Matthias Heyder

deutscher Politiker (NPD)

Matthias Heyder (* 1973 in Elbingerode) ist ein deutscher Politiker der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und gelernter Bankkaufmann. Er ist der Spitzenkandidat seiner Partei bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2011.

Beobachtung und Beurteilung durch Verfassungsschutzbehörden

Heyder ist nach dem „Gemeinsamen Lagebild der Verfassungsschutzbehörden Sachsen-Anhalts und Brandenburgs 2009“ in seiner Funktion als Landesvorsitzender und Führer der „reformorientierten Kräfte“ in der NPD bemüht um die Schaffung einer „Volksfront von Rechts“ als „gemeinsame rechtsextremistische Plattform unter ausdrücklicher Einbindung von Neonationalsozialisten mit Wortführerschaft der NPD“.[1] Er wurde bereits in den Bundesverfassungsschutzberichten 2008 und 2007 erwähnt. [2]

„Volksfront“-Strategie im Landtagswahlkampf

Auch im Kampf um den Einzug in den Landtag von Sachsen-Anhalt verfolgt Heyder nach Ansicht des von stern.de zitierten Rechtsextremismus-Experten David Begrich weiter die vom Verfassungsschutz attestierte „Volksfront“-Doppel-Strategie, je nach Zielgruppe entweder aggressiv-nationalistisch oder bürgernah-sozial aufzutreten. „Volksnähe“ solle hergestellt werden durch Verzicht auf „dumpfe Parolen“, offene und tätliche Aggression gegen Ausländer und „nationalistische Großmannssucht“ und Propagierung der sozialen Volksgemeinschaft. In selbsternannten, parteibetriebenen Bürgerbüros solle eine „bedrohte“ Mittelschicht ihre „Abstiegsängste“ artikulieren, die auch mit Wahlkampfparolen wie „Arbeit statt Armut“, „Zukunft statt Schulschließung“ angesprochen werde. So versuche die NPD, sich darzustellen als „bürgernahe, mittelständische Partei, die aktiv und seriös ist“.[3]

Strafrechtliche Ermittlungen und Forderung nach neuem NPD-Verbotsverfahren

Heyder wird verdächtigt, in Beiträgen im Internetforum „Freie Freunde“ des NPD-Fraktionschefs im Sächsischen Landtag Holger Apfel unter dem Pseudonym Junker Jörg dazu aufgerufen zu haben, „linke“ Frauen zu „schänden“.[4] Dabei soll „Junker Jörg“ sich „konkret [...] auf eine sächsische Landtagsabgeordnete der Linken“ bezogen haben. [5]

In weiteren Beiträgen soll er Anleitungen zum Bombenbau im Forum eingestellt haben.[6] [7] tagesschau.de zitiert unter Berufung auf der Redaktion vorliegende Protokolle: „20 Koffer, 20 Mann, 20 Bahnhöfe. Bundesrepublik lahmgelegt. Alles legal. Kosten unter 1000,-€. Wo ist das Problem?“ Ein „Junker Jörg“ beschreibe dort „in sieben Schritten“ genau die Herstellung von Sprengstoff. Laut tagesschau.de halten Juristen diesen Eintrag wegen der exakten Dosierungsangaben für strafrechtlich relevant. „Junker Jörg“ lud außerdem "rechtsextremistische strafbewehrte Musikinhalte" sowie eine Hörbuch-Version von Mein Kampf auf einen Server hoch, für den laut LKA Magdeburg Heyder die Zugriffsrechte besaß und auf dem auch dessen private Daten lagen. „Junker Jörg“ verwendete diesselbe E-Mail-Adresse wie Heyder für E-Mails der NPD. Auf die Urheberschaft Heyders wiesen auch Kenntnisse des „Junkers“ von NPD-Interna hin, zu denen Heyder Zugang habe.[8] [9]

Heyder dementierte die Vorwürfe, gab allerdings grundsätzlich zu, in einem Forum unter dem Namen „Junker Jörg“ Einträge verfasst zu haben, „aber nur zeitweise“, kündigte seinerseits straf- und zivilrechtliche Schritte an und beklagte einen vermeintlichen „Datendiebstahl“.[10]

Nach Auskunft des Innenministers von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann, soll das LKA wegen des Verdachts der Volksverhetzung, der Ankündigung von Straftaten und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ermitteln.[11] Hövelmann sieht auch die Forderung nach einem neuen NPD-Verbotsverfahren bestärkt: „Wenn sich bewahrheiten sollte, dass der NPD-Spitzenkandidat hinter den Einträgen steckt, wäre das eine neue Qualität. Dass die NPD vom demokratischen Rechtsstaat und seinen Gesetzen nichts hält, haben wir immer gewusst. Aber mit Planspielen zum Bombenbauen wird die Grenze der Legalität überschritten.“[12]

Einzelnachweise

  1. Gemeinsames Lagebild der Verfassungsschutzbehörden Sachsen-Anhalts und Brandenburgs 2009
  2. Bundesverfassungsschutzbericht 2008 und Bundesverfassungsschutzbericht 2007
  3. http://www.stern.de/politik/deutschland/landtagswahlkampf-in-sachsen-anhalt-die-doppelte-zunge-der-npd-1664377.html stern.de vom 17. März 2011: Landtagswahlkampf in Sachsen-Anhalt: Die doppelte Zunge der NPD
  4. http://www.tagesschau.de/inland/npdnazileak100.html zit. nach: Patrick Gensing, tagesschau.de vom 15. März 2011: NPD in Sachsen-Anhalt: „Junker Jörg“ gibt Ratschläge zum Bombenbau
  5. http://nachrichten.t-online.de/mehrere-anzeigen-gegen-rechtsextremen-npd-funktionaer/id_45031008/index?news t-online.de vom 16. März 2011: Mehrere Anzeigen gegen rechtsextremen NPD-Funktionär
  6. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1300190583347 mz-web.de vom 15. März 2011: Sachsen-Anhalt: Ermittlungen gegen NPD-Chef
  7. http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/sachsen-anhalt-npd-politiker-matthias-heyder-im-visier-der-polizei_aid_609020.html focus.de vom 15. März 2011: Sachsen-Anhalt: NPD-Politiker Matthias Heyder im Visier der Polizei
  8. http://www.tagesschau.de/inland/npdnazileak100.html zit. nach: Patrick Gensing, tagesschau.de vom 15. März 2011: NPD in Sachsen-Anhalt: „Junker Jörg“ gibt Ratschläge zum Bombenbau
  9. http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/8362413.html MDR Sachsen-Anhalt vom 18. März 2011: Neue Vorwürfe gegen „Junker Jörg“
  10. http://www.tagesspiegel.de/politik/extrem-explosiv/3953658.html tagesspiegel.de vom 15. März 2011: Vorwurf gegen NPD-Kandidaten: Extrem explosiv
  11. http://www.tagesschau.de/inland/npdnazileak102.html tagesschau.de vom 15. März 2011: Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Ermittlungen gegen NPD-Spitzenkandidaten
  12. http://www.tagesschau.de/inland/npdnazileak100.html zit. nach: Patrick Gensing, tagesschau.de vom 15. März 2011: NPD in Sachsen-Anhalt: „Junker Jörg“ gibt Ratschläge zum Bombenbau