Ricardo Duchesne

kanadischer Geschichtssoziologe
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Ricardo Duchesne ist ein kanadischer Geschichtssoziologe und seit 2007 ordentlicher Professor an der University of New Brunswick. Seine Forschungen und strategischen Aufsätze konzentrieren sich auf die Geschichte und Kultur des Abendlands und den Aufstieg der Westlichen Welt. In seinem Werk, der Monographie über die Uniqueness of Western Civilization aus dem Jahr 2011, der Einzigartigkeit der Westlichen Kultur also, kritisiert er die seiner Ansicht nach zerstörerischen Auswirkungen des Multikulturalismus auf die westliche Kultur.

Leben

In Puerto Rico geboren erlangte Duchesne einen Bachelor in Geschichte an der McGill- und Concordia-Universität im kanadischen Montreal. 1987 legte er seinen Magister Artium bei George Rudé über die Ursprünge der Französischen Revolution ab. 1994 erwarb er an der York-Universität im Rahmen des multidisziplinären Programms Social & Political Thought,[1] wo er sich mit Hegels Philosophie beschäftigte, den Doktorgrad; seine Doktorarbeit über den „Historischen Materialismus und die Debatte über den Übergang zum Kapitalismus“ wurde 1995 von der geisteswissenschaftlichen Fakultät zur besten Dissertation des Jahres gewählt.

Im selben Jahr nahm Duchesne eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich für Sozialwissenschaften an der Universität von Neubraunschweig in Saint John an, wo er 2007 zum ordentlichen Professor berufen wurde. 2003 bezog er einen Zuschuss vom Social Sciences and Humanities Research Council (SSHRC), für den er gegenwärtig als Mitglied eines Auswahlkomitees für Doktoranden tätig ist.

Bis 2011 verfasste Duchesne eine Monographie, 31 Fachbeiträge und 13 enzyklopädische Einträge. Die Uniqueness of Western Civilization erschien im Jahr 2011.[2] In seinen Arbeiten setzt sich Duchesne mit Weltsystemtheoretikern wie Andre Gunder Frank[3] auseinander, denen er eine systematische Abwertung westlicher Geschichte und zivilisatorischer Errungenschaften vorwirft.

Theorie

In seinem Werk The Uniqueness of Western Civilization kritisiert Duchesne die Entwertung der westlichen Kultur durch den Geschichtsrevisionismus des Multikulturalismus an, dessen Ideologie seit den 1960er Jahren in akademischen Kreisen um sich gegriffen habe. Er verteidigt den Aufstieg des Westens gegen linke Kritik wie den Weltsystem-Ansatz und argumentiert für die ungebrochene Gültigkeit des eurozentrischen Geschichtsbildes von Europa als der einen Kultur, die die Menschheit in die Moderne geführt habe. In einem Bogen vom griechischen Logos und Römischen Recht über Renaissance und Reformation zu den Entdeckungsfahrten und Frühkapitalismus versucht Duchesne zu zeigen, dass es die Entwicklung einer liberalen und demokratischen Kultur war, die es dem Westen ermöglicht habe, seine geistige und künstlerische Kreativität zu entfalten. Die Ursachen der Sonderentwicklung Europas sieht Duchesne in der mobilen und kriegerischen Lebensweise der Indoeuropäer, deren „aristokratischen Egalitarismus“ er als Wurzel der westlichen „Rastlosigkeit“ identifiziert.[4]

Seine Thesen stießen bald auf Widerstand, wie etwa durch John M. Hobson (The Eastern Origins of Western Civilisation)[5], zudem wurde ihm vorgehalten, zwar positiv anderer Werke zu rezensieren, aber die falschen Akzente zu setzen, wie etwa bei Peer Vries.[6]

Arbeiten

  • „The French Revolution as a Bourgeois Revolution: A Critique of the Revisionists“, Science & Society, Bd. 54, Nr. 3, 1990, S. 288–320
  • „Between Sinocentrism and Eurocentrism: Debating A.G. Frank’s Re-Orient“, Science & Society, Bd. 65, Nr. 4, 2001/2002, S. 428–463
  • „Rodney Hilton’s Peasant Road to Capitalism?“, Journal of Peasant Studies, Bd. 30, Nr. 2, 2003, S. 129–145
  • „Centres and Margins: The Fall of Universal History and the Rise of Multicultural World History“, in Hughes-Warrington, Marnie (Hrsg.), Advances in World Histories, London and New York: Palgrave Macmillan, 2004, S. 135–167, ISBN 1-4039-1278-5
  • „On the Rise of the West: Researching Kenneth Pomeranz’s Great Divergence“, Review of Radical Political Economics, Bd. 36, Nr. 1, 2004, S. 52–81
  • „Defending the Rise of Western Culture Against its Multicultural Critics“, The European Legacy, Bd. 10, Nr. 5, 2005, S. 455–484
  • „Globalization, the Industrialization of Puerto Rico and the Limits of Dependency Theory“, Journal für Entwicklungspolitik, Bd. 32, Nr. 1, 2006, S. 55–83
  • „Asia First?“, The Journal of the Historical Society, Bd. 6, Nr. 1, 2006, S. 69–91
  • „Christianity is a Hellenistic Religion, and Western Civilization is Christian“, Historically Speaking, Bd. 7, Nr. 4, 2006
  • „The Way of Africa, the Way I Am, and the Hermeneutic Circle“, in Yerxa, Donald (Hrsg.), Recent Trends in World History: The Place of Africa and the Atlantic World: Historians in Conversation, Columbia, South Carolina: The University of South Carolina Press, 2008, ISBN 978-1-57003-758-0
  • The Uniqueness of Western Civilization“, Studies in Critical Social Sciences, Bd. 28, Leiden and Boston: Brill, 2011, ISBN 978-90-04-19248-5

Einzelnachweise

  1. York-Universität: Graduate Program in Social & Political Thought (engl.)
  2. Bei Brill.
  3. Ricardo Duchesne: „Between Sinocentrism and Eurocentrism: Debating A.G. Frank’s Re-Orient“, Science & Society, Bd. 65, No. 4, 2001/2002, S. 428–463
  4. Ricardo Duchesne: The Uniqueness of Western Civilization, Studies in Critical Social Sciences, Bd. 28, Leiden und Boston: Brill, 2011, ISBN 978-90-04-19248-5
  5. Explaining the Rise of the West: A Reply to Ricardo Duchesne, in: The Journal of the Historical Society 6 (2006) 579–599.
  6. „Strictly in quantitative terms no topic gets more attention in my book than this one, whereas surprisingly none gets less attention in Duchesne's review of it.“ Zitiert nach Peer Vries: Is California the measure of all things global? A rejoinder to Ricardo Duchesne, 'Peer Vries, the Great Divergence, and the California School: Who's in and who's out?' (online). Vgl. Peer Vries, the Great Divergence, and the California School: Who's In and Who's Out?.