Die Sanussiya (Sanûsîya; arabisch السنوسية, DMG as-Sanūsīya), auch Senussi-Orden genannt, ist eine sufistische islamische Bruderschaft (Tariqa) in Libyen.

Geschichte
Entstehung
Muhammad as-Sanussi (1787–1859) gründete 1837 in Mekka eine puritanisch religiöse Reformbewegung, die Senussi-Bruderschaft, die sich bald in ganz Libyen verbreitete. Nach Angriffen der osmanischen Statthalter in Libyen wurde das Zentrum der Bruderschaft in die Oase al-Dschaghub (gegenüber Siwas in Ägypten) verlegt. Unter seinem Sohn Muhammad al-Mahdi (1859–1902) wurden die Kufra-Oasen 1895 das Zentrum der straff organisierten Bruderschaft, die sich auch nach Ägypten, der westlichen Sudanregion, nach Arabien und Indien ausbreitete.
Italienische Herrschaft
Ahmad asch-Scharif (1875–1933) unterstützte die türkischen Osmanen 1911 im Kampf gegen die in Libyen gelandeten italienischen Truppen.[1] Im Ersten Weltkrieg hatten sie die Italiener ab 1915 im Norden und Westen allmählich bis direkt an die Küste zurückgedrängt. Im Osten sollten die Senussi von Dscharabub über Siwas nach Ägypten einfallen und dort dem 1914 von den Briten gestürzten Khediven Abbas Hilmi wiedereinzusetzen helfen, der mit der deutsch-türkischen Armee über den Sinai kommen sollte. Doch schon bei Sollum wurden die Senussi 1916 von anglo-ägyptischen Truppen entscheidend geschlagen. Dem Deutschen und Osmanischen Reich blieb nur die Unterstützung der Senussi über das Mittelmeer. Von November 1915 bis Oktober 1918 verkehrten zu diesem Zweck deutsche Unterseeboote zwischen den Häfen der Mittelmächte und der libyschen Küste.[2] Doch Ahmads Macht schwand, und nachdem seine Gegner 1918 Misrata (Hafen bei Tripolis) einnehmen konnten, blieb ihm nur noch die Flucht auf einem dort gelandeten deutschen U-Boot. Er starb 1933 in Medina. Sein Sohn Muhammad Idris al-Senussi (1890–1983) wurde 1918 unter Anerkennung der italienischen Oberhoheit als Regent in der Kyrenaika und 1922 als Emir von Tripolitanien innerhalb der Kolonie Italienisch-Libyen anerkannt. Nach der Machtergreifung Mussolinis in Italien 1923 wurde Idris ins Exil nach Kairo vertrieben. Der Widerstand der Stämme unter Umar Mukhtar wurde in einem heftigen und verlustreichen Kleinkrieg bis 1932 niedergeschlagen. Umar Mukhtar war schon 1931 nach seiner Gefangennahme hingerichtet worden.
Im Königreich Libyen
Nach der Vertreibung der italienischen Kolonialherrschaft durch britische Truppen während des Zweiten Weltkriegs kehrte Idris 1947 nach Libyen zurück, wurde 1949 Emir der Kyrenaika und 1951 als Idris I. von den Briten als König des unabhängigen Libyen eingesetzt. Da trotz reicher Erdölfunde die sozialen Spannungen im Land nicht behoben werden konnten, wurde Idris I. 1969 durch Offiziere, angeführt von Oberst Muammar al-Gaddafi, gestürzt.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Claudia Anna Gazzini: Jihad in Exile: Ahmad al-Sharif al-Sanusi 1918–1933. M.A.-Thesis, Near Eastern Studies, Princeton University, Juni 2004
- ↑ Hans Werner Neulen: Feldgrau in Jerusalem. 2. Aufl., München: Universitas, 2002, S. 100 ff. ISBN 3-8004-1437-6
Weblinks
- Wolfram Oehms: Die Sanusiyya und der Transsahara-Sklavenhandel des 19. und 20. Jahrhunderts
- Die islamische Ordensgemeinschaft der Senussi
- Michel Le Gall: The Ottoman Government and the Sanussiya: A Reappraisal. International Journal of Middle East Studies 21, 1, Cambridge University Press 1989, S. 91–106