Völkerschlacht bei Leipzig

Schlacht der Koalitionskriege 1813
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. März 2004 um 21:50 Uhr durch 217.185.217.14 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Schlacht bei Leipzig
Konflikt Napoleonische Kriege
Zeitraum 16.-19. Oktober, 1813
Schauplatz Leipzig
Ausgang Alliierter Sieg
Gegner
Frankreich Alliierte Österreicher, Preußen, Russen und Schweden
Befehlshaber
Napoleon Bonaparte Karl Philipp zu Schwarzenberg, Alexander I., Friedrich Wilhelm III. und Karl XIV von Schweden
Stärke
210.000 Anfangs 200.000 später 300.000
Verluste
30.000 51.000

Vom 16. bis 18. Oktober 1813 kämpften bei Leipzig in Sachsen die Truppen Kaiser Napoleons und der Verbündeten in der Völkerschlacht gegeneinander. In der wichtigsten Schlacht der Befreiungskriege gegen die napoleonische Fremdherrschaft haben die verbündeten,zahlenmäßig überlegenen Heere der Österreicher, Preußen, Russen und Schweden, den Franzosen unter Napoleon die entscheidende Niederlagen beigebracht. Bei der Schlacht fielen von etwa 400.000 beteiligten Soldaten etwa 130.000. Im Jahre 1913, also genau 100 Jahre später, wurde das 91 m hohe Völkerschlachtdenkmal fertiggestellt. Es steht an der Stelle, an der die heftigsten Kämpfe tobten und die meisten Soldaten fielen. Dieses gewaltige Monument ist eines der Wahrzeichen Leipzigs.

Beschreibung des Schlachtverlaufes

Die Niederlagen der französischen Truppen im August und September hatten Napoleon veranlaßt, von Dresden zurückzugehen und seine Armee am 14. Okt. um Leipzig zu vereinigen, gegen welches sich nun auch die Heere der Verbündeten konzentrisch in Bewegung setzten. Das Reitergefecht bei Liebertwolkwitz 14. Okt. leitete die großen Kämpfe der nächsten Tage ein, sein glücklicher Ausgang erschien den Alliierten als gute Vorbedeutung. Dennoch war Napoleons Lage durchaus keine verzweifelte; er hatte außer den Garden 8 Korps, 170.000 Mann nebst 14.000 Reitern und 700 Geschützen, zur Verfügung, und wenn auch die Truppen tief erschöpft und teilweise entmutigt waren, so befehligte sie doch ein Napoleon, der nicht bloß durch die Einheit des Oberbefehls, sondern auch durch die Raschheit und Präzision seiner Anordnungen, durch seine moralische Einwirkung der Überlegene war. Verhängnisvoll wurden aber für ihn die Illusionen, die aus seiner Unterschätzung des Gegners hervorgingen: er glaubte weder an die Anwesenheit der ganzen böhmischen und schlesischen Armee noch an den Entschluß der Verbündeten zu einer großen Entscheidungsschlacht.

Schlachtverlauf 1. Tag

Am 15. Okt. stellte Napoleon sein Heer um Leipzig aus: den größten Teil, 100.000 Mann, auf dem sanft gehobenen Gelände südlich von Leipzig, von Konnewitz und Markkleeberg an der Pleiße über Wachau und Liebertwolkwitz bis nach Holzhausen hin; Bertrand stand bei Lindenau zur Deckung der Straße nach Westen, im Norden von Leipzig Marmont und Ney. Die Alliierten verfügten zunächst nur über 200.000 Mann, da die Korps von Colloredo und Bennigsen erst im Anmarsch waren und der Kronprinz von Schweden die Nordarmee noch zurückhielt. Die Hauptmasse bildete die böhmische Armee unter Schwarzenberg, den Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm III. begleiteten, 130.000 Mann, welche von Süden heranrückten.

Schwarzenbergs Plan war, während Gyillay mit 20.000 Mann gegen Lindenau und Blücher von Schkeuditz gegen Leipzig aufbrach, mit der Hauptmacht in der sumpfigen Niederung zwischen Elster und Pleiße gegen Konnewitz vorzudringen, den rechten Flügel des Feindes zu umgehen und auf dem kürzesten Weg Leipzig selbst zu gewinnen.

Auf Einspruch Alexanders wegen der Schwierigkeit des Terrains übertrug Schwarzenberg die Ausführung seines Plans nur den 35.000 Österreichern unter Merveldt und Hessen-Homburg; die Korps von Klenau, Wittgenstein und Kleist unter Barclays Oberbefehl sollten den Feind in der Front angreifen und ihn gegen Leipzig werfen. Auf diese Weise wurde die böhmische Armee auf drei durch Flüsse und Sümpfe getrennte Schlachtfelder verteilt.

 
Karte der Truppenstellungen am 16. Oktober 1813

Noch vor Tagesanbruch 16. Okt. setzte sich die Armee Barclays in Bewegung und eröffnete gegen 9 Uhr ein furchtbares Geschützfeuer, worauf die Sturmkolonnen gegen die französische Stellung vorgingen. Kleist entriß Poniatowski Markkleeberg; viermal wurde er daraus verdrängt, viermal erstürmte er es wieder und behauptete es mit Mühe. Auch Wachau, wo Napoleon selbst befehligte, wurde von Preußen und Russen unter dem Prinzen Eugen von Württemberg erobert, mußte jedoch unter den furchtbarsten Verlusten durch die überlegene französische Artillerie wieder verlassen werden. Ebensowenig gelang es Gortschakow und Klenau, Liebertwolkwitz zunehmen; ja, sie verloren auch den Kolmberg, und die ganze Linie der Verbündeten war durch die blutigen Kämpfe so geschwächt, daß sie kaum ihre Stellungen behaupten konnte. Auch die Operationen der Österreicher auf Konnewitz hatten gar keinen Erfolg, und die Fruchtlosigkeit aller weitern Kämpfe einsehend , eilte endlich nach 12 Uhr mittags Schwarzenberg mit dem Korps Hessen-Homburg Barclay zu Hilfe.

Napoleon, durch den bisherigen Gang der Schlacht ermutigt, beschloß nun selbst zum Angriff überzugehen. Um 3 Uhr versuchten 8.000 französische Reiter, das Zentrum der Verbündeten bei Wachau zu durchbrechen. Sie drangen bis zu dem Hügel vor, auf dem die Monarchen und Schwarzenberg sich befanden; indes die Standhaftigkeit der russischen Infanterie und die Tapferkeit der zur Hilfe herbeieilenden verbündeten Reiterei vereitelten ihr Unternehmen. Ein zweiter Angriff der französischen Infanterie, des Korps Lauriston, auf Güldengossa mißlang ebenfalls. Auch N-poleon konnte keine frischen Truppen mehr ins Feuer führen, und die Nacht machte dem mörderischen Kampf ein Ende. Der Angriff der Alliierten auf die feindliche Stellung war mißlungen; aber eine völlige Niederlage war durch die todesmutige, wetteifernde Tapferkeit der Verbündeten, Führer wie Soldaten, mit einem Verlust von 20.000 Mann an Toten und Verwundeten abgewendet worden.

Gyulays Angriff auf Lindenau, zögernd unternommen, war inzwischen von Bertrand abgewiesen worden. Einen entscheidenden Erfolg jedoch hatte das Vorgehen der schlesischen Armee gehabt. Ohne die Nordarmee abzuwarten, war Blücher auf den Befehl, zum gemeinschaftlichen Angriff auf Leipzig mitzuwirken, aufgebrochen und bei Wiederitzsch und Möckern auf ernstern Widerstand gestoßen. Beim ersteren Dorf stand Dombrowski mit einer schwachen Division, die jedoch Langeron den ganzen Tag festhielt, bei letzterm Marmont mit 17.000 Mann, der eben den Befehl erhalten hatte, nach Wachau zu Hilfe zu kommen, auf die Annäherung des Feindes aber beschloß, dessen Angriff zu erwarten, und Ney um seine Unterstützung bat.

York richtete den Angriff seines Korps, das etwa 20.000 Mann stark war, gegen das durch seine Lage zu einer natürlichen Festung gemachte Dorf Möckern, das nach mehreren mißlungenen Angriffen mit einem Verlust von 7.000 Mann endlich erstürmt wurde. Marmonts Korps war vernichtet, Ney war auf dem Weg, ihm zu Hilfe zu eilen, wieder umgekehrt, aber auch für Wachau zu spät gekommen. Der Sieg Yorks bei Möckern hatte nicht bloß die französische Stellung im Norden von Leipzig durchbrochen, sondern Napoleon auch den gehofften Sieg bei Wachau dadurch entrissen, daß er zwei Korps hinderte, dort gegen die böhmische Armee mit frischen Kräften einzugreifen.

Schlachtverlauf 2. Tag

Der 17. Okt., ein Sonntag, war ein Tag dumpfer Stille. Es trat eine Pause im Kampf ein, nur im Norden ruhte Blücher nicht. Er nahm Eutritzsch und Gohlis und drang bis dicht an Leipzig vor. Die Verbündeten hielten um 2 Uhr im Dorf Sestewitz Kriegsrat; man beschloß am nächsten Morgen um 7 Uhr den Angriff zu machen.

Da Napoleon keinen entscheidenden Sieg erfochten hatte und die Verbündeten nicht hindern konnte, nach Ankunft von 100.000 Mann Verstärkung den Angriff zu erneuern, während er selbst nur noch das Korps Reynier von Düben erwartete, hätte er seine Stellung bei Leipzig, die unhaltbar geworden war, räumen und anderswo die Schlacht wieder ausnehmen müssen. Aus politischen Rücksichten tat er es nicht; er baute darauf, daß Kaiser Franz sein Schwiegervater war. Durch den bei Konnewitz gefangenen General Merveldt ließ er 17. Okt. den Monarchen einen Waffenstillstand unter Bedingungen anbieten, die ihm im August den Frieden verschafft hätten. Jetzt aber gingen die Verbündeten auf dies Anerbieten gar nicht ein und würdigten es nicht einmal einer Antwort.

Schlachtverlauf 3. Tag

 
Karte der Truppenstellungen am 18. Oktober 1813

Am 18. Okt. um 2 Uhr morgens gab Napoleon die alte, in ihrer Ausdehnung nicht mehr zu behauptende Stellung auf und rückte ungefähr eine Stunde Wegs näher an Leipzig zurück. Der rechte Flügel unter Poniatowski stand an der Pleiße von Konnewitz bis Dölitz, das Zentrum bildete bei Probstheida einen ausspringenden Winkel, der linke Flügel reichte bis zur Parthe und war bis zur Mündung derselben in die Pleiße im Norden von Leipzig zurückgebogen. Die neue Stellung war 4 Stunden lang und nur von 150.000 Mann besetzt, die dem vereinigten Angriff der Verbündeten, welche sich auf 300,000 Mann mit 1400 Geschützen verstärkt hatten, kaum gewachsen waren. Die letztern waren daher auch voll frischer Kampflust.

Trotzdem war die Schlacht auch 18. Okt. heiß und blutig und nicht überall siegreich für die Verbündeten, da Napoleon von der Tabaksmühle bei Stötteritz aus seine Stellungen hartnackiger und länger, als es sür die bloße Deckung des Rückzugs notwendig gewesen wäre, verteidigte. Die Angriffskolonnen der Verbündeten setzten sich nur sehr allmählich, teilweise recht spät, in Bewegung, so daß der Stoß nicht auf einmal mit aller Macht erfolgte. Auf dem linken Flügel griffen die Österreicher unter Hessen-Homburg die Stellungen der Franzosen rechts der Pleiße in Dölitz und Lösnig an, welche aber nicht genommen werden konnten. Auch Probstheida wurde von den Franzosen unter Napoleons persönlicher Führung gegen die mit bewunderungswürdiger Tapferkeit unternommenen Sturmversuche der Kolonne Barclays behauptet.

Dagegen nahm der rechte Flügel der böhmischen Armee unter Bennigsen, welcher aber erst am Nachmittag eingriff, Zuckelhausen, Holzhausen und Paunsdors, wo die Sachsen und 500 württembergische Reiter unter General v. Normann übergingen. Bei der Erstürmung von Paunsdorf wirkten bereits Bülow und Wintzingerode von der Nordarmee mit, welche endlich trotz Bernadottes Sträuben herangekommen war. Langeron und Sacken von der schlesischen Armee eroberten Schönefeld und Gohlis, und als die Nacht hereinbrach, waren die Franzosen im Osten und Norden von Leipzig bis auf eine Viertelstunde an die Stadt zurückgedrängt. Hätte Gyulay mit genügenden Streitkräften sich des Passes von Lindenau bemächtigt, so wäre der Ring um Napoleon geschlossen und ihm der Rückzug abgeschnitten gewesen. Indes Schwarzenberg trug. Bedenken, den noch immer gefürchteten Gegner zu einem Verzweiflungskampf zu zwingen, und Gyulay erhielt Befehl, den Feind bloß zu beobachten und einem Angriff auf Pegau auszuweichen. Dies geschah, und so konnte Bertrand die Straße nach Weißenfels ungehindert einschlagen, wohin ihm von Mittag an der Troß, die Wagen mit Verwundeten und der Artilleriepark folgten. In der Nacht begann der Abmarsch des Heers selbst, der Garden, der Reiterei, der Korps Victor und Augereau, während Macdonald, Ney und Lauriston die Stadt verteidigen und den Rückzug decken sollten; alle Punkte außerhalb Leipzig wurden geräumt.

Ende der Schlacht

Da Napoleon, nur schwer auf einen Sieg verzichtend, für den Rückzug ungenügende Maßregeln getroffen hatte, so war derselbe äußerst schwierig und geriet bald ins Stocken, da nur die eine Straße nach Weißenfels mit mehreren Defileen zu Gebote stand. Indes der Vorschlag Kaiser Alexanders, mit einem Teil des Heers die Pleiße zu überschreiten und sich auf diese Straße zu werfen, und Blüchers Anerbieten, mit 20.000 Mann Reiterei die Verfolgung zu übernehmen, wurden abgelehnt und nur geringe Streitkräfte mit derselben beauftragt; für 19. Okt. ward die Disposition zu einer neuen Schlacht ausgegeben und, als sich beim Fallen des Morgennebels am 19. herausstellte, daß diese nicht mehr nötig war, die Erstürmung von Leipzig befohlen. Während die französische Armee in verwirrtem Getümmel sich nach dem Ranstädter Tor drängte und Napoleon selbst nur mit Mühe den Ranstädter Steinweg erreichte, hatten die Russen unter Langeron und Sacken die Hallesche, Bülow die Grimmaische Vorstadt erobert; hier gelang es dem Königsberger Landwehrbataillon unter Major Friccius zuerst, in die Stadt einzudringen; das Peterstor im Süden wurde von Bennigsen genommen. Die Verteidiger, welche anfangs mit gewohnter Tapferkeit kämpften, gerieten zuletzt in völlige Auflösung, und die Verwirrung des in der Stadt zusammengedrängten Menschenknäuels erreichte den höchsten Grad, als aus Versehen die Elsterbrücke vor dem Ranstädter Tor, über welche die Rückzugsstraße ging, zu früh in die Luft gesprengt wurde. Viele kamen aus der Flucht um, so Marschall Poniatowski; andere mußten sich kriegsgefangen ergeben.

Folgen der Schlacht

Gegen 1 Uhr hielten die Monarchen von Preußen und Russland ihren Einzug in Leipzig unter dem begeisterten Jubel der Bevölkerung, der eine Zeitlang das entsetzliche Elend vergessen machte, welches die ungeheure Menge von Verwundeten und Kranken in der Stadt verursachte. Die dreitägige Schlacht hatte auf beiden Seiten gewaltige Opfer gekostet: die Preußen zählten 16.000 Mann und 600 Offiziere an Toten und Verwundeten, die Russen 21.000 Mann und 860 Offiziere, die Österreicher 14.000 Mann und 400 Offiziere. Die Franzosen verloren 30.000 Mann an Toten und Verwundeten, 15.000 Gefangene, 300 Geschütze und ließen 23.000 Mann in den Lazaretten zurück.

Indes der Preis des Kampfes war auch ein großer. Napoleons Weltmacht war vernichtet, und wenn auch die laue Verfolgung nach dem Sieg die sofortige Beendigung des Kriegs vereitelte, so war doch mit einem Schlag Deutschland bis zum Rhein befreit, und das deutsche Volk hat den 18. Okt. lange Zeit als den Beginn seiner Wiedergeburt gefeiert. Zahlreiche Denksteine bezeichnen die merkwürdigsten Punkte der Schlacht, so die gußeiserne Spitzsäule (seit 1847) aus dem "Monarchenhügel", das Denkmal des Fürsten Schwarzenberg (ein Würfel aus Stein unweit Meusdorf), der Napoleonsstein unweit des Thonbergs, dazu mehrere in der Stadt selbst errichtete Denkmäler. Auch wurde schon 1814 in Leizig ein Verein zur Feier des 19. Okt. gegründet, der sich die Aufgabe stellte, das Gedächtnis der Völkerschlacht in möglichst treuer Überlieferung der Nachwelt zu erhalten und alle auf dieselbe bezüglichen Schriftstücke zu sammeln. 1863 wurde die 50jährige Jubelfeier der Schlacht besonders festlich begangen, noch kurz vor den Ereignissen von 1866 bis 1871, welche das Andenken des Leipziger Kampfes etwas zurückdrängten. 1875 wurde eine neue Korvette der deutschen Marine der Leipziger Schlacht zu Ehren "Leipzig" getauft.


Literatur

  • Aster, Die Gefechte und Schlachten bei Leipzig im Oktober 1813 (Dresden 1852-53, 2Bände.);
  • Naumann, Die Völkerschlacht bei L. (Leipzig 1863);
  • Wuttke,DieVölkerschlachtbeiL. (Berlin 1863);
  • Apel, Führer auf die Schlachtfelder Leipzigs (Leipzig 1863).