Joseph II.
Joseph II. (* 13. März 1741 in Wien; † 20. Februar 1790 ebenda) war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1765 bis 1790 sowie Alleinherrscher in den österreichischen Ländern von 1780 bis 1790.
Leben
Familie
Joseph II. war der älteste Sohn Maria Theresias und Franz Stephans von Lothringen.
Er war zweimal verheiratet, von 1760 bis 1762 mit Isabella von Parma und mit Josepha von Bayern von 1764 bis 1767. Aus keiner dieser Ehen entsprang ein männlicher Erbe. Zumal schon die zweite Ehe mehr aus Staatsräson als aus persönlicher Neigung geschlossen wurde, blieb er nach dem Tod seiner zweiten Frau unverheiratet.
Kaiser ohne Macht?
Schon als Thronfolger unternahm er mehrere Inkognito-Reisen als Graf von Falkenberg (eine kleine linksrheinische Herrschaft Österreichs), mit denen er sich die Sympathien der Bevölkerung sichern wollte, die aber erst postum zu seinem Mythos beitrugen.
1764 wurde er noch zu Lebzeiten und mit Zustimmung seines Vaters, Kaiser Franz I. Stephan, in Frankfurt zum römischen König gewählt.
1765 nach dem Tod seines Vaters wurde er Kaiser des HRR und offizieller Mitregent in den österreichischen Ländern, ohne allerdings viel regieren zu können. Die Position des Kaisers war zu dieser Zeit bereits rein dekorativ, und seine Mutter Maria Theresia dachte gar nicht daran, zu seinen Gunsten die Zügel aus der Hand zu geben.
Überdies hatte er in fast allen Fragen eine völlig konträre Meinung zu seiner Mutter. Maria Theresia – bei all ihren Reformen – lebte geistig noch im Zeitalter der Gegenreformation, während Joseph bereits aufklärerischen Ideen anhing. Diese versuchte er nach ihrem Tod zu verwirklichen – allerdings auf eine überhastete und undiplomatische Art, die ihnen viel von ihrer Wirksamkeit nahm.
Als er 1790 überraschend starb, kam sein jüngerer Bruder Leopold II. zur Kaiserwürde.
Joseph, ein aufgeklärter Absolutist
Er gilt als Exponent des aufgeklärten Absolutismus. Für ihn war das Herrschertum ein Amt, ein Dienst am Staat als übergeordnetem Ganzen.
Einheitsstaat Österreich
Joseph II. versuchte den Einfluss des Adels und des Klerus zugunsten der Bürger und Bauern zurückzudrängen. Die Leibeigenschaft der Bauern etwa wurde 1781 aufgehoben. Die adeligen Ständeversammlungen wurden zugunsten von Staatsbeamten zurückgedrängt. Dies hatte auch mit seinen Zentralisierungstendenzen zu tun.
Ebenfalls versuchte er, aus Österreich einen Einheitsstaat mit Deutsch als Einheitssprache zu schaffen und wollte die althergebrachten Sonderrechte der Länder seines Herrschaftsbereiches abschaffen.
Er verzichtete sogar darauf, sich in Prag und Pressburg zum König von Böhmen bzw. Ungarn krönen zu lassen. Diese Bestrebungen lösten in den Österreichischen Niederlanden Unruhen aus und brachten Ungarn an den Rand eines Aufstandes.
Dieser Einheitsstaat, den er plante, sollte für das ganze Leben seiner Bürger sorgen, von der Wiege bis zur Bahre. Er regelte die Begräbnisfeierlichkeiten bis in die kleinsten Details, erließ Verordnungen, wie viel Kerzen bei einer Messe anzuzünden seien, und verbot sogar den Lebkuchen, da man sich damit den Magen verderben könne.
Richtschnur war dabei das ihm zugeschriebene Motto „Alles für das Volk – Nichts durch das Volk“.
Justizreformen
Dies bedeutet allerdings auch, dass die Rechtsordnung unter ihm bedeutende Fortschritte macht. 1783 wurden Teile des Eherechts in der "Verordnung in Ehesachen" kodifiziert, 1787 wurde ein neues Strafgesetzbuch erlassen, und die Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches, die schließlich zum ABGB führen sollte, wurde begonnen.
Innen- und Wirtschaftspolitik
Unter seiner Regierung wurden merkantilistische und physiokratische Ideen verwirklicht. Die Bevölkerung wurde dabei ausschließlich als Arbeitskräftereservoir angesehen.
Maßnahmen zur Hebung der Bevölkerungszahl gehen damit Hand in Hand. Vor diesem Hintergrund ist z. B. die Aufhebung der Todesstrafe 1787 zu sehen – die Delinquenten wurden schließlich für die Zwangsarbeit gebraucht.
Ebenso verwirklichte er einen straffen Polizeistaat mit Spitzelsystem. Kurze Experimente mit der Pressefreiheit wurden rasch wieder aufgegeben.
Außenpolitik
In seiner Außenpolitik war er expansiv, aber meistens nicht von Glück begünstigt. Die Beteiligung Österreichs an der 1. Teilung Polens mit der Gewinnung Galiziens das auf Initiative Preußens, das als Ausgleich für Russlands Zugewinne im Krieg mit der Türkei einen Korridor durch Polen forderte und eine Politik der Annäherung mit Österreich, das 1771 einen geheimen Vertrag mit der Türkei schloss und damit Druck auf Rußland ausübte und nachdem Katharina II. von Russland von diesem geheimen Vertrag erfahren hatte, wurde Österreich auch ein Angebot gemacht an der Teilung des souveränen Polens teilzunehmen. Diese Tatsache soll jedoch nicht auf Joseph zurückgehen, da die Lage Österreichs unter den europäischen Mächten 1771/72 nicht tonangebend war, musste er sich auch im Bayerischen Erbfolgekrieg mit dem Innviertel begnügen. 1780 wurde er als Verbündeter Katharinas II. in einen im Gegensatz zu Russland , das unter Anderem auch die Krim annektiert hatte, erfolglosen Türkenkrieg hineingezogen. Die Teilnahme an der 3. Teilung Polens ist auch nicht auf Österreich zurückzuführen, sondern auf den Wunsch der Nachbarn die Kräfteverhältnisse in Europa aufrechtzuerhalten.
Josephinismus
Am berühmtesten ist allerdings seine Religionspolitik, die meistens allein gemeint ist, wenn man von Josephinismus spricht.
In seinem Toleranzpatent wurde das Glaubensmonopol der Katholischen Kirche gebrochen – Protestanten und Juden durften ihren Glauben ausüben, allerdings nur unter Duldung; der Vorrang der Katholischen Kirche blieb aufrecht.
Alle Orden die im volkswirtschaftlichen Sinn unproduktiv sind (keine Krankenpflege o. Ä. betreiben), wurden aufgehoben, ihr Besitz eingezogen. Aus dem Erlös dessen wurde der bis ins 20. Jahrhundert bestehende Religionsfonds gegründet, der die Besoldung der Priester übernahm, die auf diese Weise zu Staatsbeamten wurden.
Auch viele Feiertage und Kirchenfeste (Wallfahrten, Prozessionen u. Ä.) wurden abgeschafft – hauptsächlich um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen.
Bewertung
Seine historische Einschätzung schillert sehr stark. Aufgrund der Radikalität und Überstürztheit seiner Maßnahmen (die ja teilweise auf allerkleinlichste Weise in das Leben des Einzelnen eingriffen) war er zu Lebzeiten unpopulär bis zur Verhasstheit und musste auch einige von ihnen kurz vor seinem Tod wieder zurücknehmen.
Unter der Regentschaft seines bis zum Starrsinn reaktionären Neffen Franz I. wurde er hingegen allmählich zur mit Nostalgie umgebenen Lichtgestalt.
Seit Ende des 19. Jahrhundert wird er einerseits als großer Progressiver gesehen, andererseits wird öfters auf den paternalistischen und despotischen Charakter seines Regiments hingewiesen.
Nichtsdestoweniger war er einer der wichtigsten österreichischen Herrscher, auf den viele konstruktive Ansätze zurückgehen und der einen bedeutsamen Reform- und Modernisierungsschub gebracht hat.
Übersicht über die Reformen
Staatswesen
- Aufhebung der Leibeigenschaft
- Religionsfreiheit
- Öffnung des Praters und des Augartens für die Öffentlichkeit
- Einschränkung des strengen Spanischen Hofzeremonielles
- Schutzzölle für den Handel
- Grundsteuer für den Adel
- Versuch: Deutsch als Staatssprache
Soziales
- Bau von Schulen und Krankenhäusern (u. a. des alten AKH Wiens)
- Gründung von Waisen- und Armenhäusern
- Verbannung der Friedhöfe aus den Städten, um das Grundwasser zu schonen
Kirche
- Gründung der Diözesen Linz, St. Pölten und Leoben, Änderung der Diözesangrenzen
- Neugründung von Pfarren
- Auflösung vieler Klöster
- Verringerung des päpstlichen Einflusses
- Verbot von „abergläubischen“ Bräuchen der Kirche
Nachkommen
1. Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich * 20. März 1762 in Wien, † 23. Januar 1770 in Wien
2. Christine, Erzherzogin von Österreich * 20. November 1763 in Wien, † 20. November 1763 in Wien
Literatur
- Karl Gutkas: Kaiser Joseph II. Eine Biographie. Zsolnay, Wien 1989. ISBN 3-552-04128-1.
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Personendaten | |
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NAME | Joseph II. |
KURZBESCHREIBUNG | Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1765 bis 1790 sowie Alleinherrscher in den österreichischen Ländern von 1780 bis 1790 |
GEBURTSDATUM | 13. März 1741 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 20. Februar 1790 |
STERBEORT | Wien |