Die Turksprachen, auch Türksprachen oder türkische Sprachen genannt, sind eine Sprachfamilie Sie werden von ca. 150 Millionen Menschen gesprochen. Die Turksprachen sind in Sibirien und Zentralasien entstanden und haben sich in großen Teilen Asiens und in Teilen Europas verbreitet.
Lautliche und grammatische Merkmale, Schriften
Turksprachen sind duch starre Satzkonstruktionen gekennzeichent, an deren Ende in der Regel ein Verb (Tätigkeitswort) steht. Nachsilben (Suffixe) spielen die zentrale Rolle bei der Bildung grammatischer Formen. Dies wird Agglutination genannt. In Turksprachen gibt es anders als im Deutschen kein grammatisches Geschlecht. Ein lautliches Merkmal vieler Turksprachen ist die so genannte Vokalharmonie. In zahlreichen Turksprachen kommen in einem einzelnen Wort entweder nur die Vokale (Selbstlaute) a,o,u,y oder ä,ö,ü,i vor. Auch die von diesen Vokalen eingebundenen Konsonanten (Mitlaute) unterscheiden sich von einander. Verschriftlicht werden die modernen Türksprachen mit lateinischen, kyrillischen oder arabischen Zeichen. Es gab aber auch mehrere andere Schriften. Das Alttürkische nutzte eine Runenschrift. Turksprachige Juden und Karäer nutzten die hebräische Schrift.
Einzelsprachen und ihre Einteilung
Grundsätzlich ist die Abgrenzung dessen, was eine Sprache ausmacht häufig eine Frage regionaler historischer Entwicklung, politischer Entscheidungen oder auch wissenschaftlicher Übereinkunft. (Siehe auch Abstandsprache und Ausbausprache.) Viele Turksprachen sind sich einander so ähnlich, dass ihre Sprecher sich untereinander verständigen können. Die unten benannten Sprachen sind überwiegend Schriftsprachen oder Sprachen von staatlich anerkannten ethnischen Gruppen. Andere turkologische Ansätze lassen die Zahl der Sprachen deutlich geringer werden oder verweisen auf weitere Sprachen, die in der Liste nicht erwähnt sind. Am häufigsten werden sie in folgende Gruppen eingeteilt:
- Gruppe Oghusisch (südwest): Türkeitürkisch und die Aserbaidschanische Sprache, Turkmenisch, Gagausisch und Krimtürkisch (Krimtatarisch)
- Gruppe Uyghurisch (südost): Usbekisch, Neu-Uighurisch
- Gruppe Kyptschakisch (nordwest): Baschkirisch, Karaim, Karakalpakisch, Karatschai-Balkarisch, Kasachisch, Kirgisisch, Kumükisch, Nogaisch, Tatarisch
- Gruppe Sibirischer Turksprachen:
- Nordsibirisch: Dolganisch, Jakutisch,
- Südsibirisch: Altaisch, Chakassisch, Schorisch, Tofalarisch (Karagassisch), Tuwinisch
- Gruppe Wolgabulgarisch (nordwest): Tschuwaschische Sprache mit Wurzeln im Wolgabulgarischen
- Gruppe Iran-Türkisch (oghusisch): Chaladschische Sprache im Iran
Zu den Turksprachen zählen auch das Salarisch und das so genannte Gelbuighurisch in der Volksrepublik China. Im Iran werden neben einigen oben genannten Turksprachen auch Afscharisch, Kaschgai gesprochen. Das Krimtschakisch, dass auch als Variante des Krimtürkisch betrachtet werden kann, wird entweder der oghusischen oder der kyptschkischen Gruppe zuzurechnen.
Es gibt eine Reihe historischer und ausgestorbener Sprachformen. Erwähnt werden sollten das einst in Sibirien und Zentralasien gebräuchliche Alt-Türkisch, das Alt-Uigurisch, das Tschagataisch und das Osmanisch. Auch Hunnisch und Awarisch waren vermutlich Turksprachen.
Wichtige und aussterbende Sprachen
Einige der größten Turksprachen, die auch den Status von Amtssprachen von Staaten haben sind: Türkisch, Aserbaidschanisch, Turkmenisch und Usbekisch. Ferner die Kasachische Sprache und das eng verwandte Kirgisische.
Den Status von regionalen Amtssprachen haben zum Beispiel auch die Sprachen: Baschkirisch, Tatarisch
Aussterbende Turksprachen sind: Karaim, Krimtschakisch, Schorisch und Tofalarisch (Karagassisch).
- Siehe auch: Turkvölker
Vergleichende Betrachtung von Turksprachen
Die heutigen türkischen Sprachen haben sich allesamt aus der Alttürkischen Sprache entwickelt. Dabei kam es im Laufe der weiteren Geschichte zu fünf großen Sprachgruppen. Aber diese fünf Gruppen kann man wieder in zwei große Sprachgebiete zusammenfassen: in das Ogur-Türkische Sprachgebiet und in das Oghus-Türkische. Aber trotz der Weite ihrer Siedlungsgebiete sind sich die türkischen Sprachen untereinander noch sehr ähnlich. Wenn man nun die Schreibweise des modernen Türkischen (Türkeitürkisch) auf diese Sprachen anwendet, dann wird diese Verwandtschaft wieder ganz offensichtlich.
Wir vergleichen nun folgende türkischen Sprachen miteinander: Türkisch, Aeri-Türkisch, Turkmenisch, Usbekisch, Uigurisch, Kirgisisch, Kasachisch und Tatarisch.
Deutsch | Türkisch | Aseri-Türkisch | Turkmenisch | Usbekisch | Uigurisch | Kirgisisch | Kasachisch | Tatarisch |
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"Welche Wörter gibt es für die Schritte eines Pferdes?" | Atın yürüyüşleri için hangi sözler var? | Atın yerişi üçün hansı sözler var? | Atın yörişleri barada ne hili sözler bar? | Atnıng yurişleri üçün kanday sözler bar? | Atnıng mengiş ve yürügişliri toğrısında kandak atamılar bar? | Attım cürüşü cönündö kanday atayın terimder bar? | Atıng cürisin sıypattaytın kanday sözder bar? | Atnıng yürişleri turında nindi süzler bar? |
Die oben aufgeführten Sprachen haben eines gemeinsam: Sie sind Staats- oder Landessprachen unabhängiger Staaten oder Autonomer Gebiete!
Auch die nachfolgenden Sprachen sind Amtssprachen Autonomer Republiken im Rahmen Russlands. Doch gelten sie innerhalb der türkischen Sprachen als "Exoten"!
Aufgrund der langen Trennung von den anderen türkischen Sprachen haben sie einen "Sonderweg" eingenommen. Diese Sprachen sind: Saqa-Jakutisch und Tschuwaschisch.
Deutsch | Jakutisch | Türkisch | Deutsch | Jakutisch | Türkisch |
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Mund | ayak | ağiz | Bein | but | bacak |
Nase | burun | burun | Zunge | dıl | dil |
Freund | cöge | dost | Hand | eli | el |
Auge | karak | göz | Fluß | atak | ayak |
Kopf | bas | baş | Zeitschrift | nada | dergi |
Lippe | uval | dudak | Mann | toyon | erkek |
Wie wir sehen, weicht das Jakutische vom Grundwortschatz her schon stark vom Türkei-Türkischen ab. Auch besteht diese Trennung auch durch die verschiedene Wortstellung und Satzbau. Da haben sich die Jakuten mehr den Tungusen und Mongolen angeglichen - auch fehlen alle Fremdwörter persisch-arabischen Ursprungs, die vor allem das Türkei-Türkische auszeichnen! Die andere Sprache, das Tschuwaschische, hat sich fast gänzlich von der türkischen Wurzel entfernt. Ein türkischer Muttersprachler wird in dieser Sprache kaum noch die Verwandtschaft feststellen - für einen Laien ist dieses gänzlich unmöglich: Śulśâ sarsa tikêslnnê jyvâśsem parhatarlâ syvlâmpa śâvânnâ hyśśân śâmâpân vâšlatsa ireken śilpe šâlânsa tasalnâ ta jâltâkka ešêl kyrânaśśê.
Übersetzung: "Die belaubten Bäume badeten im reinen Morgentau und trockneten im sanften Wind; es war eine wunderschöne Szene."
Nun kommen wir zu einem der kleineren türkischen Völkern, den Tuwa. Genau genommen gibt es sogar zwei "tuwinische Völker", die aus dem alten uyghur-türkischen Volk der Uriangqai hervorgegangen sind: Die Duwa in der Mongolei sind zwar türkischer Herkunft, volkstumsmäßig aber schon vor 1204 im Mongolentum aufgegangen! Die Tuwa sind Türken im Russischen Altai und sehen in den Duwa ihre engeren Verwandten. Beide Völker gehörten bis 1921 einem gemeinsamen Staat an: dem Qaraqorum Arad Ulus - dem "Mongolischen Khanat"! (Der Mongole Dschingis Khan war übrigens teilweise türkischer Herkunft: dessen Stammahnin Alan Ghoa war laut der "Geheimen Geschichte der Mongolen" eine Uriangqai!)
Deutsch | Tuwinisch | Türkisch | Deutsch | Tuwinisch | Türkisch |
---|---|---|---|---|---|
Mund | agaz | ağız | Bein | but | bacak |
Handgelenk | gol | bilek | Kopf | baş | baş |
Jacke | cek | ceket | Kehle | bostaa | boğaz |
Kinn | segel | çene | viel | yok | çok |
Schuh | mayık | ayakkabı | Schnurrbart | erinsalı | bıyık |
Nase | tumcuk | burun | Schaftstiefel | idik | çizme |
In der Altairegion lebt noch ein kleines Volk, das sich auf die alten Kirgisenstämme zurückführen kann: die Chakassen.
Deutsch | Chakassisch | Türkisch | Deutsch | Chakassisch | Türkisch |
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eins | bir | bir | zwei | iki | iki |
drei | üs | üç | vier | dört | dört |
fünf | bis | beş | sechs | alti | altı |
sieben | yedi | yedi | acht | segiz | sekiz |
neun | dokuz | dokuz | zehn | on | on |
einundzwanzig | yihibitgı | yirmi bir | dreißig | otuz | otuz |
vierzig | hırıh | kırk | fünfzig | illi | elli |
sechzig | altan | altmıs | siebzig | hitton | yetmiş |
achtzig | sigiz on | seksen | neunzig | doguz on | doksan |
(ein)hundert | hüz | yüz | (ein)tausend | hüz yuz | bin |
zehntausend | tüben | on bin | - | - | - |
Was Tuwinisch und Chakassisch auszeichnen, ist vor allem das Fehlen der vielen persisch-arabischen Fremdwörter, welche die südlichen türkischen Sprachen so beeinflusst haben. Vielmehr haben vor allem im Tuwinischen die Einflüsse der Mongolen eine große Rolle gespielt, während im Chakassischen das Uigurische des Mittelalters überdauert zu haben scheint!
Jetzt haben die großen türkischen Sprachen, wenn ihre Sprachträger als Eroberer kamen, immer Anteile der Ursprachen oder, wenn sie selbst erobert wurden, Sprachanteile der Sieger in sich aufgenommen.
Am meisten wirkt sich diese Vorsprachen in den Oghus-Türkischen Sprachen aus, wo neben einem enormen Anteil Persisch-Arabischen Sprachgutes, viele Wörter alter nichttürkischer Stammesstaaten überdauert haben.
Deutsch | Sumerisch | Balkarisch | Türkisch | Deutsch | Sumerisch | Balkarisch | Türkisch |
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wenig | az | az | Az | Vater | baba | ata | Baba |
satt | daim | dayım | Doyum, doyma | er | mu | Bu, ol | Bu, o |
Urgroßvater | abame | appa | Büyük dede | Wollweste | gaba | gabara | Yünlün yelek |
ich | me | men | Ben | - | - | - | - |
Weblinks
- http://titus.fkidg1.uni-frankfurt.de/didact/karten/turk/turklm.htm - Karte mit geographischer Verteilung der Turksprachen (auf Englisch)
- http://weberberg.de/infoport/tuerkisch/ - Onlinekurs Türkisch