Die Banater Schwaben sind die Nachfahren von Siedlern, die vor 200-300 Jahren aus verschiedenen Teilen Süddeutschlands in das nach den Türkenkriegen fast entvölkerte Banat ausgewandert sind. Diese ehemals starke und wirtschaftlich-kulturell bedeutende deutsche Minderheit ist durch mehrere Abwanderungswellen (die letzte nach der Wende von 1989) bis auf einen ganz kleinen Rest nahezu vollständig nach Deutschland gezogen. Siedlungsgebiet ist das Banat. Diese Region im südosten Europas wird seit dem Friedensvertrag von Trianon 1920 von drei Grenzen durchschnitten: Der größere nordöstliche Teil ist heute ein Teil von Rumänien, der kleinere Teile gehört zu Serbien und ein kleiner Streifen im Hinterland der Stadt Szeged ist bei Ungarn geblieben.
Besiedlung des Banat und die Donauschwaben
Die "Banater" werden mit anderen deutschsprachigen Volksgruppen unter dem Sammelbegriff Donauschwaben subsumiert. Deren Siedlungsgebiete liegen neben dem Banat auch in der westlicher gelegenen Batschka, in der Schwäbischen Türkei (heutiges Süd-Ungarn), in Slawonien sowie in Sathmar (heutiges Nordwest-Rumänien, Bezirk Satu Mare). Alle diese Gebiete gehörten zur Österreich-Ungarischen Monarchie.
Herkunft, Anwerbung und Unterstützung der Siedler
Die Mehrheit der Siedler kam aus Franken, Bayern, Österreich, Elsass-Lothringen und der Rheinpfalz. Auch kleinere Gruppen aus Mitteldeutschland sind nachweisbar. Nur ein kleiner Teil stammte aus schwäbischen Regionen im Bereich des ehemaligen Vorderösterreich. Warum sich trotzdem die Benennung "Schwaben" durchsetzten konnte, ist nicht geklärt. Wahrscheinlich ist es dem Umstand zu verdanken daß die Mehrheit der Neusiedler in der schwäbischen Stadt Ulm registriert und eingeschifft wurde und mit Ulmer Schachteln auf der Donau bis Belgrad transportiert wurde, um von dort zu Fuß ihre neue Heimat zu erreichen.
Die meisten Siedler stammten aus ländlichem Milieu und waren Zweit- und Drittgeborene aus armen Bauernfamilien, die ohne eigenen Grundbesitz und ohne Kapital in ihrer Heimat wenig Chancen sahen. In der Zeit Maria Theresias bekamen sie eine merkliche finanzielle Unterstützung und langfristige Steuer-Erleichterungen. Letztere fiel für Verheiratete um ein vielfaches höher aus, weil sonst der Männerüberschuss zu groß gewesen wäre. Auch Handwerker wurden finanziell gefördert, ebenso Lehrer, Ärzte usw. manche schwäbische Aussiedler-Gruppe wurde gleich vom Pfarrer oder Bader begleitet, wie im mehrbändigen Werk von Müller-Guttenbrunn amüsant nachzulesen ist. Als Gegenleistung wurden die Siedler in der Ansiedlungszeit dazu verpflichtet, im Falle einer türkischen Invasion zur Waffe zu greifen.
Die Ansiedlung als Erfolgsgeschichte
Die Besiedlung des Banates war eine großangelegte, systematische und bis ins Detail geplante Aktion der österreichischen Verwaltung. Dörfer, Städte und Straßen wurden auf dem Reißbrett entworfen und widerspiegelten mit ihrer symmetrischen, uniformen und geradlinigen Art die damalige absolutistischen Baukultur. Die Ansiedler fande das Banat als nahezu menschenleere, von Wäldern durchzogene Sumpflandschaft vor. Seuchen, Fieberkrankheiten und Hunger begleiteten die Ankömmlnge. Doch innerhalb von zwei, drei Generationen gelang die Rekultivierung des Landstrichs - ein enormer Kraftakt, der zahlreiche Opfer kostete und durch viele Rückschläge begleitet war. Der Spruch "Den Ersten der Tod, den Zweiten die Not, den Dritten das Brot" hat sich unter den Banater Schwaben als treffende Charakterisierung der Aufbauleistung überliefert. Entscheidend für das Gelingen war die Eindämmung der Sümpfe durch die Kanalisation des mehrarmigen Bega-Flusses. Der gewonnene Ackerboden erwies sich als äußerst fruchtbar und begründete den Wohlstand der Banater Schwaben im 19. Jahrhundert. Der Landstrich galt als Kornkammer Österreich-Ungarns. Die Festung Temeswar (Timisoara) wurde zur blühenden Stadt und zum kulturellen Zentrum der Banater Schwaben. Im späten 19. Jahrhundert läutete der Ausbau der Eisenbahnverbindungen die Industrialisierung ein.
Geschichte der Banater Schwaben zwischen 1920 und 1944
Der Vertrag von Trianon von 1920 war der Anfang vom Ende der Geschichte der Banater Schwaben. Doch zunächst hatte das Ende der Donaumonarchie und der Übergang des größten Teils des Banats an Rumänien positive Auswirkungen für die Banater Schwaben. Denn durch das Ende der ungarischen Herrschaft hatte auch die "Magyarisierung" ein Ende. Die repressiven Maßnahmen der ungarischen Regierung zur Assimilation aller nationalen Minderheiten hörten auf. Nun war erstmals seit 1867 wieder deutschssprachiger Schulunterricht möglich. Das deutschsprachige Kulturleben blühte auf. Es gab wieder ein deutsches Theater in Temeswar und mehrere deutschsprachige Zeitungen in Rumänien. Es fand eine Art "nationales Erwachen" statt. Der Blick der Banater Schwaben richtete sich nun verstärkt nach Deutschland.
Wirtschaftlich ging es dagegen bergab. Die am Schwarzen Freitag ausgelöste Krise der 1930er Jahre traf auch das Banat hart, so daß zahlreiche Banater Schwaben als billige Arbeitskräfte in Ländern wie Argentinien und Brasilien oder den USA ihr Glück suchten und nie mehr zurückkehrten.
Auch nach 1933 hegte die Mehrheit der Banater Schwaben, wie viele Volksdeutsche in Osteuropa, Sympathien für Deutschland und das Dritte Reich und begrüßten dessen Aufstieg zur wirtschaftlichen und militärischen Macht. Im 2. Weltkrieg kämpften viele Banater Schwaben als Wehrpflichtige in der rumänischen Armee. Ab 1943 konnten sie durch eines deutsch-rumänischen Abkommens auch als Mitglieder der Waffen-SS angeworben werden.
Situation nach 1944
Das Königreich Rumänien, anfänglich ein Bündnispartner des Dritten Reiches im Zweiten Weltkrieg, wechselte am 23. August 1944 auf die Seite der Alliierten. Über Nacht galten alle Rumäniendeutschen als potentielle Staatsfeinde. Das nunmehr ungehinderte Heranrücken der Roten Armee führte zu einer überstürzten Fluchtwelle Richtung Deutschland.
Auch im jugoslawischen Banat Teil des Banats kam es zu einer großen Fluchtwelle. Nach der sowjetischen Besetzung kamen durch Pogrome serbischer Partisanen und durch systematische Internierung ganzer Dörfer mehrere tausend Menschen zu Tode oder wurden vertrieben. In den letzten Kriegswochen kam es auch vor, dass nicht nur Soldaten der deutschen Wehrmacht, sondern ganze Dörfer in russische Gefangenschaft verbracht wurden (siehe Weblinks). Somit endet mit den Ereignissen von 1944/45 die Geschichte der Banater Schwaben in Jugoslawien .
Im rumänischen Banat waren die Auswirkungen weniger gravierend. Nach 1945 geriet das Land völlig unter sowjetischen Einfluss. Der KP-Chef Gheorghe Gheorghiu-Dej erwarb sich in dieser Zeit den Ruf eines "rumänischen Stalin". Noch im Herbst 1944 wurde ein Großteil der deutschen Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter auf mehrere Jahre zu Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Mehrere Tausend überlebten das nicht. Die im Land Verbliebenen (wie auch die nach Westen geflüchteten) verloren alle staatsbürgerlichen Rechte und wurden komplett enteignet. 1951 wurden noch einmal mehrere tausend Familien in die Region Baragan im Südosten Rumäniens verschleppt und gezwungen, dort neue Dörfer zu gründen. Betroffen waren diesmal vorwiegend "Großbauern", ehemalige SS-Angehörige und sonstige "Staatsfeinde". Sie durften nach einigen Jahren zurückkehren.
In den 1960er Jahren entspannte sich die politische Situation in Rumänien erheblich. Sämtliche Entrechtungen und Enteignungen wurden vom rumänischen Staat zurückgenommen, die Deutschen wieder als vollwertige Staatsbürger mit gleichen Rechten und Pflichten betrachtet. Es wurde auch wieder deutschsprachiger Schulunterricht und ein deutsches Kulturleben gestattet. Nicht verschont blieben die Banater Schwaben von der allgemeinen Zwangskollektivierung der landwirtschaftlichen Produktionsgüter.
In dieser Zeit begann der endgültige Exodus der Deutschen aus Rumänien. Obwohl die Familien der meisten Banater- und Donauschwaben schon seit etwa zehn Generationen im Land waren – manche sogar seit 800 Jahren – und seine Kultur, Landwirtschaft und den Städtebau entscheidend geprägt hatten, führten die erlebten Entrechtungen und Diskriminierungen und die wirtschaftliche Not in weiten Teilen der Bevölkerung zu einem unumkehrbaren Auswanderungswunsch, der sich zu einer massiven dritten Auswanderungswelle auswuchs, die auch die Siebenbürger Sachsen erfaßte.
Die Ära Ceausescu
Der 1974 an die Macht gekommenen Nicolae Ceausescu löste zwar langsam die Abhängigkeit von der Sowjetunion und öffnete das Land in Richtung Westen, entwickelte sich aber gegen Ende der 1970er Jahre zu einem Nationalisten und scharfen Gegner der ethnischen Minderheiten. Diese Haltung hinderte ihn nicht daran, diese Minderheiten gewinnbringend zu nutzen. Für jeden Ausreisewilligen kassierte das Regime ein von der BRD finanziertes "Kopfgeld" von bis zu mehreren Tausend D-Mark (gestaffelt nach Alter und Ausbildungsgrad). So wurde Zehntausenden der Weg nach Deutschland freigemacht. Zusätzlich war es üblich daß sich ausreisewillige Familien die begehrten Ausreisepapiere durch ein Devisen-Schmiergeld an die lokalen Behörden erkaufen mußten. Wer nicht zahlen wollte oder konnte, mußte viele Jahre und oft vergeblich auf die Bearbeitung seines Ausreisantrages warten. Auf diese Weise wurde doppelt abkassiert. Trotzdem nahm der Wunsch nach Auswanderung unter den Banater Schwaben in den 1980er Jahren weiter zu. Die extreme wirtschaftliche Krise dieser Zeit, weitere Einschränkungen der Minderheitenrechte und größenwahnsinnige Staatsprojekte wie das "Dörferzerstörungs-Programm" trugen dazu bei. So kehrten in den 1980er Jahren ca. 200.000 Rumäniendeutsche dem Land den Rücken.
"Aderlass" nach der Wende
Nach Ceausescus Sturz 1989 und der Wende von 1990 kam es zu einer letzten Ausreisewelle fast aller verbliebenen Deutschen in Rumänien. Sie ebbte nach einigen Jahren ab. Heute findet jährlich nur noch eine verschwindend geringe Zahl von Banater Schwaben als Aussiedler den Weg nach Deutschland. Die deutsche Minderheit in Rumänien ist auf etwa ein Zehntel ihrer früheren Bevölkerung geschrumpft und gleichzeitig überaltert, weil es vornehmlich die Jungen in den Westen zog. Nur in wenigen Einzelfällen wandern Emigranten wieder nach Rumänien zurück, entweder als Unternehmer mit wirtscahflichen Ambitionen, als Industrielle, als engagierte Pädagogen oder im Rahmen von Entwicklungsprojekten.
In Serbien und Kroatien ist die Situation ähnlich, während in Ungarn über 200.000 Donauschwaben im Lande blieben und sogar ihre eigene politische Vertretung haben. Einige Städte und viele Dörfer haben deutschsprachige Bürgermeister, und ab einem gewissen Prozentanteil (?) müssen Gremien für die politische Vertretung eingerichtet werden. Größere Aktionen zur Vertreibung und Enteignung fanden in Ungarn nur zwischen 1945 und 1948 statt.
Heutige Situation
Von den früher etwa 750.000 Deutschen in Rumänien ist weniger als ein Zehntel im Land geblieben. Abwanderung in den Krisenjahren der 1930er Jahre, Flucht und Vertreibung im 2. Weltkrieg und die Auswanderungswellen der kommunistischen Zeit (in drei großen Wellen sind jährlich bis zu 10.000 Rumäniendeutsche nach Deutschland ausgewandert) haben die Banater Schwaben zu einer verschwindend geringen Minderheit in ihren angestammten Siedlungsgebieten schrumpfen lassen. Die Lücken wurde durch vorwiegend rumänische Zuzügler aus anderen Landesteilen teilweise geschlossen. Aber die Emigration hat trotzdem große Lücken hinterlassen und dem Banat wie auch ganz Rumänien wirtschaftlich schwer geschadet. Bis heute spürt das Land diesen gewaltigen Aderlass an engagierten, kulturell und wirtschaftlich sehr aktiven Staatsbürgern.
Die im Banat verbliebene deutschen Bevölkerung ist zu klein und überaltert, um eine funktionierende Gemeinschaft zu bilden und um den langsamen Zerfall der Bausubstanz der Kulturdenkmäler aufzuhalten. Nur in wenigen, meist größeren Orten gelingt es Lehrern, Pfarrern, aber auch engagierten Rumänen, ein kulturelles Leben in deutscher Sprache aufrecht zu erhalten. Immerhin gibt es mit der Allgemeinen Deutschen Zeitung noch eine auflagenstarke deutsche Wochenzeitung und mit dem Deutschen Staatstheater Temeswar ein staatlich subventioniertes deutsches Theater. In den Städten Timisoara oder Arad gibt es noch deutschsprachige Gymnasien (in Timisoara ist es die traditionsreiche Lenauschule), die sehr gefragt sind und vorwiegend von rumänischen Schülern besucht werden. Dennoch ist abzusehen daß die Zahl der Deutschen durch Überalterung und weitere Abwanderung irgendwann ganz verschwunden sein wird.
Die Banater Schwaben in Deutschland sind heute fest in die Gesellschaft integriert und leben weitgehend unauffällig in deren Mitte. Die nachwachsenden Generationen sind dabei, in der bundesrepublikanischen Gesellschaft aufzugehen. Wichtigstes Bindeglied der Banater Schwaben in Deutschland ist die Landsmannschaft der Banater Schwaben als Dachverband zahlreicher regionaler Verbände. Besonders in Süddeutschland und in der Umgebung Wiens, wo die meisten Banater Schwaben heute leben, gibt es ein dichtes Netz von Vereinen, die sich der Pflege des Brauchtums und der Mundart widmen und dien in Rumänien Verbliebenen ideell und finanziell unterstützen. Diese Vereine sind untereinander in Dachverbänden vernetzt und verstehen sich auch als Interessensvertretung und Sprachrohr gegenüber der Politik.
.... (Ergänzung folgt, siehe auch Weblinks)
Die Vereine haben meist die traditionellen Wappen übernommen. Sie zeigen die deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold und die donauschwäbischen Stammesfarben Weiß-Grün. Sie bedeuten die friedliche Gesinnung und die Hoffnung auf neue Heimat - und enthält für die Rückwanderer dieselbe Symbolik. Durch viele Wappen zieht sich die Donau als "Schicksalsstrom", auf dem die Vorfahren in selbstgezimmerten Ulmer Schachteln stromabwärts fuhren.
Siehe auch
Weblinks
- Webseite der Banater Schwaben
- Landsmannschaft der Banater Schwaben in Deutschland e. V.
- http://www.donauschwaben-reutlingen.de
- http://www.ungarndeutsche.de/ungarndeutsche.html
- http://www.das-parlament.de/2001/44/Ausland/2001_44_034_6811.html
- http://www.geocities.com/stbi_ro/ethnische-m.htm
- http://www.donauschwaben.com
- Zentralmuseum der Donauschwaben
- http://www.suevia-pannonica.de
- http://www.hog-katsch.de