Der Begriff Ostdeutschland hat geografisch und zeitlich verschiedene Bedeutungen:
- Bis zum Ende des 2. Weltkriegs wurde der Begriff "Ostdeutschland" relativ selten verwendet. In aller Regel wurde darunter die Region östlich der Elbe (gelegentlich auch der Oder) verstanden (Germania Slavica), die im Norden vornehmlich unter Preußens Einfluss stand. Durch den preußischen Landadel war sie protestantisch und konservativ geprägt (Ostelbien), siehe auch "Junker". Der Ostteil Sachsens zählte aber nicht zu Ostelbien, sondern war und ist im Wesentlichen die Oberlausitz.
- Nach 1945 und speziell nach der deutschen Teilung 1949 wandelte sich der Sprachgebrauch und im Alltag wurde das Wort entweder auf die Ostgebiete oder - seltener - auf das Gebiet der DDR angewendet. Offiziell versuchte man in Westdeutschland, den Begriff "Ostdeutschland" auf die verloren gegangenen deutschen Ostgebiete zu beschränken und die Anwendung auf die Deutsche Demokratische Republik (DDR) zu vermeiden.
- Seit 1990 und der Wiedervereinigung ist man bemüht, die neuen Länder, die man vor 1990, vor allem in Westdeutschland, SBZ (Sowjetische Besatzungszone) und später "Mitteldeutschland", häufiger aber "Zone", "Drüben", "Ostzone", "DDR" beziehungsweise "so genannte DDR" nannte, nun als "(fünf) neue Bundesländer" oder "ehemalige DDR" (Ex-DDR) zu bezeichnen. In den 1990er sprach man amtlich aufgrund des Einigungsvertrages vom Beitrittsgebiet.
Zum unterschiedlichen Sprachgebrauch
De facto ist der Begriff "Ostdeutschland" in der Umgangssprache der alten Bundesländer recht verbreitet. Während in der "westdeutschen" Sprache die Bezeichnung Ostdeutschland einen allmählichen Bedeutungswandel erfahren hat, wurde die DDR, also das Gebiet der neuen Länder im gesamten englischsprachigen Raum schon lange als "East Germany" bezeichnet; auch viele nicht-angelsächsischen Sprachen verwenden den Begriff häufig.
Das Selbstverständnis der Menschen in den fünf aus der DDR hervorgegangenen Bundesländern variiert sehr stark. Nur teilweise wird die ehemalige DDR überwiegend als Ostdeutschland angesehen und bezeichnet. Weithin nicht akzeptiert ist allerdings die umgangssprachliche Bezeichnung "Ossi" für alle ehemaligen DDR-Bürger. Diese verliert nicht ihren negativen Beigeschmack.
Obwohl Sprecher, die in den Ländern der alten Bundesrepublik aufgewachsen sind, häufig pauschal den Begriff Ostdeutschland verwenden, empfiehlt es sich, hier in den Neuen Bundesländern vorsichtig zu sein. Insbesondere in Sachsen-Anhalt und Thüringen wird es bisweilen sogar als kränkend empfunden, als "Ostdeutschland" bezeichnet zu werden. Denn Thüringen ist ganz klar Mitteldeutschland. So liegt beispielsweise Erfurt weit westlicher als Regensburg und München; Eisenach hunderte Kilometer westlicher als Passau, sogar westlicher als der geographische Mittelpunkt Deutschlands.
Der umstrittene Sprachgebrauch "Ostdeutschland" ist somit auch Zeichen eines natürlichen Prozesses des Zusammenwachsens Deutschlands. Die Bewohner der einzelnen Gebiete empfinden sich immer mehr als Zugehörige zu einer bestimmten, geografisch umrissenen und historisch gewachsenen Region Region, statt dem überholten Bild von zwei Staaten, die durch den eisernen Vorhang getrennt sind. Einen Bewohner der Altmark als "Ostdeutschen" zu bezeichnen ist dann genauso falsch wie einen Kieler als "Westdeutschen" zu bezeichnen. Richtig sind hier die Begriffe "Mitteldeutscher" bzw. "Norddeutscher".
Drei nord-ostdeutsche Bundesländer
Anlehnend an den (inzwischen im RBB aufgegangenen) Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) wird gelegentlich nur das Gebiet der Länder Brandenburg, Berlin (und zum Teil Mecklenburg-Vorpommern) als Ostdeutschland angesehen.
Auch der Begriff Mitteldeutschland erfährt derzeit einen auflebenden Gebrauch - vor allem durch den MDR und den Wunsch der südöstlichen, wirtschaftsstärkeren Bundesländer Sachsen und Thüringen, sich vom wirtschaftlich schwächeren Nordosten abzugrenzen.
Siehe auch
- Deutschland
- Neue Länder
- Norddeutschland
- Nordstaat
- Süddeutschland
- Westdeutschland
- Sudeten
- Rheinland
- Ostdeutsche
Begründung in Diskussion:Mitteldeutschland