei Leonov, Scott, David: Two Sides of the Moon. Thomas Dunne Books, New York 2004, ISBN 0-312-30865-5, S. 218.
  3. Die letzten Tage einer Legende. Juri Gagarin. (Les derniers jours de Youri Gagarine.) Dokumentation, Frankreich, 2007, 52 Min., Buch: Arnaud Hamelin, Regie: Laurent Portes, Produktion: Sunset Presse, Inhaltsangabe von Phoenix
  4. Mikojan SA Wir -. die Kinder des Krieges — М.: Яуза, Эксмо (- Yauza, Penguin Books), 2006, ISBN 5-699-18874-6
  5. Datei:Bundesarchiv Bild 183-82864-0001, Karl-Marx-Stadt, Namensgebung Juri-Gagarin-Straße.jpg
  6. [1] Die Chronik. Geschichte des 20. Jahrhunderts bis heute, Chronik Verlag, S. 582

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