Komponistenviertel (Berlin-Weißensee)
Das Komponistenviertel ist ein Wohngebiet (Stadtviertel) im Ortsteil Weißensee im Berliner Bezirk Pankow.

Lage
Das Komponistenviertel wird begrenzt:
- Im Norden durch die Berliner Allee,
- im Osten durch die Indira-Gandhi-Straße,
- im Süden durch den 1880 angelegten Jüdischen Friedhof, der das größte und bedeutendste jüdische Geschichts- und Kulturdenkmal dieser Art in Europa ist,
- im Westen durch die Gürtelstraße.
Geschichte
Der Bodenspekulant Gustav Adolf Schön hatte 1872 das gesamte Rittergut Weißensee für 700.000 Taler von Friedrich Wilhelm Lüdersdorff, dem Neffen von Johann Heinrich Leberecht Pistorius während der Gründerzeit abgekauft. Der Unternehmer Ernst Gäbler (1812–1876) erwarb von ihm einen 152 Morgen großen Teil, von dem er 1872 ein Gebiet von 106 Morgen als Bauland für seine Baugesellschaft für Mittelwohnungen nutzte. Südöstlich der ehemaligen Königschaussee, der heutigen Berliner Allee, ließ er 20 Häuser bauen. Die Straßen wurden nach Kriegsschauplätzen des Deutsch-Französischen Krieges benannt und das Weißenseer Gebiet wurde als Französisches Viertel benannt. Sedan-, Lothringen-, Elsaß- und Metzstraße bildeten das Kerngebiet um das herum weitere Gebäude entstanden.
1879 wurde der Gutsbezirk Weißensee vor den Toren der wachsenden preußischen Hauptstadt Berlin zur Landgemeinde Neu-Weißensee. 1880 wurde ein benachbartes Gebiet von der Jüdischen Gemeinde Berlins als Begräbnisplatz erworben. 1872 durch den S-Bahnhof Weißensee, 1873 durch die Pferde-Omnibus-Linie Alexanderplatz–Antonplatz 1905 durch die Vereinigung der beiden Weißensee und 1920 durch die Eingliederung von Weißensee als Bezirk in Groß-Berlin wuchs die Attraktivität der Lage entlang der Weißenseer Geschäftsstraße und des Antonplatzes. 1928 war das Quartier weitestgehend ausgebaut.
1951 erfolgte die Umbenennung der Straßen des Französischen Viertels mit Namen von Komponisten: die Sedanstraße wurde zur Bizetstraße, die Elsaßstraße zur Mahlerstraße, die Metzstraße zur Gounodstraße und die Lothringenstraße mit ihrer Endpunkt am Eingang zum Jüdischen Friedhof wurde in Herbert-Baum-Straße umbenannt. Seither hat sich der Begriff Komponistenviertel durchgesetzt. Bis zur Wende blieb der Wohnungs- und Gebäudebestand in der Verwaltung der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft des Stadtbezirkes Weißensee weitestgehend unverändert.
Nach $141 BauGB wurde für die Lage ein Untersuchungsgebiet geschaffen, um Instandhaltungsmängel und Ausstattungsdefizite an Wohn-, Gewerbe- und Nebengebäuden festzustellen. Dabei hatten 82,2 % der Wohnungen eine Bauzeit vor 1919, 224 Wohnungen waren bis 1945 und 455 nach 1946 entstanden. Dadurch hatten bei der Erfassung des Wohnraums nach der Wende 987 WE umfangreichen Sanierungsbedarf, für 1361 bestand mittlerer, für 1340 bestand geringer Bedarf und nur 122 oder 3,2 % waren ohne Sanierungsbedarf. So hatten im Untersuchungsgebiet noch 90 % Ofenheizung, fast 14 % Außentoilette und 62 % kein Bad. Von den 3441 Wohnungen im Quartier waren 2564 Ein- und Zweiraumwohnungen und es lebten 5.181 Bewohner hier.
1994 wurde mit der „Zehnten Verordnung über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten“ vom 18. November 1994 (rechtskräftig per 4. Dezember 1994) das Sanierungsgebiet Weißensee-Komponistenviertel festgelegt. Einbezogen waren 488 Grundstücke von den aus der „Kommunalen Wohnungsverwaltung“ 235 Grundstücke treuhänderisch vom Bezirk verwaltet und schrittweise privatisiert wurden, 23 Grundstücke befanden sich im Landesbesitz und auf 102 Grundstücke bestand ein Rückübertragungsanspruch.
Durch dieses Sanierungsgebiet Komponistenviertel wurden Quartiere beiderseits der Berliner Allee erfasst, die durch folgende Straßenzüge eingeschlossen sind: Gürtelstraße, entlang der vormaligen Bezirksgrenze, Lehder-, Börne-, Charlottenburger Straße, Park-, Pistoriusstraße, Berliner Allee bis zur Lichtenberger Straße und unter Ausschluss der Häuser nördlich der Gounodstraße und hinter den Häusern der Lindenallee zur Gounodstraße, angrenzend an den Jüdischen Friedhof wieder bis zur Gürtelstraße. Das Gebiet Mahlerstraße, Gounodstraße, Herbert-Baum-Straße, Puccinistraße ist daraus ausgeschlossen.
Das Untersuchungsgebiet mit seinem Sanierungsstatus wurde am 6. November 1996 einschließlich des Komponistenviertels durch die Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart gem. § 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches zeitlich unbegrenzt zum Erhaltungsgebiet „Weißensee Süd“. Dadurch sind Abbruch, Nutzungsänderung und Errichtung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig. So soll das historische Orts- und Straßenbild und die gemischte Nutzungsstruktur eines Quartiers der Gründerzeit erhalten bleiben. Das Quartier bietet eine baugeschichtliche Struktur von der Zeit der Rechsgründung bis zu den Neubautypen P2 und Q3A der 1960er Jahre.
Neben den sanierten Wohngebäuden wurden auch Gewerbeflächen umgestaltet. So wurde in der Meyerbeerstraße 64-68 die mit der Wende stillgelegte Produktionsfläche für die Herstellung von chemischen Reinigungsmitteln und Schuhen für die Nutzung von kleinen Gewerbebetrieben umgestaltet, deren Produktion in der Nähe von Wohngebäuden keine Störung verursacht. Die Fabrikanlage mit Verwaltungsbau und Produktionshalle aus dem Jahre 1923 steht zudem seit Mitte der 1990er Jahre unter Denkmalsschutz. Zudem gehört die Sanierung von Gehwegen, das Anlegen neuer Grünflächen und die Sanierung von Sportgebäuden und Schulgebäuden zum Projekt.[1]
Straßennamen
Komponisten
Die Bezeichnung des Quartiers als Komponistenviertel bezieht sich auf die 1951 erfolgte Namensgebung der Straßen mit den Namen der Komponisten Bizet, Borodin, Brahms, Chopin, Gounod, Mahler, Meyerbeer, Puccini, Schönberg und Smetana zum Straßenbild.
Sonstige Namen
Außerdem verlaufen durch das Komponistenviertel noch Straßen aus der Benennung des Französischen Viertels und von jüdischen Widerstandskämpfern.
- Herbert-Baum-Straße: Zufahrtsstraße zum Jüdischen Friedhof, benannt nach dem jüdischen Widerstandskämpfer Herbert Baum,
- Markus-Reich-Platz: An der Herbert-Baum-Straße befindlicher Platz, der nach dem jüdischen Gründer der Israelitischen Taubstummenanstalt benannt wurde,
- Solonplatz: benannt nach dem griechischen Lyriker Solon, einer der Sieben Weisen Griechenlands,
- Mutziger Straße, benannt nach dem französischen Ort Mutzig, eine Benennung aus der Zeit des „Französischen Viertels“,
- Benfelder Straße, benannt nach dem französischen Kanton Benfeld, eine Benennung aus der Zeit des „Französischen Viertels“.
Weblinks
Stadterneuerung Komponistenviertel Betroffenenvertretung Komponistenviertel.de
Einzelnachweise
- ↑ Bezirksamt Pankow von Berlin, Stadtentwicklungsamt: Sanierungsgebiet Komponistenviertel, bewahren und erneuern. Berlin 2010.
Koordinaten: 52° 33′ 0″ N, 13° 27′ 0″ O