Paul Oswald Ahnert (* 22. November 1897, † 27. Februar 1989) war ein deutscher Astronom.
Er ist unter Fach- und Amateurastronomen weithin bekannt als Herausgeber des astronomischen Jahrbuchs Kalender für Sternenfreunde. Sein hauptsächliches Forschungsgebiet waren die veränderlichen Sterne. Im Rahmen der Sonneberger Himmelsüberwachung - einem Langzeit-Forschungsprojekt zur Beobachtung und fotografischen Überwachung veränderlicher Sterne - war er an vielen Entdeckungen der Sternwarte Sonneberg beteiligt. Auch seine Beobachtungsreihen zur Sonnenfleckenstatistik sind von wissenschaftlichem Wert.
Leben
Paul Ahnert wurde in Chemnitz im Königreich Sachsen geboren. Schon als Kind beeindruckte ihn der Sternenhimmel und Anregungen seines Naturkundelehrers veranlassten ihn, sich näher mit Fragen der Astronomie zu beschäftigen. Von 1912 bis 1917 ging er auf das Lehrerbildungsseminar in Frankenberg um Volksschullehrer zu werden. Damals begann er mit einem Feldstecher Himmelsbeobachtungen durchzuführen. Das Ende des 1.Weltkriegs erlebte er als Frontsoldat. Nach der Rückkehr aus dem Krieg wurde er in Burkhardtsdorf bei Chemnitz Volksschullehrer. Für intensivere astronomische Himmelsbeobachtungen leistete er sich ein kleines, leistungsstarkes Teleskop und errichtete eine kleine Privatsternwarte. Am meisten interessierten ihn veränderliche Sterne und die Sonne. Seine erste Veröffentlichung erschien 1923 in den “Astronomischen Nachrichten” (AN 219, S. 165-170) über langperiodische veränderliche Sterne, die er von seiner Privatsternwarte aus beobachtet hatte. Durch Beobachtungsreihen an damals wenig bekannten veränderlichen Sternen, erwarb er sich bis Anfang der 1930er Jahre Anerkennung unter Fachastronomen. Aber wahrscheinlich wäre er auf Dauer Amateur-Astronom und Lehrer geblieben, wenn ihn nicht die faschistische Machtergreifung 1933 aus der Lebensbahn geworfen hätte. Als engagierter SPD-Genosse kam Paul Ahnert vier Monate ins KZ, erhielt Berufsverbot und musste danach den Lebensunterhalt seiner Familie mit schlecht bezahlten Gelegenheitsarbeiten bestreiten. Die prekäre Lebenslage des ambitionierten Amateur-Astronomen sprach sich herum und nahm 1938 eine glückliche Wendung. Cuno Hoffmeister holte ihn nach Sonneberg und beschäftigte ihn unter der Hand in der Sternwarte Sonneberg. Später erreichte Hoffmeister mit Unterstützung durch Paul Guthnick sogar, dass Paul Ahnert - entgegen den gesetzlichen Vorschriften - wieder in den Staatsdienst übernommen wurde und als Beobachter und Auswerter im Rahmen der Sonneberger Himmelsüberwachung verantwortlich mitarbeiten durfte. Durch intensive Studien der Verteilung der Mira-Sterne innerhalb der Milchstraße entdeckte er bereits 1939 den Zusammenhang ihrer altersabhängigen Lokation in bestimmten Regionen der Milchstraße. Neben der Himmelsbeobachtung wirkte er auch an der Entwickelung spezieller Beobachtungs- und Auswertungs-Instrumente mit.
Cuno Hoffmeister gelang es die Forschungstätigkeit in Sonneberg während des 2. Weltkrieges aufrecht zu erhalten und auch danach unter sowjetischer Besatzung die Weiterbeschäftigung seiner Mitarbeiter zu sichern. Paul Ahnert blieb deshalb nach dem Krieg als Astronom in Sonneberg. Ab 1948 gab er das astronomisches Jahrbuch "Kalender für Sternfreunde" heraus. Außerdem veröffentlichte er für Amateur-Astronomen Beobachtungsanleitungen und ein astronomisch-chronologisches Tafelwerk, mit dem z. B. Sonnen- und Mondfinsternisse sowie Planetenpositionen über sechs Jahrtausende hinweg mit erstaunlich hoher Genauigkeit und sehr geringem Rechenaufwand bestimmt werden können. 1957 verlieh ihm die Friedrich-Schiller-Universität Jena den Ehrendoktortitel und würdigte damit seine Verdienste. Mit Unterstützung seiner Frau Elisabeth blieb er bis zum 90. Lebensjahr Herausgeber des "Kalenders für Sternfreunde" und korrespondierte mit vielen Fach- und Amateurastronomen. Aber auch an der Sternwarte war er noch jenseits seines 80. Geburtstags tätig und beobachtete regelmäßig den Sternenhimmel mit einem eigens für ihn bereitgestellten Spiegelteleskop. Erst 1988 übergab er die Herausgabe des "Kalenders für Sternenfreunde" an den Sonneberger Astrophysikers Rainer Luthardt. Paul Ahnert verstarbim Alter von 91 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Sonneberg.
Bibliografie
- Die veränderlichen Sterne der nördlichen Milchstraße. T.4. (bearbeitet von C. Hoffmeister u. P. Ahnert) Veröffentlichungen der Sternwarte zu Sonneberg (1947)
- Der Lichtwechsel von 46 hellen Mirasterenen. Akademie-Verlag, Berlin (1954)
- Astronomisch-chronologische Tafeln für Sonne, Mond und Planeten. J. A. Barth Verlag, Leipzig (1960, 1961, 1965))
- Beobachtungsobjekte für Liebhaberastronomen. J. A. Barth Verlag, Leipzig (1961 u. 1968)
- Mondkarte in 25 Sektionen. (zusammen mit W. G. Lohrmann u. a.) J. A. Barth Verlag, Leipzig (1963)
- Astronomische Abhandlungen. (zusammen mit C. Hoffmeister) J. A. Barth Verlag, Leipzig (1965)
- Kleine praktische Astronomie. Hilfstabellen und Beobachtungsobjekte. J. A. Barth Verlag, Leipzig (1986) ISBN 3335000005
- Kalender für Sternenfreunde. Astronomisches Jahrbuch. (herausgeben von P. Ahnert) J. A. Barth Verlag, Leipzig (40 Jahrgänge: 1948-1988); weitergeführt als ...
- Ahnerts Kalender für Sternenfreunde. Astronomisches Jahrbuch. (herausgeben von R. Luthardt) J. A. Barth Verlag, Leipzig (5 Jahrgänge: 1989-1993)
- Sonneberger Jahrbuch für Sternenfreunde. (herausgeben von R. Luthardt) Herri Deutsch Verlag, Frankfurt am Main (6 Jahrgänge: 1994-2000); letzte Ausgabe: Sonneberger Jahrbuch für Sternenfreunde. 2000. ISBN 3817120001
- Ahnerts Astronomisches Jahrbuch. Zeitschriften-Verlag Sterne und Weltraum (Ausgabe jährlich seit 1994); letzte Ausgabe:
- Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2003. Den Himmel beobachten und verstehen. (herausgeben von T. Neckel u. O. Montenbruck) ISBN 3936278415