Autobahn und Autostrasse

Schweizer Autobahnen und Autostrassen dürfen von Motorfahrzeugen befahren werden, welche eine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h, ab 2006 von 80 km/h, erreichen. Das generelle Tempolimit auf Autobahnen liegt bei 120 km/h, bei Stadtautobahnen liegt es im Bereich zwischen 60 und 100 km/h. In Autobahntunneln gilt ebenfalls eine reduzierte Höchstgeschwindigkeit von 80 oder 100 km/h. Auf den mit Autobahnen verwandten Autostrassen beträgt die Höchstgeschwindigkeit 100 km/h. Die Signalisationstafeln bestehen aus weisser Schrift auf grünem Grund. Die Nummerierung besteht aus weissen Zahlen roten Tafeln.
In der Schweiz besteht seit 1985 auf den meisten Autobahnen und Autostrassen Mautpflicht in Form einer Jahresvignette. Diese ist für jeweils ein Kalenderjahr gültig, wobei sie bereits ab 1. Dezember von der neuen Vignette abgelöst wird, welche dann ebenfalls gültig ist. Alte Vignetten verlieren ihre Gültigkeit jeweils zum 31. Januar des Folgejahres – am 1. Dezember gekauft, also nach 14 Monaten. Die Kosten betragen zur Zeit CHF 40.00.
Motorfahrzeuge ab einem Gesamtgewicht von 3.5 Tonnen benötigen für das Befahren von Autobahnen und Autostrassen keine Vignette, da sie der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) unterliegen.
Autobahnen und Autostrassen hängen in der Schweiz eng miteinander zusammen und gehen auf den Bau des Nationalstrassennetzes zurück.
Siehe auch:
Autobahnen / Autostrassen
Bevor der Bau von Nationalstrassen überhaupt ein Thema wird, eröffnet der Kanton Luzern 1955 die erste kreuzungsfreie Autostrasse der Schweiz. Es handelt sich um die Strecke zwischen Luzern-Süd und Ennethorw ("Ausfallstrasse Luzern-Süd"), welche heute in ausgebauter Form zur A2 gehört. Die erste Autobahn folgt erst 1963 im Rahmen des Baus von Nationalstrassen, mit dem Teilstück Genf – Lausanne.
Im Rahmen des Nationalstrassenbaus entstehen die meisten Autobahnen, parallel dazu beginnen allerdings einige finanzstarke Kantone auch eigene Autobahnen zu planen und zu bauen. Häufig handelt es sich nur um kurze Autobahnzufahrten, nenneswerte Projekte konzentrieren sich auf die Kantone Aargau, St. Gallen und Zürich. Finanzielle Engpässe verzögern die kantonalen Bauten bis die rapide zunehmenden Einsprachen, die Projekte komplett zum Erliegen bringen und massiv verteuern. Ausserhalb des Nationalstrassennetzes bleiben Autobahnen daher bis heute die Ausnahme.
Das Nationalstrassennetz
Bis in die 1950er-Jahre fällt der Strassenbau ausschliesslich in die Zuständigkeit der Kantone, welche Strassenbau und Strassenunterhalt nach ihren Finanzen richten. Von diesem Prinzip abweichend, ist der Bund 1958 ein erstes Mal im Strassenbau involviert, indem er für den Bau des Strassentunnel unter dem Grossen St. Bernhard einen Staatsvertrag mit Italien abschliesst, stellvertretend für die Kantone Wallis und Waadt.
1960 verabschiedet das Parlament das Gesetz über ein Nationalstrassennetz, welches dem Bund Kompetenzen im Strassenbau überträgt. Nationalstrassen sind laut Definition, Strassen von gesamtschweizerischer Bedeutung – Planung, Finanzierung, Bau und Unterhalt fallen in die Zuständigkeit des Bundes. Die groben Streckenverläufe werden festgelegt und mit der "N"-Nummerierung versehen, die einzelnen Streckenabschnitte werden in drei bis heute gültige Ausbauklassen eingeteilt, welche wie folgt definiert sind:
- Nationalstrassen erster Klasse
- stehen nur Motorfahrzeugen zur Verfügung, sind zwingend nieveaufrei und verfügen über richtungsgetrennte Fahrbahnen
- Nationalstrassen zweiter Klasse
- stehen nur Motorfahrzeugen zur Verfügung, sind zwingend nieveaufrei, aber verfügen nicht zwingend über richtungsgetrennte Fahrbahnen
- Nationalstrassen dritter Klasse
- stehen grundsätzlich allen Strassenbenüzern zur Verfügung und es besteht nur das Gebot nieveaugleiche Kreuzungen und Ortsdurchfahrten zu vermeiden
Eine Sonderform ist der Klassifikationszusatz "E", welcher Expressstrassen (auch Hochleistungsstrasse oder städtische Nationalstrasse genannt) in städtischen Gebieten kennzeichnet – der Motivationsgrund hierfür ist ein veränderter Finanzierungsschlüssel.
Im Jahr 1963 wird als erstes Teilstück des Nationalstrassennetzes die Autobahn N1 zwischen Genf und Lausanne eröffnet, welche als Zubringer zur Landesausstellung "Expo 64" dient.
Das Nationalstrassennetz wird vom Parlament etwa um 1970 und ein weiteres Mal um 1986 in grösserem Masse erweitert.
Wie auch bei den kantonalen Autobahnen bringen Finanzprobleme und Einsprachen viele Nationalstrassenprojekte zum Erliegen. Etwa 20 Jahre nach Baubeginn sind in den 1980ern über 80% des projektierten Netzes fertiggestellt – ausgelassen hat man dabei allerdings viele technisch anspruchsvolle und teuere Bauten. 1985 wird deswegen für die Autobahnen und Autostrassen des Nationalstrassennetzes, die Mautpflicht in Form einer Jahresvignette eingeführt.
Ende 1996 wird die Nummerierung der Autobahnen/Autostrassen, von der Nummerierung der Nationalstrassen gelöst.
Abgrenzung und Nummerierung
Die Definition der Nationalstrassen verzichtet auf die explizite Nennung der Anzahl Fahrstreifen oder detaillierter Ausbaumerkmale. Es gelten die Grundsätze, dass eine Nationalstrasse erster Klasse in der Regel als Autobahn ausgeführt wird, während eine Nationalstrasse zweiter Klasse meist als Autostrasse gebaut wird. Bei Nationalstrassen dritter Klasse handelt es sich um vom Bund mitfinanzierte Hauptstrassen, weswegen der häufig gemachte Rückschluss vom Begriff Nationalstrasse auf den Begriff Autobahn unzulässig ist.
Bis Ende 1996 tragen Autobahnen/Autostrassen, wie auch Hauptstrassen des Nationalstrassennetzes, dieselben Bezeichnungen und lassen sich anhand dieser nicht voneinander unterscheiden. Kantonale Autobahnen/Autostrassen haben meist nur inoffizielle Bezeichnungen, welche bestenfalls Einheimische kennen, sind aber nicht offiziell benannt. Hinzu kommt, dass neben der "N"-Nummer des Projekts (N1b, N1c), die fertige Autobahn gelegentlich eine zweite "N"-Nummer (N20, N11) bekommt, mit welcher sie ausgeschildert wird.
Um Verwechslungen zu minimieren, wird ab Ende 1996 die politische "N"-Nummerierung nur noch von Behördenseite und im Zusammenhang mit dem Nationalstrassennetz verwendet. Die Autobahnen und Autostrassen erhalten eine neue – an die alte Nummerierung angelehnte – "A"-Nummerierung. Diese wird funkional vergeben und ordnet Teilstücken welche von mehreren Strecken verwendet werden werden, alle notwendigen Nummern zu. Man hat dabei aber versäumt, die Nomenklatur für Autobahn-Zweige (Zubringer etc.) verbindlich festzulegen. Diese werden nun von den Kantonen individuell benannt, was die Übersicht erschwert.
Auf praktisch allen Autobahnen wurde zwischenzeitlich die Signalisation auf den aktuellen Stand gebracht, allerdings wird man abseits der Autobahnen auf etlichen Schildern noch auf die alte "N"-Nummerierung stossen. Diese wird in der Regel erst dann aktualisiert, wenn die Tafeln ausgetauscht werden müssen.
Die Autobahnen, Autostrassen und Nationalstrassen der Schweiz sind in den folgenden drei Listen erfasst:
Liste der Nationalstrassen dritter Klasse
- N2 Gotthard-Passstrasse
- Gotthardpasshöhe / Kantonsgrenze TI/UR – Göschenen
- N5
- Biel/Bienne West - Twann (Ausbau geplant)
- N8 Brünigpassstrasse
- Krattiggraben – Interlaken (Ausbau geplant)
- Brienzwiler – Brünigpass – Ewil (Ausbau geplant)
- N9 Simplonpassstrasse
- Ganterbrücke – Gondo (Grenze I)
- N28 Prättigauerstrasse
- A13 Landquart – Schiers – Klosters/Verladestation Vereina-Tunnel
Militärische Bedeutung
Die Planung des Nationalstrassennetzes und etliche Bauten fallen in die Zeit des kalten Kriegs. Mehrere Autobahnabschnitte wurden so gebaut, dass ein behelfsmässiger Flugbetrieb mit Jets möglich ist, analog zu den Autobahn-Notlandeplätzen in Deutschland. Dazu wurde im Umfeld eine minimale Infrastuktur geschaffen, der Mittelstreifen befestigt und die Mittelleitplanke so konstuiert, dass sie innert weniger Stunden demontiert werden kann.
Obwohl diese "Behelfspisten" grundsätzlich immer noch einsatzbereit sind, wird seit Jahren kein (Übungs-)Flugbetrieb durchgeführt – im Falle der A1 und der A2 sind die dafür notwendigen Vollsperrungen aus volkswirtschaftlicher Sicht längst nicht mehr zumutbar.
Mit dem Ende des kalten Kriegs und den Restrukturierungen der Schweizer Armee, werden laufend Objekte aus dem Inventar der militärischen Infrastruktur entlassen, darunter auch verschiedene Nationalstrassen-Bauten. Das vorerst letzte "landetauglich" erstellte Stück Autobahn, dürfte das in den 1990ern eröffnete A1-Teilstück Murten – Payerne sein, in unmittelbarer Nähe des Militärflughafens Payerne. Obwohl das Teilstück vermutlich nie die Landung eines Flugzeugs erleben wird, wurde es noch als Kompensation für ein A1-Teilstück zwischen Bern und Olten erstellt. Letzteres hat nun permanente Leitplanken erhalten, anstelle der alten "Planke", welche aus einzelnen, horizontal gespannten Stahlseilen bestand.
Eine ebenfalls aufgegebene Doppelnutzung von Nationalstrassen-Objekten ist der Sonnenbergtunnel der A2 bei Luzern. Dieser wurde seinerzeit als grösster, ziviler Schutzbunker der Schweiz konzipiert und jährlichen Funktionstests unterzogen, bis er 2002 aufgrund zunehmender Unterhaltskosten aufgegeben wurde und heute ein ganz gewöhnlicher Autobahntunnel ist.
Schliesslich wurde auch der Gotthardtunnel der A2 aus dem Inventar strategischer Bauten entlassen. Nach dem schweren Unfall 2001, nutzte man die Zeit der Sperrung für die unumgängliche Totalsanierung, um die beim Bau installierten Sprengobjekte aus den Portalbereichen zu entfernen.