Kaliningrad (russisch Калининград) ist die Hauptstadt des Kaliningrader Oblastes, einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen mit Zugang zur Ostsee.
Als Königsberg war es die Hauptstadt der ehemaligen preußischen Provinz Ostpreußen. Kaliningrad hat 430.000 Einwohner.
Name
Der heutige Name der Stadt (wörtlich übersetzt: Kalininstadt) ist ein umstrittenes Thema: Häufig wird auf die Tradition verwiesen, gebräuchliche deutsche Namen auch für Städte zu verwenden, die schon seit langem nicht mehr deutsch sind oder niemals waren, etwa Moskau oder Peking. Dagegen wird argumentiert, diese Städte seien allerdings in der jüngeren Geschichte auch nicht in der lokalen Sprache umbenannt worden. Andererseits war trotz der Umbenennung in westdeutschen Publikationen die Verwendung des Namens Königsberg weit verbreitet. Vor dem Hintergrund der Flucht und Vertreibungen nach dem 2. Weltkrieg bestehen hauptsächlich deutsche Vertriebenenorganisationen auf der Bezeichnung als Königsberg, die zwischen 1255 und 1946 gebräuchlich war.
Unter der russischen Bevölkerung ist der Name Kaliningrad im Wesentlichen unumstritten; allerdings sind wohl die Bezeichnungen Kenigsberg, oder auch kurz Kenig, manchmal gebräuchlich. Die Benennung der Stadt nach dem stalinistischen Funktionär Michail Iwanowitsch Kalinin wird heute allerdings zunehmend als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Bewegungen in Kaliningrad, die sich für die Wiederverwendung des historischen Namens Königsberg oder eine Umbenennung in Kantgrad einsetzen, werden derzeit allerdings nur von kleinen Teilen der russischen Bevölkerung der Stadt mitgetragen.
Gegner einer Rückbenennung nach Königsberg unterstellen - zum Teil also wohl zu Recht, zum Teil aber auch wohl zu Unrecht - revisionistische und revanchistische Hintergründe, die Umbennung sollte vorwiegend die Eigentumsansprüche von Vertriebenen bekräftigen.
Am wahrscheinlichsten ist zur Zeit, dass zumindest für die nähere Zukunft der Name "Kaliningrad" weiter als offizieller Name benutzt wird, während "Kenig" bei einigen Älteren als "Spitzname" für die Stadt verwendet wird.
Geografie und Gliederung
Der Pregel (Pregolja) fließt durch Kaliningrad, die Stadt wird heutzutage in fünf Stadtbezirke eingeteilt:
- Baltijskij (Baltisches Viertel)
- Moskowskij (Moskauer Viertel)
- Leningradskij (Leningrader Viertel)
- Oktjabrskij (Oktoberviertel)
- Zentralnij (Zentrum)
Wirtschaft und Verkehr
Kaliningrad ist als ganzjährig eisfreier Seehafen ein wichtiger russischer Standort für die Werftenindustrie. Daneben ist es auch Basis einer großen Fischereiflotte und besitzt Möbel- und Autoindustrie.
Von Baltijsk bei Kaliningrad aus besteht eine regelmäßige Fährverbindung nach Sankt Petersburg, außerdem nach Kopenhagen, Riga und Kiel. Eisenbahnen verkehren nach Braniewo in Polen (Woiwodschaft Ermland-Masuren), nach Baltijsk, Swetlogorsk, Sowetsk, Litauen über Tschernjachowsk und nach Bagrationowsk. Die wichtigste Straßenverbindung zum russischen Kernland verläuft parallel zur Eisenbahn über Tschernjachowsk und Tschernyschewskoje, Litauen und Weißrussland. Bei Chrabrowo befindet sich ein Flughafen mit Verbindungen hauptsächlich ins russische Kernland und nach Nordeuropa.
Sehenswürdigkeiten
Das frühere dicht bebaute Stadtzentrum aus Vorkriegszeiten besteht heute aus Parks, breiten Straßen, dem Platz, an dem früher das Schloss stand und nur noch zwei Gebäuden: Neben dem Standort des ehemaligen Schlosses steht heute eine Bauruine (Dom Sowjetow), in der mal in den 1960er Jahren die Stadtverwaltung einziehen sollte, die aber aus statischen Gründen unbenutzbar geblieben ist. Auf der Kantinsel (früher Kneiphof) steht als zweites Gebäude der Königsberger Dom, der als einziges Haus von der alten Innenstadtbebauung erhalten geblieben ist. Das derzeitige Stadtzentrum befindet sich im Nordwesten der alten Stadtmitte am Pobedy Ploschtschad (früher Hansaplatz), an dem sich Theater, Nordbahnhof, Stadtverwaltung, viele Geschäfte und die orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale befinden.
- Königsberger Dom, Wahrzeichen auf dem Kneiphof (heute Kulturzentrum, im Inneren zwei kleine Andachtsräume)
- hinter dem Dom: Grab Immanuel Kants
- Alte Börse (heute Geschäftshaus)
- Königsberger Tiergarten, Zoologischer Garten und Ostmesse
- Botanischer Garten
- Villenvororte
- Zentralplatz (ehemaliger Standort des Königsberger Schlosses)
- Nikolskij Sobor, Nikolauskirche, ehemals Juditter Pfarrkirche
- verschiedene weitere Kirchen
- Universität mit Kantdenkmal
- in einem Universitätsgebäude: Wallenrodtsche Bibliothek
- Russisch-Orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale am Pobedy Pl. (Hansaplatz)
- Orgelhalle der Kaliningrader Philharmonie, ehemals Kirche zur Hl. Familie
- Kosmonautendenkmal
- Kutusowdenkmal
- Ober- und Unterteich mit Stadthalle, Schlossteich
- Dramentheater, Schauspielhaus
- Schillerdenkmal
- Teile einer Stadtbefestigung aus dem 19. Jahrhundert mit Stadttoren
- Rossgärter Tor (Rosgertnerskije)
- Wrangelturm (Baschnja Wrangel)
- Dohnaturm mit Bernsteinmuseum (Baschnja Dona)
- Königstor (Korolewskaja Worota)
- Sackheimer Tor (Sakchaimskije)
- Friedländer Tor (Fridlandskije)
- Brandenburger Tor (Brandenburskije)
- Friedrichsburger Tor (Fridrichsburskije)
Geschichte
Das Land an der Ostsee war um das Jahr 1000 n. Chr. von den zu dem Balten gehörenden Pruzzen bewohnt. Hier wurde 1250 auf der Halbinsel Samland (Lateinisch Sambia) Königsberg im Zuge der Eroberungen des Deutschen Ordens gegründet, und wurde dann die Hauptstadt des Ordensstaates. Der Name der Stadt ehrt den König Ottokar II., welcher sich durch seinen Eifer bei der Christianisierung der Heiden auszeichnete. Der Märtyrer St. Adalbert von Prag wurde Hauptpatron des Königsberger Doms.
Zur selben Zeit gründete der Markgraf von Brandenburg, Otto, Sohn von Albrecht dem Bären, die Ortschaft Brandenburg nahe Königsberg.
1544 wurde die erste evangelische Universitat in Königsberg von Herzog Albrecht von Brandenburg-Ansbach-Preussen gegrundet. Der Rektor des Gymnaniums in Elbing, Willem van de Voldersgraft, kam zur Königsberger Albertina Universität und war gleichzeitig ein Rat des Herzogs. Der preussische Historiker Christoph Hartknoch beschrieb das Leben des Rates und Rektors in seiner Vita Guilielmi Gnaphei (Acta Borussica III).
Königsberg war seit etwa 1600 die Hauptstadt des Königreiches Brandenburg-Preußen, und nach erfolgreicher Expansion wurde Berlin 1660 Hauptstadt, wobei Königsberg Provinzhauptstadt blieb. In Königsberg wurde im Jahre 1701 der Brandenburg-Preußische Herzog als König von Preußen gekrönt.
1860 wurde der Bau der Preußischen Ostbahn, die Königsberg an Berlin anschloss und die Stadt zu einem wichtigen Knotenpunkt im innereuropäischen Verkehr machte, vollendet.
Königsberg wurde Teil des Norddeutschen Bundes, dann 1871 des Deutschen Reiches. Vor Ende des 2. Weltkrieges wurde die im Jahre 1944 von britischen Bombern stark zerstörte Stadt (z.B. Zerstörung des Schlosses in Königsberg) von sowjetischen Truppen eingenommen und ergab sich im April 1945. Von den nach der Flucht etwa 150.000 zurückgebliebenen Königsbergern kamen möglicherweise einige um oder wurden zwangsumgesiedelt; es blieben nur etwa 20.000 zurück. Im Gegenzug erfolgte die meist geförderte Ansiedlung sowjetischer Bürger in die 1946 in Kaliningrad umbenannte Stadt.
Kaliningrad gehörte zu den von sowjetischen Truppen besetzten ehemals deutschen Ostgebieten, die von der Bundesrepublik Deutschland - jedoch nicht von der DDR - als unter sowjetischer Verwaltung stehend betrachtet wurden. Erst mit der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages am 12. September 1990 verzichtete die Bundesrepublik Deutschland im Gegenzug zur Wiedervereinigung auf alle Ansprüche östlich der Oder-Neiße-Linie und erkannte damit Kaliningrad als zur Sowjetunion gehörend an.
Während des Kalten Krieges war Kaliningrad Ort wichtiger sowjetischer Militäranlagen und für Besucher gesperrt. Als Resultat der Unabhängigkeit der Baltischen Staaten wurde das Gebiet zur russischen Exklave.
Viele Russen aus den Baltischen Staaten oder aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, wo sie nun oft eine unterdrückte entrechtete Minderheit bilden, haben sich seit 1992 in Kaliningrad angesiedelt.
Berühmte Personen der Stadt
Im Jahre 1690 wurde der Mathematiker Christian Goldbach in Königsberg geboren. Königsberg war die Geburtsstadt des Philosophen Immanuel Kant, der auch in dieser Stadt lehrte; auch der philosophische Schriftsteller Johann Georg Hamann war in Königsberg zuhause; Johann Gottfried Herder lernte diese beiden hier als Student kennen. Im Jahr 1736 benutzte der Mathematiker Leonhard Euler die Brücken und Inseln in Königsberg als die Basis zur Lösung eines Problems, das Sieben-Brücken-Problem von Königsberg, welches zum mathematischen Zweig der Topologie führte. In Kaliningrad sind die Wallenrodt-Bibliothek und die Prussia-Sammlung zu Hause.
Weitere Bekannte Personen
- Christoph Hartknoch
- Karl-Hermann Flach
- Johann Georg Hamann, der "Magus im Norden" (F.K.v.Moser)
- Johann Friedrich Steenke
- Georg Steenke
- Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
- Agnes Miegel
- Leah Rabin Frau von Jizhak Rabin
- Alexej Leonow, Kosmonaut, bewegte sich als erster Mensch frei im Weltraum
- Viktor Pazajew, Kosmonaut, verglühte am 30. Juni 1971 bei der Landung einer Sojus-Kapsel
- Ljudmila Putina, Ehefrau des russischen Präsidenten Wladimir Putin
Kulinarische Spezialitäten
Sonstiges
Die Trakehner Pferde stammen aus Jasnaja Poljana (Trakehnen) bei Kaliningrad.
Weblinks
- http://www.ost-preussen.de/ostpr/koenigsb.htm (Königsberger Geschichte)
- http://www.kaliningrad.info/index.php3?lang=ger (Reiseführer, deutsch)
- http://www.gov.kaliningrad.ru/en_intro.php3 (Gebietsverwaltung, englisch)
- http://www.klgd.ru/en/ (Rathaus, englisch)
- http://www.kcxc.org/index.php (Orthodoxe Kathedrale in Kaliningrad, russisch)
- http://www.koenigsberger-express.com/main/index.php (deutschsprachige Zeitung aus dem heutigen Kaliningrad)
- http://www.territorial.de/ostp/koen/koen.htm. (Territorialgeschichte der Stadt 1815 - 1945)