Kondominium

gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaft mehrerer Herrschaftsträger über ein Gebiet
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Kondominium (von lateinisch con-dominium, also „gemeinsames Eigentum“, völkerrechtlich: (dt.) Gemeinherrschaft; auch Kondominat) ist die gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaft mehrerer Herrschaftsträger über ein Gebiet. Auch das Gebiet selbst wird als Kondominium bezeichnet.

In der europäischen Geschichte gibt es zahlreiche Beispiele für Kondominien. Mit der Bildung der modernen Nationalstaaten wurden diese Gebiete weitestgehend aufgelöst.

Gegenwärtige Kondominien

Beispiele für heute bestehende Kondominien sind:

  • der Obersee des Bodensees – zumindest nach österreichischer Auffassung –, bei dem zwischen den Anliegerstaaten keine Grenze vereinbart ist, sondern die hoheitlichen Aufgaben von den Anrainern Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam wahrgenommen werden. Österreich betrachtet dabei den gesamten Bodensee als Kondominium, während die Schweiz – wie bei Binnengewässern üblich – von einer Realteilung, d. h. einer Teilung im mittleren Abstand zu den Ufern ausgeht. Bezüglich des Konstanzer Beckens und des Untersees bestehen zwischen der Schweiz und Deutschland entsprechende vertragliche Vereinbarungen.
  • die Flüsse Our, Sauer und Mosel auf den Strecken, auf denen sie die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg darstellen. Gemeinsame Herrschaftsausübung durch die Bundesrepublik Deutschland und das Großherzogtum Luxemburg über die gesamte Wasserfläche der Mosel mit Ausnahme der Schleusenbauwerke. Soweit an der Grenze mit Rheinland-Pfalz befindlich, gilt das Gebiet der drei Grenzflüsse als einziges gemeindefreies Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz (Gemeinschaftliches deutsch-luxemburgisches Hoheitsgebiet). Der etwa 10 km lange Moselabschnitt, der die Grenze zwischen Luxemburg und dem Saarland darstellt und auch Teil des Kondominiums ist, ist ebenfalls gemeindefreies Gebiet.
  • der Brčko-Distrikt im Nordosten Bosnien-Herzegowinas, dessen Verwaltung sich die Föderation Bosnien und Herzegowina und die Serbische Republik teilen. Faktisch untersteht er jedoch direkt der bosnisch-herzegowinischen Zentralregierung in Sarajevo, hat allerdings eine lokale Selbstverwaltung.
  • Die autonome Mönchsrepublik Athos ist völkerrechtlich ein Kondominium unter der gemeinsamen Herrschaft Griechenlands und des Ökumenischen Patriarchen, der türkischer Staatsbürger ist.
  • die Fasaneninsel, eine unbewohnte Binneninsel und das kleinste Kondominium der Welt, in deren Verwaltung sich Spanien und Frankreich halbjährlich abwechseln.
  • die Hans-Insel, eine unbewohnte und vegetationslose Insel in der Mitte des Kennedy-Kanals wird seit 2005 gemeinsam von Kanada und Dänemark verwaltet.

Andorra war seit dem Frieden von Lleida am 8. September 1278 das älteste Kondominium und stand unter Verwaltung des Bischofs von Urgell und des jeweiligen französischen Staatsoberhauptes.[1] Seit der neuen Verfassung von 1993 ist Andorra kein Kondominium mehr, sondern ein souveräner Staat mit zwei Staatsoberhäuptern (Kofürsten) dem Bischof von Urgell und dem Präsidenten von Frankreich.

Für Gibraltar wurde 2001 von der britischen Regierung als Kompromissvorschlag für die Zukunft der Kronkolonie ein Kondominium mit Spanien vorgeschlagen, von der Bevölkerung Gibraltars aber 2002 in einem Referendum abgelehnt.

Historische Kondominien

Beispiele für Kondominien in der Geschichte:

Verwandte Themen

  • Kondominialakt – eine gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaftshandlung
  • Kondominalbahn – Staatsbahn, an der mehrere Staaten beteiligt sind
  • Kommunanz – eine territoriale Einheit der Schweiz, die unter der Hoheit mehrerer Gemeinden steht.
  • Enklave, Exklave – weitere geographische Besonderheiten

Einzelnachweise

  1. Stephan Hobe, Otto Kimminich: Einführung in das Völkerrecht. 9. Auflage. Narr Francke Attempto Verlag, 2008, ISBN 978-3-7720-8304-4. Seite 101