Castell (Adelsgeschlecht)

Adelsgeschlecht
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Die Castell sind ein fränkisches Adelsgeschlecht und gehörten als Grafen und Fürsten dem Hohen Adel an.

Wappen der Castell nach Scheibler

Geschichte

Die Castell wurden 1057 mit Rupert, dem ersten Vertreter der Familie, erstmals urkundlich in Castell erwähnt und nannten sich ab 1091 nach dem Stammsitz "de Castello". 1202/5 wurde das Geschlecht in den Reichsgrafenstand erhoben. Sie hatten das Geleitrecht auf der Straße von Kitzingen bis zur Bubeneiche (Richtung Neustadt an der Aisch) und auf der ganzen Straße von Würzburg nach Bamberg.

1398 verlieh König Wenzel den Grafen zu Castell das Münzrecht, und sie richteten in Volkach die Castell’sche Münzstätte ein. 1457 wurde die Grafschaft Castell Lehen des Hochstifts Würzburg. In den Jahren 1546–1559 führten die Castell die Reformation in der Grafschaft ein, und 1556 verlegten sie ihren Regierungssitz mit Residenz nach Rüdenhausen.

Die Geschichte der Castell ist eng mit dem Weinbau in der Region verbunden. Bereits 1266 wurden die Lagen in Castell, Hohnart, Schlossberg und Trautberg urkundlich erwähnt. Die erste Anpflanzung der Silvaner-Reben in Deutschland ist 1659 in der Grafschaft Castell nachgewiesen.

1774 richtete das Haus Castell die Gräflich Castell-Remlingen’sche Landes-Credit-Cassa ein, die 1857 als Privatunternehmen der Castell mit dem Namen Gräflich Castell’sche Neue Credit-Casse neu gegründet wurde. Sie ist damit die älteste Bank Bayerns. Sie befindet sich heute im Alleinbesitz der beiden fürstlichen Familienstämme Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen

Nach den Napoleonischen Kriegen wurde die Grafschaft Castell 1806 mediatisiert und in das Königreich Bayern eingegliedert. 1901 wurden die Castell in den erblichen bayerischen Fürstenstand erhoben.

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten in den 30er und 40er Jahren fügte sich das Castell'sche Kreditinstitut in das neue politische und wirtschaftliche System ein. Man stuft heute, nach eigenen Angaben, das Verhalten der Bank gegenüber den Juden zwar nicht als Aggressiv ein jedoch war es auch nicht durch besonderes Mitgefühl über die Schwere des Schicksal ihrer jüdischen Mitbürger gekennzeichnet. [1]. Die politische Haltung der Familie war den Nationalsozialisten gegenüber sehr zugeneigt und man kann sie als Linientreu gegenüber dem System und dessen Werten beschreiben. Carl Fürst zu Castell-Castell trat schon im Mai 1933 in die NSDAP ein und stieg zwei Jahre später zum Reiterführer der SA-Gruppe Franken auf. [2][3]

Die Söhne, Albrecht und Philipp traten dem „Jungvolk“ bei und nahmen an Veranstaltungen der Hitlerjugend teil. Laut eigenen Angaben bewunderte Albrecht bis weit in den Zweiten Weltkrieg hinein die Perfektion und Aggression von Hitlers Staatsapparat und Aussenpolitik. Die Haltung des Vater, Carl Fürst zu Castell-Castell gegenüber Juden war eine Ablehnende.[4] Als er 1939 als Reserveoffizier eingezogen wurde, taten es die beiden Söhne Albrecht und Philipp dem Vater gleich und zogen ebenfalls in den Krieg. Albrecht kehrte 1945 aus dem Krieg zurück. Sein Bruder und sein Vater starben beide. Fast 50 Jahre Nach dem Krieg bemüht sich Fürst Albrecht von Castell-Castell um Versöhnung und öffnete die historischen Archive des Bankhauses. Er ermöglichte es so das Schicksal von 163 seiner jüdischen Kunden offenzulegen und aufzuklären. Nur wenige überlebten in Deutschland.

Heute macht das Haus Castell-Castell neben dem Angebot von Weinen auch verstärkt mit seiner erzkonservativen Meinung auf sich aufmerksam. So spricht sich Albrecht Fürst zu Castell-Castell 2011 öffentlich gegen die Besetzung von kirchlichen Ämtern mit Frauen aus. Auch für eine "Umerziehung" von homosexuellen Menschen tritt er ein und spricht von einer Gegenbewegung zur bayrischen Landeskirche nach Vorbild der Bekennenden Kirche im dritten Reich.[5][6]

Linien der Castell

Die Familie teilte sich 1803 in die Linien Castell-Castell (protestantische Linie) und Castell-Rüdenhausen (protestantische und katholische Linie), davon besitzt Castell-Rüdenhausen seit 1898 die Nebenlinie Faber-Castell.

  • I. Linie: Castell-Castell
Stammvater: Graf Albrecht Friedrich Karl von Castell (1766–1810), Sohn des Grafen Christin Friedrich Karl von Castell (1733–1773)
  • II. Linie: Castell-Rüdenhausen
Stammvater: Graf Christian Friedrich Karl von Castell (1772–1850), Sohn des Grafen Christin Friedrich Karl von Castell (1733–1773)
1. Zweig: Castell-Rüdenhausen
2. Zweig: Faber-Castell
Alexander Friedrich Lothar Graf von Castell-Rüdenhausen heiratete 1898 Ottilie Freiin von Faber, Tochter des Wilhelm von Faber. Mit königlich bayerischer Bewilligung erfolgte die Umbenennung des Familiennamens in "Faber-Castell". Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Nach 18-jähriger Ehe ließ Ottilie sich von Alexander scheiden und heiratete Phillip von Brand zu Neidstein.
3. Zweig: Castell-Rüdenhausen (erloschen)
Alexander Friedrich Lothar Graf von Faber-Castell (alias Castell-Rüdenhausen) heiratete 1920 Margit Gräfin Zedtwitz von Moravan und Duppau (1886–1973) in 2. Ehe. Mit Genehmigung des bayerischen Staatsministeriums des Innern nahm er 1927 den früheren Familiennamen für sich und seine Familie wieder an. Aus dieser Ehe entstammte Radulf Graf von Castell-Rüdenhausen (1922–2004), letzter Spross diese Zweiges und letzter Herr auf Schloss Schwanberg. Das Schloss wurde nach seinem Tode verkauft und befindet sich heute im Besitz der Communität Casteller Ring.

Die Mitglieder der Zweige Castell und Rüdenhausen tragen seit Ende des 1. Weltkrieges aufgrund des bayerischen Adelsgesetzes den bürgerlich-rechtlichen Familiennamen "Graf" bzw. "Gräfin zu Castell-Castell bzw. -Rüdenhausen". Der Titel "Fürst" für den Erstgeborenen ist gesetzlich beseitigt worden. (Abschaffung des Adels, bzw. der Standesunterschiede mit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung in Deutschland im Jahre 1919.)

Einige Familienmitglieder der Castell wanderten nach Österreich aus, hier ist die Nennung des Adelstitels seit 1919 verboten.

Wirtschaftsbetriebe

Besitz der ehemaligen Fürstenhäuser Castell-Rüdenhausen und Castell-Castell:

Bekannte Familienmitglieder

Einzelnachweise

  1. Shoa.de Zukunft braucht Erinnerung (Seite besucht am 17.03.2011)
  2. In den Augen meines Grossvaters, Thomas Medicus, Deutsche Verlags-Anstalt, 2004, Seite 210
  3. Jesko Graf zu Dohna Die "Jüdischen Konten" der Fürstliche Castell`schen Credit-Cassen und des Bankhauses Karl Meyer KG, mit einem Vorwort von Fürst zu Castell-Castell, 2005, 144 Seiten, ISBN: 3-86652-045-X, (Veröffentlichung der Gesellschaft für fränkische Geschichte, Neujahrsblätter Bd. 45)
  4. Brigitte Sträter im Atlantic Times Archive October 2005 (Artikel in englischer Sprache)
  5. Augsburger Allgemeine Zeitung (Seite Besucht am 03.03.2011)
  6. Main Post Zeitung (Seite besucht am 03.03.2011)

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • Wolfgang Graf zu Castell-Castell, Jesko Graf zu Dohna: 950 Jahre Castell - Zur Geschichte des Hauses 1057-2007. (Casteller Hefte, 32). Castell, 2007
  • August Sperl: Castell. Bilder aus der Vergangenheit eines deutschen Dynastengeschlechtes. Stuttgart, Leipzig, 1908
  • Friedrich Stein: Geschichte der Grafen und Herren zu Castell von ihrem ersten Auftreten bis zum Beginne der neuen Zeit 1058-1528. Schweinfurt, 1892
  • Pius Wittmann: Monumenta Castellana. Urkundenbuch zur Geschichte des fränkischen Dynastengeschlechtes der Grafen und Herren zu Castell 1057-1546. München, 1890
  • Christian von Hiller: Die Castells führen ihre Bank wie ihren Wald. In: Frankfurter Allgeneine Zeitung vom 10. Oktober 2008, S. 27.