Bernstein

Schmuckstein aus fossilem Harz
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Bernstein (mittelniederdeutsch Börnsteen „Brennstein“, lat. electrum oder glaesum, altgriechisch ἤλεκτρον ēlektron;[1] aus dem Phönizischen, in der Bedeutung „das Duft Verbreitende“) bezeichnet umgangssprachlich ein klares bis undurchsichtiges, meist gelbliches fossiles Harz unterschiedlicher Herkunft und Entstehungsgeschichte. Wissenschaftlich wird als Bernstein gemeinhin heute aber nur Succinit (sh. Kapitel Baltischer Bernstein) angesehen. Alle anderen fossilen Harze werden als "Bernstein im weiteren Sinne" bezeichnet[2]. Die Spanne dieser Gruppe reicht von jungen Kopalen (z. B. Kolumbianischer Kopal, der auch als Kolumbianischer Bernstein bezeichnet wird) über den tertiären Dominikanischen Bernstein, der attraktive Einzelstücke grünlicher bis bläulicher Färbung hervorbringt, den mengenmäßig bei weitem dominierenden Baltischen Bernstein bis hin zu den selteneren fossilen Harzen aus geologischen Perioden vor dem Tertiär.

Bernstein
Bernstein – Rohsteine
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel Angenäherte Summenformel: C10H16O+(H2S)
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
keine (von der IMA nicht anerkannt)
Kristallographische Daten
Kristallsystem amorph
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2 bis 2,5
Dichte (g/cm3) 1,05 bis 1,096
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig, spröde
Farbe honiggelb, gelbweiß, orange, rot, grünlich, braun, schwarz, selten blass
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig, durchscheinend, undurchsichtig
Glanz Fettglanz, matt
Radioaktivität nicht radioaktiv
Magnetismus nicht magnetisch
Kristalloptik
Doppelbrechung keine
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten reagiert mit Sauerstoff, schwach konzentrierten Säuren und Laugen sowie mit Ölen, resistent gegen Ether, Aceton und Schwefelsäure
Besondere Merkmale brennbar, hoher elektrischer Widerstand (1018 Ohm), lädt sich bei Reibung elektrostatisch auf

Einleitung

Bernstein ist bis zu 260 Millionen Jahre alt. Aus dem zähflüssigen Harz damaliger Bäume wurde im Laufe der Zeit eine feste, amorphe (nicht kristalline) Substanz. Somit ist Bern„stein“ zwar kein Mineral oder Gestein, zählt aber, soweit seine Eigenschaften eine Verarbeitung zulassen, wie dies z. B. beim Baltischen und Dominikanischen Bernstein der Fall ist, dennoch zu den Schmucksteinen.

Bereits seit der Ur- und Frühgeschichte der Menschheit wird Bernstein zu Schmuck und Kunstgegenständen verarbeitet. Einige in Ägypten gefundene Objekte sind über 6000 Jahre alt. Das wohl berühmteste Kunstobjekt aus Bernstein war das Bernsteinzimmer, das seit dem Zweiten Weltkrieg verschwunden ist. In den Jahren 1979 bis 2003 haben russische Spezialisten im Katharinenpalast bei Puschkin das seither für die Öffentlichkeit wieder zugängliche Bernsteinzimmer mit Baltischem Bernstein detailgetreu rekonstruiert, nachdem bis dahin unbekannte Fotografien gefunden worden waren, die dieses einzigartige Projekt erst ermöglichten.

Für die Wissenschaft, insbesondere für die Paläontologie, ist Bernstein mit Einschlüssen, so genannten Inklusen, von Interesse. Bei den meisten Inklusen führenden Bernsteinarten überwiegen organische Einschlüsse kleiner Tiere (Zooinklusen) oder Pflanzenteile (Phytoinklusen), von denen im Bernstein über Jahrmillionen hinweg zumindest die Konturen, manchmal auch Gewebeteile perfekt konserviert wurden.

Etymologie

Die deutsche Bezeichnung Bernstein leitet sich vom mittelniederdeutschen börnen (brennen) beziehungsweise börnesteen ab und ist auf die auffällige Brennbarkeit dieses „Steins“ zurückzuführen.

Das altgriechische Wort für Bernstein ist ḗlektron (ἤλεκτρον), das auch mit „Hellgold“ (oder Weißgold: Gold-Silber-Mischung im Verhältnis 4:1) übersetzt werden kann. Die Wurzel des Wortes élektron stammt aus der vorgriechischen Ursprache des Indoeuropäischen und hat die eigentliche Bedeutung „hell, glänzend, strahlend“. In vornehmen antiken Haushalten diente ein größerer Bernstein als Kleiderbürste; durch das Gleiten am Stoff lud er sich auf und zog die Staubteilchen an sich. Das Phänomen der statischen Elektrizität beim Reiben von Bernstein mit bestimmten Materialien war bereits Thales von Milet bekannt. Damit konnte das Wort für Bernstein zum (modernen) Namensgeber des Elementarteilchens Elektron und der Elektrizität werden. Dieses einfache elektrostatische Aufladen von Bernstein wurde auch für frühe Versuche zur Elektrizität benutzt.

Die Römer nannten den Bernstein mit einem griechischen Fremdwort electrum oder aber sucinum (wohl zu sucus/dicke Flüssigkeit, Saft) in der richtigen Vermutung, er sei aus Baumsaft entstanden. In der Antike wurde Bernstein auch als Lyncirium (Luchsstein) bezeichnet, da man annahm, er sei aus dem Harn des Luchses entstanden, der bei starker Sonneneinstrahlung hart geworden sei.

Die germanische Bezeichnung des Bernsteins lautete nach Tacitus, Germania 45, glaes(um) (Glas). Ein anderer Name für Bernstein lautet „gelbe Ambra“; von diesem Begriff leitet sich in einigen europäischen Sprachen die Bezeichnung für Bernstein ab (engl: amber; frz.: ambre jaune; span.: el ámbar; ital.: ambra).

Eine ausführliche Darstellung über die Bezeichnungen für Bernstein in vielen Sprachen einschließlich etymologischer Erläuterungen geben K. Andrée[3] und R.V. Dietrich[4].

Bernsteinvarianten

Die folgenden Unterkapitel geben zwar im Wesentlichen Befunde wider, die im Zusammenhang mit Baltischem Bernstein gewonnen wurden, treffen aber im Kern, wenngleich nicht in jedem Detail, auch auf andere Bernsteinarten zu.

Allgemeine Unterscheidungen

 
Rohbernstein mit Verwitterungskruste

„Rohbernstein“ trägt in der Regel noch eine Verwitterungskruste, sofern diese nicht durch längeres Treiben auf dem Meeresgrund abgeschliffen wurde. Unter „Naturbernstein“ ist, ggf. geschliffener und polierter, Bernstein zu verstehen, dessen innere Struktur oder Farbe nicht künstlich verändert wurden.

Im Handel erhältlicher Bernsteinschmuck enthält oft „klargekochten“ Bernstein. Es handelt sich dabei um ursprünglich trüben bzw. mit verkohlten pflanzlichen Einschlüssen durchsetzten „unansehnlichen“ Naturbernstein, welcher in heißem Öl gekocht wurde. Da heißes Öl einen deutlich höheren Siedepunkt hat als Wasser, werden so Temperaturen erreicht, bei denen das versteinerte Harz des Bernsteins weich wird und anschmilzt. Da hierbei das Material weicher und durchlässiger wird, werden die winzigen Luftbläschen und pflanzlichen Einschlüsse ausgeschwemmt bzw. „ausgekocht“.

Das Ergebnis ist ein glasklarer, einheitlich gefärbter „Stein“. Das Verfahren hat jedoch einen „Schönheitsfehler“: Der derart behandelte Bernstein ist während des Abkühlvorganges sehr empfindlich. Wird das Material nicht Grad für Grad behutsam abgekühlt, entstehen darin sogenannte Flinten, mehr oder weniger halbkreisförmige, goldglänzende Sprünge. Diese sind in unbehandeltem Bernstein nur sehr selten (allenfalls an Bruchstellen) zu finden, da Naturbernstein in seinem Entstehungsprozess nur sehr langsam abgekühlt ist. Solcher, bereits seit Jahrhunderten hergestellter, „klargekochter“ Bernstein ist die Zwischenstufe zwischen naturbelassenem und Pressbernstein.

„Pressbernstein“ wird im Handel missverständlich als „Echtbernstein“, „Echter Bernstein“ oder „Ambroid“ angeboten. Damit ist jedoch nicht der natürlich entstandene Bernstein gemeint, sondern ein Produkt, das aus Schleifresten und kleinen Stücken in einem Autoklav gefertigt wurde. Pressbernstein wird hergestellt, indem gereinigte Bernsteinbröckchen erwärmt und dann unter starkem Druck zusammengepresst werden. Dies geschieht unter Luftabschluss und bei einer Temperatur von 200–250 °C. Danach wird die so entstandene stangen- oder bogenförmige Masse bei bis zu 3000 bar Druck verfestigt. Durch Variationen in Hitze und Druck lassen sich nicht nur unterschiedliche Farbtöne, sondern auch klare und trübe Pressbernsteine herstellen.

Neben diesen Formen von Bernstein wird im Handel auch „Echtbernstein extra“ angeboten, ein Pressbernstein, der bis auf seine unregelmäßigen Blitzer aufgrund seiner geringen und feingliedrigen Schlierenverteilung visuell kaum vom Naturbernstein zu unterscheiden ist. Er kann nur durch gemmologische Untersuchungsmethoden eindeutig bestimmt werden.

Kopale sind subfossile Harze, die durch Entweichen flüchtiger Lösungsmittelbestandteile erstarrt sind, aber noch nicht polymerisiert und somit noch nicht zu Bernstein umgebildet sind. Sie werden meist in den Deltas tropischer Flüsse zusammengeschwemmt, z. B. in Ostafrika, Madagaskar und Kolumbien. Nach früherer Auffassung sind sie mehrere tausend bis einige hunderttausend Jahre alt, aber neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass zumindest der kolumbianische und madegassische Kopal nur ein Alter von etwa 200 Jahren oder weniger haben. Kopale enthalten häufig organische Einschlüsse, die oft noch originale Farbpigmente aufweisen. Charakteristisch ist eine blassgelbe bis zitronengelbe Färbung des Harzes. Kopale beginnen bei Wärme schnell klebrig zu werden. Kommen sie mit Ether oder Aceton in Berührung, werden ihre Oberflächen innerhalb kurzer Zeit weich, klebrig und schmierig. Die benetzten Stellen quellen auf. Im Fachhandel wird Kopal oft unter dem irreführenden Begriff „Junger Bernstein“ angeboten.

Flussformen des Rohbernsteins

Bernstein entsteht, indem zunächst Harz über die so genannten Harzkanäle des Baumes an die Pflanzenoberfläche geleitet wird, sich in Taschen und Rissen (zumeist zwischen den Jahresringen) im Inneren des Baumstammes, unter oder in der Borke festsetzt oder Verletzungen im Holz verfüllt. Aus dem Harz werden dann im Verlaufe geologischer Zeiträume und unter bestimmten Bedingungen (Polymerisation) zunächst Kopal und schließlich Bernstein. Der weitaus größte Teil des Bernsteins stammt von Harz, das im Inneren der harzproduzierenden Pflanze verblieben ist (zumindest trifft dies für Baltischen Bernstein zu). Aus internen Bildungen stammen auch die größten Bernsteinstücke, während Fossilien, von wenigen Ausnahmen abgesehen, naturgemäß nur in externen Flussformen zu finden sind.

Die wichtigsten externen Naturformen (äußere Flussformen) sind:

  • Schlauben. Diese entstanden, als Harz schubweise austrat und jeder neue Schub die vorherigen schon nicht mehr fließenden Harzablagerungen überdeckte. Sie sind vielfach voller Verschmutzungen, seltener milchig und bergen die weitaus meisten organischen Einschlüsse.
  • Zapfen entstanden aus Harztropfen, die vor dem Herunterfallen am eigenen Tropfenfaden erstarrten. Erneute Harzflüsse können zu dickeren Harz-Stalaktiten führen. Sie enthalten oft Einschlüsse. Typisch ist eine abgeflacht rundliche Perlenform, die oft das Ende freihängender Zapfen charakterisieren oder sich als
  • Tropfen gebildet haben, die abfielen, bevor sie sich zu Zapfen in die Länge ziehen konnten.

Naturformen, die auf Harzanreicherungen im Inneren der Pflanze zurückgehen sind beispielsweise:

  • Rissfüllungen. Risse im Holz in diesem Sinne sind Spalten, die über Jahresringe hinweggehen.
  • Harztaschen. Diese entstehen als Erweiterungen zwischen Jahresringen.
  • Verfüllung von Wunden. Beispielsweise nach Abbruch von Ästen oder Holzbeeinträchtigungen durch Krankheiten oder Insektenbefall.

Bernsteintypen (Auswahl)

Bernsteinformen und -farben sind sehr vielfältig. Die Entstehung dieser Varianten geht im Wesentlichen auf die Bedingungen zurück, unter denen das Harz entstand. So spielt die Fließgeschwindigkeit eine Rolle und damit einhergehend die Größe und die Anzahl der Gasbläschen im Inneren des (späteren) Bernsteins. Die Grundsubstanz des Bernsteins ist eigentlich stets gelbes Harz. Farbabweichungen hiervon gehen auf die schon erwähnten Luftbläschen zurück, deren Zahl und Anordnung optische Effekte (z.B. durch Interferenz oder Absorption) hervorrufen. Mitunter haben auch mineralische Einschlüsse (oft Pyrit) Einfluss auf die Farbe des Bernsteins. (sh. auch Kapitel Eigenschaften)

Im Verlaufe der Zeit haben sich eine Reihe von Bezeichnungen für diese Formen und Farben herausgebildet, von denen hier nur einige, naturwissenschaftlich erklärbare, erwähnt sind:

  • Knochen ist eine Bernsteinsorte, die so viele mikroskopisch kleine Blasen einschließt, dass sie rahmweiß aussieht. Sie enthält keine erkennbaren Inklusen.
  • Bastard wird eine häufige Bernsteinsorte genannt, die von zahllosen Blasen derart getrübt ist, dass sie undurchsichtig und milchig wirkt. Die Farben liegen meistens zwischen gelblichweiß und ockergelb. In dieser Sorte sind Einschlüsse nur schwer zu erkennen.
  • Flomen bezeichnet einen ziemlich klaren Bernstein, der von vielen mittelgroßen Blasen deutlich getrübt ist. Bei geeigneter Sichtmöglichkeit findet man gelegentlich Einschlüsse. Der Name geht auf das Flomenfett der Gänse zurück, dessen Aussehen diesem Bernsteintyp ähnelt (ähnliche, das gleiche meinende Bezeichnungen und Schreibweisen sind: flumiger Bernstein, flohmiger Bernstein)
  • Schaumiger Bernstein ist opak und sehr weich, daher nicht schleif- und polierbar.
  • Brack (auch Schlack) bezeichnet einen sehr dunklen, weitgehend undurchsichtigen Bernstein, der zahlreiche organische Reste (meist zerfallenes Pflanzenmaterial und Holzmulm) enthält.

Eigenschaften

 
Bernstein (ca. 12 cm Ø)
 
Naturbernstein-Leuchte.

Die Farben des Bernsteins reichen von farblos über weiß, hell- bis goldgelb und orange bis hin zu Rot- und Brauntönen. Je nach Art und Menge der pflanzlichen Einschlüsse kommen auch grünliche Töne sowie tiefschwarze Bernsteine vor. Trüber Bernstein enthälte submikroskopisch kleine Bläschen (Größe: 0,0002–0,0008 mm, Anzahl pro Volumen: bis zu 900.000/mm3). Seltener sind bläulich schimmernde Bernsteine, deren Effekt wahrscheinlich auf einer besonderen Lichtbrechung beruht. Ein solcher Blauschimmer kommt häufig bei Bernsteinen aus Lagerstätten in der Dominikanischen Republik vor.

Bernstein kann im Gegensatz zu Imitationen aus Kunstharz leicht angezündet werden und zeigt während des Brennens eine helle Flamme, die stark rußt. Dabei duftet er harzig-aromatisch und verläuft an der Flamme zu einer schwarzen, spröde erhärtenden Masse. Der harzige Geruch entsteht, da die flüchtigen Bestandteile (z. B. ätherische Öle) des Bernsteins verbrennen. Daher eignet er sich zum Räuchern und wird zum Beispiel in Indien als Weihrauchersatz für sakrale Zwecke verwandt.

Physikalische Eigenschaften

Bernstein hat eine Mohshärte von 2–2,5 und ist damit ein recht weiches Material. Es ist möglich, mit einer Kupfermünze eine Furche in die Oberfläche des Bernsteins zu ritzen.

Bernstein ist nur wenig dichter als Wasser. Wegen seiner geringen Dichte (um 1,07 g·cm−3) geht er in Süßwasser unter, schwimmt dagegen in stark salzhaltigem Wasser, zum Beispiel in gesättigter Kochsalzlösung. Diese Eigenschaft kann das Aussortieren erleichtern, sofern in der zu trennenden Masse nicht allzu viele Kohlestückchen enthalten sind, da diese eine mit Bernstein vergleichbare Dichte haben.

Bernstein hat keinen Schmelzpunkt, nur einen Schmelzbereich. Bei 170–200 °C wird er weich und formbar. Bernstein schmilzt oberhalb von 300 °C und zersetzt sich dabei. Nach dem Abkühlen entsteht ein Kolophonium-ähnliches Material.

Bernstein hat einen sehr hohen elektrischen Widerstand und eine sehr niedrige Dielektrizitätskonstante von 2,9 (Naturbernstein) beziehungsweise 2,74 (Pressbernstein). In trockener Umgebung kann er durch Reiben an textilem Gewebe (Baumwolle, Seide) oder Wolle elektrostatisch aufgeladen werden. Dabei erhält Bernstein eine negative Ladung, das heißt, er nimmt Elektronen auf. Das Reibmaterial erhält eine positive Ladung durch Abgabe von Elektronen. Man bezeichnet diese Aufladung auch als Reibungselektrizität. Diese Eigenschaft kann als zerstörungsfreier, wenn auch – gerade bei kleineren Stücken nicht immer einfach durchzuführender – Echtheitstest verwendet werden: Der aufgeladene Bernstein zieht kleine Papierschnipsel, Stofffasern oder Wollfussel an. Dieser Effekt war bereits in der Antike bekannt und wurde durch die Werke von Plinius dem Älteren bis ins Spätmittelalter überliefert. Der englische Naturforscher William Gilbert widmete ihm in seinem 1600 erschienenen Werk De magnete magneticisque corporibus ein eigenes Kapitel und unterschied ihn vom Magnetismus. Von Gilbert stammt auch der Begriff „Elektrizität“, den er aus dem griechischen Wort für Bernstein ableitete.

Bernstein leuchtet unter UV-Bestrahlung (Wellenlänge 320–380 nm) in unverwittertem oder frisch angeschliffenen Zustand blau und in verwittertem Zustand in einem matten Olivgrün. Bernstein glänzt, wenn er feucht, fettig oder geschliffen ist, da er mit einer geschlossenen Oberfläche eine hohe Lichtbrechung aufweist. Er lässt bei Schichten bis zu 10 mm Dicke Röntgenstrahlung fast ohne Verlust passieren.

Chemische Eigenschaften

Der detaillierten Entschlüsselung der chemischen Eigenschaften des Bernsteins geht eine lange Historie voran. So war beispielsweise bereits im 12. Jahrhundert das Destillationsprodukt Bernsteinöl bekannt; Agricola gewann im Jahre 1546 Bernsteinsäure und dem russischen Universalgelehrten W. Lomonossow gelang es Mitte des 18. Jahrhunderts, einen wissenschaftlichen Beweis für die Natur des Bernsteins als ein fossiles Baumharz zu liefern. Berzelius fand 1829 mit schon modern anmutenden chemischen Analysemethoden heraus, dass Bernstein sich aus löslichen und unlöslichen Bestandteilen zusammensetzt.[5]

Nach heutigem gesicherten Wissensstand besteht Bernstein zu 67–81 % aus Kohlenstoff, der Rest besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff sowie manchmal etwas Schwefel (1 %). Durch Einlagerung von mineralischen Bestandteilen können weitere Elemente vorkommen. Bernstein ist ein Gemisch aus unterschiedlichen Stoffen und deren Oxidationsprodukten, die in langen Fadenmolekülen gebunden sind. Nachgewiesene lösliche Bestandteile des Bernsteins sind z. B. Abietinsäure, Isopimarsäure, Agathendisäure sowie Sandraracopimarsäure. Der unlösliche Bestandteil des Bernsteins ist ein Ester, der als Succinin (oder Resen, Sucinoresen) bezeichnet wird. Bisher sind über 70 organische Verbindungen nachgewiesen, die am Aufbau des Baltischen Bernsteins (Succinit) beteiligt sind.

Bernstein ist weitgehend nicht in organischen Lösungsmitteln löslich. Allerdings verwittert er, besonders durch Luftsauerstoff und UV-Einwirkung. Dabei dunkelt er in den äußeren Schichten nach. Bei Trockenheit bilden sich gleichzeitig von der Oberfläche und vorhandenen Hohlräumen ausgehend kleine, fast kreisrunde Risse, die Sonnenflinten, die mit der Zeit zu einer rauen und bröckeligen Oberfläche des Bernsteins führen. Dadurch können auch eventuell vorhandene Einschlüsse zerstört werden.

Naturbernstein reagiert nur an der Oberfläche mit Ether, Aceton und Schwefelsäure. Bei längerer Einwirkungsdauer wird sie matt. Pressbernstein ist weniger widerstandsfähig. Er wird bei längerem Kontakt mit den oben genannten Substanzen teigig und weich. Dasselbe gilt prinzipiell auch für Kopal und Kunstharz, nur dass hier schon ein wesentlich kürzerer Kontakt ausreicht.

Die Benennung fossiler Harze ist im Laufe der Zeit nach sehr unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgenommen worden (geografische Herkunft, botanische Herkunft, Fossilisationsgrad usw.) und recht unübersichtlich. Soweit Klassifizierungen auf eine Differenzierung fossiler und subfossiler Harze nach ihrer geografischen und botanischen Herkunft zielten, spielte die chemische Zusammensetzung des Harzes eine beträchtliche Rolle. Traditionell erfolgte die Unterscheidung auf Grund chemischer Substanzen je nach dem Gehalt an Bernsteinsäure in Succinite (3% bis 8 %) und Retinite (fossile Harze mit einem Gehalt an Bernsteinsäure von weniger als 3 % oder ohne Bernsteinsäure).

In jüngerer Zeit ist man dazu übergegangen, die Harze nach Monomereinheiten zu unterscheiden. Anderson & Crelling haben 1995 die folgende, heute in aller Welt angewendete Klassifizierung aufgestellt[6] (Übersetzung eng angelehnt an Lühr 2004)[7]:

    • Klasse Ia: Polymere und Co-Polymere labdanoider Diterpene, wie z.B. Communinsäure, Communol und signifikante Mengen Bernsteinsäure (dazu gehören Succinit; Baltischer Bernstein; Glessit).
    • Klasse Ib: Polymere und Co-Polymere labdanoider Diterpene, wie z.B. Communinsäure, Communol und Biformen. Bernsteinsäure ist nicht enthalten (dazu gehört fossiles Harz der Kauri-Fichte).
    • Klasse Ic: Polymere und Co-Polymere labdanoider Diterpene in enantiomer Konfiguration (z.B. Ozsäure, Ozol und Biforme (dazu gehören Harze der ausgestorbenen Baumart Hymenaea protera, Mexikanischer und Dominikanischer Bernstein).
  • Klasse II: Makromolekulare Strukturen, die auf bizyklischen Sesquiterpenoiden basieren (insbesondere mit Cadinan-Gerüst). (Dazu gehört Bernstein aus verschiedenen Lagerstätten in Utah/USA und Indonesien).
  • Klasse III: Natürliches fossiles Polystyrol (dazu werden Siegburgit und New Jersey Bernstein gerechnet).
  • Klasse IV: Nicht-polymerer Aufbau, im Allgemeinen mit Sesquiterpenen mit Cedran-Gerüst (dazu gehören beispielsweise Retinite europäischer Braunkohle-Lagerstätten).
  • Klasse V: Nicht-polymere diterpenoide Harzsäuren, insbesondere basierend auf Abietan, Pimaren und Iso-Pimaren (dazu gehören beispielsweise fossile Harze der Gattung Pinus).

Weltweites Vorkommen des Bernsteins

 
am Ostseestrand gesammelter Bernstein
 
Bernsteinfischer am Ostseestrand, Danzig, Polen

Man unterscheidet nach Ursprungsort, Alter und vor allem der produzierenden Pflanze verschiedene Arten von Bernstein. Das Alter von Bernstein ist am Rohbernstein selbst nicht feststellbar. Aus diesem Grunde orientiert man sich bei der Altersbestimmung an dem Sediment, in dem Bernstein gefunden wird. Bernsteinlagerstätten sind jedoch sehr häufig allochthon, der Bernstein befindet sich also nicht mehr an seinem Entstehungsort. Die weitaus bekannteste und häufigste Bernsteinart, der Baltische Bernstein, ist je nach Fundort bis zu fünf Mal (Strandfunde an der Nordsee) umgelagert (sh. hierzu auch das Kapitel "Baltischer Bernstein" in diesem Beitrag). Die Konsequenz daraus ist, dass die Kenntnis des Alters der Matrix, in der sich Bernstein befindet, lediglich Auskunft darüber gibt, wann der Bernstein an diesen Ort gelangt ist, infolgedessen also auch nur das Mindestalter des Bernsteins angibt.

Die bekannteste Fundregion des Bernstein in Europa ist der gesamte Ostseeraum, insbesondere Orte im Samland (Kaliningrader Gebiet, Russland) zwischen Frischem und Kurischem Haff, in Polen und in Litauen sind ergiebig. Der Baltische Bernstein (Succinit) (siehe nachstehendes Kapitel) ist vor etwa 40–50 Millionen Jahren entstanden und geht nach heute vorherrschender Auffassung auf eine Baumart zurück, die mit der rezenten Goldlärche eng verwandt ist. Aufgrund ähnlicher Eigenschaften, die u.a. mit Hilfe der Analysetechnik der Massenspektrometrie ermittelt wurden, wird als Harzproduzent für den Baltischen Bernstein aber auch weiterhin ein vermutlich ausgestorbener Verwandter aus der Gattung Agathis (Araucariaceae), zu der auch der Neuseeländische Kauri-Baum (Agathis australis) zählt, diskutiert. Baltischer Bernstein eignet sich besonders gut zur Schmuckherstellung. Keine andere Bernsteinart wird in annähernd so großer Menge und gleich bleibender Qualität wie der Baltische Bernstein gefunden. Die Ostsee-Vorkommen erwähnte schon Tacitus in seiner Germania. Er sprach vom Volk der „Aesti“, das mit Bernstein handele.

Im östlichen Mitteleuropa (Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Ukraine) gibt es ebenfalls Bernsteinvorkommen. Am bekanntesten sind hier der Mährische Bernstein (Walchowit), der etwa 100 Millionen Jahre alt ist, der Ukrainische Bernstein, der zumindest zum größten Teil sehr wahrscheinlich gleicher Genese ist wie Baltischer Bernstein, sowie der Rumänische Bernstein (u.a. Rumänit), der in verschiedenen Lagerstätten auftritt und je nach Lagerstätte zwischen 30 und 100 Millionen Jahren alt sein kann.

An der niederländischen, deutschen und dänischen Nordseeküste, im dänischen Jütland (Jütländischer Bernstein), auf den dänischen Inseln sowie an der schwedischen Küste kann Bernstein nach Stürmen von Strandgängern gefunden werden. In Deutschland gibt es auch größere binnenländische Vorkommen in märkischen Gebieten – z. B. im Naturpark Barnim zwischen Berlin und Eberswalde (Brandenburg). Man fand sie in Talsandflächen des nach Toruń ziehenden Urstromtales bei Regulierungen und Kanalbauten. Alle diese Funde lassen sich auf die Verlagerung Baltischen Bernsteins im Verlauf der Erdgeschichte zurückführen (siehe nachstehende Kapitel).

Sowohl in der Schweiz als auch in Österreich, Frankreich und Spanien sind Bernsteinvorkommen bekannt. Bernstein aus den Schweizer Alpen ist etwa 55–200 Millionen Jahre alt, solcher aus Golling etwa 225–231 Millionen Jahre. Bernstein kommt im Kantabrikum bei Bilbao in jurassischen Schichten vor und ist etwa 140 Millionen Jahre alt. Der bekannte Sizilianische Bernstein (Simetit) ist hingegen erst vor 10–20 Millionen Jahren entstanden.

In Afrika findet man Kopal in Küstenländer Ost- und Westafrikas, vor allem aber auf Madagaskar. Dieser so genannte Madagaskar-Bernstein ist allerdings erst 1.000–100.000 Jahre alt und besteht aus dem erstarrten Harz der Bernsteinpinie. In Nigeria findet sich auch Bernstein, der etwa 60 Millionen Jahre alt ist.

Amerikas bekanntester Bernstein ist der wegen seiner Klarheit und seinem Reichtum an fossilen Einschlüssen begehrte Bernstein aus der Dominikanischen Republik[8]. Siehe hierzu den Abschnitt "Dominikanischer Bernstein" weiter unten. Auch aus Kanada (u.a. Cedar Lake) und dem US-Bundesstaat New Jersey sind Bernsteinvorkommen bekannt.

In Asien findet man Bernstein vor allem im vorderen Orient und in Myanmar (früheres Birma/Burma). Der Libanon-Bernstein ist etwa 130–135 Millionen Jahre und der Burma-Bernstein (Burmit) etwa 50 Millionen Jahre alt.

Im australisch-ozeanischen Raum wird Bernstein in Neuseeland und im malayischen Abschnitt der Insel Borneo (Sarawak-Bernstein) gefunden. Während der Bernstein auf Borneo 15–17 Millionen Jahre alt ist, kann Neuseeland-Bernstein ein Alter von bis zu 100 Millionen Jahren haben.

Die ältesten Bernsteine sind aus der Zeit des Devon (vor etwa 400 Millionen Jahren) bekannt.

Das größte jemals geborgene Bernsteinstück stammt aus Sarawak (Indonesien), wiegt 68 kg und befindet sich heute im Museum für Naturkunde in Stuttgart. Weitere sehr große Bernsteinstücke sind aus Japan bekannt. Aus der Lagerstätte bei Kuji wurde 1927 ein Bernsteinstück mit einem Gewicht von etwa 20 kg geborgen, ein weiteres 1941 mit 16 kg. Beide Stücke werden im National Science Museum, Tokio, aufbewahrt.[9]

Ausführlicher siehe Bernsteinvorkommen.

Baltischer Bernstein

Abgrenzung zu anderen fossilen Harzen

Der Baltische Bernstein oder Succinit ist der bedeutendste und am besten erforschte Bernstein. Das hängt mit seiner im Vergleich zu anderen fossilen Harzen großen Häufigkeit zusammen, seiner geschichtlichen bis frühgeschichtlichen Belegbarkeit, seinem Fossilgehalt und seinen Eigenschaften, die seine Verarbeitung zu allerlei Zwecken (Schmuck, Kultgegenstände usw.) ermöglicht. Lange Zeit ist daher als "echter" Bernstein nur Baltischer Bernstein angesehen worden, der mit Succinit gleichgesetzt wurde (erst seit Mitte des 19. Jh. weiß man, dass an den Fundorten des Baltischen Bernsteins auch andere Bernsteinarten in sehr geringen Mengen auftreten). Andere fossile Harze sind zwar seit Urzeiten aus ganz unterschiedlichen Gebieten Europas und anderen Teilen der Welt (zumindest regional in der Umgebung ihrer Fundorte) bekannt, doch begann man erst mit dem Aufkommen geeigneter wissenschaftlicher Hilfsmittel im 19. Jahrhundert mit einer systematischen Analyse der damals bekannten Bernsteinvorkommen. Die Entdeckung, dass Baltischer Bernstein zu 3 % bis 8 % Masseanteilen aus Bernsteinsäure besteht, führte zur Einteilung der fossilen Harze in Succinit und Retinit. Danach ist Succinit durch die Anwesenheit von Bernsteinsäure charakterisiert, während Retinit keine oder nur sehr geringe Anteile an Bernsteinsäure enthält.[10][11] Später wurde diese Klassifizierung mehrfach modifiziert (sh. hierzu Kapitel "chemische Eigenschaften").

Baltischer Bernstein bezeichnet heute fossiles Harz, das während des Eozäns in einem im Norden Europas gelegenen riesigen Waldgebiet aus dem Harz wohl nahezu ausschließlich einer Koniferenart entstanden ist und auf unterschiedlichen Transportwegen (Meerestransgression, fluvial, glazial) auf weit in Europa verstreute sekundäre Lagerstätten verfrachtet wurde. Nachdem bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts Bernsteinvorkommen entdeckt wurden, die eindeutig nicht aus einer Lagerstätte des Baltischen Bernsteins stammen konnten, gleichwohl ähnliche Anteile an Bernsteinsäure enthielten wie Baltischer Bernstein, ist die weiter oben genannte, traditionelle Unterscheidungen obsolet geworden. Heute werden zur Herkunftsbestimmung des Bernsteins aufwändige technische Verfahren angewandt, wie beispielsweise die Infrarot-Spektroskopie, Massenspektrometrie, Gaschromatographie, Kernspinresonanzspektroskopie und andere mehr. Als ein Kennzeichen des Baltischen Bernsteins gilt dabei ein als Baltische Schulter bezeichnetes Muster in der Infrarotkurve, das im Succinit stets, in anderen Bernsteinarten hingegen nie auftritt.[12]

Der Begriff "Baltischer Bernstein" wird mithin im Allgemeinen für Bernstein verwendet, der in dem erwähnten eozänen Bernsteinwald entstand und heute, nach mehrfacher Umlagerung, auf terrestrischen Lagerstätten und an den Küsten des Nord- und Ostseeraums gefunden wird, unabhängig davon, ob es sich um Succinit oder andere (weitaus seltenere) Bernsteinarten handelt. Manche Autoren schränken die Verwendung der Bezeichnung "Baltischer Bernstein" allerdings auf den Succinit aus diesen Lagerstätten ein.

Entstehung

Man findet Baltischen Bernstein an den Küsten der Ost- und Nordsee und im Samland in der so genannten „Blauen Erde“, gelegentlich auch in quartärglazialen Ablagerungen im Binnenland einiger Ostsee- und Nordseeanrainerstaaten (vor allem Polen, Deutschland und Dänemark) aber auch an einigen Orten in Osteuropa, z.B. der Ukraine. Der Ursprung des Baltischen Bernsteins liegt im Eozän vor etwa 40–54 Millionen Jahren.[13] Damals erstreckte sich in einer Erdwarmzeit der so genannte „Bernsteinwald“ im nördlichen Europa in einem breiten Gürtel von West nach Ost vom heutigen Skandinavien (Präfennoskandien) bis zum Ural. Seine Südgrenze bildete die Küste eines Meeres, das im östlichen Teil wesentlich weiter südlich lag als die heutige Ostsee und weit nach Osten ins Innere Osteuropas und Asiens reichte. Der Wald könnte auch noch am Südufer dieses Meeres bestanden haben.

Datei:Paleogene-EoceneGlobal.jpg
Das Meer im Paläogen (vor etwa 50 Mio. Jahren). Im Norden sind Grönland und südlich davon die Konturen West- und Zentraleuropas bereits zu erkennen. Der massive Subkontinent südöstlich von Grönland, aus dem sich später Skandinavien und Teile Russlands entwickelten, ist das Gebiet, in dem der Bernsteinwald wuchs.

Der Succinit entstand aus dem Harz von Nadelbäumen dieses „Bernsteinwaldes“. Der deutsche Botaniker Hugo Conwentz nannte den das Harz erzeugenden Baum Bernsteinkiefer (Pinus succinifera), was eine Verwandtschaft des "Bernsteinbaums" zu unseren rezenten Kiefern suggeriert, die nach neueren Erkenntnissen möglicherweise aber nicht besteht. In jüngerer Vergangenheit wurde als "Bernsteinbaum" ein Verwandter der rezenten Goldlärche (Pseudolarix) vermutet. Zwischenzeitlich waren auch Zedern und Araukarien in Verdacht. Im Jahre 2009 wurde aufgrund von FTIR mikrospektroskopischen Analysen ein ausgestorbener Vertreter der Schirmtanne (Sciadopityaceae) als wahrscheinlichster Harzlieferant des baltischen Bernsteins vorgeschlagen.[14] Unterschiede in Ergebnissen physikalisch-chemischer Untersuchungen an verschiedenen Typen Baltischen Bernsteins führen in jüngster Zeit auch wiederholt zu der Vermutung, dass nicht nur eine Baumart als Lieferant für das Harz des Baltischen Bernsteins (des Succinits) in Betracht kommt, sondern mehrere Harzproduzenten des artenreichen eozänen Bernsteinwaldes.[15] In diesem Zusammenhang sind auch die akzessorischen Harze zu erwähnen. In kleinen Mengen (etwa 1 % aller Bernsteinfunde im Gebiet des Vorkommens des Baltischen Bernsteins) treten diese zusammen mit Succinit auf. Zu diesen akzessorischen Harzen gehören Glessit, Gedanit, Stantienit, Beckerit und Siegburgit. Diese Harze unterscheiden sich zumeist schon äußerlich von Succinit. Diese fossilen Harze stammen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit von anderen Baumarten im Bernsteinwald als der eigentliche Baltische Bernstein, der Succinit.

Die Größe der Lagerstätten Baltischen Bernsteins deuten auf eine sehr hohe Harzproduktion im Eozän. Der Grund für diese große Harzproduktion kann in Klimaveränderungen gegen Ende des Eozäns begründet sein, die zu einem verstärkten Parasitenbefall der Bäume führten und diese zu einer vermehrten Harzproduktion anregten. Das feuchte Klima, der ansteigende Wasserspiegel in den Gegenden des heutigen südlichen Fennoskandiens (bzw. nördl. Ostsee) kann dann nachfolgend zum Absterben der Bäume in Sümpfen geführt haben.[16] In jüngerer Zeit wird allerdings diesem Erklärungsansatz entgegengehalten, dass allein die enormen Ausmaße des eozänen Bernsteinwaldes und seine Lebensdauer von mehr als 10 Millionen Jahren (nach jüngeren Untersuchungen bis zu 20 Millionen Jahren[13]) die hohe Harzproduktion erklären, ohne dass außergewöhnliche erdgeschichtliche oder biologische Phänomene dazu als Erklärung benötigt würden.

 
Eisrandlagen: Die rote Linie markiert die maximale Eisrandlage des Weichsel-Glazials. Die gelbe Linie stellt die Vereisungsgrenze im Saale-Glazial dar. Die Saale-Vereisung folgte auf das Holstein-Interglazial, in dessen tonigen, marinen Ablagerungen in Norddeutschland und den Niederlanden Bernstein vergleichsweise häufig auftritt.
 
Der Nord- und Ostseeraum vor etwa 9.500 Jahren. Die Nordsee existierte noch nicht, die Ostsee (Ancylussee) war zu der Zeit deutlich größer als heute (heutige Küstenlinie durch weiße Konturen angedeutet) und ein Binnenmeer. Noch immer flossen Schmelzwasserströme der abtauenden Gletscher des Weichsel-Glazials in Ost- und Nordsee und mit ihnen der beim Vorrücken des Eises in das Binnenland verfrachtete Bernstein.

Ein wesentlicher Aspekt der Bernsteinentstehung, also der Fossilisierung von Harz (Aushärtung und Konservierung des Harzes), ist das Zusammentreffen der dazu notwendigen Rahmenbedingungen (stoffliche Beschaffenheit des Harzes, nur kurzer Kontakt mit Luftsauerstoff, keine übermäßige Erhitzung oder Druck nach seiner Ablagerung, Polymerisation). Die Massenproduktion von Harz über den genannten langen Zeitraum in einem riesigen Gebiet und die Anwesenheit der zur Fossilisierung des Harzes erforderlichen Bedingungen stellen in ihrer Gesamtheit auch eine plausible Erklärung für die erheblichen Mengen Baltischen Bernsteins in den europäischen Lagerstätten dar.

Der Transport des Bernsteins von seinem Ursprungsort im Norden Europas an die Küste der heutigen Halbinsel Samland stellt man sich heute folgendermaßen vor: Im Oberen Eozän wurden Teile des Bernsteinwaldes vom Meer (Paratethys) überflutet. Ein Teil des vermutlich schon gehärteten (subfossilen), im Wasser aufschwimmenden Harzes wurde dabei aufgenommen und durch Strömungen verfrachtet.[17] Über den Lauf des sich in dieses Meer ergießenden (angenommenen) Flusses Eridanus wurden überdies große Bernsteinmengen auf dem Festland aufgenommen und in seinem sich südlich von Fennoskandien gelegenen Delta abgelagert. Dieses frühere Flussdelta dehnte sich großflächig, in etwa halbkreisförmig, vor der heutigen Samlandküste im Osten bis über Danzig hinaus im Westen aus. Dieser Küstenabschnitt wird als „Bernsteinküste“ bezeichnet. Auch die Vorkommen in Bitterfeld und Teile der Bernsteinvorkommen in der Ukraine (siehe unten) könnten in ähnlicher Weise (über andere Flussdeltas) entstanden sein, die vermutlich die südlich des eozänen Meeres liegende Festlandmasse entwässerten. Ob dieser Bernstein ausschließlich paläogenen (hauptsächlich eozänen) Ursprungs ist oder einige der Bernsteinvorkommen miozänen Alters sind, wird kontrovers diskutiert.

Der Bernstein wurde an seiner Ablagerungsstätte von tonigem Substrat, Sand und Gesteinsschichten bedeckt. Die Sedimente verdichteten sich später zur „Blauen Erde“. Dabei entstand Braunkohle mit darin eingeschlossenem Harz, das sich unter dem Druck und Luftabschluss entwässerte. Dieser Prozess führte zur Oxidation der organischen Kohlenstoffmoleküle. Mit der Zeit bildete sich aus dem zum Zeitpunkt seiner Einschwemmung vermutlich bereits subfossilem Harz der Bernstein. Entsprechend findet sich Bernstein heute überwiegend in Sedimenten und nur selten in fossilen Waldböden.

Auf die oben erwähnte ergiebige Lagerstätte lassen sich letztlich vermutlich alle Bernsteinfunde Nordeuropas und der mitteleuropäischen Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee zurückführen, da die heutigen Verbreitungs- und Fundgebiete des Succinits in einem engen Zusammenhang mit massiven eiszeitlichen Um- und Ablagerungen im Pleistozän stehen. Im Laufe des bis heute anhaltenden Känozoischen Eiszeitalters überfuhren die Gletscher dreier Kaltzeiten (Elster-, Saale- und zuletzt die Weichselkaltzeit) von Nordosten her das heutige Ostseebecken und das nördliche Mitteleuropa und trugen Ablagerungen aus verschiedenen Epochen der Erdgeschichte, darunter auch die den Bernstein enthaltende Blaue Erde ab. Mit dem Abtauen der Gletscher, zuletzt am Ende des Weichselglazials (vor etwa 12.000 Jahren), entstanden riesige Schmelzwasserströme, von denen einige in teilweise ausgedehnten Deltas in die damals aufgrund des viel niedrigeren Meeresspiegels weit vor der heutigen Küstenlinie gelegene Nordsee, andere in das Becken der heutigen Ostsee mündeten. Mit dem Schmelzwasser gelangten auch von den Gletschern zuvor nach Mitteleuropa transportierte Gesteine in die Nordsee und die westliche und südliche Ostsee, darunter der Bernstein, der heute nach Stürmen dem Meeresgrund entrissen und an die Küsten geschwemmt wird. So sind die an einigen Orten der deutschen und dänischen Nord- und Ostseeküste recht häufigen Bernsteinfunde zu erklären. Ein Teil des in der Nordsee und rund um Jütland vorkommenden Bernsteins könnte aber auch aus dem westlichen Teil seines Entstehungsgebietes (eozäner Bernsteinwald) direkt in das Gebiet geschwemmt worden sein, in dem er heute gefunden wird. Gelegentlich wird daher - vor allem in Dänemark - zur Unterscheidung des Umlagerungsvorgangs (nicht der Bernsteinart) an Stelle der Bezeichnung "Baltischer Bernstein" der Name "Jütländischer Bernstein" verwendet. Auch die Veränderungen des Küstenverlaufs der heutigen Ostsee in jüngster Zeit (Holozän) haben den Baltischen Bernstein verlagert. Die Häufung von Bernstein in tonigen, interglazialen Ablagerungen des Holstein-Interglazial, insbesondere im westlichen Abschnitt der Norddeutschen Tiefebene und in Holland, geht ebenfalls auf solche glazialen Umlagerungsprozesse zurück.[18]

Geschichtliche Bedeutung

 
Bernsteinring

Der Bernstein hat den Menschen schon immer fasziniert. Er galt in allen bedeutenden Dynastien und zu allen Zeiten als Zeichen von Luxus und Macht. Daher wurde er schon früh als Schmuck verarbeitet.

Steinzeit

Der Bernstein wurde bereits in der Jungsteinzeit verarbeitet und verziert. Bereits um etwa 10.000 v. Chr., das heißt zur ausgehenden letzten Kaltzeit, wurde er in Nordfriesland zu Anhängern und Perlen verarbeitet. Rechnet man auch die Lagerstätten in der heutigen Ukraine zum Baltischen Bernstein, ist dieser bereits vor rund 20.000 Jahren verarbeitet worden (Ausgrabungen bei Kaneva am Flusslauf des Ros)[19].Auch um 8.000–5.500 v. Chr. war er ein besonders begehrter Schmuck, der in Dänemark und dem südlichen Ostseegebiet zur Herstellung von statushebenden Tieramuletten und Schnitzereien mit eingravierten Tiermotiven genutzt wurde. Schamanen nutzen ihn auch als Weihrauch, so dass ihm eine rituelle Bedeutung zukam. Dies änderte sich nicht, als um 5.500–1.500 v. Chr. (Neolithikum) Bauern an die nördlichen Küsten gelangten. Sie begannen nun im großen Maße, Bernstein zu sammeln, zu opfern, ihn zu Ketten und Anhängern zu verarbeiten und den Toten mit in die Gräber zu geben. Die Erbauer der Großsteingräber fertigten die typischen Axtnachbildungen aus Bernstein. Bernstein-Depotfunde, besonders in Jütland belegen die Bedeutung des Bernsteins für die Menschen. M. Rech führt in Dänemark 37 Depots[20] auf.

Bronzezeit

 
Das Ingolstädter Bernsteincollier

In der Bronzezeit nahm das Interesse am Bernstein zunächst ab, obwohl das Material eine beliebte Grabbeigabe blieb. Ein Collierfund in einem 3000 Jahre alten Urnengrab bei Ingolstadt zeigte eine Halskette aus etwa 3000 Bernsteinperlen, die von unschätzbarem Wert gewesen sein muss. Warum das Collier in einem Tonkrug vergraben wurde, ist ungeklärt.

Bernstein war neben Salz und Rohmetall (Bronze und Zinn) eines der begehrtesten Güter. In Hortfunden und bei Grabfunden taucht er regelmäßig auf. Durch ihn sind weitreichende Beziehungen nachgewiesen worden. Zwei breite Goldringe, in die je eine Bernsteinscheibe eingelassen war, fanden sich in Südengland (Zinnvorkommen), und ein beinahe identisches Exemplar ist aus dem griechischen Bronzezeit-Zentrum Mykene bekannt (Blütezeit vom 15.–13. Jh. v. Chr.). Auch in einem frühbronzezeitlichen (um 1700 v. Chr.) Hortfund von Dieskau (Landkreis Saalkreis) befand sich eine Kette aus Bernsteinperlen.

Eisenzeit

 
Bernstein-Collier (Hallstattzeit)

In der Eisenzeit gewann Bernstein durch die Wertschätzung der Phönizier, Griechen, Skythen, Ägypter, Balten und Slawen als „Tränen der Sonne“ beziehungsweise „Tränen oder Harn der Götter“ wieder an Bedeutung. Später hielt man ihn für das „Harn des Luchses“, „versteinerten Honig“ oder „erstarrtes Erdöl“. Die Griechen schätzten den Bernstein als Edelstein, den sie als Tauschmittel für Luxusgüter aller Art nutzten, wie bei Homer erwähnt und beschrieben. Die Römer nutzten ihn als Tauschmittel und für Gravuren. Zur Zeit der Wikinger war er wieder ein begehrtes Material, das als Räucherwerk benutzt oder kunstvoll verarbeitet wurde. Aus dieser Zeit sind beispielsweise Funde von Perlen für gemischte Ketten, Spinnwirtel, Spielbrettfiguren und Würfel aus Bernstein bekannt.

Griechisch-römische Antike

In der griechisch-römischen Antike wurde erkannt, dass Bernstein sich elektrostatisch aufladen kann. Der griechische Philosoph Aristoteles berichtet darüber. Außerdem soll er mit Pytheas von Massila um 334 v. Chr. die so genannten Bernsteininseln aufgesucht haben (gemeint sind wohl die West-, Ost- und Nordfriesischen Inseln in der Nordsee). Man nennt diese Inseln auch die Elektriden. Die Römer Tacitus und Plinius der Ältere schrieben über den Bernstein sowie seine Herkunft und seinen Handel. Kaiser Nero soll Bernstein in großen Mengen zu Repräsentationszwecken genutzt haben. Im Rom der Kaiserzeit trieb nicht nur der Kaiser, sondern auch das Volk mit dem Bernstein einen verschwenderischen Luxus. Man trank aus Bernsteingefäßen, er zierte alles, was von Wert war, und wohlhabende Frauen färbten ihr Haar bernsteinfarben. Plinius der Jüngere soll sich darüber geärgert haben, „dass ein kleines Figürchen aus Bernstein teurer als ein Sklave sei“. In der römischen Antike wurde zudem der Handel mit samländischem Bernstein erschlossen.

Antike Handelswege

Bereits zur Bronzezeit war der Baltische Bernstein ein wertvolles Tauschobjekt und Handelsgut, das südwärts gelangte. In mykenischer Zeit (etwa 1600–1050 v. Chr.) wurde in Griechenland Schmuck aus importiertem Bernstein getragen, wie eine Reihe von Funden aus dieser Zeit zeigen. Die Handelswege des Bernsteins nennt man Bernsteinstraßen. Sie verlaufen bündelförmig nach Süden zum Mittelmeer:

  • nach Aquileia: Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) berichtet, dass Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia gebracht worden sei. Die bereits in der Urgeschichte bedeutsame Bernsteinhandelsroute folgt in Niederösterreich der March, überquert bei Carnuntum östlich Wiens die Donau und führt ab hier als römische Bernsteinstraße über Ungarn, Slowenien nach Aquileia in Italien. Als wichtige Verkehrsroute wurde sie zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. unter Augustus und Tiberius ausgebaut und an das römische Straßennetz (s. a. Römerstraßen) angebunden;
  • ins westliche Mittelmeer: auf verschiedenen Routen von Hamburg nach Marseille.

Mittelalter

 
Bernsteinrosenkranz

Im Mittelalter und für katholische Gebiete auch danach wurde der Bernstein hauptsächlich zur Herstellung von Rosenkranz-Gebetsketten genutzt. Ein weitere Anwendung waren Brillengläser. Da er so beliebt war und man damit viel verdienen konnte, stellten Kaufleute und Feudalherren die Gewinnung und Veräußerung allen Bernsteins Ost- und Westpreußens bald unter Hoheitsrecht. Als ein Verstoß gegen dieses so genannte „Bernsteinregal“ konnte das Sammeln und der Verkauf von Bernstein auf eigene Rechnung vom „Bernsteingericht“ mit dem Tod bestraft werden. Die Küstenbewohner hatten die Pflicht, unter der Bewachung durch Vögte Bernstein zu sammeln und abzuliefern (den „Bernsteineid“). Dabei mussten Frauen, Kinder und alte Leute täglich bei Wind und Wetter an den Strand. Erfüllten sie ihr festgesetztes hohes Soll nicht, hatten sie mit bösen Folgen zu rechnen.

Der Deutsche Orden sicherte sich im 13. Jahrhundert das gesetzliche Recht auf den alleinigen Handel mit Bernstein, welches ihm seinen Reichtum einbrachte. Aus den wertvollsten Bernsteinstücken fertigten sie vor allem in den Werkstätten Königsbergs und Danzigs künstlerische Gegenstände. Das „Bernsteinregal“ verpachtete der Deutsche Orden zunächst an die jeweiligen Landesherren, auf die es 1525 überging. Wiederum wurden die Küstenbewohner zum Sammeln von Bernstein angetrieben. Da die Fischer im Tausch gegen Bernstein das dringend benötigte Salz erhielten, lieferten sie viel ab und sammelten täglich. In abgemilderter Form galt das Gesetz bis 1945. Auch weiter im Landesinneren fanden sich Bernsteinvorkommen. In der Kaschubei lassen sich bei Bursztynowa Gora (Bernsteinberg) Trichter von bis zu 40 m Durchmesser und 15 m Tiefe in der Landschaft ausmachen. Der Abbau ist dort erstmalig schon aus dem 10. Jahrhundert bezeugt.

Aus der Zeit des 5. und 6. Jahrhunderts sind im Bernsteinmuseum von Klaipeda ausgestellte Halsketten überliefert, die in der Region des heutigen Baltikums als gesetzliches Zahlungsmittel gültig waren[21]

Neuzeit

 
Anhänger aus Bernstein (Größe links 32 mm und 52 mm rechts)
 
Altes silbernes Armband mit Bernstein-Gliedern
 
Rekonstruiertes Bernsteinzimmer

In der Neuzeit wurde Bernstein nach alter Tradition zu Schmuck verarbeitet und auch für Schatullen, Spielsteine und -bretter, Intarsien, Pfeifenmundstücke und andere repräsentative Sachen verwendet.

Im 16. und 17. Jahrhundert nutzten die preußischen Herrscher den Bernstein für Repräsentationszwecke und ließen verschiedene Zier- und Gebrauchsgegenstände daraus fertigen. Der preußische Hof gab hunderte von Bernsteinkunstgegenständen in Auftrag, vor allem Pokale, Dosen, Konfektschalen und Degengriffe, die als Hochzeits- und Diplomatengeschenke in viele Kunstsammlungen europäischer Fürsten- und Herrscherhäuser gelangten. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten größeren Bernsteinmöbel.

Im 18. Jahrhundert ließ der preußische König Friedrich I. das Bernsteinzimmer für sein Charlottenburger Schloss in Berlin fertigen, das 1712 fertiggestellt wurde. 1716 verschenkte sein Sohn das Zimmer an den russischen Zaren Peter I.. Später wurde es in den Katharinenpalast bei St. Petersburg eingebaut, im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen geraubt und nach Königsberg gebracht, wo es 1945 wahrscheinlich verbrannte. Es gibt allerdings Gerüchte, wonach das Bernsteinzimmer noch immer in unterirdischen Stollen eingelagert sein soll.

Durch den Fortschritt der Naturwissenschaften wurde erkannt, dass der Bernstein als fossiles Harz nicht mystischen, sondern natürlichen Ursprungs ist. Deswegen ging das höfische Interesse am Bernstein nach 1750 zurück.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde der Bernstein hauptsächlich durch Strandlese gewonnen. 1862 konnten beispielsweise mit dieser Methode 4000 kg gesammelt werden. Im Jahre 1837 überließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. die gesamte Bernsteinnutzung von Danzig bis Memel gegen die Summe von 30.000 Mark den Gemeinden des Samlandes. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Abbau zunehmend maschinisiert. Pioniere auf diesem Gebiet waren die beiden Unternehmer Friedrich-Wilhelm Stantien und Moritz Becker, die 1858 ihre Firma Stantien & Becker in Memel gegründet hatten. Sie begannen zunächst, das Kurische Haff bei Schwarzort systematisch auszubaggern. 1875 dann errichteten sie bei Palmnicken das wohl weltweit erste Bernsteinbergwerk[22]. Im Jahr 1890 konnten auf diese Weise bereits über 200.000 kg gefördert werden. Bernsteinschmuck wurde nun mehr und mehr zu einem Produkt auch der wohlhabenden Bürgerschicht. Der noch heute existierende „Bernsteinladen“ am Münchner Marienplatz geht auf das Jahr 1884 zurück. Stantien & Becker hatten weltweit Verkaufsniederlassungen (u.a. in Indien, Mexiko und Tokio).

Seit 1881 gab es Pressbernstein, so dass Schmuck für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich wurde. In manchen Regionen Europas gehörten facettierte Bernsteinketten zur Hochzeitstracht der Bauern. 1899 ging die profitable Produktion wieder in staatlichen Besitz über. Allein 1912 wurden 600 t Bernstein gefördert. Insgesamt förderte man im Samland von 1876 bis 1935 über 16.000 t Baltischen Bernstein. [23] 1926 entstand in Ostpreußen die weltgrößte Manufaktur, die Staatliche Bernstein-Manufaktur Königsberg (SBM), in der bis 1945 künstlerische Produkte und Gebrauchsgegenstände aus Bernstein gefertigt wurden. In der NS-Zeit sprach man vom „Deutschen Gold“.

Die Gewinnung des Bernsteins in der Vergangenheit

Die Methoden der Gewinnung Baltischen Bernsteins an der Küste des Samlandes sind in zahlreichen Schriften überliefert.[24][25]

Über die mit traditionellen Methoden gewonnenen Bernsteinmengen wird in einigen Chroniken berichtet. So soll an der so genannten Bernsteinküste die jährliche Menge allein durch Aufsammeln an den Stränden bei 20 bis 30 Tonnen gelegen haben. Nach heftigen Stürmen konnte die Menge des in diesem Gebiet im Verlaufe eines Tages angespülten Bernsteins 1.000 Kilogramm und mehr erreichen. Das Sammeln von Bernstein an den Küsten war demnach auch die verbreitetste und vermutlich ergiebigste Methode zur Bernsteingewinnung. Aber auch andere Methoden führten zum Erfolg:

 
Titelseite eines Buches aus dem Jahre 1677. Ein Bernsteinsfischer und ein Bernsteingräber an der samländischen Küste.
  • Bernsteinfischen oder Bernsteinschöpfen. Dabei stellte sich der Bernsteinfischer mit einem an einem langen Stiel befestigten Netz in die Brandung. Das Netz wurde in die auflaufende Welle gehalten. Dabei füllte es sich mit Seetang und Sprockholz, zwischen dem der Bernstein sich verfangen hatte. Das Material wurde an den Strand geworfen und dort durchsucht. Diese Methode wird noch heute von Küstenbewohnern an Ostseeküstenabschnitten in Russland, Polen, Deutschland und Dänemark angewandt.
  • Bernsteinstechen. Bernstein blieb oft zwischen größeren Steinen im küstennahen Bereich liegen. Die Steine selbst wurden von speziellen, besonders breit ausgelegten Ruderbooten aus mit langen Stangen gelockert und als Baumaterial geborgen. Danach wurde der Meeresgrund nach Bernstein durchsucht. Dazu wurden an langen Stangen befestigte Käscher benutzt, mit denen der Bernstein zum Aufschwimmen gebracht und mit dem Netz in das Boot befördert wurde.
  • Bernsteintauchen. Schon im frühen 18. Jahrhundert wurden Versuche unternommen nach Bernstein zu tauchen. Dies geschah ohne Hilfsmittel und blieb weitgehend erfolglos. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - jetzt mit Hilfsmitteln (Tauchanzüge) - wurde das Bernsteintauchen durch die später auch den Tagebau bei Palmnicken betreibende Firma Stantien & Becker zum Erfolg geführt. Die höchste durch Bernsteintauchen erzielte Fördermenge betrug ca. 14 Tonnen (im Jahre 1881).

Die traditionellen Methoden wurden mit der Industrialisierung der Bernsteingewinnung im Samland durch die Firma Stantien & Becker (ab etwa 1860) wirtschaftlich bedeutungslos und starben aus. Lediglich das Bernsteinfischen hat sich lokal bis in die Gegenwart erhalten.

An der Nordseeküste wurde Bernstein bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auch vom Rücken der Pferde aus gesammelt. Die so genannten Bernsteinreiter (vor allem auf Eiderstedt, von wo auch die so genannten Hitzläufer bekannt sind) sammelten Bernstein vorwiegend in sehr weitläufigen Wattgebieten und an Küstenabschnitten, an denen durch den Tideneinfluss andere Methoden der Bernsteingewinnung beschwerlich waren. Geschickte Reiter verstanden es, mit einem kleinen, an einer Stange befestigten Netz den Bernstein aus dem Flachwasser zu fischen, ohne vom Pferd abzusteigen.

Fundorte und Abbau heute

Der heute auf dem Weltmarkt angebotene Bernstein zur Schmuckherstellung ist zu 99 % Baltischer Bernstein. Abbau von lokaler Bedeutung gibt es darüber hinaus in der Dominikanischen Republik, in Chiapas in Mexiko, in Myanmar und in Japan.

Der überwiegende Teil des Baltischen Bernsteins wird weiterhin im Kaliningrader Gebiet gefördert (mind. 75 % der Weltproduktion). Im Jahre 2000 belief sie sich die Produktion auf über 500 t. Mit der zeitweiligen Einstellung des industriellen Bernsteinabbaus in Jantarny im Jahre 2002 aufgrund von Rentabilitätsproblemen (auch aufgrund beständigen Diebstahls) fiel die Jahresproduktion vorübergehend auf einen deutlich niedrigeren Stand. Im Jahre 2008 wurden aber in der inzwischen wieder in Betrieb genommenen Grube „Primorskoje“ etwa 500 Tonnen Bernstein gefördert.[26] Kleinere Mengen stammen aus Polen und der Nordukraine, ganz geringe aus Litauen. Schätzungen zufolge, soll ein beträchtlicher Teil (bis zu einem Viertel) des russischen und ukrainischen Bernsteins aus illegaler Förderung stammen.

Samländische Küste

Die Hauptförderung des Baltischen Bernsteins ist in Jantarny (ehemals Palmnicken) bei Kaliningrad (Königsberg) angesiedelt. Hier gibt es große, im Tagebau zugängliche Bernsteinvorkommen, die aus der „Blauen Erde“ gefördert wird. Die „Blaue Erde“ ist eine mehrere Meter dicke, graugrüne Sedimentschicht, die Glaukonit und den Baltischen Bernstein enthält (siehe Kapitel Entstehung). An manchen Stellen enthält ein Kubikmeter zwei bis drei Kilogramm Bernstein. Das Vorkommen erstreckt sich großflächig an der Küste bis in 10 m und im Binnenland bis in 30 m Tiefe.

Nach 1945 wurde das sowjetisch gewordene Palmnicken nach dem russischen Wort für Bernstein, jantar, in Jantarny umbenannt. Die Jahresproduktion erreichte in einigen Jahren bis zu 600 t, von 1951 bis 1988 wurden insgesamt rund 17.700 t gefördert[27]. Dabei wird der Abraum über der „Blauen Erde“ abgetragen, sodann schrappt ein Bagger mit großer Schaufel eine Tonne Erde von der Wand ab und lädt sie hinter sich ab. Dieses Haufwerk wird mit Wasser aufgeschwemmt und die schlammige Masse von großen Pumpen über kilometerlange Rohre ins Kombinat befördert. Dort siebt man den Bernstein heraus und führte ihn der weiteren Verwendung zu. Der verschlämmte Abraum fließt über ein Rohrsystem in die Ostsee.

Nachdem durch den russischen Zoll große Mengen Diebes- und Schmuggelware (etwa 900–1000 kg Rohbernstein und bis zu 6000 Stück Fertigerzeugnisse innerhalb von zwei Jahren) beschlagnahmt worden waren, deren Spuren in das Bernsteinkombinat Jantarny zurückverfolgt werden konnten, erhöhte man die Sicherheitsvorkehrungen an der Grube, die 90 % der jährlichen Weltlieferung förderte. Schließlich gab man sie im Jahr 2002 auf und flutete den Tagebau. Mittlerweile gibt es eine neu eröffnete Grube „Promorskoye“ in der Nähe der alten Abbaustätte.

Bitterfeld (und andere Fundorte in Mitteldeutschland)

Bernstein aus diesem Gebiet ist bereits seit 1669 als "Sächsischer Bernstein" bekannt.[28] In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Vorkommen wiederentdeckt, als im Raum Bitterfeld beim Braunkohleabbau gelegentlich einzelne Bernsteine gefunden wurden. Im Jahre 1955 wurden im Braunkohlentagebau Goitsche östlich von Bitterfeld die Bernstein führenden Schichten für kurze Zeit angeschnitten, aber die zu Tage tretenden, zum Teil großen Brocken nicht als Bernstein (Succinit) erkannt. Erst im Jahre 1974 wurde bei einem erneuten Anschnitt die Bedeutung des Bernsteinvorkommens erkannt. Die im gleichen Jahr begonnene geologische Erkundung führte zum Nachweis einer nutzbaren Lagerstätte.[29] Als geologischer Vorrat wurden 1979 2.800 t Bernstein berechnet. Der Abbau begann bereits 1975. Grund für die so schnell aufgenommene Förderung war der drastische Rückgang der Bernsteinimporte aus der Sowjetunion, die in den 1970er Jahren ihre jährlichen Bernsteinlieferungen von zehn Tonnen auf eine senkte, und damit die Schmuckproduktion im „VEB Ostseeschmuck“ in Ribnitz-Damgarten gefährdete. Von 1975 bis 1993 wurden im Tagebau Goitsche jährlich bis zu 50 t abgebaut, insgesamt rund 408 t. Der Bernsteinabbau wurde 1990 aus Umweltschutzgründen zunächst storniert und 1993 aus ökonomischen Gründen endgültig eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt standen noch 1.080 t gewinnbarer Vorrat in den Büchern. Nach Sanierung der Böschungen wurde das Restloch des Tagebaues Goitsche ab 1998 geflutet.[30]

Bis heute ist ungeklärt, ob Bitterfelder Bernstein (Succinit, Gedanit, Glessit, Scheibit, Goitschit, Siegburgit und so genannten Schwarzer Bernstein) von gleicher Genese ist wie Baltischer Bernstein und die Bernsteinlagerstätten in Sachsen lediglich über andere Transportwege des Baltischen Bernsteins entstanden sind oder ob Bitterfelder Bernstein ein anderes Herkunftsgebiet hat und vielleicht auch in einem anderen Zeitraum entstanden ist als Baltischer Bernstein. Umstritten ist auch, ob es sich um unterschiedliche Harzlieferanten handelt. Jüngere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass, anders als beim Baltischen Bernstein, als Harzlieferant des Bitterfelder Bernsteins ein Baum aus der Gattung der Fichten (Picea) in Betracht kommt und zumindest ein Teil der im Raum Sachsen bekannten Bernsteinlagerstätten nicht durch Eintrag von Baltischem Bernstein entstanden sein kann.[31] Die wissenschaftliche Diskussion zu diesem Thema ist aber keineswegs abgeschlossen.

Das Braunkohlerevier Bitterfeld ist nicht der einzige Fundort von Bernstein in Mitteldeutschland. Weitere Fundorte liegen bei Böhlen, südlich von Leipzig (hier wurde nur Succinit gefunden) und in Braunkohle-Tagebauen bei Helmstedt (Krantzit und Oxikrantzit). Der Bernstein aus Helmstedt liegt überwiegend in den Braunkohleschichten selbst. Dies und weitere Umstände der Fundsituation sowie einige Merkmale des Bernsteins deuten darauf hin, dass der hier entdeckte Bernstein nicht umgelagert wurde und somit vermutlich das gleiche Alter aufweist und in der gleichen Region entstanden ist wie die Braunkohle selbst (Oberes Paläozän und unteres Eozän, insgesamt einen Zeitraum von rund 12 Millionen Jahren umfassend). Die räumliche Nähe dieser mitteldeutschten Lagerstätten zueinander wirft die Frage nach etwaigen Gemeinsamkeiten in der botanischen und geografischen Herkunft und dem Zeitraum der Entstehung des Harzes auf. Die Unterschiede zwischen den fossilen Harzen können ihre Ursachen in unterschiedlichen Mutterpflanzen, verschiedenartigen Sedimentationsmilieus im Laufe ihrer Diagenese und unterschiedlichen geochemischen Bedingungen des Muttergesteins haben. Solche Unterschiede liegen im Falle von Helmstedt vor, haben hier aber nicht zur Bildung unterschiedlicher fossiler Harze geführt.[32] Unter anderem diese Umstände haben eine bis heute anhaltende kontroverse Diskussion über die Entstehungsgeschichte der hier aufgeführten fossilen Harze und seine Beziehung zum Baltischen Bernstein hervorgerufen.

Polen

Polen, das bereits in der Antike ein wichtiges Ursprungs- und Verarbeitungsland für Baltischen Bernstein war, ist auch in heutiger Zeit ein wichtiger Bernstein(schmuck)-Lieferant, dessen Vorräte auf 12.000 t geschätzt werden. Der polnische Bernstein stammt hauptsächlich aus Mozdzanowo bei Ustka an der pommerschen Ostseeküste, wo er bereits Ende des 18. Jahrhunderts abgebaut wurde. Er wird dort in vielen unterschiedlichen Farbtönen gefunden. 60 % der Fundstücke sind durchsichtig. Auch an der Verbindungsstelle zur Halbinsel Hel findet sich Bernstein in 130 m Tiefe. Auch auf der Lubliner Hochebene Vorkommen entdeckt. Der meiste in Polen verarbeitete Bernstein stammt allerdings aus dem Kaliningrader Gebiet und aus der Ukraine.

Nordukraine

Seit 1979 sind die Bernsteinvorkommen im Norden der Ukraine, in der Nähe von Dubrovitsa an der weißrussischen Grenze bekannt. Nach Erlangung der Unabhängigkeit beschloss die ukrainische Führung 1993, diese Vorkommen unter staatlichem Monopol auszubeuten. Da die Vorkommen an der Oberfläche in sandigen Schichten anstehen, sind sie sehr leicht zu fördern, und so hat sich in den letzten Jahren eine beträchtliche nicht-staatliche (und damit illegale) Förderung entwickelt (etwa 90 % der ukrain. Produktion), die ihre Produkte zur Weiterverarbeitung über die Grenze nach Polen und Russland schmuggeln lässt. Die ukrainischen Vorkommen enthalten außergewöhnlich große Einzelstücke. Der in der Ukraine gefundene Bernstein hat vermutlich die gleiche Genese wie der in der Blauen Erde des Samlandes. Es handelt sich mithin sehr wahrscheinlich, wie der Bernstein der vorgenannten Lagerstätten, um Succinit oder Baltischen Bernstein.

Aktuelle Marktsituation

Im Export hatte Rohbernstein in den vergangenen Jahren einen Wert von etwa 15 Millionen Euro. Die Preise für ein Kilogramm russischen Rohbernstein lagen 2008, je nach Größe der Einzelstücke, bei 30 € für Krümel von etwa 1cm Größe, 150 € (Stücke >100g) bis max. 830 Euro (Stücke von 500 bis 1000g in bester Qualität), wobei diese Preise nur für russische Verarbeiter und Exporteure gelten, während ausländische Firmen deutlich höhere Preise bezahlen (müssen). Die Weiterverarbeitung zu Schmuck erfolgt meistenteils in Polen und Litauen. Von dort wird jährlich Schmuck im Wert von etwa 400 Millionen Euro verkauft.

Einzelstücke Baltischen Bernsteins

Krumbiegel führt in einem Beitrag aus dem Jahre 2003[33] Stücke aus quartären Sedimenten nordeuropäischer Vereisungsgebiete mit einem Gewicht von mehr als 2 Kilogramm auf. Aus dieser Liste von 28 Stücken nachfolgend eine Auswahl:

  • 1922 und 1970 in Schweden: je etwa 1,8 kg
  • 1969 von einem schwedischen Hummerfischer bei Bohuslän an der Westküste Schwedens: 10,478 kg (zum Zeitpunkt des Fundes eine Masse; heute noch 8,886 kg, da etwas abgeschlagen wurde); es befindet sich im Ravhuset in Kopenhagen
  • 1860 bei Cammin in Pommern (nach 1945 Rarwino/Kamien Pomorski): Ein 48 × 22 × 20 cm großer und 9,75 kg schwerer Block, der im Berliner Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität aufbewahrt wird [34]
  • Sonnenstein (Saulės akmuo): etwa 3,5 kg, 21 × 19 × 15 cm; ausgestellt im Bernsteinmuseum in Palanga, Litauen[35]

Dominikanischer Bernstein

Dominikanischer Bernstein wird auf der Insel Hispaniola, nahezu ausschließlich im Hoheitsgebiet der Dominikanischen Republik gefunden. Unter den Bernsteinvorkommen der Welt hat der Dominikanische Bernstein hinsichtlich seines Reichtums an fossilen Einschlüssen nach dem Baltischen Bernstein die größte Bedeutung. Allerdings wurde im Jahre 1987 von der Regierung in Santo Domingo verfügt, dass Bernsteinfossilien nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Nationalmuseums für Naturgeschichte außer Landes gebracht werden dürfen. Gleichwohl ist die Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde (Löwentormusem) in Stuttgart die wohl bedeutendste wissenschaftliche Sammlung Dominikanischen Bernsteins mit organischen Einschlüssen weltweit.

Ferner beruht die Popularität des Dominikanischen Bernsteins auf der großen Zahl klarer Stücke, die sich vorzüglich für die Schmuckherstellung eignen und seiner Farbenvielfalt, darunter auch der seltene „Blaue Bernstein“, dessen „Farbe“ auf fluoreszierende Moleküle zurückzuführen ist. Entstanden ist er möglicherweise durch das nachträgliche Erwärmen durch vulkanische Aktivität.[36] Der blau fluoreszierende Dominikanische Bernstein hat nichts mit dem ebenfalls nur auf Hispaniola vorkommenden blauen Pektolith zu tun, der mitunter in den gleichen Betrieben in Puerto Plata und in gleicher Weise verarbeitet und unter dem Namen Larimar als Schmuckstein verkauft wird.

Datei:Dragon dominican blue amber.jpg
Ein Drache aus Dominikanischem blauen Bernstein geschnitzt.

Die jährliche Ausbeute des in Gruben und Stollen zumeist in Handarbeit abgebauten Bernsteins liegt zumeist kaum höher als fünf Tonnen. Der größte Teil dieser Ausbeute stammt aus dem Minengebiet von Palo Alto. Sehr geringe Mengen gehen bis in die heutige Zeit auf Strandfunde, insbesondere an dem als Costambar (Bernsteinküste) bezeichneten Küstenabschnitt nahe Puerto Plata zurück. Mitunter werden sehr große Einzelstücke mit einem Gewicht von mehreren Kilogramm gefunden[9].

Historie

Historische Berichte über Bernstein in der Dominikanischen Republik lassen sich bis zu den Tagebüchern von Christoph Kolumbus zurückverfolgen. Immer wieder tauchen auch Berichte über Indianerschmuck auf, der aus Bernstein gefertigt ist. Erste Hinweises über organische Einschlüsse im Dominikanischen Bernstein stammen aus dem Jahre 1939.

Lagerstätten und Alter

Der Bernstein in den Gebieten Cordillera Oriental und Cordillera Septentrional auf Hispaniola lagert in tertiärem Sandstein. Aufgrund von Bohrungen wird vermutet, dass dort noch beträchtliche Mengen Bernstein liegen. Die Cordillera Septentrional sind ganz überwiegend von sedimentärem Gestein tertiären Alters bedeckt. Die meisten Bernsteinminen in dieser Gebirgsregion treten in der Altamira-Fazies der „El Mamey“-Formation oder an deren Randbereichen auf. Bei dieser Formation handelt es sich um einen mit Konglomeraten gerundeter Kieselsteine durchsetzten Schiefer-Sandstein. Häufig treten organisches Material und ausgedehnte Kohlegänge auf, wobei der Bernstein in lignitischem Sandstein bzw. den Lignitgängen liegt. Auf der Grundlage von Coccolithen konnte das Alter des Schiefers und Sandsteins von El Mamey mit 40 Mill. Jahren (Oberes Eozän) bestimmt werden. Anderenorts auf miozäner Lagerstätte gefundener Bernstein wurde teilweise umgelagert. Die Vorkommen Dominikanischen Bernsteins sind nach vorherrschender Meinung eozänen bis untermiozänen Alters.

Harzproduzent

Ausgehend von den pflanzlichen Funden im Bernstein wird angenommen, dass das Harz, aus dem der Dominikanische Bernstein entstand, von dem Baum Hymenaea protera erzeugt wurde. Diese fossile Art der Hülsenfrüchtler ähnelt am ehesten dem rezenten Baum Hymenaea verrucosa, der in Ostafrika und den vorgelagerten Inseln vorkommt. Untersuchungen mittels der Infrarot-Spektroskopie, der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) und der Massenspektrometrie haben die Ähnlichkeit des Dominikanischen Bernsteins mit dem Harz rezenter Hymenaea-Arten, insbesondere der Hymenaea verrucosa bestätigt. Als Harzlieferant wird auch der ebenfalls zu den Hülsenfrüchtlern gehörende Laubbaum Algarrobo (Prosopis pallidaHymenaeaJatoba) diskutiert[37].

Bernstein-Einschlüsse: Inklusen

 
Eine im Bernstein eingeschlossene Trauermücke, etwa 1,5 mm lang

Entstehung von Inklusen

Damit Harz zu Bernstein und ein eingeschlossenes Lebewesen oder ein Fremdkörper zur Inkluse wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Das Insekt (oder die Pflanze) muss formstabil bleiben, bis das Harz erhärtet ist.
  2. Das Harz darf während des Erhärtens nicht schrumpfen und auch nicht durch später auflastende Gesteine beansprucht werden.
  3. Das Harz muss durch Sonnen- und Hitzeeinwirkung auf natürliche Weise geklärt werden.

Die vorgenannten Bedingungen lagen im eozänen Bernsteinwald keinesfalls flächendeckend vor. Vielmehr wird vermutet, dass der Waldboden, aus dem die "Bernsteinbäume" emporragten, für eine Fossilisierung der organischen Einschlüsse in der Regel gänzlich ungeeignet gewesen ist und somit der Transport des zu Boden getropften Harzes an einen anderen, besser geeigneten Ort Voraussetzung für einen störungsfrei ablaufenden Konservierungsprozess war. Für diesen Transport kommen nur Wasserläufe in Betracht. Unterstützt wird diese Auffassung durch den Umstand, dass Arten, die an oder in der näheren Umgebung von Gewässern gelebt haben, in Baltischem Bernstein häufiger vorkommen, als man das aufgrund der Verbreitung ihrer rezenten Nachkommen in vergleichbaren subtropischen Wäldern vermuten würde. Ein solcher Harztransport brachte es mit sich, dass auch die Ablagerung der Harze sich an bestimmten Stellen im oder an Gewässern zu Konzentrationen führte. Von hier aus fand dann weitaus später der Transport des wahrscheinlich schon gehärteten, subfossilen Harzes an Orte statt, an denen es nach geologischen Maßstäben lange Zeit überdauern konnte (sh. hierzu auch Kapitel "Entstehung").[38]

Kam ein kleines Insekt oder ein anderes Kleintier mit dem zähflüssigen Harz des Baumstammes in Berührung und konnte es sich aus eigener Kraft nicht befreien, wurde es bald darauf von nachfließendem Harz umschlossen. Mit dem Tod des Lebewesens setzte der Abbau der Weichteile in seinem Körperinneren ein. Dabei treten Muskeln, Drüsen und Körperflüssigkeit durch Körperöffnungen und Körperwandung aus. Deshalb ist die Umgebung der Inklusen häufig milchig-trübe (Verlumung). Zeitgleich mit der Zersetzung der Weichteile begann die Erhärtung des Harzes. Die eingeschlossenen organischen Reste sind zumeist nicht mehr erhalten. Was wir als Inkluse wahrnehmen, ist in der Regel lediglich ein Hohlraum mit den oft in allen Details erkennbaren Konturen des einstigen Organismus.

Häufigkeit von Inklusen

Organische Einschlüsse sind von den meisten Bernsteinarten bekannt, wenn auch in unterschiedlicher Häufigkeit. Unter den Stücken Baltischen Bernsteins sind die sogenannten Schlaubensteine besonders ergiebig. Die aus Harzflüssen außen am Baumstamm entstandenen Schlauben sind schichtenartig gegliedert (jede Schicht entspricht einem Harzfluss), wobei sich die Einschlüsse zumeist an den Nahtstellen der Harzflüsse befinden. Oft handelt es sich bei den Funden allerdings nur um Fragmente der eingeschlossenen Organismen. Zooinklusen sind häufig beschädigt, z.B. durch Vogelfraß, als das Tier noch nicht vollständig vom Harz eingeschlossen war. Nicht selten sind einzelne Beine langbeiniger Arthropoden (z.B. Weberknechte) zu finden, die in der Lage waren, in Notsituationen ihre Beine abzuwerfen. Organische Reste aus zerfallenem Pflanzenmaterial und Holzmulm mit zumeist nicht identifizierbarer botanischer Herkunft treten häufig auf. Stücke mit vollständig erhaltenen Zeugnissen des damaligen Lebens sind somit aus wissenschaftlicher Sicht besonders wertvoll.

Der Natur der Sache nach sind Inklusen nur in transparenten oder zumindest halbtransparenten Stücken zu finden. Mit Hilfe der Synchrotronstrahlung ist es jedoch gelungen, auch in opaken Stücken organische Einschlüsse zu entdecken. Im Falle kreidezeitlichen Bernsteins aus Frankreich konnten durch eine Forschungsgruppe um den Paläontologen Paul Tafforeau unter Zuhilfenahme dieser Methode 3D-Modelle von Inklusen in opaken Bernsteinstücken rekonstruiert werden[39].

Tiere und Pflanzen im Bernstein

 
Eine Spinne

Im erstarrten Harz des Bernsteins finden sich fossil konservierte Lebensformen, die vor Millionen von Jahren auf der Erde in Wäldern gelebt haben: Zum einen findet man Kleintiere oder Teile davon als Einschlüsse (Zooinklusen): verschiedene Gliederfüßer (Arthropoden), vor allem Insekten wie Fliegen, Mücken, Libellen, Ohrwürmer, Termiten, Heuschrecken, Zikaden und Flöhe, aber auch Asseln, Krebstiere, Spinnen und Würmer sowie vereinzelt Schnecken, Vogelfedern und Haare von Säugetieren. Mehrere Stücke mit Teilen von (lacertiden) Eidechsen, darunter ein weitgehend vollständiges Exemplar, wurden ebenfalls gefunden [40]. (vgl. hierzu aber auch das Kapitel „Fälschungen und Manipulationen“).

Zum anderen gibt es eine Vielzahl von pflanzlichen Inklusen (Phytoinklusen): Pilze, Moose und Flechten, aber auch Pflanzenteile, die von Lärchen, Fichten, Tannen, Palmen, Zypressen, Eiben und Eichen stammen. Der weitaus häufigste organische Einschluss im Baltischen Bernstein ist das so genannte „Sternhaar“, das sich in fast allen Schlauben befindet. Dabei handelt es sich um winzige, mit bloßem Auge oft nicht wahrnehmbare, strahlenförmig verästelte Pflanzenhaare (Trichome), die mit großer Wahrscheinlichkeit von Eichen stammen. Diese Einschlüsse werden als ein den Baltischen Bernstein charakterisierendes Merkmal angesehen.[41]

Die floristische und faunistische Formenvielfalt im Baltischen Bernstein ist im Kontext mit der vermuteten enormen Größe des in der Flächen- und Höhenausdehnung zweifellos mehrere Klimazonen umspannenden Bernsteinwaldes, aber auch mit der Dauer seines Bestehens (bis 20 Millionen Jahre[13]) zu sehen. Wenn auch der Baltische Bernstein in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften eine hohe Homogenität aufweist, dürfen die in ihm befindlichen organischen Einschlüsse aus den vorgenannten Gründen keinesfalls als Momentaufnahme einer geologischen Epoche oder als Spiegelbild eines bestimmten Lebensraums angesehen werden. Zwei nebeneinander am Strand aufgelesene Inklusen enthaltende Bernsteinstückchen können an tausenden Kilometern voneinander entfernten, vielleicht auch mehr als tausend Höhenmeter auseinander liegenden Orten und in einem zeitlichen Abstand von bis zu 20 Millionen Jahren entstanden sein. Was für die weltweit weitaus größte Bernsteinlagerstätte gilt, den gut erforschten Baltischen Bernstein, kann grundsätzlich auch auf andere, viel kleinere und zudem weniger gut erforschte Bernsteinlagerstätten zutreffen.

Manchmal werden Inklusen mit Wassertropfen oder Lufteinschlüssen entdeckt.

Für Bernsteinstücke mit verschiedenen organischen Einschlüssen hat der polnische Paläoentomologe Jan Koteja den Begriff Syninklusenstein geprägt. Solche Bernsteinstücke sind einzigartige Beweisstücke über das zeitgleiche Vorkommen verschiedener Lebensformen in einem Habitat.

Gebrauchsgegenstände und technischer Bernstein

 
Sarkophagähnliche Schatulle, gemacht aus verschiedenen Sorten Bernstein. Danzig, frühes 17. Jahrhundert.

In der chemischen Industrie wurde zunächst nicht für die Schmuckindustrie geeigneter Bernstein für die Herstellung von Bernsteinlack, Bernsteinöl und Bernsteinsäure verwendet. Heute werden diese Produkte synthetisch erzeugt.

Seit der Erfindung des Pressbernsteins in den 1870er Jahren in Königsberg und seit der ersten industriellen Umsetzung 1881 in Wien und dann später auch in der Staatliche Bernstein – Manufaktur Königsberg findet man es bei Gebrauchsgegenständen wie Zigarettenspitzen, Mundstücke von Tabakspfeifen oder der türkischen Tschibuk, Nippes (Kunst) und billigem Schmuck. Der nach Afrika exportierte Bernstein hieß auch abschätzig Negergeld.[42]

Anfangs wurden Pressbernsteine vielfältig verwendet, aber der noch billigere Kunststoff, es begann mit Bakelit, verdrängte es fast vollständig. So kommt es, dass Pressbernstein und natürlich ganz besonders Naturbernstein heute den Eindruck von etwas Besonderem erzeugt. Ein weiteres sehr seltenes Einsatzgebiet sind elektrische Isolatoren, da sein Spezifischer Widerstand ungefähr 1016 Ωm beträgt und damit größer ist als der von Porzellan.

Legendäre Heilkräfte und Schutzzauber

Thales von Milet setzte die elektrostatischen Eigenschaften des Bernsteins mit magnetischen Kräften gleich, die nicht nur Staub und Gewebefasern anziehen, sondern auch andere winzige Gebilde, die schädlich auf die menschliche Gesundheit einwirken können (heute würden wir dazu "Krankheitserreger" sagen). Nicht zuletzt deswegen wird Bernstein seit Alters her als Heilmittel eingesetzt. So schreibt Plinius der Ältere in seiner Naturalis historia, dass auf der Haut getragene Bernsteinamulette vor Fieber schützen. Der griechische Arzt Pedanios Dioskurides beschrieb im 1. Jh. n. Chr. in seinem Werk Materia Medica die Heilwirkung von Bernstein bei "Podagraschmerzen, Dysenterie und Bauchfluss".[43] Für die besonderen Eigenschaften dieses fossilen Harzes fanden die Menschen der Vorzeit und des Altertums keine einleuchtende Erklärung. Dies hat auch dazu geführt, dass dem Bernstein vielerorts eine dämonenabwehrende Wirkung als Apotropaion zugeschrieben wurde. Der Bernstein wurde am Körper getragen, oft mit einem Band um den Hals befestigt. Später kamen Formgebung und Verzierung hinzu, die zunächst figurative Darstellungen waren, durch die Heilkräfte und Schutzzauber des Bernsteins verstärkt und kanalisiert werden sollten; später dann verselbständigten sich diese dekorativen Bearbeitungen zu Schmuck, beispielsweise in Gestalt von Anhängern.[3]

Nach mittelalterlichen Manuskripten (12. Jahrhundert), die Hildegard von Bingen zugeschrieben werden, galt Bernstein als eines der wirksamsten Medikamente gegen eine ganze Reihe von Erkrankungen und Beschwerden (z.B. Magenbeschwerden, Blasendysfunktion). Aus der gleichen Zeit stammt das Verbot der die Bernsteingewinnung und -nutzung kontrollierenden Deutschritterordens, mit weißem Bernstein zu handeln, da ihm besondere heilende Kräfte zugeschrieben wurden und er vom Orden selbst für medizinische Zwecke verwendet wurde. Georgius Agricola empfahl in seiner Schrift "De peste" (1554) verschiedene Bernsteinmixturen als vorbeugendes Mittel gegen die Pest. Ende des 17.Jahrhunderts entstanden Techniken, Bernstein zu entfärben. Das klare Endprodukt wurde als Rohmaterial für optische Linsen verwendet. Optische Geräte, in denen Bernsteinlinsen verwendet wurden, blieben bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Gebrauch.[44]

Der Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch analysierte im Jahre 1886 Bernsteinsäure und kam zu dem Ergebnis, dass Bernsteinsäure einen positiven, unter anderem immunitätssteigernden Einfluss auf den menschlichen Organismus haben kann und, selbst in großen Mengen verabreicht, den Organismus nicht schädigt. Medikamente mit dem Wirkstoff "Bernsteinsäure" sind noch heute, insbesondere in den USA und in Russland, im Handel[45]

Der Glaube an die „Kraft des Steins“ findet sich auch in magischen Vorstellungen der Neuzeit wieder – etwa, wenn empfohlen wird, Ehefrauen nachts Bernstein auf die Brust zu legen, um sie so zum Gestehen schlechter Taten zu bringen. Im Volksaberglauben gilt Bernstein als Schutz vor bösem Zauber und soll Dämonen, Hexen und Trolle vertreiben.

Zermahlener Bernstein wurde innerlich gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt, so unter anderem bei Nieren-, Gallen-, Leberkrankheiten, bei Problemen im Magenbereich und des Verdauungssystems. Daneben nutzte man ihn als Räuchermittel. Ab dem 19. Jahrhundert wurde das aus Bernstein gewonnene Bernsteinöl zum Einreiben bei Rheuma verwendet.

In der Esoterik gilt Bernstein bis heute als „Heil- und Schutzstein“, der Ängste nehmen und Lebensfreude schenken soll. Um seine volle Wirkung zu entfalten, soll er lange ohne Unterbrechung auf der Haut getragen werden. Wissenschaftliche Bestätigungen gibt es hierfür aber nicht.

Bei Müttern ist Bernstein als „Zahnungshilfe“ beliebt: Eine Bernsteinkette um den Hals des Babys gelegt, soll dem Kind das Zahnen erleichtern und ihm die Schmerzen nehmen, wenn es die Kette in den Mund nimmt. Bernstein soll nämlich entzündungshemmend wirken. Wahrscheinlicher ist, dass der Stoff aufgrund seiner Beschaffenheit als Beißring taugt, da er den Gaumen des Babys nicht verletzt und leicht ist. Ebenfalls werden „positive Schwingungen“ in der Steinheilkunde erwähnt, die vom Bernstein ausgehen sollen.

Bernsteinketten sind wie andere Halsketten auch für Babys und Kleinkinder wegen der Strangulationsgefahr nicht geeignet. Todesfälle sind beschrieben. Zerreißt die Kette, so können die Steine weiterhin verschluckt oder eingeatmet werden.[46]

Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden bei Bluttransfusionen aus Bernstein gefertigte Gefäße verwendet, da der Hämolyse hierdurch entgegengewirkt werden konnte. In der Homöopathie werden auch heute noch Präparate verwendet, die Bernsteinextrakte enthalten.[44]

Bernstein in Mythologie und Dichtung

Abgesehen von den zahlreichen prosaischen Textstellen antiker Schriften (bei Herodot, Plato, Xenophon, Aristoteles, Hippokrates, Tacitus, Plinius d. Ä., Pytheas u.a.), in denen es zumeist darum geht, Bernstein zu beschreiben und seine Herkunft zu erklären, und von denen einige ganz gewiss auch Objekte literaturwissenschaftlicher Forschung sind, hat das fossile Harz auch in Mythologie und Dichtung seinen festen Platz. Dazu gehörten ohne Zweifel auch einige Schriften der zahlreichen von Plinius d. Ä. erwähnten Autoren, die sich mit Baumharz auf irgendeine Art beschäftigt haben, deren Werke aber nicht überliefert sind.[47]

Die frühesten uns überlieferten dichterischen Erwähnungen von Bernstein sind Mythen und Sagen, in denen Wesen mit übernatürlichen Kräften (Götter, Halbgötter und Gestalten der Unterwelt) durch ihr Handeln zur Entstehung des Bernsteins beigetragen haben. Ein Beispiel hierfür sind Tränen der Heliaden, die in den auf Euripides Trauerspiel Hippolytos zurückgehenden Metamorphosen Ovids flossen, als Phaeton, der Bruder der Heliaden, in seinem Sonnenwagen der Erde zu nah kam, da ihm die Pferde durchgingen und von einem Blitzstrahl des Zeus getroffen wurde, nachdem die Erde sich über Phaetons Verhalten beklagte. Die goldenen Tränen der zu Pappeln verwandelten trauernden Schwestern erstarrten zu electron (Bernstein).[48] Dieser Mythos findet sich auch in Homers Odyssee wieder, als das Schiff der Argonauten in den Fluss Eridanos getrieben wurden, aus dem noch die Rauchschwaden des an dieser Stelle in das Wasser gestürzten Sonnenwagens des Phaeton emporstiegen[49]. Dieser Fluss kehrt in antiken Schriften immer wieder als der Ort zurück, von dem aller Bernstein stammen soll. So heißt es zum Beispiel bei Pausanias in seiner Beschreibung Griechenlands:

... Dies Elektron aber, woraus die Statue des Augustus gemacht ist, kommt natürlich vor im Sande des Eridanus. Es ist sehr selten und wertvoll. Das andere Elektron aber ist eine Mischung von Gold und Silber....“

Eridianussage im 5. Buch der Beschreibung von Griechenland des Pausanias, um 170 n. Chr.

Ähnlich dramatisch wie der Mythos der Tränen der Heliaden verlaufen die Ereignisse in der aus dem Gebiet des heutigen Litauen stammenden Legende von Jūratė und Kastytis, an deren Ende die Zerstörung eines auf dem Meeresgrund befindlichen Schlosses aus Bernstein steht, womit die sich stetig erneuernden Strandfunde an der Ostsee mit dichterischen Mitteln erklärt sind.

Auch über in Bernstein eingeschlossene Insekten sind bereits aus römischer Kaiserzeit dichterische Darstellungen bekannt. Beispielsweise verfasste der römische Dichter Martial zur Regierungszeit des Kaisers Titus folgenden Vers, in dem wiederum der vom Blitz getroffene Phaeton erscheint, um den die Heliaden ihre zu Bernstein erstarrten Tränen vergossen hatten:

Während ein Ameislein in Phaetons Schatten umherschweift,
Hüllte das zarte Wild harziger Tropfen ein.
Seht es, wie gewesen bisher verachtet im Leben,
Jetzt erst durch seinen Tod ward es ein köstlicher Schatz.“

Epigramm des Dichters Martial, zwischen 85 und 103 n. Chr.

Ein frühes Beispiel dichterischer Bearbeitung in der deutschen Literatur gibt der im ostpreußischen Neidenburg geborene Dichter Daniel Hermann mit seinen in Latein verfassten Versen auf einen Bernsteinfrosch und eine Bernsteineidechse aus der Sammlung des Danziger Kaufmanns Severin Goebel, der offenbar Fälschungen aufgesessen war. In zahlreichen späteren Werken ostpreußischer Heimatdichtung bis in das 20. Jahrhundert steht immer wieder das "Gold des Nordens" im Mittelpunkt von Versen. Maria Schade (Ostpreußenland), Rudolf Schade (Samlandlied) , Johanna Ambrosius (Ostpreußenlied), Hans Parlau (Pillauer Lied) und Felix Dahns (Die Bernsteinhexe) sowie eine der bekanntesten Dichterinnen ostpreußischer Herkunft, Agnes Miegel (Das war ein Frühling und Das Lied der jungen Frau) sollen hier nur stellvertretend für viele andere erwähnt werden.[3]

Neben der reichhaltigen Fachliteratur und den vielen, meist in deutscher, polnischer oder englischer Sprache erschienenen populärwissenschaftlicher Veröffentlichungen, sind in jüngerer Zeit auch immer wieder Dokumentationen und erzählerische Werke rund um das Thema Bernstein erschienen, die einem größeren Publikum bekannt wurden. An dieser Stelle seien - ohne jegliche Wertung - einige dieser Titel erwähnt: Die Bernsteinzimmer-Saga von Günter Wermusch, Die Bernsteinsammlerin von Lena Johannsen, Die Mücke im Bernstein von Else G. Stahl, Das Bernstein-Amulett von Peter Prange.

Verarbeitung und Pflege von Bernstein

Bernstein wurde schon in der Steinzeit bearbeitet. Jeder kann dies ohne großen maschinellen Aufwand bewerkstelligen.

Werkzeug

Zur Bearbeitung von Bernstein wird Nass-Schleifpapier mit Körnungen von 80 bis 1000 gebraucht sowie Nadelfeilen mit Hieb 1 und 2, Schlämmkreide (Alternative: Zahnpasta), Brennspiritus, Wasser, Leinen- oder Baumwolllappen, Fensterleder (Ledertuch), eine kleine Bohrmaschine und Spiralbohrer (max. 1 mm), eine mittelstarke Laubsäge (zum Zerschneiden großer Bernsteinstücke) und eine Angelsehne (zum Auffädeln einer Kette). Im Umgang mit den Geräten ist Vorsicht geboten. Auf einer Werkbank lassen sich am besten die zu bearbeitenden „Rohsteine“ mittels kleiner Aufspannvorrichtungen bearbeiten.

Verarbeitungsprozess

Im ersten Schritt wird der Bernstein gefeilt und poliert. Dabei wird die unerwünschte Verwitterungskruste mit der Nadelfeile oder Nass-Schleifpapier der Körnung 80 bis 120 entfernt. Zum Aufbau des Schliffs werden mit dem Bernstein oder dem Schleifpapier kreisende Bewegungen ausgeführt. Dabei wird die Körnung stufenweise bis 1000 erhöht. Diese Bearbeitung erfordert etwas Geduld, da die gröberen Schleifspuren des vorherigen Schleifpapiers glatt geschliffen sein müssen, bevor die nächst feinere Körnung benutzt werden kann. Zudem sollte der Bernstein vor jedem Wechsel des Schleifpapiers gründlich mit Wasser abgespült werden, um ihn nicht zu überhitzen (dadurch kann eine klebrige Oberfläche entstehen) und um Kratzer zu vermeiden.

Im zweiten Schritt wird der Bernstein der Politur, dem letzten Arbeitsgang beim Schleifen, unterzogen. Dazu wird ein Leinen- bzw. Baumwolltuch mit Spiritus angefeuchtet und mit Schlämmkreide bestrichen. Mit dem so präparierten Tuch wird der Bernstein in kreisenden Bewegungen poliert und anschließend unter Wasser ausgewaschen. Zum Schluss wird der Bernstein mit einem Fensterleder nachpoliert.

Im dritten Schritt wird in den Bernstein, falls gewünscht, ein Loch gebohrt. Der Bohrer wird in eine elektrische Handbohrmaschine eingespannt. Die verwendete Drehzahl sollte niedrig sein, und eine gewisse Übung in der Handhabung von Bohrern ist nicht nur aus Sicherheitsgründen von Vorteil. Der Bohrer darf nicht verkanten oder mit großem Druck durch den Bernstein getrieben werden, da Bernstein sehr druckempfindlich und damit die Bruchgefahr sehr groß ist. Sollte der Bernstein doch einmal brechen, hilft ein handelsüblicher Sekundenkleber.

Matte, wenig glänzende, stumpfe oder ältere Bernsteine bekommen mit etwas Möbelwachs einen schönen Glanz.

Eine weitere Form der Ver- oder Bearbeitung stellt die Arbeit des Bernsteindrechslers dar. In Deutschland wird diese Spezialisierungsrichtung des Drechslers nur noch in einem Betrieb in Ribnitz-Damgarten gelehrt – der Ribnitzer Bernstein-Drechslerei GmbH.

Pflege

Unter Einfluss von Luftsauerstoff und Feuchtigkeit entwickelt Bernstein eine Verwitterungskruste (durch Oxidation). Dieser auch in der Lagerstätte des Bernsteins vielfach bereits einsetzende Prozess (so genannter Erdbernstein trägt zumeist eine kräftige Verwitterungskruste) setzt sich fort, wenn Bernstein als Schmuck- oder Sammlungsstück aufbewahrt wird. Bis heute ist keine Methode bekannt, mit der dieser Prozess völlig unterbunden werden könnte ohne hiermit nachteilige Auswirkungen anderer Art hervorzurufen (z.B. Einschränkung der Untersuchungsmöglichkeiten bei Eingießung in Kunstharz). Alle Konservierungsmethoden dienen mithin dem Zweck, den Verwitterungsprozess zu verlangsamen. Für den Hausgebrauch genügt es im Allgemeinen, Bernstein dunkel, kühl und trocken aufzubewahren. Schmuckstücke aus Bernstein sollten regelmäßig unter fließend warmem Wasser gespült und nicht in die Sonne gelegt werden, da Bernstein schnell brüchig wird. Außerdem sollte weder Seife bzw. Putzmitteln noch chemische Substanzen verwendet werden, da durch den Kontakt mit diesen Stoffen irreparable Schäden entstehen können.

Stücke von besonderem (wissenschaftlichen) Wert sollten hingegen fachkundig konserviert werden. Hierzu bedarf es in der Regel der Unterstützung durch einen Spezialisten (z.B. eines Konservators an einem naturkundlichen Museum). Einige gängige Konservierungsmittel und -methoden werden von K. Kwiatkowski (2002) beschrieben[50].

Fälschungen, Manipulationen und Legenden

Fälschungen, Manipulationen und Imitationen

Bernsteinnachbildungen (Imitationen) sind in sehr vielfältiger Form im Handel. Dies trifft vor allem auf den Baltischen Bernstein zu. Zumeist handelt es sich um Nachbildungen auf der Grundlage verschiedenartiger Kunstharze, deren Eigenschaften zur Herstellung von Objekten, die das Erscheinungsbild von Bernstein haben, sich im Laufe mehrerer Jahrzehnte mehr und mehr verbessert haben. Um Fälschungen handelt es sich nach allgemeinem Sprachgebrauch stets dann, wenn Bernstein in der Absicht nachgebildet wird, ihn als Naturbernstein oder echten Bernstein auszugeben und als solcher angeboten wird.

Aufgrund der Wertschätzung, die seit Alters her organischen Bernsteineinschlüssen entgegengebracht wird, sind Inklusen naturgemäß besonders häufig Gegenstand von Fälschungen. Schon aus dem 17. Jahrhundert sind gefälschte Bernsteineinschlüsse bekannt. Man versuchte damals, Tiere wie Frösche, Fische oder Eidechsen als Inklusen im Bernstein unterzubringen, eine Praxis, die auch heutzutage noch gang und gäbe ist. Im Jahre 1623 erhielt der polnische König Sigismund III. Wasa, ein Kunstsammler und -mäzen, bei einem Besuch der Stadt Danzig einen in Bernstein eingeschlossenen Frosch von den Bürgern der Stadt als Gastgeschenk. Auch in der umfangreichen Sammlung von August II. von Polen (August der Starke) befanden sich nach einer von Sendelius im Jahre 1742 veröffentlichten Bestandsaufnahme (in der diese noch als authentisch angesehen wurden) zahlreiche Fälschungen, zumeist Wirbeltiere oder riesige Insekten.

Dabei fällt es auch der Wissenschaft nicht immer leicht, zu einem sicheren Ergebnis zu kommen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die sogenannte "Bernstein-Eidechse von Königsberg", die erstmals 1889 schriftlich erwähnt wird. Später tauchten wiederholt Zweifel an der Echtheit des Stückes auf - es wurde vermutet, die Eidechse sei von Menschenhand in Kopal eingebettet worden -, bis es am Ende des Zweiten Weltkrieges verschollen war. Nachdem das Stück Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts im Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Göttingen wieder auftauchte und erneut gründlich untersucht wurde, ist jetzt seine Echtheit bestätigt.[51] Dabei spielten im Bernsteinstück vorhandene Syninklusen (in diesem Fall Eichensternhaare) eine nicht unerhebliche Rolle.

Nicht selten wird auch der Bernstein selbst gefälscht, dies trifft vor allem für Bernsteinvarietäten zu, die aufgrund ihrer Farbe, Transparenz oder Größe in der Natur nur selten vorkommen. Abgesehen von ihrem Brenngeruch und ihrer geringen Härte bzw. Dichte sind manche Bernsteinsorten nur schwer von entsprechend gefärbten Kunststoffen zu unterscheiden. Solche Nachbildungen bestehen meist aus Materialien, die den Kunststoffgruppen der Thermoplasten und Duroplasten angehören. Darunter fallen Stoffe wie Celluloid, Plexiglas, Bakelit, Bernit (Bernat) und Casein. Gängige Handelsnamen hierfür sind unter anderem Galalith, Alalith oder Lactoid. Auch der in der DDR produzierte künstliche Bernstein aus Polyester und Bernsteinstücken, der als Polybern verkauft wurde, gehört zu diesen Kunststoffnachbildungen. In jüngerer Zeit sind häufig Bernsteinnachbildungen aus Polyesterharzen im Handel zu finden, oft ist dem Poyesterharz zuvor eingeschmolzener Naturbernstein zugefügt. In solche Objekte werden dann nicht selten rezente Insekten oder Spinnen eingefügt, die dann als Bernsteininklusen ausgegeben werden. Solche Nachbildungen werden besonders in Ländern mit reichen Bernsteinvorkommen und entsprechend umfangreichem Warenangebot hergestellt und im Handel angeboten (Polen, Russland).[52] Mischungen von Bernstein und Kunstharzen sind mitunter an den Trennlinien der verwendeten Materialien zu erkennen, wenn Fragmente von Naturbernstein in das Kunstharz eingefügt wurden, ohne ihn zuvor zu schmelzen.

Weniger leicht zu identifizieren sind Rekonstruktionen aus pulverisiertem Schleifabfall oder kleinen Bruchstücken des puren Bernsteins, die miteinander verschmolzen werden. Bernsteinrekonstruktionen dürfen als „Echt Bernstein“ verkauft werden, da die Grundlage tatsächlich echter Bernstein(staub) ist. Er ist auch als Pressbernstein bekannt.

Zum Prüfen, ob es sich bei einem Bernstein um ein Original oder ein Imitat handelt, kann eine glühende Nadel verwendet werden. Diese hält man an den Stein und zieht sie mit etwas Druck darüber. Bildet sich eine Rille und wird der Stein schmierig bzw. riecht er harzig, während die Nadel an einer Stelle bleibt, ist es Bernstein. Andernfalls ist es ein Imitat.

Alternativ kann man auch die Dichte des Bernsteins zum Test nutzen. Bernstein sinkt in Süßwasser (z. B. normalen Leitungswasser) schwimmt jedoch in konzentriertem Salzwasser. Man benutzt zwei Gefäße, eines mit Süßwasser, eines mit Salzwasser (etwa zwei Esslöffel Salz auf einen Viertelliter Wasser). Bernstein versinkt im ersten Glas, schwimmt jedoch im zweiten. Plastik schwimmt auch auf Süßwasser, Steine und Glas versinken im Salzwasser.

Zur Prüfung der Echtheit von Bernstein eignet sich auch die Fluoreszenz-Methode, da Bernstein unter UV-Licht weiß-blau strahlt, Plastik jedoch nicht.

Künstlich geklärte Bernsteine sind keine Seltenheit. Dabei werden trübe Naturbernsteine (95 % der Naturbernsteine) über mehrere Tage langsam in Rüb- oder Leinsamenöl erwärmt, um sie zu klären. Durch geschickte Temperaturregelung während des Klärungsprozesses können auch Sonnenflinten, Sonnensprünge und Blitzer, die in Naturbernsteinen äußerst selten vorkommen, gezielt hergestellt werden. Oft wird auch ein hohes Alter des Steins vorgetäuscht. Beim so genannten Antikisieren wird das Material in einem elektrischen Ofen in gereinigtem Sand mehrere Stunden auf 100 °C erhitzt, um einen warmen Braunton zu erzeugen. Alle diese Manipulationen sind nur schwer nachzuweisen.

Bernstein wird oft mit durchscheinendem gelbem Feuerstein verwechselt, dessen Oberfläche auch glänzt. Aber im Gegensatz zum leichten und warmen Bernstein ist Feuerstein kalt und härter als Glas. Um selbst gefundene Bernsteine von Feuerstein zu unterscheiden (bei kleineren Splittern ist das Gewicht nicht ohne weiteres zu bestimmen), kann man den Stein vorsichtig gegen einen Zahn schlagen. Gibt dies einen weichen Ton, wie er zum Beispiel entsteht, wenn man mit dem Fingernagel gegen den Zahn schlägt, so ist es kein Feuerstein.

Seit den letzten Jahren wird Bernstein oft durch den "Kolumbianischen Ambar" ersetzt: Dieser Kopal ist zwar nur an die 200 Jahre alt, erfährt aber durch verschiedene Verarbeitungsstufen eine künstliche Alterung. Im Endprodukt ist für Laien und die meisten Fachleute keine Unterscheidung zwischen alt und jung mehr möglich. Nach Auskunft kolumbianischer Kopalhändler werden mehrere Tonnen pro Monat zur "Bernsteinschmuckverarbeitung" weltweit exportiert.

Legenden und Kuriosa

  • Der Königsberger Konsistorialrat Johann Gottfried Hasse, ein früher Verfechter der zu seiner Zeit nicht unbestrittenen Ansicht, dass Bernstein pflanzlicher Herkunft ist, beschäftigte sich auch mit Methoden der Mumifizierung und kam durch seine Kenntnis von Bernsteininklusen zu der Ansicht, dass in der Antike Bernstein als Konservierungsmittel eine Rolle spielte. In einer 1799 veröffentlichen Schrift bringt er sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass das Wissen hierüber offenbar verloren gegangen ist und, wäre es noch vorhanden, "[...] so hätte man Friedrichs des Zweyten irdische Reste für die Nachwelt verewigen sollen [...]".[53]
  • Es entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft, dass aus der DNA einer inkludierten Mücke, die Dinosaurierblut aufgenommen hat, mit Hilfe der Gentechnik ein lebendiger Dinosaurier erzeugt werden kann. Dies war die grundlegende Idee des Buches DinoPark von Michael Crichton, das später als Jurassic Park verfilmt wurde.
  • Falsch ist auch die Behauptung, es gebe Einschlüsse von Meereslebewesen im Bernstein. Es handelt sich bei den eingeschlossenen Lebewesen ausschließlich um Landbewohner (70 % aller Inklusen) und Süßwasserlebewesen (30 %) der Bernsteinwaldgebiete. Die einzigen Ausnahmen sind Einschlüsse von Asseln der Gattung Ligia, die in der Spritzwasserzone mariner Felsstrände leben, sowie eine in einem kleinen kreidezeitlichen Bernsteinstück aus Südwestfrankreich gefundene Fauna aus marinen Mikroorganismen (u.a. Kieselalgen und Foraminiferen)[54].

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. München/Wien 1965.
  2. B. Kosmowska-Ceranowicz: Gegenüberstellung ausgewählter Bernsteinarten und deren Eigenschaften aus verschiedenen geographischen Regionen. - Exkurs f. und Veröfft. DGG, 236: S. 61-68, Hannover 2008.
  3. a b c K. Andrée: Der Bernstein und seine Bedeutung in Natur- und Geisteswissenschaften, Kunst und Kunstgewerbe, Technik, Industrie und Handel. Königsberg 1937
  4. Bernstein in verschiedenen Sprachen und Hinweise zur Etymologie (englisch)
  5. J. Grzonkowski: Bernstein. Hamburg 2004, ISBN 3-89234-633-X
  6. Ken B. Anderson, John C. Crelling: Amber, Resinite, and Fossil Resins. ACS Symposium Series 617, Washington DC 1995 ISBN 9780841233362
  7. [1] Christoph Lühr: Charakterisierung und Klassifikation von fossilen Harzen. - Dissertation aus dem Jahre 2004 (Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg)
  8. Manuel A. Iturralde-Vennet 2001. Geology of the Amber-Bearing Deposits of the Greater Antilles. Caribbean Journal of Science, Vol. 00, No. 0, 141–167, 2001
  9. a b David A. Grimaldi: Amber - Window to ths Past. New York, 1996. ISBN 0-8109-2652-0.
  10. N. Vavra: Bernstein und andere fossile Harze. In: Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft, 31 (4), Idar-Oberstein 1982
  11. J.H. Langenheim: Present Status of Botanical Studies of Ambers. In: Bot. Mus. Leaflets Harvard Univ., 20, Cambridge 1987
  12. Curt W. Beck: Zur Herkunftsbestimmung von Bernstein. In: Bernstein - Tränen der Götter. Bochum, 1996.
  13. a b c S. Ritzkowski: K-Ar-Altersbestimmung der Bernstein führenden Sedimente des Samlandes (Paläogen, Bezirk Kaliningrad). In: Metalla (Sonderheft) 66, 19-23, Bochum 1997
  14. [2]
  15. A. Kohlmann-Adamska: A graphic reconstruction of an 'amber forest'. In: The amber treasure trove. Museum of the Earth Documentary Studies 18. Warschau 2001
  16. K. Schubert: Neue Untersuchungen über Bau und Leben der Bernsteinkiefern [Pinus succinifera (Conw.) emend.]. Beihefte zum Geologischen Jahrbuch, Heft 45, Hannover 1961.
  17. Evgeny E. Perkovsky, Vladimir Yu. Zosimovich und Anatolij Yu Vlaskin: Rovno amber fauna: a preliminary report. Erschienen in „Acta zoologica cracoviensia“, 46 (suppl. – Fossil Insects): 423-430, Kraków 2003
  18. L. Meyn: Der Bernstein der norddeutschen Ebene auf zweiter, dritter, vierter, fünfter und sechster Lagerstätte. In: Zeitschr. der dt. Geol. Ges., 28 (2): 172-198, Stuttgart 1876.
  19. I.S. Vassilishin & V.I.Pantschenko: Bernstein in der Ukraine. In: Bernstein - Tränen der Götter. S. 333-340, Bochum 1996.
  20. Manfred Rech:Studien zu Depotfunden der Trichterbecher- und Einzelgrabkultur des Nordens. Offa Bücher Band 39 Neumünster 1979 S.127-130
  21. B. Kosmowska-Ceranowicz: The tourist amber route to the Amber Coast. In Amber - Views - Opinions. Danzig, Warschau 2006. ISBN 83-912894-1-9.
  22. Kossert, Andreas: Ostpreußen – Geschichte und Mythos, Verlag Siedler 2005, S. 161
  23. Sybille Schmiedel: Bitterfelder Bernstein versus baltischer Bernstein – Hypothesen, Fakten, Fragen – II. Bitterfelder Bernsteinkolloquium. Mecke Druck und Verlag, 2008, ISBN 978-3-936617-86-3, S. 11 (Auszug in der Google-Buchsuche).
  24. Wilhelm Tesdorpf: Gewinnung, Verarbeitung und Handel des Bernsteins in Preußen von der Ordenszeit bis zur Gegenwart. Eine historisch-volkswirtschaftliche Studie. Jena 1887
  25. Rainer Slotta: Die Bernsteingewinnung im Samland (Ostpreußen) bis 1945. In: ''Bernstein - Tränen der Götter. Bochum 1996.
  26. J.R. Kasinski & R. Kramarska: Sedimentary environment of amber-bearing association along the polish-russian baltic coastline. In Exkurs. f. und Veröfftl. DGG, 236: S. 46-57; Hannover 2008. ISBN 978-3-936617-86-3
  27. Bitterfelder Bernstein versus Baltischer Bernstein, S.11
  28. Günter und Brigitte Krumbiegel: Saxon deposits of Bitterfeld amber (Germany). In Amber - Views - Opinions, S. 39-42 (Beitrag von 1994, Buchveröffentlichung 2006)
  29. Roland Fuhrmann: Entstehung, Entdeckung und Erkundung der Bernsteinlagerstätte Bitterfeld. Exkursionsführer und Veröffentlichungen der Gesellschaft für Geowissenschaften e.V., Nr. 224, Berlin 2004, S.25–37
  30. Zusammen mit den anderen umliegenden ehemaligen Tagebauen wird das Sanierungsgebiet neuerdings in Anlehnung an den ursprünglichen großen Auewald östlich von Bitterfeld als Die Goitzsche bezeichnet, siehe auch http://www.agora-goitzsche.de/ms800/index.html
  31. Gerda Standke: Bitterfelder Bernstein gleich Baltischer Bernstein? - Eine geologische Raum-Zeit-Betrachtung und genetische Schlußfolgerungen. In: Exkursionsführer und Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (EDGG) Heft 236, S. 11-33, Halle, 2008
  32. A. Lietzow, S.Ritzkowski: Fossile Harze in den braunkohleführenden Schichten von Helmstedt (Paläozän - Eozän, SE-Niedersachsen). In: Bernstein - Tränen der Götter. Bochum 1996.ISBN 3-921533-57-0.
  33. Günter Krumbiegel: Bernsteinklumpen – Kleinode in Übergröße. In Fossilien 6/2003:360–363, Korb 2003, ISBN 3-926129-34-4
  34. Günter Krumbiegel, Brigitte Krumbiegel: Bernstein – Fossile Harze aus aller Welt. 3. Auflage. edition Goldschneck, Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, S. 27
  35. http://www.pgm.lt/Gintaro_muziejus/Saules_akmuo.htm
  36. Vittorio Bellani, Enrico Giulotto, Laura Linati, Donatella Sacchi: Origin of the blue fluorescence in Dominican amber. In: Journal of Applied Physics. Band 97, Nr. 1, 2005, S. 016101-2, doi:10.1063/1.1829395.
  37. New York Times: 40-Million-Year-Old Extinct Bee found in Dominican amber
  38. Sven Gisle Larsson: Baltic Amber - a Palaeobiologcal Study. Entomonograph Volum 1, Klampenborg (DK) 1978.
  39. http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-8024-2008-04-02.html
  40. Wolfgang Böhme & Wolfgang Weitschat: New finds of lizards on Baltic amber (Reptilia:Squamata:Sarria:Lacertidae). In Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde Dresden 23 (6), Dresden 2002: 117–130, 15 Fig.
  41. Jan Medenbach: Eichenhaare und -Blüten im Baltischen Bernstein. In Oberhessische Naturwissenschaftliche Zeitschrift, Band 60, Gießen 1998–2000.
  42. Hansjürgen Saechtling, Wilhelm Küch: Kunststoffe im Wettbewerb. In: Chemische Industrie. Band 3, Heft 10/1951, S. 603
  43. Pedanius Dioskurides: Materia Medica, Buch I und II. Deutsche Übersetzung sh. http://www.pharmawiki.ch/materiamedica/index.php?page=Home
  44. a b B.Kosmowska-Ceranowicz: Spuren des Bernsteins. Bielefeld 1991.
  45. G. Gierlowska: Bernstein in der Heilkunde. Gdansk 2004, ISBN 83-917704-8-6.
  46. Kinder & Jugendärzte im Netz – Das Zahnen und die „Bernsteinlegende“
  47. F. Waldmann: Der Bernstein im Altertum. Eine historisch-philologische Skizze. Fellin 1883
  48. S. Döpp: Die Tränen von Phaetons Schwestern wurden zu Bernstein: Der Phaeton-Mytohs in Ovids "Metamorphosen". In: Bernstein - Tränen der Götter. Bochum 1996, ISBN 3-921533-57-0, S. 1-10
  49. G. Ludwig: Sonnensteine - Eine Geschichte des Bernsteins. Berlin 1984.
  50. K. Kwiatkowski:Selected methods of amber conservation. In: Amber - views - opinions., S. 97-100,Warsaw, Gdansk 2006 (Erstveröffentlichung des Beitrages 2002).
  51. W. Böhme und W. Weitschat: Redescription of the Eocene lacertid lizard 'Nucras succinea Boulenger, 1995 from Baltic amber and its allocation to 'Succinilacerta' n. gen. In: Mitt. Geol.-Paläont. Inst. Univ. Hamburg, Hamburg 1998.
  52. G. Gierłowska: Guide to Amber Imitations. Gdańsk 2003
  53. J.G. Hasse: Preußens Ansprüche, als Bernsteinland das Paradies der Alten und Urland der Menschheit gewesen zu seyn; aus biblischen, griechischen und lateinischen Schriftstellern gemeinverständlich erwiesen. Königsberg 1799.
  54. http://www.scinexx.de/geounion-aws_angewandt-9124.html

Literatur

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  • Wilfried Wichard, Wolfgang Weitschat: Im Bernsteinwald. Gerstenberg, Hildesheim 2004, 2005. ISBN 3-8067-2551-9
  • Wilfried Wichard, Wolfgang Weitschat: Atlas der Pflanzen und Tiere im Baltischen Bernstein. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 1998. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 2002. ISBN 3-931516-45-8
  • Wilfried Wichard: Taphozönosen im Baltischen Bernstein. In Denisia 26, Neue Serie 86, S. 257–266, 7 Abb., Linz 2009.
  • Wilfried Wichard, Wolfgang Weitschat: Atlas of Plants and Animals in Baltic Amber. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 2002. ISBN 3-931516-94-6 (ausführlichere engl. Ausgabe)
  • Jens Grzonkowski: Bernstein. Ellert&Richter, Hamburg 1996. ISBN 3-89234-633-X
  • Sylvia Botheroyd, Paul F.Botheroyd: Das Bernstein-Buch. Atmosphären, München 2004. ISBN 3-86533-010-X
  • Jörg Wunderlich (Hrsg.): Fossile Spinnen in Bernstein und Kopal. 2 Bde. J. Wunderlich, Hirschberg-Leutershausen 2004. ISBN 3-931473-10-4 (Nur beim Verfasser erhältlich)
  • Jens Wilhelm Janzen: Arthropods in Baltic Amber. Ampyx-Verlag, Halle S. 2002. ISBN 3-932795-14-8
  • J. M. de Navarro: Prehistoric Routes between Northern Europe and Italy defined by the Amber Trade. in: The Geographical Journal. Royal Geographical Society, London 66.1925, H 6 (Dec.), S. 481–503. ISSN 0016-7398
  • Max J. Kobbert: Bernstein – Fenster in die Urzeit. Planet Poster Editions, Göttingen 2005. ISBN 3-933922-95-X
  • Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, Saarbrücken 1998. ISBN 3-89060-025-5
  • Wilfried Seipel (Hrsg.): Bernstein für Thron und Altar. Das Gold des Meeres in fürstlichen Kunst- und Schatzkammern. AusstellungsKatalog 5. Oktober 2005–29. Januar 2006, bearbeitet von Sabine Haag und Georg Laue. Kunsthistorisches Museum, Wien 2005. ISBN 3-85497-095-1
  • Birk Engmann: Neringas Gold – Eine Reise durch die Welt des Bernsteins. Horitschon: edition nove. 2006. ISBN 3-902546-14-X
  • Roland Fuhrmann: Die Bernsteinlagerstätte Bitterfeld, nur ein Höhepunkt des Vorkommens von Bernstein (Succinit) im Tertiär Mitteldeutschlands. Zeitschrift der deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, Band 156 Heft 4, Seiten 517–530, Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart 2005, ISSN 1860-1804
  • Sybille Schmiedel (Hrsg.): Bitterfelder Bernstein versus baltischer Bernstein – Hypothesen, Fakten, Fragen – II. Bitterfelder Bernsteinkolloquium: Tagungspublikation zum 24. Treffen des Arbeitskreises Bergbaufolgen der deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften 25.–27. September 2008 in Bitterfeld; EDGG H. 238, 2008; Veröffentlicht von Mecke Druck und Verlag, 2008. ISBN 3-936617-86-4, 9783936617863. 168 Seiten
  • Gisela Reineking von Bock: Bernstein. 185 S. 299 Abb., Callwey Verlag, München 1981. ISBN 3-7667-0557-1
  • Jörn Barfod: Bernstein. 3. Auflage, Husum Verlag, Husum 2008, ISBN 978-3-89876-179-6
  • George O. Poinar, Jr.: Life in Amber. 350 S., 147 Fig., 10 Tafeln, Stanford University Press, Stanford (Cal.) 1992. ISBN 0-8047-2001-0
  • Alexander P. Wolfe1, Ralf Tappert, Karlis Muehlenbachs, Marc Boudreau, Ryan C. McKellar, James F. Basinger, Amber Garrett: A new proposal concerning the botanical origin of Baltic amber.Published online before print July 1, 2009, doi: 10.1098/rspb.2009.0806 Proc. R. Soc. B 7 October 2009 vol. 276 no. 1672 3403-3412 Online-Artikel: [4]

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Wiktionary: Bernstein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bernstein – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien