Buddenbrooks ist ein Jugendroman von Thomas Mann mit dem Untertitel »Verfall einer Familie«. Er schildert die langsame Degeneration einer Kaufmannsfamilie aus einer norddeutschen Handelsstadt. Der Roman spielt etwa von 1835 bis 1877 und umfaßt vier Generationen der Familie Buddenbrook.
Entstehungsgeschichte
Früher Erfolg
Im Rückblick auf sein erstes bekanntes Werk berichtet Thomas Mann 1926 in der Rede »Lübeck als geistige Lebensform« von einem Brief seines Verlegers Samuel Fischer vom 29. Mai 1897, in dem dieser ihm anbietet, »ein größeres Prosawerk« zu veröffentlichen.
Buddenbrooks entstand in den Jahren 1897 bis 1900. Mann erwähnt den Roman erstmals in einem Brief an einen Freund, Otto Grautoff, vom 20. August 1897. Im Verlauf der nächsten Jahre wuchs der Roman zu seinem heute bekannten Umfang an. Am 18. Juli 1900 schloß Thomas Mann das Manuskript ab und schickte es am 13. August 1900 an den Verleger Samuel Fischer.
Das Werk wurde 1901 veröffentlicht, war aber nicht von Anfang an ein Erfolg. Die ersten 1.000 Exemplare (Oktober 1901) verkauften sich innerhalb eines Jahres. Der für die damalige Zeit hohe Preis von 12 Mark (geheftet) bzw. 14 Mark (gebunden) behinderten wahrscheinlich zunächst den Absatz. Die 2. Auflage (1903) von 2000 Exemplaren zu einem geringeren Preis war schnell vergriffen, Nachdrucke wurden notwendig. 1918 waren 100.000 Exemplare verkauft, im Dezember 1930 eine Million. Am 12. November 1929 erhielt Thomas Mann vornehmlich für diese Leistung den Nobelpreis für Literatur. Zeit seines Lebens sollte sich Mann an seinem Erstling messen.
Bücherverbrennung
Mit Beginn der Diktatur des Nationalsozialismus 1933 setzte die offizielle Diffamierung des Werkes von Thomas Mann ein. Schon am 10. Mai 1933 werden die »Buddenbrooks« bei öffentlichen Bücherverbrennungen ins Feuer geworfen. Seit dem 09. Dezember 1936 erscheint das Gesamtwerk Thomas Manns auf der Liste des »schädlichen und unerwünschten Schrifttums« des Propagandaministeriums. Seine Bücher wurden in Deutschland beschlagnahmt, die Pressse angewiesen, über ihn zu schweigen.
Wiederentdeckung
Insbesondere mit der Erscheinung preiswerter Taschenbuchausgaben nach dem 2. Weltkrieg stieg die Gesamtauflage des Romans in vielfache Millionen an. Bis 1994 waren die »Buddenbrooks« in 37 Sprachen übersetzt worden. Neues Interesse erwachte mit dem Film von Heinrich Breloer, Die Manns, und der Feier von Thomas Manns 50. Todestag am 12. August 2005. 2002 erschien eine neu edierte Ausgabe der »Buddenbrooks« mit Kommentarband im Rahmen der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe der Werke Thomas Manns.
Inhalt
Die Handlung beginnt mit einem Fest, das einen der frühen Höhepunkte des sozialen Aufstiegs der Familie markiert. Mit einem üppigen Mahl feiert die Familie in Anwesenheit einiger Honoratioren der Stadt den Erwerb eines der besten Häuser am Platz. Dabei lernen wir auch Johann Buddenbrook kennen, den Vertreter der ältesten Generation - einen humorvollen und vitalen Mann; seine kaufmännische Tüchtigkeit hat aus dem kleinen Familienunternehmen eine der wichtigsten Handelsfirmen der Stadt gemacht.
Die Vertreter der folgenden Generationen können dem Vorbild dieses arbeitsamen, tatkräftigen Kaufmanns immer weniger genügen. Stattdessen tritt bei mehreren Familienmitgliedern eine dem entschiedenen Auftreten abträgliche Selbstreflexion immer stärker und von Generation zu Generation fortschreitend hervor.
Äußerlich geht es dabei mit dem Haus Buddenbrooks noch längere Zeit bergauf. Das Vermögen der Familie bleibt trotz gelegentlicher finanzieller Rückschläge beträchtlich. Den Höhepunkt an Ruhm und Ansehen erreicht die Familie, als Thomas Buddenbrook zum Senator der Stadt gewählt wird. Nach dessen eigener Überzeugung jedoch tritt dieser äußere Glanz - und zwar stets - erst zutage, wenn das Licht, das diesen Glanz erzeugt, in Wahrheit bereits zu verlöschen beginnt.
Die Rolle als tüchtiger Kaufmann und Politiker wird Thomas Buddenbrook mehr und mehr zur Last. Zunehmend verliert er die Zuversicht in die Wichtigkeit seines Handelns. Gesundheitliche und finanzielle Probleme stellen sich ein, die er nur mühsam seiner Umgebung gegenüber verbirgt. So gleicht sein alltägliches Leben immer mehr dem eines Schauspielers. Das von Thomas stets willentlich verdrängte künstlerisch-vergeistigte Element seiner Person kommt, von Todesvorahnungen begleitet, deutlich zum Vorschein. So berauscht er sich an der Lektüre von Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung". Das kurzzeitige traumartige Aufflackern philosophischer Erkenntnis bleibt aber letztlich folgenlos, da Thomas sich nicht von seiner öffentlichen Rolle lösen kann und will.
Thomas' innerer Konflikt spiegelt sich in seinem Widerwillen gegenüber Christian, seinem Bruder, der all das verkörpert, was Thomas in sich unterdrückt, um als tüchtiger Kaufmann zu repräsentieren. Christian fehlt die Disziplin für konsequente Arbeit. Er verbringt seine Zeit mit anderen Lebemännern in Clubs und im Theater und ist ständig in Reflexionen über seine innere Befindlichkeit und seine Krankheiten vertieft. Einen solchen Hang zur Selbstbespiegelung würde Thomas höchstens einem Schriftsteller zugestehen - bei Christian macht er ihn rasend. Doch tatsächlich hat Christian durchaus künstlerische Fähigkeiten. Er kann fesselnd erzählen und zeigt sein komödiantisches Talent, wenn er andere Leute nachahmt.
Der Hang zur Kunst und eine damit einhergehende Lebensuntüchtigkeit treten bei Hanno, dem Sohn von Thomas und seiner musikbegeisterten Frau Gerda, noch deutlicher hervor. Der lang erwartete einzige Erbe erweist sich von Anfang an als schwach und übersensibel. Thomas' Bemühungen, darüber hinwegzusehen und doch noch einen Kaufmann, nach dem Vorbild des Urgroßvaters, aus seinem Sohn zu machen, tragen nur zur Entfremdung der beiden bei. Nach dem frühen Tod von Thomas - er stirbt nach einer banalen Zahnbehandlung - ist das kaufmännische Ende der Familie besiegelt und das große Haus der Buddenbrooks wird verkauft.
Hanno hat Anlagen zum Komponisten, es fehlt ihm aber an Tatkraft und Lebensmut. Er bleibt lebensuntüchtig, ein Außenseiter und findet Trost allein in seiner Musik und bei seinem schriftstellernden Freund Kai.
Hanno fällt frühzeitig einer Typhuserkrankung zum Opfer. Nach seinem Ende zerstreuen sich die wenigen verbliebenen Familienmitglieder. Einzig Tony, für die die Familie und das Elternhaus nach zwei gescheiterten Ehen alles gewesen sind, bleibt alleine in einem Haus am Stadtrand zurück.
Interpretation
»Buddenbrooks« als Schlüsselroman
Obwohl Thomas Mann kein einziges Mal den Namen der Stadt erwähnt, in der die Geschichte spielt, kann man anhand der Straßennamen sowie weiterer Ortsnamen schnell erkennen, dass Schauplatz der Geschichte seine Heimatstadt Lübeck ist. Viele Figuren des Romans haben reale Vorbilder aus der Familiengeschichte der Manns.
Der Roman porträtiert über einen Zeitraum von etwa 40 Jahren (1835 – 1877) vier Generationen der hanseatischen Kaufmannsfamilie Buddenbrook. Drei von vier Geschwistern der dritten Generation – Thomas, Antonie (Tony, oft als "heimliche Hauptfigur" bezeichnet) und Christian Buddenbrook – stehen dabei im Zentrum.
Leitmotive und Symbole
- in Bearbeitung -
Literatur
Textausgaben, kommentierte Ausgaben
- Buddenbrooks. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Band 1/1-2. S. Fischer, Frankfurt am Main 2002. ISBN 310048312X. Gut edierte Ausgabe, umfangreicher Kommentarband.
Sekundärliteratur
- Ken Moulden und Gero von Wilpert (Hrsg.): Buddenbrooks-Handbuch. Stuttgart: Kröner, 1988
Filme
- 1923 - Stummfilm, Regie: Gerhard Lamprecht
- 1959 - Regie: Alfred Weidenmann, mit Liselotte Pulver, Nadja Tiller, Hansjörg Felmy, Hanns Lothar, Lil Dagover und Werner Hinz
- 1979 - Fernsehfilm, Regie: Hans-Peter Wirth, mit Volker Kraeft, Reinhild Solf und Marion Kracht, Ruth Leuwerik und Martin Benrath
Siehe auch
- Buddenbrookhaus in Lübeck